Warum kann ich nicht schlafen obwohl ich müde bin

Erkrankung

Der Fachbegriff für eine Schlafstörung heißt Insomnie. Mit einfachen "Schlafregeln" kann man selbst etwas dagegen tun.

Untersuchungen

Mit einem Gespräch, einer körperlichen Untersuchung, einem Schlaftagebuch und Fragebögen lässt sich eine Insomnie erkennen. Zusätzliche Untersuchungen können helfen, den Grund zu finden.

Behandlung

Fachleute empfehlen zur Behandlung als erstes eine kognitive Verhaltenstherapie, bevor Ärztinnen oder Ärzte Medikamente anbieten. Allerdings sollten verschreibungspflichtige Medikamente nur kurz zum Einsatz kommen.

Jeder schläft mal schlecht. Aber etwa 6 von 100 Menschen haben Schlafprobleme: Sie können nicht ein- oder durchschlafen. Morgens wachen sie nicht erholt auf. Wenn das mindestens dreimal pro Woche über einen Monat lang vorkommt, sprechen Fachleute von einer Insomnie.

Betroffene Menschen denken abends im Bett viel an ihre Schlafstörungen. Sie quälen sich mit Gedanken wie "Ich muss jetzt unbedingt schlafen, sonst bin ich morgen nicht fit". Während des Tages machen sie sich dann Sorgen wegen des fehlenden Schlafs. Ein Teufelskreis kann entstehen.

Viele Betroffene leiden erheblich unter der Schlaflosigkeit oder fühlen sich dadurch im Alltag beeinträchtigt.

Was sind mögliche Ursachen?

Viele Umstände können eine Ein- und Durchschlafstörung begünstigen oder auslösen. Beispiele sind:

  • Stress, etwa bei der Arbeit oder im Privatleben

  • Koffein, Alkohol oder Drogen

  • körperliche oder seelische Krankheiten, wie Schmerzen, Schlaganfall, Depression oder Demenz

  • Medikamente, wie bestimmte Antibiotika, Blutdruck-oder Asthmamittel

  • Schichtarbeit

  • Persönlichkeitseigenschaften, wie Perfektionismus

  • erbliche Veranlagung

Nächtliches Grübeln oder Schlafgewohnheiten, wie ein Mittagsschlaf, können dazu beitragen, dass die Schlafstörung dauerhaft wird.

Macht Schlaflosigkeit krank?

Wer schlecht schläft, kann seelisch krank werden. Die Insomnie kann vor allem depressiv machen.

Außerdem haben Betroffene langfristig ein höheres Risiko für Bluthochdruck, Herzinfarkt oder Herzversagen. Ob zu wenig Schlaf dick macht, ist bislang unklar.

Wie stellt man Insomnie fest?

Im Gespräch stellt Ihre Ärztin oder Ihr Arzt Fragen, etwa nach Schmerzen, Krankheiten, Medikamenten, Stress, Arbeitszeiten oder Schlafverhalten. Dazu gehört auch, ob Sie Alkohol trinken oder Rauschmittel nehmen. Ihre Antworten helfen, den Grund für Ihre Beschwerden zu finden. Körperliche Untersuchungen, Schlaftagebücher oder Fragebögen geben zusätzliche Hinweise.

Um Bett- und Schlafenszeiten zu erfassen, gibt es kleine tragbare Geräte. Messungen mit Apparaten im Schlaflabor können in bestimmten Fällen weitere Informationen liefern.

Behandlungsmöglichkeiten

Kognitive Verhaltenstherapie

Die Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) ist eine Form der Psychotherapie. Wie Studien zeigen, hilft sie bei einer dauerhaften Insomnie. Die Wirksamkeit hält auch lange nach Therapieende an. Daher empfehlen Fachleute für Erwachsene als erstes eine KVT.

Eine KVT gibt es als Einzel-, Gruppen- oder Onlinetherapie. Sie besteht aus vielen Bausteinen. Sie lernen unter anderem sich zu entspannen oder bekommen Hinweise, wie Sie besser schlafen. Außerdem helfen Techniken, negative Denkschleifen zu durchbrechen.

Medikamente

Ihre Ärztin oder Ihr Arzt kann Ihnen Medikamente anbieten, wenn eine KVT nicht gut wirkt oder nicht möglich ist. Allerdings können diese Nebenwirkungen verursachen. So können zum Beispiel Benzodiazepine oder Benzodiazepin-ähnliche Wirkstoffe schnell abhängig machen. Auch beruhigende Antidepressiva können bei Insomnien in Frage kommen. Nach Ansicht von Fachleuten können Benzodiazepin-ähnliche Wirkstoffe oder Antidepressiva den Schlaf verbessern, aber nur wenn sie kurze Zeit eingenommen werden. Wegen der Datenlage und möglichen Nebenwirkungen können sie derzeit eine generelle Empfehlung zur Langzeitbehandlung nicht aussprechen.

Der Nutzen von pflanzlichen Mitteln mit Baldrian, Passionsblume, Melisse oder Hopfen ist bisher nicht gut nachgewiesen. Daher geben Fachleute dafür keine Empfehlung.

Weitere Verfahren

Hierzu zählen zum Beispiel Achtsamkeit, Akupunktur, Aromatherapie, Bewegung, Homöopathie, Lichttherapie, Massage, Meditation, Musiktherapie oder Yoga. Allerdings ist ihr Nutzen bislang nicht ausreichend durch Studien belegt.

Was kann ich selbst tun?

Bevor Sie eine Behandlung beginnen, können vielleicht schon diese Regeln Ihren Schlaf verbessern:

  • Nach dem Mittagessen sollten Sie Getränke mit Koffein nicht mehr trinken, wie Kaffee, schwarzen Tee oder Cola.

  • Trinken Sie vor dem Zubettgehen nur wenig oder gar keinen Alkohol. Ein "Schlummertrunk" oder "Feierabendbier" sind keine guten Schlafmittel.

  • Wählen Sie abends möglichst leichte Mahlzeiten.

  • Versuchen Sie, regelmäßig körperlich aktiv zu sein.

  • Lassen Sie den Tag entspannt ausklingen. Verzichten Sie vor dem Zubettgehen auf geistig oder körperlich anstrengende Tätigkeiten.

  • Finden Sie Ihr persönliches Einschlafritual und schaffen Sie eine angenehme Schlafumgebung.

  • Schauen Sie nicht auf die Uhr, wenn Sie nicht einschlafen können oder nachts wach geworden sind.

Das folgende Vorgehen kann gegen das nächtliche Gedankenkarussell und schlafstörende Verhaltensweisen helfen. Der Fachbegriff ist Stimuluskontrolle:

  • Legen Sie sich abends nur ins Bett, wenn Sie wirklich müde sind. Wichtig: Das Bett ist nur zum Schlafen oder zum Sex da.
  • Falls Sie nicht einschlafen können, stehen Sie nach 15 Minuten wieder auf und verlassen Sie das Schlafzimmer. Gehen Sie erst wieder ins Bett, wenn Sie schläfrig sind. Diese Vorgehensweise können Sie gegebenenfalls wiederholen.
  • Stehen Sie morgens immer zur selben Zeit auf. Vermeiden Sie ein Schläfchen zwischendurch.

Weitere Tipps und Unterstützung können Sie in Selbsthilfegruppen bekommen.

Wer nachts schlaflos im Bett liegt, hat ein Problem. Denn Schlaflosigkeit erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Immunschwäche, Diabetes und Depression

Warum kann ich nicht schlafen obwohl ich müde bin

Foto: iStock

Virgile Novarina verdient sein Geld im Schlaf. Der Künstler aus Paris schlummert live in Galerien und Museen. Stundenlang. Anfang November 2016 wurde er für seine Darbietungen "En Sommeil" ("Im Schlaf") – mit dem Paula-Modersohn-Becker-Preis ausgezeichnet. Novarina bricht ein Tabu. In der modernen Welt gilt es als erstrebenswert, rund um die Uhr hellwach zu sein. "Der frühe Vogel fängt den Wurm", schärfen Eltern ihren Kindern ein.

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In Stressphasen sind unruhige Nächte normal. Was aber tun, wenn sie zum Dauerproblem werden?

"Trennung, Probleme mit den Kindern, Fälle aus der Arbeit, die mich nicht losließen - es kann sein, dass es damit anfing, vor acht Jahren: Ich wurde nachts immer häufiger wach und konnte nicht mehr einschlafen. Ich lag da, habe gegrübelt, über den Tag nachgedacht, und irgendwann war ich nur noch genervt, weil ich schlafen wollte, aber nicht konnte. Da ich eigentlich ein Hochleistungsmensch bin, hat mich das schier wahnsinnig gemacht. Ich war furchtbar nervös und habe mir Vorwürfe gemacht: ,Du schläfst schon wieder nicht, morgen bist du total fertig, du kriegst den Tag bestimmt nicht rum." Meist bin ich erst gegen Morgen eingedöst.

Mit der Zeit wurden die Schlafprobleme immer schlimmer: Ich hatte nachts Herzrasen, richtige körperliche Symptome. Irgendwann konnte ich mich tagsüber kaum noch konzentrieren. Mitten im Satz wusste ich nicht mehr, worüber ich geredet habe. Ständig habe ich vergessen, was ich noch gleich tun wollte, konnte kaum noch ein Gespräch führen.

Ich war todunglücklich und hatte Angst, Alzheimer zu bekommen. Ich bin zum Arzt gegangen, aber der hat mir Baldrian empfohlen. Als ich gedrängt habe, weil die Probleme schlimmer wurden, wollte er mir Schlaftabletten verschreiben. Dagegen habe ich mich gesträubt. Zum Glück ist ihm das Schlaflabor eingefallen. Dort habe ich zwei Nächte geschlafen, und man hat mir meine Schlafkurven gezeigt: Ich schlafe sehr unruhig, habe aber zwei bis drei Tiefschlafphasen pro Nacht. Das hat mich beruhigt: Ich brauchte mich also nicht mehr verrückt zu machen, dass ich überhaupt nicht schlafe.

In einer Verhaltenstherapie habe ich gelernt, mit dem Schlafen besser umzugehen. Nach sieben Jahren hatte ich erstmals wieder das Gefühl, dass ich mich ruhig hinlegen kann. Es gibt immer noch schlechte Nächte, aber ich rege mich nicht mehr so darüber auf. Wenn mich Gedanken nachts nicht loslassen, dann stehe ich auf und schreibe sie auf. Wenn ich schlecht geschlafen habe, mache ich nur das, was ich leisten kann. Und wenn ich eine tolle Nacht hatte, dann wache ich auf und freue mich morgens total." * Name geändert

Prof. Jutta Backhaus vom Schlaflabor der Medizinischen Universität Lübeck rät: Entspannung trainieren

Es trifft oft die Leistungsbewussten. Die, die sich selbst kaum Pausen gönnen. Scheinbar ganz plötzlich bleibt ihr Schlaf weg. Und je mehr sie ihn wollen, desto ferner entschwindet er ihnen. "Oft fängt eine Schlafstörung mit einer Stresssituation oder einer Lebenskrise an", sagt Jutta Backhaus, Leiterin des Schlaflabors an der Klinik für Psychiatrie der Medizinischen Universität Lübeck: Jemand grübelt über die Finanzierung des Eigenheims nach oder hat Stress im Job.

"Dass man in solchen Situationen eine Zeit lang nicht gut schläft, ist völlig normal; das geht in der Regel nach spätestens einem Monat vorbei. Bei manchen Menschen aber verselbstständigt sich die Schlafstörung. Nach einer Weile grübeln sie nachts nicht mehr über ihr Problem, sondern darüber, dass sie nicht schlafen", beschreibt Backhaus den Teufelskreis. Die Grübelei macht noch unruhiger. "Wenn man willentlich versucht einzuschlafen, passiert das genaue Gegenteil, man wird immer wacher."

Liegt der Schlafstörung keine organische oder psychische Krankheit zugrunde, sprechen die Experten von primärer Insomnie. Frauen trifft sie häufiger als Männer, da ihre hormonellen Schwankungen Schlafprobleme auslösen können. Ältere Menschen trifft sie häufiger als junge, da etwa ab 40 der Schlaf leichter wird.

Häufig pilgern die Schlaflosen jahrelang Hilfe suchend von Arzt zu Arzt. "Menschen mit primärer Insomnie haben das Problem im Durchschnitt schon seit zehn bis elf Jahren, bevor sie zu uns kommen", sagt Backhaus. Die Experten prüfen zuerst, ob sie einen klaren Verursacher ausmachen können. So haben Depressive meist Schlafstörungen; Schmerzerkrankungen oder Funktionsveränderungen der Schilddrüse behindern den Schlaf. "Wir arbeiten mit standardisierten Testbögen", erläutert Backhaus. Außerdem notieren die Patienten in einem Schlaftagebuch, wann sie ins Bett gegangen sind, wie oft sie wach waren und wann sie wieder aufstanden.

In den meisten Fällen ist die Diagnose danach klar, sagt Backhaus: "Ins Schlaflabor braucht man dann eigentlich nur, wenn der Verdacht besteht, dass die Schlafstörung organische Ursachen haben könnte. Manchmal hilft eine solche Untersuchung den Patienten aber, weil sie anhand ihrer Schlafdaten sehen, dass ihre Nächte gar nicht so schlecht sind, wie sie immer dachten." Denn viele Schlafgestörte empfinden leichte Schlafphasen anders als Normalschlummerer: Sie halten sich für wach, obwohl sie dösen oder gar schon schlafen.

Schlaflosigkeit sollte unbedingt behandelt werden. Denn sonst ist das Risiko hoch, nach einigen Jahren depressiv zu werden. Studien haben gezeigt, dass gegen primäre Insomnie am besten eine kognitive Verhaltenstherapie hilft, ergänzt durch Entspannungsverfahren und das Wissen darüber, wie man den Schlaf-Wach-Rhythmus strukturiert.

"Wer zu uns kommt, lernt zuerst, sich körperlich und gedanklich zu entspannen", sagt Jutta Backhaus. Denn das haben die Nichtschläfer oft verlernt. Die meisten kommen mit progressiver Muskelentspannung, kombiniert mit Ruhebildern und Fantasiereisen, am besten klar. Die Patienten lernen, unangenehme Gedanken zu stoppen und sich falsche Verhaltensweisen abzugewöhnen.

So sollten Schlafgestörte nicht länger im Bett bleiben, auch wenn sie schlecht geschlafen haben. Denn sie gleichen das Schlafdefizit dadurch nicht aus. Im Gegenteil. Lange Bettzeiten führen zu leichterem Schlaf, und die Patienten fühlen sich am nächsten Morgen noch unerholter. Auch tagsüber dürfen sie daher kein Auge zutun. "Damit wird der Schlafdruck erhöht, man ist abends müder und schläft besser", erklärt Backhaus. Auch die Vermittlung von Methoden zur Problemlösung gehören zur Therapie. Grüblern etwa helfe es oft, ihre Gedanken aufzuschreiben und sich am nächsten Tag systematisch damit auseinander zu setzen. So ist erst mal der Kopf frei, und die Patienten können einschlafen.

Eine härtere Form der Therapie ist die Schlafrestriktion: Damit die Patienten wieder richtig müde werden, wird ihr Schlaf beschränkt. Das sollte man aber besser nicht selbst ausprobieren: "Wer sich für diese Therapie entscheidet, braucht auf alle Fälle professionelle Beratung", warnt Backhaus.

Am meisten hilft den Insomnikern, dass sie nach der Therapie wieder lässiger mit der Nacht umgehen können. "Viele hatten ihr ganzes Leben um ihre Schlafstörung herum organisiert. Das ist ganz falsch. Wichtig ist, am Leben teilzunehmen - auch, wenn man dann vielleicht mal nicht zur üblichen Schlafenszeit ins Bett kommt", sagt Backhaus.