Baby schreit nach Aufwachen wie am Spieß

Manche Babys schreien – je nach Temperament – laut und ausdauernd, manchmal drei oder mehr Stunden am Tag, ohne dass sich hierfür ein Grund finden lässt. Sie haben weder Hunger noch eine volle Windel und lassen sich durch kaum etwas beruhigen. Häufig treten solche „Schreiattacken“ am späten Nachmittag oder in den Abendstunden auf.

Diese Schrei- und Unruheepisoden sind in der Regel harmlos und meist auf die ersten drei bis sechs Lebensmonate begrenzt. Sie können aber eine starke Belastung für die Eltern bedeuten und an deren Kräften und Nerven zehren. Vor allem unerfahrene Eltern können hierdurch stark verunsichert werden: Sie können sich das Schreien nicht erklären. Sie nehmen an, dass sie in der Pflege oder im Umgang mit dem Kind Fehler machen, oder sind enttäuscht, dass sich ihr Kind nicht von ihnen beruhigen lässt.

Zu diesen Alltagsproblemen kann hinzukommen, dass Ihr Baby vielleicht ein wenig kränkelt. Folgende Gesundheitsbeschwerden kommen relativ häufig vor und können Ihr Baby zum stundenlangen Schreien bringen:

  • Verdauungsbeschwerden
  • Zahnungsbeschwerden
  • Erkältung
  • Ohrenschmerzen
  • Juckreiz durch Milchschorf, Windeldermatitis oder Neurodermitis

Machen Sie sich bitte keine Sorgen. Diese Probleme machen sehr viele Babys durch, und in den meisten Fällen ist es nur eine kurze Phase. Zum Kinderarzt sollten Sie gehen, wenn sie unsicher sind, ob es etwas Ernstes ist, oder wenn Ihr Kind Hautausschläge hat, sich oft erbricht, an Gewicht verliert oder fiebrig ist.

Was Ihr Baby braucht, wenn es weint, ist viel Liebe und Nähe. Lassen Sie es nicht einfach schreien, sondern halten Sie es fest – auch wenn sein Brüllen Sie zur Verzweiflung bringt. Denken Sie daran: Es schreit nicht einfach ohne Grund. Aber es gibt auch keinen Grund, deswegen in Panik zu verfallen. Versuchen Sie, ruhig zu bleiben und durchzuatmen. Mit der Zeit werden Sie lernen, die Signale und Bedürfnisse Ihres Babys besser zu verstehen. In den meisten Fällen können Sie es dann auch schneller wieder beruhigen.

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Nachtschreck (Nachtterror) ist eine Form von Schlafstörung bei Kindern. Dabei kann das Kind wenige Stunden nach dem Einschlafen schreien, um sich schlagen, die Augen weit aufreißen, aber niemanden erkennen und sich weder wecken noch trösten lassen. Mehr über die Ursachen von Nachtschreck, wie Sie dabei reagieren sollten und wann Sie zum Arzt müssen, lesen Sie hier.

Artikelübersicht

Nachtschreck

  • Das können Sie selbst tun

  • Was ist Nachtschreck? Schlafstörung mit kurzzeitigem unvollständigem Aufwachen, gepaart mit Schreien, aufgerissenen Augen, Verwirrung, starkem Schwitzen und schneller Atmung
  • Wer ist betroffen? meist Kleinkinder und Kinder bis zum Vorschulalter
  • Ursache: Entwicklungsphänomen des zentralen Nervensystems. Meist liegt eine familiäre Vorbelastung vor.
  • Was tun? Kind nicht zu wecken versuchen, abwarten, Umgebung sichern und das Kind vor Verletzungen schützen
  • Wann zum Arzt? bei Nachtschreck, der häufiger oder nach traumatischen Erlebnissen auftritt, über das sechste Lebensjahr hinaus besteht oder nach längerer Pause wiederkehrt; bei erstem Nachtschreck im höheren Kindes- oder Erwachsenenalter; bei psychischen Erkrankungen oder Verdacht auf Epilepsie
  • Prognose: meist bereits im Schulalter aufgrund normaler Entwicklung überwunden

Baby schreit nach Aufwachen wie am Spieß

Nachtschreck liegt in der Familie

Nachtschreck und Schlafwandeln hängen oft zusammen. An beiden Schlafstörungen sind genetische Faktoren beteiligt. Erlebt Ihr Kind solche nächtlichen Episoden, findet sich meist mindestens ein Verwandter, der in seiner Kindheit ebenfalls Nachtschreck oder Schlafwandeln durchlebt hat. Oft waren die Eltern oder Großeltern betroffen.

Nachtschreck: Auslöser

Manche Faktoren begünstigen den Nachtschreck bei Kindern:

  • Übermüdung, Schlafmangel
  • emotionaler Stress
  • fieberhafte Erkrankungen
  • Medikamente
  • ein ereignisreicher Tag, viele Eindrücke
  • Übernachten in einer fremden Umgebung

Informieren Sie sich hier zu den Krankheiten, bei denen das Symptom auftreten kann:

Der Nachtschreck hängt mit der Entwicklung des Nervensystems zusammen und verschwindet normalerweise mit der Zeit von selbst. In folgenden Fällen sollten Sie allerdings einen Arzt aufsuchen:

  • Der Nachtschreck tritt häufig auf.
  • Erste Episoden treten erst bei älteren Kindern (z.B. bei Zwölfjährigen) oder im Erwachsenenalter auf.
  • Der Nachtschreck bleibt über das sechste Lebensjahr hinaus bestehen.
  • Der Nachtschreck tritt nach längerer Pause erneut auf.
  • Der Nachtterror tritt nach traumatischen Erlebnissen auf.
  • Der Betreffende hat eine diagnostizierte psychische Erkrankung.
  • Es besteht beim Betreffenden der Verdacht auf Epilepsie.

Tipp: Wenn Sie unsicher sind, ob Ihr Kind unter einem Nachtschreck leidet, können Sie mit Ihrem Handy eine nächtliche Episode aufnehmen und dem Kinderarzt zeigen. Sagen Sie ihm nach Möglichkeit auch, wann das Kind eingeschlafen ist und wann es dann den Nachtschreck erlebte.

Zuerst wird der Arzt abklären, ob es sich tatsächlich um Nachtschreck oder aber um eine andere Schlafstörung handelt. Danach kann er, falls nötig, eine Behandlung einleiten.

Baby schreit nach Aufwachen wie am Spieß

Baby schreit nach Aufwachen wie am Spieß

Nachtschreck: Untersuchungen

Zunächst holt der Arzt wichtige Informationen zur Krankengeschichte ein (Anamnese). Dazu führt er ein Gespräch mit dem Betroffenen (falls dieser alt genug ist) beziehungsweise den Eltern oder anderen Erwachsene, welche die Schlafstörung beobachtet haben. Zu klärende Fragestellungen sind unter anderem:

  • Wie steht es mit abendlichen Aktivitäten und Essgewohnheiten?
  • Wie sieht die Vorbereitung auf das Zubettgehen aus (z.B. Gute-Nacht-Geschichte, Zähneputzen etc.)?
  • Wann ist die übliche Bettgehzeit? Gibt es Probleme beim Ein- oder Durchschlafen?
  • Wie läuft eine Nachtschreck-Episode genau ab (Symptomatik, Häufigkeit, Dauer)?
  • Wann trat der Nachtschreck zum ersten Mal auf? Gibt es mögliche Auslöser (z.B. traumatische Erlebnisse, körperliche Erkrankung etc.)?
  • Wie sieht das sonstige Schlafverhalten aus (z.B. unruhiger Schlaf, Schnarchen, Bettnässen)?
  • Wie viel schläft der Betreffende pro Nacht im Schnitt?
  • Wann ist die übliche Aufwachzeit? Wird der Betroffene geweckt oder wacht er von alleine auf?
  • Wie ist die Befindlichkeit nach dem Erwachen? Erinnert sich der Betreffende an den gestörten Nachtschlaf?
  • Wie ist das Verhalten tagsüber (z.B. ungewöhnliche Müdigkeit, Schläfrigkeit)?
  • Wie sehr belastet die Schlafstörung den Betroffenen oder die Familie?
  • Wie hoch ist der Medienkonsum des Betroffenen (z.B. tägliche Fernsehzeit, Nutzungsdauer des Handys etc.)?
  • Ist der Betroffene öfters ängstlich oder emotional sehr empfindlich?
  • Nimmt oder nahm der Betroffene irgendwelche Medikamente oder Drogen ein?
  • Sind Episoden von Nachtschreck oder Schlafwandeln bei Eltern oder anderen Verwandten bekannt (aus der Kindheit)?

Zur Klärung solcher Fragen kann der Arzt auch spezielle Schlaffragebögen wie den Fragebogen vom Münchner Parasomnie-Screening verwenden.

Wahrscheinlich wird der Arzt Sie zudem bitten, für eine Woche ein Schlaftagebuch (Schlafprotokoll) zu führen. Darin werden unter anderem für jede Nacht die Bettgehzeit, Gesamtschlafdauer, evtl. Aufwachphasen, Episoden von Nachtschreck, Albträume etc. notiert. Diese genauen Aufzeichnungen helfen dem Arzt bei der Abklärung der Schlafstörung.

In manchen Fällen kann auch eine Aktigrafie weiterhelfen. Dabei trägt der Betroffene mehrere Tage lang ein Armbanduhr-ähnliches Gerät, das laufend die Aktivitäts- und Ruhephasen aufzeichnet. Die Auswertung der Daten kann Störungen im Schlaf-Wach-Rhythmus aufzeigen.

Baby schreit nach Aufwachen wie am Spieß

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Die Bewegungsmuster bei Schlafstörungen wie dem Nachtschreck kann dem von nächtlichen epileptischen Anfällen sehr ähnlich sein. Zur Abklärung kann deshalb eine sogenannte Polysomnografie in einem Schlaflabor sinnvoll sein:

Der Betroffene verbringt die Nacht im Schlaflabor. Während des Schlafes ist er mit Messgeräten verbunden, die Parameter wie Hirnströme, Herzfrequenz, Atmung sowie Sauerstoffsättigung und Kohlendioxidkonzentration im Blut messen. Per Videoüberwachung werden zudem Augenbewegungen und andere Bewegungen im Schlaf aufgezeichnet.

Die Daten liefern Informationen über wichtige Körperfunktionen im Schlaf (wie Hirn- und Herzaktivität) sowie zum persönlichen Schlafprofil des Betroffenen.

Ergibt die Untersuchung Hinweise auf nächtliche epileptische Anfälle wird der Betroffene an ein Epilepsiezentrum überwiesen.

Nachtschreck: Behandlung

Der Nachtschreck bei Kindern ist ein Entwicklungsphänomen und braucht deshalb in der Regel keine Therapie. Um den nächtlichen Störungen vorzubeugen, sollte der Stresspegel des Kindes reduziert und die Schlafhygiene optimiert werden (siehe unten "Nachtschreck vorbeugen").

Weitere Maßnahmen, die bei Nachtschreck sinnvoll sein können:

Geplantes Wecken

Hat sich im Schlafprotokoll herausgestellt, dass Ihr Kind immer zur selben Zeit einen Pavor nocturnus erlebt, können Sie unter Anleitung des Arztes geplante "antizipatorische Weckungen" durchführen: Für eine Woche wecken Sie Ihr Kind vollständig etwa 15 Minuten vor der üblichen Zeit, zu der normalerweise der Nachtschreck auftritt. Nach fünf Minuten darf es wieder weiterschlafen. Tritt der Nachtschreck dennoch wieder auf, wiederholen Sie die Weckungen für eine weitere Woche.

Hypnose

In einigen Untersuchungen erwiesen sich Selbsthypnose und professionelle Hypnose als erfolgreich bei Nachtschreck. Wenn Sie mehr darüber wissen möchten, fragen Sie den behandelnden Arzt.

Medikamente

Eine Behandlung mit Medikamenten kommt bei Nachtschreck nur dann in Betracht, wenn die Alltagsaktivitäten durch die Schlafstörung beeinträchtigt sind, psychosoziale Folgestörungen auftreten oder der Leidensdruck für das betroffene Kind oder die Familie sehr hoch ist.

Es gibt allerdings keine klaren Empfehlungen für die medikamentöse Therapie bei Nachtschreck. Nur Erfahrungen mit einzelnen Betroffenen oder einer Gruppe mehrerer Betroffener (Fallserie) zeigen, dass manche Wirkstoffe hilfreich sein können. Dazu zählen beispielsweise Benzodiazepine (wie Diazepam) mit ihrer beruhigenden und angstlösenden Wirkung. Auch trizyklische Antidepressiva (wie Imipramin), die normalerweise bei Depressionen gegeben werden, können unter Umständen bei Nachtschreck verschrieben werden.

Diese Untersuchungen helfen, die Ursachen der Beschwerden herauszufinden:

Versuche, ein Kind aus dem Nachtschreck aufzuwecken oder es zu trösten, sind leider vergeblich. Sie könnten sogar das Kind noch mehr aufregen. Doch was hilft dann bei Nachtschreck?

Nachtschreck: So reagieren Sie richtig

Am besten versuchen Sie es mit folgenden Tipps, wenn Ihr Kind einen Pavor nocturnus erlebt:

  • abwarten und das Kind nicht wecken, nicht streicheln oder in den Arm nehmen – auch wenn es schwerfällt
  • leise und beruhigend sprechen und Ihrem Kind so versichern, dass Sie da sind und es in Sicherheit ist
  • Schlafumgebung sichern, um das Kind vor Verletzungen zu schützen

Nach fünf bis zehn Minuten beruhigt sich Ihr Kind schlagartig und schläft von selbst schnell wieder ein.

Um dem Nachtschreck vorzubeugen, sollten Sie bei Ihrem Kind in erster Linie auf eine gute Schlafhygiene achten. Sie umfasst:

  • regelmäßige, an die Bedürfnisse des Kindes angepasste Bettgehzeiten
  • bei kleineren Kindern geregelter Tagschlaf
  • reizarme Umgebung vor dem Zubettgehen (z.B. kein Fernsehen oder keine Nutzung von Bildschirmen wie Handys oder Tablets etwa eine Stunde vorher)
  • keine aufregenden oder anstrengenden Aktivitäten vor dem Einschlafen
  • ruhige, abgedunkelte, angenehm temperierte Schlafumgebung
  • bequemer Schlafplatz, der nicht mit anderen Tätigkeiten assoziiert ist wie Spielen, Fernsehen, Hausaufgaben oder Bestrafung
  • regelmäßiges Einschlafritual, z.B. eine Gute-Nacht-Geschichte
  • wenn gewünscht, schwaches Nachtlicht anlassen

Neben diesen Maßnahmen können zusätzliche folgende Tipps dem Nachtschreck vorbeugen:

  • Übermüdung vermeiden
  • nächtlichen Schlafmangel über den Tagschlaf (z.B. Mittagsschlaf) ausgleichen
  • Stress reduzieren, z.B. weniger Termine pro Woche oder Tag einplanen
  • Entspannungsmethoden ausprobieren wie eine altersgerechte Progressive Muskelrelaxation oder Autogenes Training
  • viel Bewegung an der frischen Luft
  • regelmäßiger Tagesrhythmus

Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

  • Fulda, S.: „Entwicklung und Validierung des Münchner Parasomnie-Screening (MUPS): Ein Fragebogen zur Erfassung von Parasomnien und nächtlichen Verhaltensweisen.“ Somnologie, Band 12, 2008
  • Gerlach, M. et al.: Neuro-/Psychopharmaka im Kindes- und Jugendalter, Springer-Verlag, 3. Auflage, 2016
  • Largo, R.: Babyjahre – Entwicklung und Erziehung in den ersten vier Jahren. Piper Verlag, 9. Auflage, 2012
  • Pschyrembel Online: www.pschyrembel.de (Abruf: 04.02.2020)
  • Rauber, N.: „Insomnie, Parasomnie, Restless-Legs, Atmungsstörungen Schlafstörungen in der Praxis sicher diagnostizieren und behandeln“, NeuroTransmitter, Band 30, Heft 5, 2019
  • S1-Leitlinie „Nichtorganische Schlafstörungen“ der Dt. Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (Stand: Juli 2018)
  • S3-Leitlinie „Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen – Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM)“, Somnologie – Schlafforschung und Schlafmedizin, Band 13, Suppl 1, Springer-Verlag, 2009
  • Schneider, B.: „Möglichkeiten der Diagnostik von Schlafstörungen im Kindesalter: Nachts im Kinderzimmer – wissen wir genug über den Kinderschlaf?“ Pädiatrie, Band 30, Heft 5, 2018
  • Tabelle modifiziert nach Largo, R.: „Babyjahre – Entwicklung und Erziehung in den ersten vier Jahren“. Piper Verlag, 9. Auflage, 2012