Was wurde nach einer person benannt mirabelle

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Was wurde nach einer person benannt mirabelle


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Auch das Pfropfen der edlen Pflaume auf den Schlehdorn ist allgemein, Verg. G. 4, 145:

spinos jam pruna ferentis. Auf Horazens Villa waren Pflaumen auf Dornen zu sehen, Ep. 1, 16, 8:

quid? si rubicunda benigne

Corna vepres et pruna ferunt? Columella kennt drei Sorten: cereolum, Damasci, onychinum, Plinius aber eine verwirrende Menge von Varietäten, 15, 41: Ingens postea turba prunorum

folgt die Aufzählung einiger derselben. In peregrinis arboribus dicta sunt Damascena a Syriae Damasco cognominata, jam pridem in Italia nascentia. Simul dici possunt populares eorum myzae, quae et ipsae nunc coeperunt Romae nasci insitae sorbis. Diese Damascener-Pflaume, als die alleredelste, gab bei den Byzantinern und Neugriechen den Namen für Kulturpflaume überhaupt her; der Name prunus ging mit dem Baum und der Frucht von Italien aus durch alle Länder West- und Mitteleuropas. Die Römer hatten ihrerseits den Namen von den Griechen entlehnt; ntpouvov aber galt nach Galenus eigentlich für die Frucht des wilden Baumes, 6, p. 619 Kühn: ό τε των άγριοκοκκυμήλων, & προϋμνα παρ ņuiv (d. h. im nordwestlichen Kleinasien) xalovoi, fand aber dann auch, wie in ähnlichen Fällen auch sonst geschah, auf die edle Prunus domestica Anwendung, z. B. bei Dioscor. 1, 174. Sonst hiess bei den Griechen die Frucht der letzteren xoxxvundov (die erste Hälfte ein orientalisches Wort, s. Pott in Lassens Zeitschrift 7, 109), die Schlehenpflaume Bodßvaov. Das älteste Zeugniss für den ersteren Namen ist in einem Citat des Pollux 1, 232 aus Archilochus, also aus dem Anfang des siebenten Jahrhunderts, enthalten, dann in einem Fragment des Hipponax aus der Mitte des sechsten Jahrhunderts, Fr. 81. Bergk.:

στέφανον είχον κοκκυμήλων και μίνθης. . In der Abhandlung über die Pflaumen bei Athenäus 2, p. 49 ff. wird nach dem Peripatetiker Clearchus berichtet, die Rhodier und die Sikelioten nennten auch die Pflaumen Boáßvaa, und nach dem Glossator Seleukus, βράβυλα, ήλα, κοκκύμηλα, μαδρυα seien dassellbe. Der Sprachgebrauch des Theokrit bestätigt diese Angabe nicht: von den zwei Stellen dieses Dichters, in denen das Wort Boáßvkov vorkommt, wird in der einen, 12, 3, die Ankunft der Geliebten so süss genannt, wie der Frühling im Gegensatz zum Winter, und das uñaov im Vergleich mit dem Boaßvkov: hier kann unter den letzteren schwerlich die köstliche Pflaume verstanden werden, vielmehr wird uñaov nur als kürzerer Ausdruck für xoxxúundov zu nehmen sein. In der anderen Stelle 7, 146 werden bei Schilderung eines Lustortes Birnen, Aepfel und Beábula zusammen genannt, und es steht nichts entgegen, sie auch hier als die einheimischen Schlehenpflaumen zu fassen. Die heutigen romanischen Sprachen verwenden für die Schlehe das Verkleinerungswort der Pflaume: prugnola, prunelle; das englische bullace Schlehe soll aus dem Keltischen stammen (s. Schuchardt in K. Zeitschr. 20, 1871, S. 249); dem deutschen Schlehe, ahd. sléha, mhd. sléhe entspricht buchstäblich das slavische sliva in der Bedeutung Pflaume; dem französischen crèque oder vielleicht direkt dem lat. graecum ist das deutsche Krieche, niederdeutsche Kreke nachgebildet (Grimm, Wörterb. 5, 2206), auch altpreussisch krichaytos; Zwetsche, welches slavischen Klang hat, aber in den slavischen Sprachen nicht vorkommt, ist nach Schmeller 4, 310 aus Saucoxqvóv entstellt, wie die Engländer aus demselben griechischen Wort ihr damsin, damson gemacht haben. Das italienische susina, spanische endrina, vielleicht nach Orten oder Menschen benannt, stimmen wenigstens in der Endung mit dem Namen bei Plinius: onychina, malina u. s. w. überein. Die Mirabelle, italienisch mirabella, führt Diez 1, 280 auf uvooßéhavos zurück, welches griechische Wort ursprünglich eine indische, zur Bereitung einer Salbe dienende Frucht bedeutete, dann aber auf eine einheimische Art kleiner gelblicher Pflaumen angewandt wurde. Das in Tyrol gebräuchliche Zeiber (s. Schöpf, Tyrolisches Idiotikon) lautet bei den benachbarten Slowenen cibara. Von den obigen Glossen ήλα, μαδρυα, zu denen man noch οξύμαλα und βάδρυα hinzufügen kann (Nauck zu Arist. Byz. p. 118), ist nur ja allenfalls aus orientalischen, zur iranischen Familie gehörenden Sprachen zu erklären (Pott a. a. 0. S. 108).


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Sullas Gesicht war von grellem Roth mit weissen Flecken untermischt, so dass ein Spötter in Athen dichtete, es sei wie eine Maulbeere, mit Mehl bestreut, Plut. Sull. 2:

Συκάμινον έσ' ο Σύλλας, άλφίτου πεπασμένον. Elephanten, denen vor der Schlacht der Rüssel mit Maulbeeren be. strichen war, sollten dadurch kampfgierig werden, offenbar wegen der Aehnlichkeit des Saftes mit dem Blute (1. Maccab). 6, 34 nach Luther: »da liess der König . die Elephanten mit rothem Wein und Maulbeersaft bespritzen, sie anzubringen und zu erzürnen«). Ueppige Weiber und lustige Leute, die Mummenschanz trieben, be. malten sich Schläfe und Wangen mit Maulbeersaft, und dem Weine, den sie dazu tranken, war vielleicht auch, wenn er zu blass gewesen war, ein Zusatz von demselben Saft gegeben worden, um ihn dunkelroth zu machen (μέλας οίνος, wie μέλαν αίμα) wie noch jetzt im Süden Praxis ist.

Fragen wir, wann der Maulbeerbaum aus seinem asiatischen Vaterlande zuerst in Europa erschienen, so verweisen uns einige beiläufig aufbewahrte Dichterstellen auf die Zeit der attischen Tragiker, andere ein Jahrhundert später auf die der mittleren und neuen Komödie. Nur dass die Verwechselung mit der Sykomore, dem ägyptischen Maulbeerfeigenbaum, und andererseits mit dem Brombeerund Himbeerstrauch einige Unsicherheit in die Deutung der Zeugnisse bringt. Die Sykomore nämlich, ein weitschattender Baum mit feigenähnlichen Früchten ursprünglich in Aegypten zu Haus, aber auch in semitischen Landen, wo der Boden es erlaubte, in Palästina und Cypern vielfach angepflanzt, war auch den Griechen aus ihrem Verkehr mit jener Erdgegend nicht unbekannt geblieben; der Baum empfahl sich nicht bloss durch die Kühlung, die sein Laub gewährte, sondern auch durch die Früchte, die eine Nahrung des niederen Volks bildeten, und durch das sehr geschätzte Holz, das eben so fest als leicht sein sollte. In den heiligen Schriften der Hebräer erscheint die Sykomore nur in den beiden Pluralformen: schikmim und schikmot, und vergleicht man dazu die beiden griechischen Benennungen, die frühere συκάμινος, und die spitere συκόμορος, συκομωρέα, So ist augenfällig, dass sie jenen hebräischen oder vielmehr den entsprechenden syrischen oder niederägyptischen nachgebildet sind. Diesem Sy. komorenbaum erschien nun der eigentliche Maulbeerbaum mit Recht oder mit Unrecht sehr ähnlich und entlieh ihm auch seinen Namen. Theophr. h. pl. 4, 2, 1: > der Maulbeerbaum kommt der dortigen Sykomore sehr nahe, denn er hat ein ähnliches Blatt, gleicht ihm auch in der Grösse und der ganzen Gestalt.« Wiederholt von Pli. nius, 13, 56: Arbor (ficus Aegyptia) moro similis folio, magnitudine, adspectu. Ebenso Dioscorides, 1, 181: rois píldocs {ocxòs uopéç. Daher sagt Diodor 1, 34 geradezu: es giebt zwei Arten Sykaminen, die einen tragen Maulbeeren, die andern Früchte wie Feigen. Andererseits waren die Früchte des Maulbeerbaumes denen des Brombeerstrauches, Baros, sehr ähnlich, und der uralte Name des letzteren uóga, uopa, mora konnte leicht auch auf die ersteren angewandt werden, Athen. 2. p. 51: συκάμινα & καλούσιν ένιοι μόρα ... Δημήτριος δε Ziwv avrà ouxáueva xai uoga. Phanias, der Eresier, der Schüler des Aristoteles, wollte den Namen uogov auf die Frucht der wilden ovxauc vos d. h. auf die Brombeere beschränkt wissen, die auch sehr süss sei (Athen. ibid.), aber die Lebertragung hatte schon zu weit um sich gegriffen. Ja die Alexandriner brauchten, wie Athenäus eben dort berichtet, ausschliesslich uoga für Maulbeeren, vermuthlich weil ovxáuiva für die bei ihnen häufigen Früchte der ägyptischen Sykomore schon seine feste Verwendung gefunden hatte. Selbst der Ausdruck Bária, der doch wörtlich die Beeren des Dornstrauchs bedeutet, wurde hin und wieder auf die Maulbeeren angewandt. Bekk. Anecd. gr. 224, 23: βάτια: σωκαμίνου ο καρπός υπό Σαλαμινίων. Wenn nun berichtet wird, Aeschylus habe in seiner Tragödie »die Phryger« von Hektor gesagt, er sei reifer gewesen, als die móga, Athen. 2 p. 51:


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In der römischen Kaiserzeit wusste man die drei in der Ueberschrift genannten Früchte, als juglandes, Walnüsse, amygdalae, Mandeln, und nuces castaneae, Kastanien, genau zu unterscheiden: je weiter man aber in der Zeit hinaufgeht, desto mehr verwirren sich die Namen. So lange die Bäume selbst, deren Ansehen und Natur so verschieden ist, dass sie gar nicht mit einander zu verwechseln sind, nicht allgemein bekant waren, und nur der Seehandel jene Schalenfrüchte in Säcken oder Thonfässern auf den Markt z. B. den von Athen, brachte, griff man bei der Benennung zu den einheimischen Wörtern Nuss oder Eichel und fügte wechselnde Beinamen hinzu, die von der Beschaffenheit der Schale oder von dem Lande, wo die Frucht angeblich wuchs, oder von dem Handelshafen, der sie geliefert hatte, hergenommen waren. So schwankend aber blieb der Gebrauch, dass z. B. der populäre Name Jupiters Eichel, dios Bálavos, der in Griechenland in den meisten Fällen die Kastanie bezeichnete, in der entsprechenden lateinischen Form juglans die Bedeutung Walnuss hat. Am frühesten trat die Mandel auf, die unter dem Namen duvydáin bei den attischen Komikern schon gewöhnlich ist; die Namen der Walnuss, der Kastanie und einiger edlern Arten der Haselnuss laufen aber noch lange durch einander. Hält man die Hauptstellen zusammen, so ergiebt sich wenigstens eine unzweifelhafte pflanzengeographische Thatsache, nämlich die Herkunft aller dieser Früchte aus dem mittleren Kleinasien, besonders aber aus den Pontusgegenden und zwar in verhältnissmässig später Zeit. Dorthin weisen alle Namen: Hermippus ap. Athen. 1, p. 28 :

Τας δε Διός βαλάνους και αμύγδαλα σιγαλόεντα

Παφλαγόνες παρέχουσι τα γαρ τ' αναθήματα δαιτός. . Plin. 15, 93 von den Kastanien: Sardibus hae provenere primum: ideo apud Graecos Sardianos balanos appellant. Dioscor. 1, 145: αι Σαρδιαναι βάλανοι, άς τινες λόπιμα, ή κάστανα καλούσιν, ή μότα, ή Διός βάλανοι. Galen. 6, p. 778 Kühn.: οί γε μην εμοί πολίται, καθάπερ ούν και άλλοι των εν 'Ασία, Σαρδιανάς τε και λευκήνας ονομάζουσιν αυτάς (die Kastanien) από των χωρίων, εν οις πλείσται yevvõvtal (also wo sie am häufigsten sind, nicht etwa wo eine beSonders feine Sorte wächst). το μεν ούν έτερον των ονομάτων τούτων εύδηλόν έστιν από τίνος γέγονε λευκήναι δε απο χωρίου τινός εν τω όρει τη "Ίδη την προσωνυμίαν έσχήκασιν. Amphilochus ap. Αthen. 2. p. 54: όπου δε γίνεται τα κάρυα τα Σινωπικά, ταύτα δένδρα εκάλουν άμωτα (was oben Dioscorides μότα nannte - beide Formen schwer deutbar und vielleicht verdorben). Strab. 12, 3, 12: η δε Σινωπίτις και σφένδαμνον έχει και οροκάρυον, εξ ων τάς τραπέζας τέμνουσιν. Theophr. h. pl. 3, 15, 1: η δε Ηρακλεωτική καρύα folgt die Beschreibung, die auf die Haselnuss passt. Inschrift bei Boeckh, Staatshaushalt 2, 356: Περσικάς ξηράς και αμυγδάλας και Ηρακλεωτικά κάρυα και κώνους και καστάναια. Μacrob. Sat. 3, 18, 7: nuα castanea vocatur et Heracleotica. Nam vir doctus Oppius in libro quem fecit de silvestribus arboribus sic ait: Heracleotica haec nux, quam quidam castaneam vocant. Diocles ap. Athen. 2, p. 53: τα δε Ηρακλεωτικά καλούμενα και Διός βάλανοι τρέφει μεν ουχ ομοίως τοϊς αμυγδάλους, έχει δέ τι κεγχρώδες.


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lanas praenestinas et graecas, haec facito uti serantur. Hier sind unter nuces avellanae die aus Campanien stammenden, dorthin von den griechischen Küstenstädten verpflanzten edlern Haselnüsse, unsere Lamberts- d. h. lombardischen Nüsse zu verstehen, die den Griechen selbst aus dem Pontus zugekommen waren; aber wie sind nuces calvae und graecae zu deuten? Ernst Meyer, Geschichte der Botanik, 1, 344, vermuthet in der nux graeca die Kastanie, befindet sich damit aber im Widerspruch mit dem Gebrauch der Spätern, die durchgängig unter nux graeca die Mandel verstehen. Bei Columella heisst der Baum amygdala, die Frucht nux graeca; Plinius 15, 90 sagt ausdrücklich: haec arbor (der Mandelbaum) an fuerit in Italia Catonis aetate dubitatur, quoniam graecas nominat, und ebenso in Macrob. Sat. 3, 18, 8: nux graeca haec est quae et amygdale dicitur, sed et Thasia eadem nux vocatur. Testis est Cloatius in Ordinatorum Graecorum libro quarto, cum sic ait: Nux graeca amygdale. Ist also Catos nux graeca, wie nicht zu bezweifeln, die Mandel, so hätte man bei der nur calva die Wahl zwischen der Walnuss und der Kastanie. Vergleicht man

Vergleicht man die vier Sorten Kastanien bei dem Scholiasten zu Nicandr. Αlex. 271: των δε καστάνων το μέν Σαρδιανόν, το δε λόπιμον, το δε μαλακόν, το δε γυμνόλοπον, so könnte calvus wohl einerlei sein mit youvolonos, nacktschalig, und nux calva folglich die Kastanie bedeuten. Einen ähnlichen unbestimmten Ausdruck, mollusca nux, hatte Plautus gebraucht, Macrob. Sat. 3, 18, 9: Plautus in Calceolo sie ejus meminit:

molluscam nucem

Super ejus dixit impendere tegulas. Ecce Plautus nominat quidem, sed quae sit nux mollusca, non exprimit. Hält man diese Bezeichnung zu dem obigen ualaxóv beim Scholiasten des Nicander und zu Vergils castaneae molles (Ecl. 1, 82; molles = weichschalig, nicht, wie man gewollt hat, wohlschmeckend), so wird man nicht anstehen, auch hier den das Dach beschattenden Kastanienbaum vorauszusetzen. Auf jeden Fall kann bei dem Mangel fester Namen an eine allgemeine Kultur dieser Bäume in Italien zu Plautus' und Catos Zeit nicht gedacht werden. Die Walnüsse finden sich unter dem Namen juglandes schon mehrmals bei Varro und einmal bei Cicero - da wo er erzählt, der Tyrann Dionysius der ältere habe sich von seinen Töchtern den Bart mit glühenden Nussschalen abbrennen lassen, Tusc. 5, 20, 28 –, der Kastanien erwähnt zuerst Vergil, in der so eben angeführten Stelle und Ecl. 2, 52:

Castaneaeque nuces mea quas amaryllis amabat,


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Bezeichnung des einheimischen Baumes regen, und aus der Collectivbezeichnung βάλανοι hob man die Διός βάλανο: Kastanien hervor. Und noch ein anderer Versuch, eine deutlichere einheimische Benennung der nunmehr auch angebauten Kastanie zu gewinnen, ist hier zu verzeichen. Er betrifft das griech. onyóç. Dieses Wort hatte, wie lat. fâgus nhd. buche zeigt, im Urland der Griechen die Rothbuche (Fagus silvatica L.) bezeichnet. In Griechenland verschwindet dieser Baum, je mehr man vom Pindus in der Osthälfte Griechenlands, also der eigentlichen Trägerin griechischer Kultur, südwärts vorschreitet (vgl. Kiepert, Lehrbuch der alten Geographie S. 236, genauer Neumann-Partsch, a. a. 0. S. 383; westlicher kommt der Baum noch in Aetolien vor, vgl. Heldreich bei Virchow im Corresp.-Bl. d. Anthrop. Ges. 1893 S. 76). Das Wort war also, so zu sagen, herrenlos geworden, und nur soviel musste den Griechen, denen die wirkliche oder vermeintliche Ableitung von parsiv lebendig blieb, klar sein, dass es eine Cupulifere mit essbaren Früchten be. zeichnete. An zwei Stellen der griechischen Literatur nun (vgl. Koch, Bäume und Sträuche S. 47). die nicht allzuweit auseinander liegen, scheint es in der That, als ob unter anyó; nichts anderes als die Kastanie verstanden werden könnte. Die eine steht in Platos Staat (II, p. 372). Es ist von der Nahrung der Bürger einer neugegründeten Stadt die Rede. Glaucon wendet ein, dass die Zukost noch fehle. Socrates zählt diese und den Nachtisch auf. Es werden Feigen, Erbsen und Bohnen genannt. Dann heisst es: uupra xai pinyons σπoδιoύσι προς το πυρ » Sie werden auch Myrtenbeeren und φηγούς am Feuer rösten. Ist anzunehmen, dass man zu Platons Zeit in bürgerlichen Kreisen Eicheln zum Nachtisch am Feuer röstete? Noch überzeugender scheint die zweite Stelle im Frieden des Aristophanes (V. 1137). Soldaten kommen nach Haus und singen: »Ich bin froh, dass ich den Helm los bin und den Käse und die Zwiebeln wir würden sagen die Erbswurst – , ich mag keine Schlachten, ich will am Feuer mit lieben Freunden das dürrste Holz, das im Sommer gefällt ward, verbrennen, auf den Kohlen Erbsen kochen und triv φηγών εμπυρεύων, die φηγός rosten. Hier ist s0 deutlich von einem Gegensatz der besseren Friedens- und der schmalen Lagerkost die Rede, dass man auch hier kaum an geröstete Eicheln denken kann. Doch kommt yonyós in dem Sinne von Kastanie nicht auf, vielleicht dass es durch die neuen Ausdrücke Διός βάλανος und καστάναιον wieder verdringt wurde. .

Was die Walnuss anbelangt, so hängt die Entscheidung über ihr Indigenat in Hellas, wie auch Neumann-Partsch (a. a. 0. S. 386) hervorheben, für den Historiker im wesentlichen davon ab, ob man in den oben angeführten Stellen des Theophrast (III, 2, 3, 4; III, 3, 1) mit Sicherheit xapúa, von der dasselbe wie von der Aids Baravos ausgesagt wird, als Walnuss fassen darf, oder ob es mit Koch a. a. 0. S. 54 als Bezeichnung der Haselnuss zu gelten hat. Indessen spricht für die erstere Auffassung einerseits der heutige Sprachgebrauch (ngr. xapuôná, xapúąca Walnussbaum, im Griechisch der Glossen des C. Gl. L. xapuoộévòpov, vgl. G. Goetz Theaurus s. v. nucarius), andererseits der Umstand, dass Theophrast für die Haselnuss, welche III, 15, 1, 2 nach Sprengel, Fraas, wie auch nach Hehn (oben S. 388) unzweideutig beschrieben wird, die Bezeichnung 'Hoaxhewtixń rapor gebraucht, während der spätere deutlichere Name für Walnuss rápuov Baceaexóv (vgl. Blümner, Maximaltarif des Diocletian S. 92) war. Nun kann ja die Benennung Herakleotische Muss für einen in Europa einheimischen Strauch allerdings wunderlich aussehn. Indessen scheint es nach der Schilderung, welche Fraas, Synopsis S. 247 von der Verbreitung der Haselnuss in Griechenland entwirft, dass dieselbe gegen Süden immer seltner wird, womit der Verlust des europäischen Namens derselben lat. corylus, ir. coll, ahd. hasal), welchen die Griechen erlitten, zusammenhängen könnte. Es wäre also möglich, dass die Griechen auf ihre seltenen einheimischen Haselnüsse erst wieder durch die pontischen Nüsse aufmerksam gemacht wurden und erstere nach letzteren benannten (daher ‘Hpanaswtıxy, xapia). Auch scheint in dem Ηesychischen άρωα τα ηρακλεωτικά κάρυα ein einheimischer Name der Haselnuss erhalten, welcher sich einerseits mit dem alb. ar: Nuss, Nussbaum (h in har: ohne etymologische Bedeutung), andererseits mit altsl. orechŭ u. s. w. Nuss deckt (G. Meyer, Et. W. S. 17). Zum Schluss notiren wir eine albanesisch-slavische Bezeichnung der Haselnuss: alb. l'aidí, altsl. léska, lit. lazdà, altpr. laxde (*laks-, alb. *l'akli; vgl. G. Meyer a. a. 0. S. 234) und machen auf eine pontisch-semitische Entsprechung in der Benennung der Juglans regia aufmerksam: armen. angoiz, osset. ängozä, georg. nigozi, hebr. 'ægôz u. s. w., über die zuletzt Hübschmann, Z. d. D. M. G. 46 (1892) S. 236 und Armen. Gr. I S. 393 gehandelt hat. Da der Baum nach der Ansicht der Botaniker in den semitischen Ländern nicht einheimisch zu sein scheint (vgl. oben S. 394), so ist der Ausgangspunkt dieser Reihe in Kleinasien oder in persischen Landen zu suchen. Tomaschek, Centralas. stud. II, 58 stellt den Ptolemäischen Ortsnamen Niyouca in Atropatene hierher. Wir haben uns im Vorstehenden im wesentlichen auf die Darstellung der Verhältnisse der Balkanhalbinsel beschränkt, weil die italischen für die Frage des Indigenats der Kastanie und der Walnuss in Europa uns nicht ausschlaggebend zu sein scheinen.


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sonderer Vorzug der Kirsche war es, dass sie so frühe, schon mitten im Sommer, reifte und in der heissen Zeit ihren erfrischenden Saft spendete, wenn lie übrigen Früchte noch im Rückstande waren. aus dem Pontus, einer Gegend mit harten Wintern, stammend und in gemeinern Arten sogar im südlichen Europa einheimisch, konnte dieser Fruchtbaum auch durch das ganze mittlere Europa, bis in den Norden des Welttheils hinein, weiter wandern. Wirklich war die Kirsche zu Plinius' Zeit, hundert zwanzig Jahr, nachdem sie zuerst in Italien erschienen, schon über den Ocean nach Britannien gegangen (Plin. 15, 102); sie wuchs an den Ufern des Rheins; in Belgien gab man der nach Lusitanien benannten Sorte den Vorzug, in welchem letzteren Lande sie also gleichfalls vorkam und schon eine eigene Spielart gebildet hatte. Ja, in den Alpen und jenseits der Alpen in den ehemaligen Barbarenländern trägt der Baum aromatischere Früchte als an den Gestaden des Mittelmeers, wo ihm unter Einwirkung der See das Klima zu gleichmässig milde ist, Plin. 104: septentrione frigidisque gaudet. Tyrol, die Schweiz, der Oberrhein sind jetzt ein reicher Kirschenbezirk, in welchem es dem Baume besonders wohl ist. Wie in der Schweiz aus dem Ueberfluss dieser Ernte das bekannte Kirschwasser destillirt wird, so in Dalmatien, Triest, Venedig aus der marasca d. h. der Sauerkirsche der maraschino rosolio, der an Feinheit seine ungarisch-serbische Nachbarin, die Pflaumen-Slivovica, übertrifft.

Entsprechend den beiden europäischen Hauptarten der Kirsche, der süssen und der sauern, gehen durch die europäischen Sprachen zwei Hauptnamen für diese Frucht. Das lateinische cerasus, griechische régacos, napaoi's, ist, wie zuerst Casaubonus einsah, nicht von der sinopischen Kolonie Kaqaooos hergenommen, sondern die Stadt vielmehr nach dem Namen des dort wachsenden Baumes benannt. Képacos scheint nur die kleinasiatische Form für das eigentlich griechische xoávela (schon homerisch), lat. cornus, welche Wörter mit xépas und cornu genau verwandt sind und den Baum nach der hornartigen Härte des Holzes, die es zu Wurfspeeren besonders geeignet machte, bezeichnen. Man beachte die Schilderung des Theophrast, h. pl. 3, 12, 1: »das Holz der xoávela ist ohne Mark und ganz fest, an Dichtigkeit und Stärke dem Horne ähnlich; das der weiblichen xoávela aber hat ein inneres Mark und ist weicher und ausgehöhlt und taugt daher nicht zu Speeren.« Im homerischen Hymnus an den Hermes 460 erhält der Speer das Prädikat xpavéïov, ja xodvela hiess später ohne Weiteres die Lanze. (Da merkwürdiger Weise auch im Litauischen ragótinė der Speer von rāgas Horn abgeleitet ist, so muss der Speer aus dem Hornbaum oder dem Hartriegel eine sehr alte europäische Waffe sein. Auch der deutsche Hornung, lit. ragùtis, ist nach der in diesem Monat festgefrorenen Erde so benannt). Theophrast kennt auch den Namen xégaoos, h. pl. 3, 13; 4, 15, 1; 9, 1, 2; aber aus seiner Beschreibung geht hervor, dass er einen Waldbaum meinte, dessen Bast zu Stricken verwendet, dessen bohnengrosse rothe Früchte mit weichem Kern aber, wie es scheint, nicht essbar waren. Bei den Griechen am Pontus hiess die edle Kirsche, die ja gleichfalls ein Baum mit rothen Früchten war, xépaços, und von da ging der Name mit dem Baume nach Italien über, von Italien ins transalpinische Europa. Die romanischen Sprachen bildeten ihr Wort, wie gewöhnlich, aus dem Adjectiv ceraseus (die Formen bei Diez, 1, 129); das deutsche Kirsche ist nicht aus dem Romanischen, sondern unmittelbar aus dem Lateinischen genommen, folglich zur Zeit der Völkerwanderung oder bald nachher; das slavische črješnja wurde seit der Einwanderung der Slaven in das Donaugebiet aus dem Deutschen entlehnt (wie auch das aus dem deutschen Pluralzeichen entstandene n lehrt – gleich dem deutschen Feminium aus dem lat. cerasa, Wackernagel, Umdeutschung, S. 42), das magyarische tseresznye wieder aus dem Slavischen; das byzantinische régaços ging in das Türkische, Persische, Kurdische u. s. w. über. - Dunkler ist die Herkunft des andern durch ganz Europa verbreiteten Namens der Kirsche, besonders der sauren: ital. visciola, altfranz. guisne, jetzt guigne, span. guinda; deutsch Weichsel, ahd. wîhsela; slav. višnja, višně, lit. wūsznė, neugr. Bionvov, Biolvov (auch (walachisch, albanesich, türkisch) – lauter Formen desselben Wortes, ohne regelmässige Lautvertretung. Liesse sich irgend ein Begriffszusammenhang zwischen den Kirschen und den Beeren der Mistel aufweisen, oder vielmehr, da ein solcher wohl herzustellen wäre versicherte uns irgend ein Factum, dass er reell geltend geworden, so wäre nicht bloss durch das griech. igós (mit Digamma), lat. viscus, viscum, eine Erklärung des Wortes gefunden, sondern auch die naturgemässe Herkunft der Frucht aus Italien durch den Namen bestätigt. Will man das deutsche Wort an die Spitze stellen, wozu der französische und spanische Anlaut gu einladet, so ist zunächst der inlautende Guttural als jüngeres Element zu entfernen: er fand sich vor sl, wie im Flussnamen Weichsel (Vistula, Visula, slav. Visla) ein, während im niederdeutschen Wispelbaum (Vogelkirsche, Bremisches Wörterb.) durch Einfügung eines p ein deutscher Klany herVict. Hehn, Kulturpflanzen. 7. Aufl.


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Εφ. 606: ήσθιον δε (οι ίπποι) τους παγούρους αντί ποίας μηδικής. Aristoteles erwähnt sie wiederholt, aber in Betreff ihres Nutzens in ziemlich abfälliger Weise: zwar sollte sie den Bienen zuträglich sein, hist. anim. 9, 40: φυτεύειν δε συμφέρει περί τα σμήνη . πόαν Μηδικήν, aber ihr erster Schnitt ist untauglich, 8, 8: της δε πας της Μηδικής η πρωτόκουρος φαύλη, und sie entzieht den Thieren die Milch, besonders den Wiederkäuern, 3, 21: ñs toog is ń μεν σβέννυσι το γάλα, και μάλιστα τους μηρυκάζουσιν. In Italien war das Urtheil in so fern ein anderes, als wenigstens die Schafe durch Fütterung mit der Medica reicheren Ertrag an Milch geben sollten. Varr. 2, 2, 19: maxime amicum cytisum et medica, nam et pingues facit facillime (oves) et genit lac. Im folgenden Jahrhundert ist Columella über diese Futterpflanze des Lobes voll, 2, 10, 25: ex iis (pabulorum generibus), quae placet, eximia est herba Medica. quod cum semel seritur, decem annis durat; quod per annum deinde recte quater, interdum etiam series demetitur; quod agrum stercorat; quod omne emaciatum armentum ex ea pinguescit; quod aegrotanti pecori remedium est; quod jugerum ejus toto anno tribus equis abunde sufficit. Da sie also perennirend ist, bis zu sechs Mal im Jahre gemäht werden kann, den Acker nicht erschöpft, sondern befruchtet, das gesunde Vieh fett macht, das kranke heilt und von einem Morgen Medica drei Pferde das ganze Jahr erhalten werden können

wie sollte sie nicht eifrig angebaut worden sein, besonders in den verbrannten, im Sommer wasserlosen Gebirgsgegenden, wo noch für das kletternde Schaf, nicht aber für das Pferd und den Ochsen genügende frische Nahrung sich fand. Die Staude, die, weil sie die Wurzeln sehr tief treibt, die Trockenheit nicht scheut, wird auch jetzt noch in Italien angebaut, doch viel seltener, als im Alterthum; die Namen, die ihr ausser medica je nach den Landschaften gegeben werden, erba spagna, fieno d'Ungheria, scheinen auf eine abermalige Einführung in neuerer Zeit zu deuten. Das spanische mielga ist nur eine Entstellung aus medica, das gleichfalls spanische alfalfa stammt aus dem Arabischen, ist aber vielleicht eine andere Pflanze. Das französische luzerne, das auch in die deutsche Sprache übergegangen ist, provençalische lauzerdo ist etymologisch dunkel, denn die Herkunft aus dem Schweizer Kanton Lucern oder dem piemontesischen Oertchen und Flüsschen Luzerna oder Luserne wird, so viel wir wissen, durch kein historisches Zeugniss belegt. Der, wie es scheint, von Belgien ausgegangene Kleebau mag in Nordeuropa der Medicago sativa hinderlich gewesen sein. Der cytisus, Medicago arborea L., ist ein Strauch, dessen Laub als den Hausthieren erwünscht und heilsam von Dichtern und technischen Schriftstellern des Alterthums einstimmig gepriesen wird. Wie der Maulbeerbaum in den Seidebezirken und der Theestrauch in China, ward er nur seiner Blätter wegen gebaut und inusste sich gefallen lassen, derselben in regelmässigen Fristen grausam beraubt zu werden. Man köpfte ihn und zog ihn niedrig und benutzte also vorzugsweise den immer erneuten Stockausschlag. Nicht bloss dem eigentlichen Vieh, auch den Hühnern und Bienen war er zuträglich und die specifische Wirkung auf Vermehrung der Milch so augenfällig, dass selbst säugenden menschlichen Müttern ein Decoct aus Cytisusblättern mit Wein eingegeben und das Kind dadurch gestärkt und sein Wuchs befördert wurde. Acht Monat lieferte der Baum den Thieren grünes Futter, den Rest des Jahres noch gute Nahrung in getrockneter Gestalt. Dabei sollte diese Kultur nur geringe Kosten machen, die Pflanze selbst mit dem magersten Boden sich begnügen und gegen alle Witterung und die Unbilden excessiven Klimas unempfindlich sein. So etwa drücken sich Columella 5, 12 und Plinius 13, 130 ff. aus, wobei der letztere noch hinzusetzt, es sei um so mehr zu verwundern, dass der Cytisus in Italien nicht noch häufiger sei. Zu allererst sollte der Strauch auf der Insel Kythnos, einer der Cykladen, aufgetreten, von dort auf die übrigen Inseln, dann auf das griechische Festland und nach Italien übergegangen sein. Ob er auch nach Kythnos von anderswo gekommen, darüber fehlte die Nachricht; in wie frühe Zeit die erste Benutzung und die Verbreitung fiel, wird nicht gemeldet. Das Wort xúrioos kommt in einer der pseudo-hippokrateischen Schriften (de victus ratione 2, 54. T. III, p. 447 Ermerins) vor, deren Zeit wir nicht bestimmen können, dann mit Sicherheit bei den komischen Dichtern Cratinus (in dem Fragment, das die Blumen, die zu Kränzen dienen, aufzählt) und Eupolis (in dem berühmten Ziegenchor). Aristoteles und Theophrast nennen den Cytisus, ein Athener Amphilochus hatte über ihn und die Medica eine eigene Schrift geschrieben (Plin. 18, 144 und jetzt auch 13, 130. Schol. Nic. Ther. 617), aber


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wenn man Raute hinzumengt; kleinere Thiere aber, wie Ziegen und Schafe, sterben, wenn sie einen Aufguss davon trinken.« Dass der Oleander den Thieren verderblich sei, war eine allgemeine Meinung, die noch jetzt herrscht. Palladius 1, 35, 9 erwähnt selbst eines Mittels die Mäuse damit zu vertilgen, indem man nämlich deren Gänge und Löcher mit Blättern dieses Baumes verstopft, und die bei Lucian in der lächerlichen Geschichte vom verwandelten Esel, der hungrig in einen Garten bricht; Asin. 17, ausgedrückte Furcht vor den dort wachsenden Oleandern liegt noch dem heut zu Tage in Süditalien gebräuchlichen Namen amazza l'asino, Eselmörder, als Volksmeinung zu Grunde. In der römischen Kaiserzeit also ist der Rosenlorbeer bei den Aerzten und im gemeinen Leben so häufig und bekannt, wie noch jetzt. Sehen wir uns bei den älteren Griechen um, aus deren Sprache die Namen desselben stammen, so treffen wir nirgends eine Spur von dem doch so auffälligen Gewächse

In Theophrasts beiden botanischen Werken findet sich in der langen Reihe der von ihm beobachteten oder auch nur vorüber. gehend erwähnten Pflanzen keine, die auf den Oleander passte, denn der auf Lesbos und anderswo wachsende, evu'vvulos genannte Baum h. pl. 3, 18, 13, der zwar auch den Schafen und Ziegen tödtlich ist, aber Blüten trägt wie das weisse Veilchen, die nach Mord póvov, riechen, (was Plinius 13, 118 übersetzt: pestem denuntians), ist kein anderer als Evonymus latifolius, der Spindelbaum. Eben so wenig stossen wir bei Aristoteles oder einem Komiker oder sonst einem der früheren Prosaiker oder Dichter auf eine dahin zu beziehende Notiz. Der andere griechische, zuerst bei Plinius und Dioscorides auftretende Name vñgiov könnte uns verführen, der Pflanze dennoch ein hohes Alterthum in Griechenland beizulegen; schliesst sich derselbe nämlich an das tragische vapós, vnpós fliessend, an Nereus, den Wassergott, und die Nereiden, die Göttinnen des feuchten Elements, und sagt er also soviel als Wasserpflanze aus, so muss er jener frühen Periode der Sprachbildung angehören, aus der diese alterthümlichen Wort- und Fabelzeugen in die jüngere Welt herabgestiegen waren. Allein, wenn der Oleander es auch liebt, die Rinnen der Bäche und die kiesigen Schluchten, in denen sich vorübergehend, oft nur einige Stunden lang, die wilden Wasser hinabstürzen, von beiden Seiten in langen blühenden Reihen zu verfolgen, so ist er doch keine eigentliche Wasserpflanze und ersteigt auch die Berge; und sollte die liebliche Blume mit ihrem Mandelduft, wenn sie schon so frühe Griechenlands Landschaften zierte, oder das den Ziegen und Eseln todbringende Laub nirgends in Literatur und Mythus einen Widerhall gefunden haben? Von einem späteren Schriftsteller, der in der zweiten Hälfte des ersten christlichen Jahrhunderts lebte, und allerlei Sagen, persönliche Vorfälle und wunderbare Züge sammelte, dem Ptolemäus Chennus aus Alexandrien (auszugsweise erhalten in des Photius Bibliothek), erfahren wir, eine Rhododaphne sei auf dem Grabe des Amycus gewachsen und wer davon genoss, sei zum Faustkampf angeregt worden (p. 148 b. Bekk.). Es ist derselbe Amycus und dasselbe Grab, von denen schon früher bei dem Lorbeer die Rede gewesen. Was dort dem Lorbeer zugeschrieben wurde, die Kraft die Sinne zu verwirren und zu Streit zu verführen, das wird hier dem Oleander beigelegt; aber wie alt ist diese Variante, und aus welcher trüben Quelle mag Ptolemäus sie abgeleitet haben? Bei all dem ist nicht unwahrscheinlich, dass der Baum aus Kleinasien und speziell der Pontusgegend, dem Vaterland der Gifte, und Gegengifte nach Griechenland herüberwanderte. Dort lebten z. B. die Sanni, ein Volk, dessen Honig betäubende Kraft hatte: man suchte die Ursache davon in den Blüten der Oleanderbüsche wovon dort alle Wälder voll waren, Plin. 21, 23, 45: aliud genus in eodem Ponti situ, gente Sannorum, mellis quod ab insania quam gignit maenomenon vocant. Id existumatur contrahi flore rhododendri quo scatent silvac; gensque ea, cum ceram in tributa Romanis praestent, mel, quoniam exitiale est, non pendit83). Noch jetzt wuchert der Oleander in ganz Kleinasien an den Bächen und auf den Bergen; mehr nach Süden, in dem Gebiet der semitischen Race, trägt er bei den Arabern den sichtlich aus dem griechischen dúgvn abgeleiteten Namen diflch, defle, difna, ist also nicht vor der Bekanntschaft mit den Griechen dort eingeführt worden.


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beeren; da diese aber, wenn sie auch in manchen Gegenden gegessen werden, doch in keinem Falle zu den Leckerbissen gehörten, die des Mitnehmens und Darbringens werth gewesen wären, so suchte zuerst Bochart Geogr. sacra II, 1, 10 den Beweis zu führen, es seien vielmehr Pistazien gemeint. Olaus Celsius im Hierobotanicon 1, 24 stimmte ihm bei und seitdem scheint die Sache ausgemacht zu sein. Ein Umstand aber bleibt dabei bedenklich: dass nämlich seit Jakobs und Josephs Zeiten der Baum wie verschollen ist, die Griechen ihn nicht kennen und erst Theophrast, offenbar in Folge von Alexanders Zügen, nicht von Syrien, sondern von Baktrien her von dieser neuen wunderbaren Art Terebinthus durch Hörensagen Kenntniss hat. So kann man sich der Vermuthung nicht erwehren, ob nicht erst die persische oder gar erst die griechisch-syrische Herrschaft den Baum in die Gegend der von den syrischen Königen neu gegründeten Stadt Beroea, Berroea, des heutigen Aleppo (J. Oppert, Expédition scientif. en Mésopotamie, 1, p. 39), gebracht habe. Die Stelle des Theophrast lautet, h. pl. 4, 4, 7: » Man sagt aber, dass es eine Terebinthe gebe oder nach Andern einen der Terebinthe ähnlichen Baum, bei dem zwar Blatt und Aeste und alles Uebrige terebinthenartig sei, nur die Frucht eine andere, denn die letztere gleiche der Mandel. Diese Terebinthe komme in Baktrien vor und trage Nüsse wie die Mandeln und diesen an Aussehen ähnlich, nur dass die Schale nicht rauh sei, an Geschmack aber und zum Genusse weit vorzüglicher als die Mandeln, daher sie auch bei den Eingeborenen mehr im Gebrauch seien« (wiederholt von Plinius 12, 25). Die Beschreibung ist richtig, obgleich sie bloss auf einem yaoi s'ɛivai ruht, der Name aber fehlt noch. Dieser erscheint erst bei Nicander im folgenden Jahrhundert, aber die Pflanze wächst auch bei diesem Dichter noch am indischen Strome des Choaspes, des Flusses von Susa, Theriac. 890:

Und wie viel nur dort an des brausend wilden Choaspes

Indischem Strom gleich Mandeln Pistazien tragen die Aeste. Der erste, der der sy rischen Pistazien erwähnt, ist dann, wieder ein Jahrhundert später, der Stoiker und Geschichtsschreiber Posidonius aus Apamea in Syrien, also ein Kind des Landes selbst, bei Athen. 14. p. 649: »In Arabien und Syrien wächst auch die Persea und die sogenannte Pistazie (xalotuevov Bloróxtov, also ein noch neuer Name), welche eine traubenförmige Frucht trägt, weissschalig und lang, ähnlich den Thränen (tois daxqvous

so auch bei Müller, Fragm. 6; die früheren Herausgeber haben hier auvydáhouş oder xaqúous vermuthet), diese sitzen wie die Weinbeeren über einander; innerlich sind sie grünlich und stehen den Pinienkernen an Geschmack zwar nach, haben aber schöneren Duft.« Die Späteren wissen Alle, dass Syrien und namentlich Aleppo diese Frucht in höchster Vollkommenheit hervorbringt, so Dioscorides 1, 177: muoráxia τα μεν γεννώμενα εν Συρία, όμοια στροβίλους, ευστόμαχα. Plin. 13, 51: Syria peculiaris habet arbores: in nucum genere pistacia nota. Galen. de simpl. medic. temperamentis et facult. 8, 21 (Tom. 12 Kühn.): πιστάκιον. εν Συρία πλείστον γεννάται τούτο το φυτόν. Idem de aliment. facult. 2, 30 (T. 6 Kühn.): napi noraxíov. Tevναται και κατά την μεγάλην 'Αλεκάνδρειας (der Baum war also schon noch Aegypten verplanzt), πολύ πλείω δ' εν Βερροια της Συρίας. Nach Europa und zwar nach Italien versetzte den Baum Vitellius, nach Spanien zu derselben Zeit der römische Ritter Flaccus Pompejus, Plin. 15, 91: haec autem (pistacia) idem Vitellius in Italiam primus intulit simulque in Hispaniam Flaccus Pompejus eques Romanus qui cum eo militabat; L. Vitellius, der nachher Censor wurde, war zur Zeit des Kaisers Tiberius Legat in Syrien gewesen und hatte seine Anwesenheit in jener Provinz dazu benutzt, mancherlei Gartenfrüchte von dort auf sein Landgut bei der Stadt Alba zu versetzen wie Plinius kurz vorher 15, 83 berichtet hatte. Ob die Pistazien am letztgenannten Orte gediehen, wird uns nicht gesagt; da aber die Stadt Alba nicht weit vom Fuciner See, dem vor Kurzem abgeleiteten lago di Celano, also mitten im rauhen marsischen Gebirge liegt (der See fror, als er noch bestand, mitunter zu) und es noch heut zu Tage der Pistazie in Nord- und Mittelitalien zu kalt ist, so wird wohl auch L. Vitellius an diesem Theil seiner Pflanzung wenig Freude gehabt haben. In Calabrien und Sicilien liess sich der Baum eher naturalisiren; dort liefert er jetzt Früchte zur Ausfuhr, die indess für nicht so gewürzhaft gelten, wie die orientalischen. Da die Pistazie, wie alle Terebinthaceen, eine diöcische Pflanze ist, so sichert auch bei ihr, wie bei der Dattelpalme, die Hand des Gärtners die Befruchtung, indem er die Blütenrispe des männlichen Baumes künstlich mit der des weiblichen in Berührung bringt. Sehr gewöhnlich ist es, den gemeinen Terpentinbaum mit einem Pistazienreis zu veredeln. Ob die sicilischen Pistazien übrigens aus der Zeit des L. Vitellius und überhaupt aus der Römerzeit oder erst aus der Epoche der arabischen Herrschaft stammen, könnte fraglich erscheinen, zumal da der sicilische Name fastuca dem arabischen gleicht, wenn nicht Palladius in seinen Büchern de re rustica wiederholt über Pflanzung und Kultur der Pistazien Unterricht gäbe. Palladius besass, wie er selbst berichtet, 4, 10, 16, Güter in Sardinien, und auf dieser warmen Insel konnte allerdings der zärtliche medisch-syrische Baum theilweise seine ursprüngliche Heimat wiederfinden. Wäre der Orient nicht im Gartenbau, wie in allem Uebrigen, so tief in Barbarei versunken, die Pistazienzucht könnte dort unter Völkern, die dem Sorbetto und allen Süssigkeiten leidenschaftlich zugethan sind, für den Pflanzer gewinnreich werden. Noch immer ist der Pistazienhain von Aleppo weit und breit berühmt; von Persien berichtet Polak (Persien, 2, S. 47): >> Pistazien ziehen ausschliesslich die Bewohner von Kaswin und Damgan und zwar in unübertrefflicher Qualität.« Dort also ist auch der erste Ausgangspunkt des Baumes zu suchen.


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Mastixbaum. Perrückenbaum. Sumach.

sollet, Ich sei der Herr, wenn ihre Erschlagenen unter ihren Götzen liegen werden, um ihren Altar her, oben auf allen Bergen, und unter allen grünen Bäumen und unter allen dicken Eichen (Terebinthen). Gerade diese Verehrung aber mochte frühzeitig dazu beigetragen haben, class der Baum sich an die Küsten Europas verbreitete. Lieferte er indess schon in Asien nur geringe Mengen des kostbaren, heilkräftigen reinen Terpentins, so büsste er in Europa mit der Höhe des Wuchses auch die Kraft, diesen auszuscheiden, gänzlich ein; einige griechische Inseln; wie Chios, etwa ausgenommen. Was man schon bei den Römern und auch jetzt noch unter Terpentin versteht, wird von Pinus Picea und dem Lärchenbaum, larix, gewonnen und kommt dem echten Terpentin natürlich nicht gleich. Das Geigenharz, Kolophonium genannt, trug diesen Namen schon im Alterthum, Korogwvía nicou, weil es, wie Dioscor. 1, 93 berichtet, ehemals aus dem kleinasiatischen Kolophon bezogen wurde.

Der Mastixbaum, oxīvos, wird unter diesem Namen zuerst bei Herodot 4, 177 genannt. Das Harz des Baumes, uqorixn, hatte seinen Namen von der Sitte, es zu kauen (uaoráco kauen, uboras Mund), wie aus dem Holze auch beliebte Zahnstocher gemacht wurden. Die Einwohner der Insel Chios, wo viel Mastix gewonnen wird, kauen noch jetzt beständig dieses Harz, womit sie nicht bloss einen angenehmen Athem zu gewinnen, sondern auch ihrer Gesundheit zu dienen glauben. Es gehört dieser Gebrauch, wie das Betelkauen, mit zu dem System des orientalischen Müssiggangs, kann sich indess neben dem amerikanischen, in der ganzen Welt gemein gewordenen Tabakrauchen immer noch mit Ehren sehen lassen. Der lateinische Name lentiscus, eine Ableitung von lentus, ist entweder von der zähen, klebrigen Beschaffenheit des Harzes oder von der Biegsamkeit der Aeste, die als Reitgerten beliebt sind, hergenommen.

Der Perrückenbaum, Rhus Cotinus, findet sich bei Theophrast h. pl. 3, 16, 6 unter dem Namen xoxxvyła (so ist der Text nach Plin. 13, 121 und Hesych. v. xxxoxxvywuévnu sicher festzustellen) erwähnt. Dass dieser Baum, der zum Rothfärben diente, eins ist mit Rhus Cotinus L., geht aus dem Zusatz des Theophrast hervor: idcov δε έχει το εκπαππούσθαι τον καρπόν. Πάππος ist nämlich eben jenes grosse röthliche Gefieder der Fruchtrispen, von dem der Baum seinen deutschen Namen hat.

Der Sumach, Rhus Coriaria, wird unter dem Namen çoõs sehr frühzeitig, nämlich schon von Solon, also am Anfang des 6. Jahrhunderts, genannt, Phot. p. 491, 21: poūv: ýdvoua. Sólov. Die


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sischen Aepfel und armenischen Pflaumen theuer bezahlen. S. Plin. 15, cap. 11-13, S. 10–13. Dass die Namen Anfangs schwankten und erst später constant wurden, war bei so seltenen, unbekannten, aristokratischen Früchten, die dem Blick und der Zunge der Menge erst nach und nach vertraut wurden, und bei dem Mangel an sicherer naturwissenschaftlicher Systematik nicht zu verwundern; doch ist gerade hier die Geschichte der Namen zugleich die der betreffenden Frucht und ausserdem lehrreich für die Art, wie solche Namen überhaupt im Volksmunde entstehen. Anfangs wusste man nur, dass der Pfirsich und auch die Aprikose hinter dem im engeren Sinne so genannten Asien ihre Heimat hatten, und man nannte sie demgemäss persische Früchte, die Aprikosen, die der Pflaume ähnlich und verwandt sind, auch Früchte aus Armenien. Der Name persisch gab Verwechselungen mit der ägyptischen Persea, wohl auch mit dem medischen Apfel oder der Citrone, und die Späteren hatten die abergläubischen oder unrichtigen Vorstellungen zu widerlegen, die durch solche Irrung veranlasst waren. Weiter fanden sich Abarten ein, deren besondere Eigenschaften durch sprechende Beinamen hervorgehoben wurden; so sagten die Obstzüchter von der feinsten Art Pfirsiche duracina, weil diese eine stärkere Haut oder ein festeres Fleisch hatten, von einer andern frühe reifenden Art praecoqua, praecocia. Letzterer Name, ein auch sonst vielfach angewandter, technischer Gärtnerausdruck, dessen erster Bestandtheil dem griechischen nowi, deutschen früh, genau entspricht, musste aber be. sonders auf den Aprikosenbaum, der nicht bloss gleich der Mandel zeitig blüht und also npwüavins ist, sondern auch seine Früchte als TrQCxmorros, hâtif, hâtiveau, zeitig reift, Anwendung finden und blieb zuletzt als Appellativum völlig auf ihm haften. So konnte schon Dioscorides 1, 165 Sagen: τα δε μικρότερα καλούμενα αρμενιακά, δωμαϊσιι δε πραικόκια. . Von den Römern aber entlehnten ferner die Griechen die so in Italien fixirten Namen denn im Umschwung der Zeiten war die Bewegung schon eine rückläufige geworden, und orientalische Naturprodukte gingen schon von Westen nach Griechenland und theilten sie wieder dem Orient mit, der das damit Be. zeichnete ursprünglich besessen hatte, aber desselben nicht bewusst geworden war. Die Pfirsiche, deren beste Sorte, wie so eben be. merkt, die Härtlinge, duracina, gewesen waren, hiessen jetzt mittelgriechisch und neugriechisch ροδάκινα, der Baum ροδακινιά, ροδαxuvéa, nach Salmasius' wahrscheinlicher Vermuthung nichts als eine Umstellung des lat. duracina, dopaxıvé, zu welcher in dem Anklang an gódov die Rose eine Verführung lag. Praecoqua, apaixóxia verWandelte sich in mittelgriechischem Munde in πρεκύκκιον, προκόκκια, βερέκεκκον, βερίκοκον, βερύκοκκον, βερίκουκα, βερίκοκα, , und da man in der zweiten Hälfte des Wortes das griechische xóxxos, Kern, Beere, oder xóxxvß, der Kukuk, zu hören glaubte, auch in κοκκόμηλα, μήλον κόκκυγος, den alten Namen der Plaume (Langkavel, Botanik der späteren Griechen, S. 5). Aus einer dieser entstellten Formen bildeten die Araber dann mit dem Artikel ihr albarqûq, und als dies sorbettoschlürfende, nach Erfrischung schmachtende Volk in Spanien, auf den Inseln des Mittelmeeres und in Süditalien seine Gärten anlegte und gleichzeitig in den Häfen seine Waaren ausschiffte, da ging auch dieses Wort in seiner arabischen Form in den Mund der Abendländer zurück und vollendete so seinen westöstlichen Kreislauf: ital, albercocco, albicocco, bacocco, span. albaricoque, daraus französ. abricot, aus diesen wieder deutsch Aprikose u. S. W. Auch armeniacum hat sich in dem jetzigen ital, meliaca, muliaca erhalten, wie das alte persicum in den heutigen Formen persica, pesca, pêche, Pfirsich, slavisch je nach den Mundarten breskva, praskva, broskvina, magyar, baraczk u. s. w.


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Die syrischen Sclaven brachten aber neben anderen sinnlichen Verführungsdiensten des Orients auch das orientalische Raffinement in Behandlung der Thiere und Pflanzen mit. Wie die Entmannung, die Circumcision und die Bastarderzeugung, war dort auch die Zustutzung der Bäume und die Vermischung der Fruchtarten durch Impfen und Pfropfen von frühe an üblich. Die geflissentlich er. zeugten Monstrositäten, die sorgfältig bewahrten Naturspiele, die Künsteleien mit der Kraft des Wachsthums, dies Alles war freilich nur derselbe Trieb in seiner Ausartung, der die Olive und den Dattelbaum ursprünglich fruchttragend gemacht und die Caprification der Feige, die Füllung der Rosen, Violen u. S. w. erfunden hatte. In den Gärten Italiens von Cato an, der cap. 52 und 133 schon lehrt, am lebendigen Baum selbst vermittelst durchbrochener erdegefüllter Töpfe oder Körbe künstliche Wurzeln und einen neuen Baum zu erzeugen, und selbstzufrieden hinzusetzt: hoc modo quod genus vis propagabis, und eo modo quod vis genus arborum facere poteris, bis zu dem opus topiarium der Späteren, wo durch Bescheeren, Be. kleidung mit Epheu u. s. w. die Bäume in Thiergestalten u. s. w. verwandelt wurden, suchte nicht sowohl das reine Naturgefühl Ausdruck, als sich die List daran übte, die Natur, die ewig schaffende, auf fremden wunderbaren Wegen zu Formen und Zwecken zu verführen, die sie nicht gewollt hatte. Die hohen Bäume wurden in Zwerggestalt, die zarten Früchte in Riesengrösse hervorgebracht, und was in Wirklichkeit sich nicht leisten liess, das wurde wenigstens in dem allgemeinen Volksglauben, bei praktischen Gärtnern, wie bei denkenden Naturbetrachtern, als vollbracht und möglich vorgestellt. Die allmählige Steigerung darin liegt in der Reihe der Schriftsteller über diesen Gegenstand deutlich vor. Varro 1, 40, 5 meint noch, Apfel- und Birnbaum liessen sich gegenseitig auf einander pfropfen, nicht aber ein Birnenreis auf einen Eichbaum. Bei Vergil aber trägt schon der Erdbeerbaum Nüsse, die Platane Aepfel, die Kastanie Bucheckern, die Esche Birnen und die Ulme Eicheln, G. 2, 69:

Inseritur vero et nucis arbutus horrida foetu;
Et steriles platani malos gessere valentis ;
Castaneae fagus ornusque incanuit albo

Flore piri glandemque sues fregere sub ulmis. Columella thut erst 5, 11, 12 den Ausspruch die Insition sei nur bei ähnlicher Rinde beider Bäume möglich, dann aber tadelt er wieder die Alten, die die Möglichkeit des Gelingens auf gleichartige Bäume beschränkt hätten, vielmehr könne jedes beliebige Reis auf jeden beliebigen Baum gebracht werden worauf die Beschreibung eines Kunstgriffes folgt, aus einem Feigenbaum einen Olivenzweig hervorwachsen zu lassen. Plinius 17, 120 will einen Baum gesehen haben, der an seinen verschiedenen Aesten Nüsse, Oliven (bacae), Weintrauben, Birnen, Feigen, Granaten, Aepfelsorten zugleich trug. Bei Palladius endlich, der seinen Büchern de re rustica ein eigenes Ge. dicht in elegischem Versmass de insitionibus hinzufügt, und in der Sammlung der Geoponica ist kaum ein Baum, von dem nicht ausgesagt würde, er könnte die und die fremden Früchte zu tragen gezwungen werden.


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Indess, dies Alles sind doch nur Oasen in dem südlichen Europa, welches weit entfernt ist, ein eigentliches Orangenland zu sein. Der Tourist muss schon eigens darauf ausgehen, wenn er an einzelnen Punkten dem momentanen Genuss oder der magischen Täuschung einer freien Hesperidenwaldung sich hingeben will. In Griechenland wird die Agrumikultur weder in nennenswerthem Umfang betrieben, noch sind die gewonnenen Südfrüchte von sonderlicher Güte, vielmehr bald dickschalig und saftlos, bald sauer oder bitter u. s. w.; in Oberitalien sind die im Sommer so reizenden sogenannten giardini am Westufer des Gardasees, der riviera di Salo, doch nur an Mauern gelehnt und werden bei Eintritt der rauhen Jahreszeit mit einem Ziegeldach und bretternen Seitenwänden verwahrt; durch ganz Oberund Mittelitalien trifft man die Limone in den Gärten zwar häufig, aber immer in grossen thönernen Kübeln; auch in dem warmen Sicilien fürchtet der Baum die Dürre des Sommers und die Stürme des Winters und fehlt darum an der ganzen West- und Südküste der Insel, mit Ausnahme weniger begünstigter Flecke. Und wie diese Naturarmuth geeignet ist, den erwartungsvollen Wanderer zu enttäuschen, so auch die historische Jugend des Baumes in Europa, der den Alten in ihrer besten Zeit ganz unbekannt, in der späteren Zeit nur halb bekannt war. Die goldenen Aepfel, die Herkules dem Atlas abnahm, und jene anderen aphrodisischen, durch welche Atalante im Wettlauf mit ihrem schönen Freier sich aufhalten liess, waren keine mala citria, wie die Alten später annahmen, noch weniger Apfelsinen, wie Neuere öfter geträumt haben, sondern zur Zeit der Einführung dieser orientalischen Naturmythen nur als wirkliche, wenn auch idealisirte Aepfel, Quitten oder Granaten gedacht. Erst als Alexander der Grosse durch seine Kriegszüge und die Errichtung eines griechischen Reichs im Herzen Asiens den Schleier gehoben hatte, der das Innere dieses Welttheils deckte, hörten die europäischen Griechen von einem Wunderbaum mit goldenen Früchten in Persien und Medien. Damals schrieb Theophrast bei Abfassung seiner Pflanzengeschichte die berühmte Stelle nieder, in der er von diesem Baum Nachricht gab und die ein halbes Jahrtausend lang wiederholt, nachgeahmt und als Quelle benutzt wurde, 4, 4, 2: der Osten und Süden besitzt ihm ganz eigenthümliche Thiere und Pflanzen, wie Medien und Persien neben vielem Andern den sogenannten medischen oder persischen Apfel, οίον ή τε Μηδία χώρα και Περσις άλλα τε έχει πλείω και το μήλον το μηδικόν ή το περσικών καλούμενον. Er hat Blätter wie die Andrachle und spitze Stacheln; der Apfel wird nicht gegessen, duftet aber schön, wie auch die Blätter; unter Kleider gelegt, schützt er diese gegen Motten; wenn Jemand Gift bekommen hat, giebt er ein wirksames Gegengift ab; wenn man ihn kocht und das Fleisch, ?ow Jev, in den Mund ausdrückt und hinunterschluckt, verbessert er den Athem; man steckt die Kerne im Frühling auf wohlbearbeiteten Garten beeten, die alle vier oder fünf Tage gewässert werden; sind die Pflanzen herangewachsen, so werden sie wieder im Frühling auf einen zarten, feuchten, nicht allzuleichten Boden, εις χωρίον μαλακών και έφυδρον και ου λίαν λεπτόν, versetzt; der Baum trägt das ganze Jahr hindurch und prangt gleichzeitig mit Blüten, mit unreifen und mit reifen Früchten (dasselbe auch de c. pl. 1, 11, 1 und 1, 18, 5); von den Blüten sind diejenigen, die in der Mitte eine Art Spindel, naaxárnu, tragen, fruchtbar, die anderen nicht (dasselbe auch 1, 13, 4); man zieht den Baum auch in durchlicherten thönernen Gefüssen, σπείρεται δε και εις όστρακα diateronuéva, wie die Palmen; dieser Baum wächst, wie gesagt, in Persis und Medien, περί την Περσίδα και την Μηδίαν. An dieser sehr sorgfältigen, obgleich aus der Ferne entworfenen Schilderung fällt nur auf, dass die Frucht selbst nach Grösse, Gestalt, Farbe und innerer Beschaffenheit nicht näher beschrieben wird. Waren etwa medische Aepfel schon nach Athen gekommen und den Lesern des Theophrast nicht unbekannt? Wirklich scheint uns ein auf behaltenes Fragment des der sog. mittleren Komödie angehörenden Dichters Antiphanes sich dahin deuten zu lassen, Athen. 3, p. 84 (nach Meineke's Redaction):


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Seit wann aber darf man annehmen, dass der Baum selbst in Italien gezogen wurde, und welche Art des Genus citrus war es, welcher die einst in Athen, dann in Italien und nach Juba von Mauritanien auch in Libyen als Hesperidenäpfel angeschaute Frucht angehörte?

Hätten die älteren unter den griechischen und römischen Schriftstellern den Baum schon in Europa mit Augen gesehen, sie hätten sich nicht so lange ausschliesslich an die Beschreibung des Theophrast gehalten, und noch viel weniger hätte der Name citrus für ihn aufkommen können. Plinius giebt ganz die Schilderung des Theophrast wieder, dann setzt er hinzu 12, 16: temptavere gentes transferre ad sese propter remedi praestantiam fictilibus in vasis, dato per cavernas radicibus spiramento sed nisi apud Medos et in Perside nasci noluit. Also Versuche waren bereits gemacht worden, aber wie es mit ersten Versuchen oft geht, vergebliche ; man hatte Bäumchen in thönernen durchlöcherten Kübeln reisen lassen, sie waren aber ausserhalb Mediens und Persiens nicht fortgekommen, oder hatten wenigstens keine Früchte angesetzt, 16, 135: fastidit ... nata Assyria malus alibi ferre. Ohne diese ausdrücklichen Zeugnisse könnte eine andere Stelle des Plinius für die entgegengesetzte Meinung benutzt werden, 13, 103: alia est arbor codem nomine (arbor citri), malum ferens exccratum aliquis odore et amaritudine, aliis erpetitum, domus etiam decorans, nec dicenda verbosius. Hier sind die drei letzten Worte durch die schon früher von dem Autor nach Theophrast gegebene Beschreibung motivirt, die drei vorhergehenden: domus etiam decorans erklären sich durch die im Text eben beendigte ausführliche Besprechung der aus dem afrikanischen Citrusholz gearbeiteten Prachttische. In wie fern aber schmückte, wie jener afrikanische so auch dieser medische Baum die Häuser ? Stand er in Kübeln unter den Säulen der Halle und war er also doch, der obigen Versicherung zuwider, auch ausserhalb Mediens lebensfähig? Oder zierte er die Wohnungen der Reichen nur durch seine Früchte, die etwa als melunaia auf Tischen und Gesimsen prangten und die Dämonen des Verderbens als felicia mala abhielten? Ein oder anderthalb Jahrhunderte nach Plinius wenigstens muss der Baum schon ein wirklicher Schmuck der Villen und Gärten wirklich begünstigter Landschaften gewesen sein.. Florentinus, der im ersten Drittel des dritten christlichen Jahrhunderts gelebt haben wird und dessen Werk zwar verloren ge. gangen ist, aber dem Inhalte nach zum grossen Theil in der Sammlung der Geoponika des Cassianus Bassus sich wiederfindet, schildert 10, 7 die Kultur der xltoéal ganz nach dem Bild der heut zu Tage in Oberitalien z. B. in den giardini des Gardasees, gebräuchlichen; man zieht sie an der Südseite von West nach Ost laufender Mauern, bedeckt sie im Winter mit Matten, wiá fois, u. s. w. Reiche Leute, fügt Florentinus hinzu, die Aufwand machen können, pflanzen sie unter Säulengängen, die der Sonne geöffnet sind, an die Mauer, begiessen sie reichlich, lassen die Sonnenglut auf sie wirken und bedecken sie, wenn der Winter naht. Also doch nur Treibhauskultur. Bei Palladius, der im vierten oder vielleicht erst im fünften Jahrhundert lebte, wachsen Citronenbäume auf Sardinien und bei Neapel, also in warmen, durch Seeluft gemilderten Gegenden auf fettem reichlich bewässerten Boden, Winter und Sommer unter freiem Himmel, und die bisher nur traditionellen, halb sagenhaften Vorstellungen konnten jetzt an der Wirklichkeit gemessen und berichtigt werden. So fand sich z. B. dass der Baum wirklich, wie schon Theophrast angegeben hatte, immerfort Blüten und Früchte hervorbrachte, continua foecunditate, 4, 10, 16: Asserit Martialis (Gargilius Martialis, Mitte des dritten Jahrhunderts) apud Assyrios pomis hanc arborem nunquam (in den Handschriften steht: non) carere: quod ego in Sardinia et in territorio Neapolitano in fundis meis comperi (quibus solum et coelum tepidum est et humor exundans) per gradus quosdam sibi semper poma succedere, cum maturis se acerba substituant, acerborum vero aetatem florentia consequantur, orbem quendam continuae foecunditatis sibi ministrante natura. So war denn im Lauf der ersten christlichen Jahrhunderte der immergrüne Baum, der die goldenen Aepfel trug, wirklich in Italien naturalisirt worden, erst in Kübeln mit zweifelhaftem Erfolge, dann durch Mauern gegen Norden, im Winter durch Bedeckung geschützt, endlich in erlesenen Paradiesen auch völlig im Freien, und damit durch ein weiteres Beispiel bewiesen, dass die Kaiserjahrhunderte, diese Epoche unrettbaren, beschleunigten Verfalls, doch auch in manchen Zweigen menschlichen Schaffens, die weniger den Blick auf sich zu ziehen pflegen, wie in Austauch und technischer Verwerthung der Naturobjecte der verschiedensten Länder, eine aufwärts gerichtete Entwickelung zeigen. Fragen wir, welche Art der Aurantiaceen wir uns unter dem medischen Apfel und der arbor citri zu denken haben, so lässt sich mit Sicherheit antworten: die Citronat-Citrone, Citrus medica Cedra, und zwar aus mehreren Gründen. Erstlich heisst diese dickschalige, oft kopfgrosse Frucht, mit verhältnissmässig geringem saurem , bei einer Abart auch süsslichem Fleische oder Safte, noch jetzt in Italien cedro; dann findet sich in der persischen Provinz Gilân, einem Theil des alten Mediens, der Citronatbaum noch ganz mit dem Habitus, den Theophrast beschreibt, namentlich mit häufigen scharfen Stacheln bewaffnet (s. Gmelin Reise durch Russland zur Untersuchung der drei Naturreiche, Theil 3, St. Petersburg 1744, S. 108, wo Theophrast nicht genannt, aber die Beschreibung des citrus spinosus völlig mit dem Bilde zusammenfällt, das der Griffel des alten Meisters entworfen); drittens passen die gelegentlichen Aeusserungen der Alten über die Gestalt, Zusammensetzung und Essbarkeit des medischen Apfels nur auf diese Citrone; Dioscorides nennt sie &niunxes, länglich, und łopvudwuévov, runzlich (s. die Abbildung bei Gmelin); die Frucht wird mit Wein, mit Honig eingekocht, sie ist essbar und ist es nicht; sie ist so gross, dass bei Apicius jede einzelne in einem besonderen Topf eingemacht wird, 1, 21: in vas citrium mitte, gypso suspende (wo andere eine Art Kürbiss verstehen wollten); wenn sie noch unreif ist, umgiebt man sie mit einer thönernen Hülle, in die sie hineinwächst und deren Gestalt sie annimmt; das Fleisch d. h. die weisse, dicke, beinahe den ganzen Raum einnehmende Schale wird als Hauptbestandtheil mit aufgezählt, iiv ojov oớoxa bei Galen. de alim. fac. 2, 37 lauter für die Citrus medica Cedra treffende Züge; endlich tragen alle übrigen Arten der Hesperidenfrucht Namen, die jeden Zweifel über das spätere Zeitalter, in welchem sie einge. führt wurden, ausschliessen. Die Limone -- die wir deutsch fälschlich Citrone nennen -, eine kleinere, mehr oder minder rundliche Frucht mit dünner aromatischer Schale und reichem saurem Saft heisst so nach dem arabischen limûn: dies stammt aus dem Persischen; letzteres entlehnte das Wort aus dem Indischen womit Herkunft, Weg und Zeitpunkt genugsam angedeutet sind. Zur Zeit Karls des Grossen wuchs an den Ufern des Comersees, über welchem damals ein Hauptweg von Italien nach Norden in das Bisthum Chur und das Rheinthal führte, ausser Oliven, Granaten, Lorbeer, Myrten auch der persische Apfel, citreon genannt, Paulus Diaconus in laude Larii laci (Haupt, Berichte der Kgl. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, phil. hist. Klasse, 1850, 1, 6; Dümmler, Gedichte aus dem Hofkreise Karls des Grossen, in der Zeitschrift für deutsches Alterthum, 12, 1865, S. 451; neuerdings auch bei Dahn, Paulus Diaconus, p. 97) 15:


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vertheidigen zu helfen (Chronica Montis Cassiniensis bei Pertz Scr. 7 p. 642; in der altfranzösischen Uebersetzung des Amatus von Montecassino herausgegeben von Champollion-Figeac, 1, 19, sind die poma cedrina durch citre wiedergegeben). Um diese Zeit also wächst auch in Unteritalien immer noch die Citronate der Alten. Auch als Jacobus de Vitriaco, Bischof von Accon, nachher von Tusculum und Kardinal, der im Jahre 1240 in Rom starb, die Naturwunder des heiligen Landes beschrieb, kann der Limonenbaum noch nicht in Europa gewesen sein, denn er führt ihn ausdrücklich unter den in Europa fremden palästinensischen Pflanzen auf, Bongarsii Acta Dei per Francos, Hanoviae 1611, p. 1099 (hist. hierosolymit. 1, cap. 85): sunt praeterea aliae arbores fructus acidos pontici (mittellateinisch für austerus, s. Du C.) videlicet saporis, ex se procreantes, quos appellant limones: quorum succo in aestate cum carnibus et piscibus libentissime utuntur, eo quod sit frigidus et exsiccans palatum et provocans appetitum. Auch die Pompelmuse, franz. pamplemousse, von den Italienern pomo di paradiso oder d'Adamo genannt, fand Jacobus unter dem letzteren Namen in Palästina: sunt ibi aliae arbores poma pulcherrima et citrina ex se producentes, in quibus quasi morsus hominis cum dentibus manifeste apparet et idcirco poma Adam ab omnibus appellantur. Es sind dieselben Früchte, die noch jetzt die Juden aller Länder nach Levit. 23, 40 zu ihrem Laubhüttenfest brauchen und die bloss zu diesem Zweck in mehreren Gegenden Italiens gebaut werden. Die Kreuzfahrer also oder Handelsleute der italienischen Seestädte oder die Araber bei ihren Kriegszügen und Niederlassungen auf den Inseln und Küsten des Mittelländischen Meeres brachten die Limonen hinüber, deren intensive Fruchtsäure in Europa wie im Orient eine heliebte belebende Beigabe zu vielen Speisen bildete, unreines, übel schmeckendes Wasser trinkbar machte und mit dem zugleich bekannter werdenden Zucker die köstliche, viel begehrte limonata ahgab. Der Epoche der Araber verdankt Europa auch die Pomeranze, citrus Aurantium amarum, ital, arancio, melarancio, franz. orange. Ursprünglich war auch dieser Baum mit der glühend rothgoldenen, bitter aromatischen Frucht und den wundervoll duftenden Blüten aus Indien, seiner Heimat, nach Persien gekommen, persisch nâreng, von dort zu den Arabern, arabisch nârang, und weiter nach Europa, byzantinisch vepcvrtcov. In der kleinen Abhandlung, die Silvestre de Sacy der Geschichte der Aurantiaceen bei den Arabern widmet (in seiner Ausgabe der Beschreibung Aegyptens von AbdAllatif, Paris 1810, p. 115), findet sich aus Makrisi folgendes wichtige historische Zeugniss des Masudi angeführt: Makrizi dit: Masoudi rapporte dans son histoire (statt dessen conjecturirt de Sacy mit einer ganz leichten Veränderung des arabischen Wortes: en parlant de l'orange), que le citron rond (die Pomeranze) a été apporté de l'Inde postérieurement à l'an 300 de l'hégire (August 912 der christlichen Aera); qu'il fut d'abord semé dans l'Oman. De , ajoute-t-il, il fut porté à Basra en Irak et en Syrie, et il devint très commun dans les maisons des habitants de Tarse et autres villes frontières de la Syrie, à Antioche, sur les côtes de Syrie, dans la Palestine et en Égypte. On ne le connaissait point auparavant. Mais il perdit beaucoup de l'odeur suave et de la belle couleur qu'il avait dans l'Inde, parcequ'il n'avait plus ni le même climat, ni la même terre, ni tout ce qui est particulier à ce pays.« Bei dem weiteren Uebergange nach Europa musste sie natürlich noch mehr von dem süssen Dufte und der schönen Farbe verlieren, die der Araber schon in Westasien an ihr vermisste. In einigen italienischen Mundarten und im Spanischen ist das anlautende n des arabischen Wortes noch erhalten; dem französischen orange gab der hineinspielende Begriff von or, aurum seine etwas abweichende Form: in orange liegt schon das Goethe'sche Goldorange. Schon Jacobus de Vitriaco hat das Wort in französischer Gestalt: in parvis autem arboribus quaedam crescunt alia poma citrina, minoris quantitatis frigida et acidi seu pontici saporis, quae poma Orenges ab indigenis nuncupantur. Albertus Magnus in seinem Buche de Vegetabilibus, welches kurz vor 1256, also nicht sehr lange nach Jac. de Vitriaco geschrieben ist, tadelt 6, 53 diejenigen, die für die cedrus (den Citronenbaum der Alten, quae arbor facit poma crocea oblonga, magna, quae fere figuram praetendunt cucumeris et habent in se grana acetosa) den Namen arangus brauchen: sed tamen arangus pomum habet breve et rotundum et caro ejus est mollis u. . w. Nach Amari, storia dei Musulmani de Sicilia, vol. 2, Firenze 1858, p. 445 wäre die in einem Diplom von 1094 (bei Pirro, Sicilia Sacra, p. 770) vorkommende via de Arangeriis in der Nähe von Patti ein Orangenweg, also der Name und die Frucht schon vor den Kreuzzügen durch die Araber auf die Insel Sicilien gekommen.


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tāv xepatiwv, die die Schweine frassen, zu stillen, aber Niemand gab sie ihm. Auch der Name des kleinen Gold- und Diamantengewichts, des Karats, der von den Bohnen der Johannisbrodschote, xepátia, genommen ist (schon bei Isidor cerates, später von den Arabern adoptirt und durch sie den Sprachen aller Länder mitgetheilt, – wofür auch siliqua gesagt ward), beweist, wie verbreitet und alltäglich die Frucht im griechischen Orient war. Bei den römischen Schriftstellern finden wir einige Stellen, die auf schon damals versuchte Anpflanzung im Abendlande hindeuten. Nach Columella 7, 9, 6 sollen die Schweine im Walde ausser von anderen wildwachsenden Früchten auch von graecae siliquae sich nähren. Da zu Columellas Zeit unmöglich Johannisbrodbäume einen Bestandtheil europäischer nemora ausmachen konnten, so mag die Notiz aus irgend einem griechisch-orientalischen Schriftsteller über Landwirthschaft stammen. An einer anderen Stelle giebt Columella den Rath, den Baum im Herbst zu säen, 5, 10, 20: siliquam graecam quam quidam xepátiov vocant et Persicum ante brumam per auctumnum serito. Auch dies ist wohl nur eine aufgenommene fremde Wirthschaftsregel; Plinius wiederholt sie mit denselben Worten (17, 136), entweder aus Columella oder aus der gemeinsamen Quelle; im Uebrigen nennt er die Frucht praedulces siliquae (15, 95) oder siliquae syriacae (23, 151) und behandelt sie nicht als einheimische. Syriacae heissen die Schoten auch bei Scribonius Largus ein Menschenalter früher; wo sonst siliquae als Speise des Armen und Genügsamen vorkommen, ist kein Grund, etwas Anderes als das Nächste, d. h. als Bohnen oder Erbsen darunter zu verstehen. Bei Galenus gegen Ende des zweiten Jahrhunderts ist, wie wir soeben gesehen haben, das Johannisbrod durchaus nur Gegenstand der Einfuhr aus dem Orient. Palladius aber in den letzten Zeiten des Römerreichs lehrt ausführlich den Baum fortpflanzen und spricht auch von seinen eigenen Erfahrungen dabei, 3, 25, 27: siliqua Februario mense seritur et Novembri et semine et plantis: amat loca maritima, calida, sicca, campestrica: tamen ut ego expertus sum, in locis calidis foecundior fiet, si adjuvetur humore: potest et taleis poni u. s. w. Da diese Stelle in einigen Handschriften fehlt, auch der fleissige Benutzer des Palladius, Petrus Crescentius, über den Baum schweigt, so bleibt Zweifel, ob wir nicht am Ende ein nachmaliges Einschiebsel vor uns haben. Sollte aber auch die Naturalisation des Baumes zur Zeit der Römer begonnen haben, so lehren doch die arabischen Namen: ital, carrobo, carruba, span. garrobo, algarrobo, portug. alfarroba, französ. caroube, carouge, dass erst die Araber entweder die erloschene Kultur von Neuem aufnahmen oder der noch vorhandenen die heutige Verbreitung gaben. In der südlichen Hälfte der italienischen Halbinsel sind jetzt die Carroben häufiger und die Ernte reichlicher, als derjenige Reisende voraussetzt, der bloss die gewöhnliche Strasse der Touristen gewandert ist und den syrischen Baum etwa nur an der Felsenstrasse bei Amalfi gesehen hat. Sicilien, die arabische Insel, erzeugt und verschifft viel Johannisbrod; auch auf Sardinien fehlen die Ceratonien nicht und man pflanzt sie gern in Feldgegenden einzeln zur Mittagsrast; die reichsten Bäume dieser Art aber stehen am apulischen Gargano, diesem in malerischer, naturwissenschaftlicher, auch botanischer Hinsicht so merkwürdigen, aber auch so selten besuchten, massigen, isolirten, zum Meer abstürzenden Kalkstein - Vorgebirge. Im heutigen Griechenland finden sich Carrobenbäume hin und wieder auf dem Festlande und auf den Inseln zerstreut, darunter einige von ehrwürdigem Alter, wie derjenige, unter dem Fiedler, Reise, 1, 224, auf dem skironischen Wege sein Mittagsmahl hielt und dessen Stamm einige Fuss Durchmesser hatte. In Kleinasien, Syrien u. s. w. geniesst der Baum auch religiöse Verehrung, und zwar bei Muselmännern wie bei Christen. Er ist dem heiligen Georg geweiht und Kapellen unter oder in seinen Zweigen sind gewöhnlich. bei allen Kulturgewächsen haben sich auch bei diesem Varietäten gebildet, die sich durch grössere oder geringere Süssigkeit und Haltbarkeit und durch Form und Grösse der Schoten unterscheiden. Im Orient, wo die Frucht noch mehr Zucker entwickeln mag, und zuweilen auch in Europa presst man aus den Schoten auch eine Art Honig, mit dem andere Früchte eingemacht werden, und wirft die Rückstände den Schweinen vor. Auch das harte Holz wird geschätzt und die Rinde dient zum Gerben.


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Thierchen mit dem wohlschmeckenden Fleische über einen grossen Theil Europas ausgebreitet, sind aber besonders in Frankreich und Belgien unter dem Namen lapin (nach Diez für clapin, Volksausdruck: der Ducker) eine häufige und beliebte Speise. Dies muss schon zu der Zeit, die Gregor v. Tours beschreibt, der Fall gewesen sein, denn 5, 4 berichtet er von Roccolenus: erant enim dies sanctae Quadragesimae in qua fetus cuniculorum (also die oben genannten laurices) saepe comedit.

Bei Petrus Crescentius, dem Zeitgenossen Dantes, wohnt das Kaninchen in dem zusammenhängenden Strich Landes von Spanien durch die Provence bis in die Lombardei, 9, 80: quod in Hispania et in Provincia et in partibus Lombardiae, sibi cohaerentibus, nascitur also immer noch auf iberischem Urboden. Jetzt ist es nicht bloss dem Provençalen, sondern auch dem Pariser woh)bekannt, und hat nicht bloss die Inseln des westlichen Mittelmeers, sondern auch die des östlichen oder griechischen überzogen und mit seinen Gängen durchlöchert. In Frankreich, England und den Niederlanden ist es zugleich durch Züchtung und Kreuzung wesentlich verwandelt und veredelt worden, sowohl was Zartheit des Fleisches, Grösse, Fruchtbarkeit, Abhärtung gegen das Klima, als die seidengleiche Weichheit des Haares betrifft 88).

Der Hund ist ein uralter Begleiter des Menschen, ja gewiss das früheste und erste von allen Thieren, die der Mensch sich zugesellt hat, — wer, der es nicht weiss, sollte glauben, dass die lächerliche Feindin des Hundes, die Katze, die jetzt fast in keinem Hause fehlt, so weit civilisirte und halbcivilisirte Menschen leben, eine ganz junge Erwerbung der Kultur ist? Freilich die Bewohner des Nilthales müssen wir dabei ausnehmen. Dass das geheimnissvolle, mit seinem Thun in die Nacht der Zeiten hinabreichende, ebenso anziehende als abstossende Volk der Aegypter die Katzen in Menge erzog, sie heilig hielt, sie nach dem Tode einbalsamirte, melden nicht bloss die Alten, wie Herodot und Diodor, sondern bestätigen auch die Denkmäler und Ueberreste (man sehe z. B. den Hymnus auf die Sonnenkatze auf einer Stele, übersetzt von Brugsch in der Zeitschrift der DMG. 10, 683). Diodor 1, 83 erzählt einen Vorgang, dessen Augenzeuge er selber war und der, wie er hinzusetzt, die tiefe religiöse Scheu der Aegypter vor der Heiligkeit dieses Thieres offenbar machte. Es war die Zeit, wo die grösste Furcht vor Roms Uebermacht herrschte und Alles gethan wurde, um den einzelnen Römern, die sich gerade im Lande befanden, zu Willen zu sein und jeden Streit mit ihnen zu verhüten. Da geschah es, dass ein Römer, ohne es zu wollen, eine Katze tödtete; sogleich rottete sich das Volk zusammen, der Aufstand richtete sich gegen das Haus, in dem die That verübt war; keine Bemühung des Königs Ptolemäus und seiner Beamten, keine Furcht vor Rom und den Römern vermochte das Leben des Verbrechers zu retten. Die gezähmte Art war die Felis maniculata Ruepp. (Dr. Hartmann in der Zeitschrift für ägyptische Sprache 1864, S. 11.) Das Verschlossene und Stumme, daher Ahnungsreiche, das nach Hegel alle Thiere haben, ist in der Katze und deren eigenthümlichen, gleichsam mystischen Sitten und Neigungen besonders fühlbar. Sie hat noch jetzt für den, der sie gewähren lässt und sie aufmerksam beobachtet, etwas Aegyptisches, das die Vorliebe der Einen, den Widerwillen der Anderen weckt. Dies Thier so vollkommen zu zähmen und an den Menschen zu gewöhnen denn die Hauskatze verwildert nicht und kehrt immer wieder zum Hause zurück konnte nur dem Aegypter gelingen und war die Arbeit von Jahrhunderten. Nur wenn viele, sehr viele Generationen des Thieres auf dieselbe behutsame, pflegende, liebevolle Art behandelt wurden und in der langen Zeit jede Erfahrung eines verursachten Schmerzes oder zugefügten Leides aus dem Ge. dächtniss der scheuen Creatur ausgelöscht war, konnte aus der wilden Katze, deren Geschlecht von allen am wenigsten auf Zähmung an. gelegt scheint, unsere jetzige anschmiegende Hauskatze werden. Religiöser Aberglaube hat hier, wie so oft, das Unglaubliche geleistet und auch einmal der Kultur gedient, statt sie aufzuhalten. Nach Fr. Lenormant, die Anfänge der Kultur, 1, Jena 1875, S. 242 f., käme übrigens die Katze erst seit der 12. Dynastie auf ägyptischen Bildwerken vor: wenn dies richtig ist, dann würde das Verdienst der ersten Zähmung den Bewohnern der oberen Nilländer gehören und Aegypten das begonnene Werk nur fortgesetzt haben. Ein Glück war es, dass die Weiterverbreitung der ägyptischen Katze noch zur Zeit des römischen Reiches, ehe das ascetische Christenthum in die Tiefe drang, und vor dem Einbruch des islamitischen Sturmes statt fand; sonst hätte mit der Vernichtung des gesammten alten Aegyptens und der Vertilgung seiner religiösen Vorstellungen und Sitten auch die dieses Hausthieres erfolgen und vielleicht nicht wieder gut gemacht werden können. Ist doch manches Thier, das einst dem Menschen diente, diesem Schicksal verfallen, so vor Allen der afrikanische Elephant, der Hannibals Krieger trug, durch Schnee und Eis über die Alpen stieg und jetzt nur noch in den Wildnissen des innern Afrika von grausamen Jägern erlegt und langsam ausgerottet wird.


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sächsischen des Älfric in England und ist also bedeutend älter, als Albertus Magnus, bei dem dies Thier von Naturforschern signalisirt worden ist. Zog es im Gefolge der Völkerströme in Europa ein, ward es im Herzen Asiens durch den Aufbruch türkischer Völker, z. B. der Hunnen, mitbeunruhigt? Als es den Osten Europas erreichte, müssen die Slaven sich bereits in Stämme gesondert haben, denn sie benennen es ungleich: der Pole sagt szczur (gleich ahd. scëro die Schermaus, der Maulwurf, also wie talpa = Maus), der Russe krysa, die Donauslaven wieder anders. Der deutsche Name Ratte, Ratz, ahd. rato, wird ein anlautendes h verloren haben und mit dem altslavischen krůtü, russischen krot, der Maulwurf, lit. kertùs, die Spitzmaus, identisch sein. Altirisch hiess die Ratte fränkische Maus (Stokes, ir. gl. 248), sie war den Iren also vom Frankenlande zugekommen. Eine zweite, noch furchtbarere Invasion der Art hat Europa seit dem ersten Drittel des achtzehnten Jahrhunderts erlebt: da erschien die grosse Wanderratte, Mus decumanus, an der unteren Wolga, überzog mit allmähligem, oft eigensinnigem Vorrücken eine Stadt und Gegend nach der anderen, verbreitete sich mit Fluss- und Seeschiffen denn sie hat eine Vorliebe für Wasserfahrten und in den Revolutionskriegen mit den Magazinen der österreichischen und russischen Armeen über Deutschland und den Westen Europas und hat seit lange nicht bloss von Paris und London Besitz genommen (vielleicht zu Schiffe direkt von Ostindien), sondern im Wege des Handels auch die neue Welt jenseits des atlantischen Oceans erreicht, überall ihre schwächere Vorgängerin, die Hausratte des Mittelalters, ausrottend (s. v. Middendorff, Sibirische Reise, IV, S. 887 ff.). Auch die kleine, niedliche, naschhafte Hausmaus muss einst so aus dem südlichen Asien zu uns herübergekommen sein

fiel ihre Ankunft etwa mit dem Einbruch der Indoeuropäer zusammen? Noch andere Thiere, die dem Alterthum unbekannt waren, scheinen mit der Völkerwanderung oder mit dem Eindringen von Kultur und Strassen in den dunklen Osten Europas in den Gesichtskreis der Kulturvölker des Westens getreten zu sein, so der Dachs und der Hamster. Der Name des ersteren verbreitete sich von den Germanen her über das romanische Gebiet, dem das Thier bis dahin fremd gewesen zu sein scheint; der des letzteren, in Italien unbekannt, in Frankreich roh aus dem Deutschen herübergenommen: le hamster, von den Germanen einem slavischen Worte nachgesprochen, deutet auf einen von Osten gekommenen Erdbewohner, dem die Lichtung der Wälder durch den Ackerbau den Weg bahnte 91).


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im Abendland so spät erscheint, was bei der engen Verbindung Aegyptens mit dem Abendlande sonst nicht begreiflich wäre. Sicher ist jedenfalls, dass die gezähmte Wildkatze in dem alten Aegypten als Jagdgenosse des Menschen eine sehr bedeutende Rolle spielte. Mehrere Gemälde aus Theben stellen die Felis maniculata auf der Geflügeljagd in den Papyrus- und Lotossümpfen des Nils dar (vgl. Hartmann a. a. 0. S. 555), und es ist daher ein echt ägyptisches Motiv, wenn auf einer Dolchklinge aus Mykenae die Katze in eben dieser Eigenschaft, von Papyruspflanzen umgeben dargestellt wird (vgl. Mittlg. des Instituts v. Athen VII. T. 8). Sollten auf den Münzen von Taras und Rhegion aus dem Ende des V. Jahrh. v. Chr. (vgl. oben S. 461 und ImhoofKeller S. 7) wirklich Katzen abgebildet sein, so würde vielleicht ebenfalls an jene Verwendung des Thieres als Jagdgenosse des Menschen zu denken sein.

Eine gewisse Vermittlung zwischen der Anschauung Virchow's und der oben von H. vorgetragenen stellen die Ausführungen A. Nehring's dar (a. a. 0. S. 558 ff.). Nach ihm stammen die jetzt in Europa vorkommenden Hauskatzen theils aus Asien, theils und zwar hauptsächlich aus NordostAfrika, eben von der Felis maniculata Rüpp. ab. Diese sei nach Europa eingeführt worden und habe in vielen Gegenden, namentlich in Deutschland Kreuzungen mit der europäischen Wildkatze erlitten; denn es sei unrichtig (oben S. 457), dass die Hauskatze nicht verwildere, im Gegentheil habe dieselbe eine grosse Neigung zur Rückkehr in den Naturzustand. Daneben seien in Aegypten noch andere grössere und stärkere Katzen-Species abgerichtet worden; aber eine dauernde Domestication sei nur bei der Felis maniculata gelungen. Hinsichtlich der Katzen von Bubastis, deren Alter weit zurückgehe, giebt er die Ansicht Virchow's zu. Für die späteren Fundorte wie Beni-Hassan und Siut nimmt er jedoch an, dass hier die Katze in einem mehr oder weniger vorgeschrittenen Zustand der Domestication gelebt habe. Auch ist nach F. Lenormant Zoologie historique. Sur les animaux employés par les anciens Égyptiens à la chasse et à la guerre (Comptes rendus des sciences T. LXXI S. 66) auf ägyptischen Bildwerken bereits der häusliche Kampf von Katzen mit »Ratten« (oder sind es nicht vielmehr Mäuse? sonst wäre in Aegypten die Anwesenheit der Ratte viel früher als in Europa bezeugt) wiederholt dargestellt.

Um das späte Auftreten der Hauskatze in Europa zu erklären, bliebe dann nur die Berufung auf die grosse Heiligkeit des Thieres, die dem Export im Wege stand, übrig.

Ueber das erste Erscheinen der Hauskatze in den klassischen Ländern hat K. Sittl in Wölfflin's Archiv V. 133 ff. gehandelt. Er möchte sogar in der oben S. 462 angeführten Stelle des Palladius noch nicht die zahme Hauskatze erblicken, sondern deutet die catti vielmehr auf Frettchen, die die spanischen Bauern benutzt hätten, um Maulwürfe (talpa) auszugraben. Sicher ist jedenfalls, dass cattus, catta auf römischem Boden auch für wilde katzenähnlichen Thiere gebraucht wurde (vgl. Sittl a. a. 0. S. 134). In den lateinischen Glossen (vgl. G. Goetz Thesaurus I, 190) werden diese Wörter mit aïloupos, alhoopis, ixvsouwv, einmal auch mit ags. merth (Marder) wiedergegeben. Bezeichnend hierfür ist auch ein neben cattus Katze liegendes zweites cattus (vgl. Du Cange II ?), welches ein Kriegswerkzeug, eine Art von Laufganghütten bezeichnete, unter derem Schutze man sich den feindlichen Mauern näherte. Diese Kriegsmaschine findet sich schon bei dem Kriegsschriftsteller Vegetius, der auch sonst Barbarismen zeigt (burgus, drungus), erwähnt. Es heisst lib IV, cap. 15 nach der wahrscheinlichsten Lesart: vineas dixerunt veteres. quas nunc militari barbaricoque usu cattos vocant. Demnach hätten diese Laufganghütten schon im IV. Jahrhundert catti gehiessen, wobei man natürlich auch eher an ein wildes Thier (vgl. cuniculus und musculus), als an unsere zahme Hauskatze denken wird. Die erste sichere Spur der Hauskatze findet Sittl erst in der Biographie des Papstes Gregors des Grossen von dem Diacon Johannes (um 600): Nihil in mundo habebat praeter unam cattam, quam blandiens crebro quasi cohabitatricem in suis gremiis refovebat. Von nicht geringerer Bedeutung ist aber eine zweite ungefähr derselben Zeit angehörige Stelle aus des Euagrius Historia ecclesiae VI Cap. 23 (vgl. oben S. 462). Hier wird von dem Saulenheiligen Symeon folgendes erzählt: ανήχθη δε κατά τον κίονα εξ αιτίας τοιάσδε. έτι σμικρών κομιδή την ηλικίαν άγων, κουρίζων τε και αλλόμενος ανά τάς κολωνάς του όρους περιήει, και περιτυχών πάρδη το θηρία την ζώνην περί αυχένα βάλλει, και εκ δυτήρος ήγε, της φύσεως επιλαθόμενον, και ανά το οικείον ήγαγε φροντιστήριον, όπερ έωρακώς ο τούτον μαθητεύων αυτός επί του κίονος εστώς, επυνθάνετο τί αν είη τούτο. ο δε έφη αίλουρον είναι, ήν κάτταν η συνήθεια λέγει. εντεύθεν τεκμηράμενος πηλίκος έσται την αρετήν, επί του κίονος ανήγαγεν. Der fromme Knabe führte also den Panther wie ein zahmes Hauskätzchen an einem Halsband umher und bezeichnet das Thier als einen a:hovpos, den man für gewöhnlich (vulgo) várta nenne, woraus wir zugleich lernen, dass der letztere Ausdruck mehr in den unteren Schichten als in der guten Sprache lebte.


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allen sumpfigen Gegenden und bei grossen Flüssen und daselbst gemeiniglich in grösserer Menge als das gemeine Hornvieh. Die Büffelkühe

geben mehr Milch und die Büffelochsen sind zur Arbeit wenigstens eben so geschickt als die gemeinen. Ich sah Büffel in Aegypten, auf der Insel Bombay, bei Surat, am Euphrat, Tigris, Orontes, zu Scanderone u. s. w. Ich erinnere mich nicht, sie in Arabien gefunden zu haben, und da ist für dieses Thier auch zu wenig Wasser. Das Fleisch der Büffelochsen schmeckte mir nicht so gut als anderes Ochsenfleisch. Es ist härter und grobfäsriger.« Während der unaufhaltsame Kulturprocess die königlichen eigenwilligen, wüthenden Bewohner der europäischen Wälder, den Ur und den Bison, bis auf einen geringen Rest vertilgt hat, brachte das Völkergedränge diesen Fremdling von den Grenzen Ostindiens bis an die Südküsten Italiens. Dort in Arachosien, nach dem heutigen Kabul zu, kennt Aristoteles einen wilden Ochsen, der der Be. schreibung des Meisters nach kein anderer, als unser heutiger Büffel gewesen ist, anim. 2, 1 (ΙΙ, 4): εν 'Αραχώταις, ούπερ και οι βόες οι άγριοι διαφέρουσι δ' οι άγριοι των ημέρων όσον περ οι ύες οι άγριοι προς τους ημέρους μέλανές τε γάρ εισι και ισχυροί το είδει και επίγρυποι, τα δε κέρατα εξυπιιάζοντα έχουσι μάλλον. Von dort. her müssen sich in den folgenden Jahrhunderten die Büffel weiter durch Asien verbreitet haben; in Italien zeigten sie sich zuerst gegen das Jahr 600 nach Chr. unter der Regierung des longobardischen Königs Agilulf, Paul. Diac. 4, 11: tunc primum caballi silvatici et bubali in

Italiam delati Italiae populis miracula fuerunt 93). Wir müssen dem longobardischen Mönche für diese Nachricht dankbar sein, denn wie selten lassen sich die Geschichtsschreiber, die mit Kriegszügen und Thronstreitigkeiten alle Hände voll zu thun haben, herab, uns einen kulturhistorischen Brocken zuzuwerfen, hätten aber doch etwas nähere Auskunft gewünscht. Waren diese bubali etwa die uri und bisontes der europäischen Wälder? Schwerlich, denn diese mussten doch schon viel und oft in Italien gesehen worden sein und hätten weder bei Römern noch bei Longobarden Verwunderung erregt. Wenn es aber wirkliche Büffel waren, woher und auf welchem Wege kamen diese Bewohner warmer Landstriche in das ferne, kalte Europa? Zu Schiffe konnten sie nicht eingeführt sein. Da sie in Gesellschaft wilder Pferde erschienen, so scheint uns wahrscheinlich, dass sie ein Geschenk des Chans der Awaren an den Longobardenkönig waren; denn dies Nomadenvolk türkischen Stammes, das damals an der Donau hauste und in furchtbaren Verheerungszügen das römische Reich heimsuchte, stand mit dem longobardischen Hofe in freundlichen Beziehungen. Schickte König Agilulf dem Chan der Awaren Schiffsbaumeister, die ihm die Fahrzeuge zur Eroberung einer Insel in Thrakien stellten, so konnte Jener wohl Produkte aus dem Herzen Asiens als Gegengabe bieten. So sind die schwarzen, nackten, schwerwandelnden Büffel, die in so charakteristisch asiatischer Weise von flüchtigen Hirten zu Pferde mit der langen Pike im Steigbügel umkreist und in Ordnung gehalten werden, noch lebendige Zeugen jener furchtbaren Zeiten, wo die unermessliche östliche Landmasse, mit der die Halbinsel Europa ohne andere Schutzwehr als die Entfernung zusammenhängt, ihre Horden ausspie, um wo möglich alle Menschlichkeit, das Werk und den Gewinn langer veredelnder Arbeit, bis auf die Wurzel zu vertilgen. Dass die ganzen und halben Nomaden, die sich in dem schönen, fruchtbaren, einst hochkultivirten Pannonien wechselweiselagerten und verdrängten, neue Rindviehracen mitbrachten und vielleicht vortheilhaftere, als das Alterthum sie aus der Ueberlieferung der Vorwelt besass, lag in der Natur der Dinge; eben so dass diese auch in Italien einwanderten und ihren Stamm daselbst behaupteten, nachdem die Völkerwoge, die sie herbeigetragen hatte, längst abgeflossen war. Die dreifache Race der südrussischen Steppen, einer klassischen Rindviehgegend, ist ein Niederschlag von eben so viel Nomaden-Einbrüchen. Der sogenannte ukrainische oder podolische oder ungarische Ochs, gross, grauweiss, hochbeinig, langgehörnt, reich an Talg und Fleisch, das Zugthier der Lastwagen und Frachtfuhren, die die Steppe oft hunderte von Wersten weit durchziehen, findet seinen Verwandten in der südlich vom Po durch Mittelitalien herrschenden grossen weisslichen Art mit den langen von einander abstehenden Hörnern, die auch nach Spanien und Algier übergegangen ist. Da schon Varro sagt 2, 5, 10: albi in Italia non tam frequentes, quam qui in Thracia ad uéhava xółrov, ubi alio colore pauci, so könnte dies das skythische Vieh gewesen sein, gekommen mit den iranischen Weidevölkern und durch Gothen oder Longobarden nach Italien verschlagen. Eben daher würde die euböische Race stammen, die gleichfalls weiss war, Ael. h. a. 12, 36: και εν Ευβοία δε οι βόες λευκοί τίκτονται σχεδόν πάντες, ένθεν του και αργίβοιον εκάλουν οι ποιηται την Εύβοιαν, denn Euba stand frühe mit Thrakien und überhaupt dem Norden in Verbindung. Indess ist das skythische Vieh bei Herodot xólov und bei Hippokrates xégeos ärep und gleicht also dem kleinen germanischen, dem nach Tacitus die Glorie der Stirne fehlt. Vielleicht also ist der zweite südrussische Schlag, das kleinere, rothe, eigentliche Steppenvieh, ein Abkömmling jener altskythischen Heerden, während die dritte Race, das sogenannte kalmükische Vieh, wie der Name sagt, die tatarischen oder gar erst die mongolischen Horden in den Westen begleitet hat. Im Italien des Varro war die gallische (also mit den Galliern eingezogene?) Race vorzüglich zur Feldarbeit geeignet, in dem des Plinius galt das kleine, unansehnliche Alpenvieh für das milchreichste, 8, 179: plurimum lactis Alpinis quibus minumum corporis, wie auch bei Columella 6, 24, 5 die Altinischen Kühe im Veneterlande humilis staturae, lactis abundantes waren. Noch zu des Ostgothen Theodorich Zeit war das tyrolische Vieh klein aber kräftig; als die Alemannen, von dem Frankenkönig Chlodwig aufs Haupt geschlagen, auf gothischem Gebiet Schutz suchten und zum Theil in Italien angesiedelt werden sollten, da waren die Rinder der Flüchtlinge von der langen eiligen Wanderung ermüdet und konnten nicht weiter, und der König befahl den norischen Provincialen, die grossen alemannischen Thiere gegen ihre kleinen einzutauschen, womit beiden Theilen geholfen sein werde, Cassiod. Varr. 3, 50: Provincialibus Noricis Theodor. R...


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Die einfachste Form, die man desshalb versucht ist, an die Spitze zu stellen, ist das niederdeutsche und niederländische hoppe, hop der Hopfen. Es kommt schon in den Glossen des Junius bei Nyerup, Symbolae ad lit. teuton. antiquior., vor, die von Graff ins achte bis neunte Jahrhundert gesetzt werden: hoppe timalus (verschrieben oder verlesen statt humalus?), feldhoppe bradigalo (bryonia? wofür merkwürdiger Weise bei Dioscor. 4, 182 ein dakisches nopiadýna). Dass dies hoppe, wie Weigand im Wörterbuch vermuthet, selbst erst aus mittellat. hupa entstanden sei, hat keine Wahrscheinlichkeit; hupa findet sich nach Du Cange nur in einer Quelle, die selbst dem Boden der Niederlande angehört, und ist schwerlich mehr als Latinisirung des deutschen Wortes. Eine Etymologie liesse sich in dem Verbum hüpfen, hoppen, finden; aber eine von Ast zu Ast springende Pflanze statt einer rankenden scheint keine natürliche Vorstellung und Benennung. Doch welches auch seine Herkunft sei, aus diesem hoppe entstand eine Verkleinerungsform mit hinzutretendem 1, aus der sich das französische houblon für houbelon, so wie das mittellat. hubalus (bei Kleinmaryn, Juvavia, Diplomatischer Anhang, S. 309; duos modios hubali) erklärt. Weiter in Italien, wo die Pflanze weder angebaut noch gebraucht wurde, verwuchs der fremde Name mit dem Artikel zu dem italienischen lupolo, luppolo, aus welchem Vulgärwort dann im spätern Mittellateiv das gerade bei italienischen Schriftstellern auftretende lupulus der Hopfen entstand. Bei der Abhängig. keit der mittelalterlichen Botanik von der gleichsam mit kanonischem Ansehen bekleideten griechisch-römischen Literatur suchte man nach einem ähnlich klingenden Pflanzennamen bei den Alten und fand ihn auch glücklich bei Plinius 21, 86: secuntur herbae sponte nascentes quibus pleraeque gentium utuntur in cibis

In Italia paucissimas novimus, fraga, tamnum, ruscum, batim marinam, batim hortensiam, quam aliqui asparagum gallicum vocant, praeter has pastinacam pratensem, lupum salictarium, eaque verius oblectamenta quam cibos. Also: wildwachsende, zur Speise dienende Pflanzen giebt es in Italien wenige, darunter auch ein im Weidengebüsch wachsender lupus; doch gewähren sie mehr eine Art Naschwerk oder Delikatesse, als eine Nahrung. Vielleicht ist dies derselbe lupus, den Martial 9, 26, 6 erwähnt:

Appetitur posito vilis oliva lupo d. h. wenn uns lupus vorgesetzt wird, verlangen wir nach der gemeinen Olive; der lupus war also eine nicht geschätzte Würze der Tafel. Dass er eine rankende Pflanze gewesen, ist nicht gesagt, und wenn der Name sich nicht zum mittellateinischen lupulus halten liesse, würde Niemand auf den Hopfen gerathen haben. – Bei dem leichten Uebergange des b, p in m, zumal vor folgendem l, entwickelte sich aber aus hupa, hubalus, hubelo auch ein mittellateinisches humlo humulus und dies ist seit dem Ende des achten Jahrhunderts der gewöhnlichste und am weitesten verbreitete Ausdruck, der mit dem Hopfen selbst nach Norden und Osten wanderte. Altnordisch wurde daraus humall, finnisch und estnisch humala, humal, bei allen Slaven chmeli, chmeli, magyarisch komló, neugriechisch xovuéhe, walachisch hemeju u. s. w. So würde das Wort selbst in seinen Transformationen auf Ausgang der Sitte vom Niederrhein weisen; die deutschen Franken oder schon die keltischen Belgier wären die Erfinder des bitteren Trankes und Linnés Hypothese ergäbe sich als grundlos.


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sich, Et. W. S. 87 beizustimmen scheint. Hiernach ist slav. chmelī aus östlichen, finnischen oder türkischen Sprachen entlehnt. Die betreffenden Formen lauten finn. humala, estn. humal, umal, wot. umala, liv. umal, lapp. hombel, mordv. komlä, čer. humlá, ung. komló, vog. qumleh, tat. 7omlak, suv. yumlâ. Ein Theil derselben, die westfinnischen Wörter, ist allerdings zweifellos erst aus dem Nordgermanischen übernommen (vgl. Thomsen, Ueber den Einfluss der germ. Sprachen S. 136); doch gilt dies nicht von den übrigen, deren wechselnder Anlaut

X.,

h, k sich wohl in dem slavischen ch, h widerspiegeln könnte, das der gewöhnliche Vertreter ebenso des griechischen X, wie des germanischen h ist (vgl. G. Meyer a. 0. a. 0.). Wir halten es also nach Lage der Dinge für das wahrscheinlichste, dass slav. chmelī ein ostasiatisches Wort ist und dann von slavischem Boden aus ins Nordgermanische, Mittellateinische, in die Sprachen der Balkanhalbinsel u. s. w. eingewandert ist. Es würde hieraus folgen, dass, wenn nicht der Hopfen selbst, so doch seine Kultur oder die Erfindung, ihn als Würze dem Biere beizusetzen, die gleichen Wege gewandert sind. Ebenso wie die auf Pfählen angesiedelten Päonier (oben S. 145, 475), konnte irgend ein ostasiatisches Volk frühzeitig darauf verfallen sein, eine neue Pfanze ihrem Rauschtrank zuzusetzen. 3. Merkwürdig ist, dass mitten in diese unter 2. geschilderte ungeheure Sippe das Litauische mit einer besonderen und einheimischen Benennung des Flopfens eingestreut ist: apuynīs, apyniai, offenbar ursprünglich nichts anderes als Rankengewächs bedeutend. Auch als neugriechische Benennung des Humulus Lupulus L., der in Gebirgsgegenden wie z. B. bei Lebadia und öa, in Arkadien und am Malevô wild wachse, giebt Heldreich, die Nutzpflanzen Griechenlands S. 21 nicht das oben genannte youjéhe, sondern appróxarure »wilde Rebe«. 4. It. luppolo, mlat, lupulus, das von dem lat. lupus salictarius (oben S. 476) zu trennen, mir ebenso wie Benfey (a. 0. a. 0. S. 212) gewaltsam erscheint. Die jungen Hopfentriebe werden, wie De Candolle S. 201 bemerkt, ebenso oder ähnlich wie der Spargel, der an derselben Stelle von Plinius genannt wird, genossen.

Ueberblickt man diese vier Punkte, so steht nichts der Ansicht im Wege, welche auch von De Candolle und Grisebach (bei Benfey a. a. 0.) getheilt wird, dass der Hopfen in Europa schon lange bevor er in Kultur genommen wurde, verbreitet und benannt war (lat. lupus, mlat. lupulus, lit. apwynys. ahd. hopfo). Für die Geschichte seiner Kultur und seiner Be. nutzung zum Biere sind einerseits die Entlehnungdes germanischen Wortes ins Romanische, andererseits die oben geschilderten Geschicke des slavischen chmelī von Wichtigkeit. In dieselbe Richtung wiese es, wenn neuerdings mit Recht (vgl. oben S. 159) ahd. bior, ags. beór, altn. bjórr als eine Entlehnung aus altsl. pivo, altpr. piuis Bier aufgefasst wird. In agls. ealu etc. läge dann der ältere Ausdruck für das ungehopfte, in beór etc. der jüngere für das gehopfte Bier vor. - Von neueren Arbeiten über den Hopfen nennen wir: Ueber die geographische Verbreitung des Hopfens im Alterthum 1882 von C. 0. Čech und Geschichtliches über den Hopfen von Prof. Dr. R. Braungart in Weihenstephan. Sonderabdruck aus > Wochenschrift für Brauerei 1891, Nr. 13 u. 144 Berlin 1891. Vgl. auch Buschan im Ausland 1891, 31.


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der Unbekanntschaft mit den natürlichen Gesetzen, die es regeln, konnte auch der Geldhandel und der leichte Umlauf der Kapitalien kein Element zunehmenden Reichthums bilden. Der Zinsfuss stieg auf eine unerhörte Höhe, und die Verbote, die dem Wucher steuern sollten, machten das Uebel nur schlimmer. Wie der Zins überhaupt im Alterthum für verächtlich, ja für unerlaubt galt, so blieb auch das Prinzip der Arbeitstheilung unbegriffen. Schon Cato und Varro warnen geradezu vor derselben: der Erstere will, der Landwirth solle möglichst wenig kaufen, 2, 5: patrem familias vendacem, non emacem esse oportet; der Andere giebt die Vorschrift, was auf dem Landgute vom Gesinde selbst gemacht werden könne, solle nicht von auswärts gekauft werden, 1, 22, 1: quae nasci in fundo ac fieri a domesticis poterunt, eorum ne quid ematur. Die Arbeit zu Hause also wurde nicht als ausgegebenes Geld gerechnet; auch unterhielten die grösseren Wirthschaften ihre eigenen Schmiede, Zimmerleute, Schuster, Bötticher u. s. w. selbst, wogegen in den Städten der arbeitende Bürger- und Handwerkerstand fehlte. Kein Wunder, dass die Technik des Handwerks unvollkommen blieb, wel. cher ohnehin in dem Naturell der Alten keine verwandte Richtung entgegenkam. Die natürliche Realität der Dinge unbefangen beobachten, sich ihrer zweck- und werkmässig bedienen, sich durch solches Rüstzeug befreien, ist kein antiker Charakterzug. Die Alten lebten im Traume religiöser Phantasie in idealem Schein, beherrscht vom Hange künstlerischer Darstellung, befangen im Zauber des Schönen, als ein adeliges Geschlecht. Sehen wir uns in den pompejanischen Resten die Geräthe, die Werkzeuge u. s. w. an, wie schön und edel sind sie gezeichnet, obgleich vielleicht von Sklavenhand gearbeitet, aber auch meistens wie kindlich! Was uns daran durch rationelle Technik erfreut, war nicht Ergebniss nüchterner Beobachtung und verständiger Berechnung, sondern alte Tradition, bei der es blieb und die als solche von Menschenalter zu Menschenalter sinken musste. Und mit der Technik sank auch der Geschmack, die Grazie und Reinheit der Formen und der Adel des Gedankens. Denn beide sind nicht absolut getrennt: was die Technik gewinnt, kommt auch dem Geiste zu Gute; jede Erweiterung ihrer Schranken, die der erstern gelingt, gestattet auch dem letztern den Flug in eine bisher unbekannte Welt. Hätten die Alten z.

Hätten die Alten z. B. ihre dürftigen musikalischen Instrumente mannigfacher entwickeln und etwa die Orgel und die Geige -- die erst mit den Arabern auftrat — erfinden können, es ist kein Zweifel, dass auch ihre Musik selbst eine neue Seele gewonnen hätte. Wie stationär die mechanischen Künste bei den Römern blieben und wie fern ihnen die Natur als Object verständiger Forschung lag, lehrt insbesondere die Geschichte der römischen Seefahrt und des römischen Ackerbaues. Umfang und Grenzen des grossen Reiches boten Anlass genug, sich auf der hohen See zu versuchen. Die Weltherrscher waren in Besitz der iberischen, lusitanischen und mauritanischen Küsten, aber die nahe gelegenen canarischen Inseln musste Plinius nach den Aufzeichnungen des Königs Juba beschreiben: römischen Schiffern oder Handelsleuten war es nicht eingefallen, sich so weit zu wagen. Die Insel Hibernia, an der vielleicht schon Pytheas drei Jahrhunderte vor Chr. gelandet war, blieb den Römern wie im Halbnebel zur Seite liegen; sie verbarg sich hinter dem schwierigen biscayischen Meerbusen und dem stürmischen, klippenreichen irisch-englischen Kanal. Die römischen Schiffe waren und blieben Küstenfahrer, die mit herannahendem Winter die Häfen aufsuchten und die umbrausten Vorgebirge fürchteten. Winde, Wellen und Jahreszeiten wurden mythisch angeschaut: der Schnabel des Schiffes war zierlich und künstlerisch geschnitzt, das Schiff selbst aber unvollkommen konstruirt. Vom rothen Meer ging ein alter lebhafter Handelsverkehr nach Indien, und Strabo erfuhr, dass aus dem dortigen Hafen Myos Hormos jährlich 120 Schiffe nach diesem Lande ausliefen: aber weder das indische Zahlensystem, noch die Magnetnadel gelangte von dort in den römischen Westen, der, in den eigenen engen Kreis gebannt, gegen das Neue unempfindlich war und vom Orient nicht, wie später in der Epoche der Araber, Bereicherung und Anregung erfuhr. Nach Nordosten, am Pontus Euxinus, stand es wie am rothen Meer. Die Römer besassen eine Anzahl befestigter Plätze an den Ufern des Pontus, aber der Handel, der über jene Gegenden ging, lag in den Händen der Asiaten und die Geographie des kaspischen Meeres erfuhr keinerlei Fortschritt. Wie ganz anders thätig bewiesen sich dort im Mittelalter die Genuesen, Bürger einer kleinen Stadt, denen nicht, wie dem civis romanus, die Furcht und das Ansehen des römischen Namens schützend zur Seite stand. Als sie sich in der Krim festgesetzt hatten, da befuhren sie auch mit eigenen Schiffen das kaspische Meer und ihre Kaufleute waren zahlreich in Tauris in Persien angesessen fand sie ein anderer Italiener, der Venetianer Marco Polo, als er dort vorbeikam, um den ganzen ungeheuren Welttheil zu durchziehen und diesen dann, als der Herodot des Mittelalters, zu beschreiben. Zu dem Einen wie zu dem Andern fehlte dem Römer der offene Sinn für die fremde Welt: wo er nicht mehr erobern konnte und die von ihm geschaffenen politischen, sozialen, rechtlichen und militärischen Formen in regelmässigen Linien wie ein festes Mauerwerk hinstellen konnte, da lockte ihn kein Begehr, da war die Luft nicht mehr, in der er athmete und lebte. - Der römischen Seefahrt glich der römische Ackerbau; auch in ihm regte sich kein Trieb der Entwickelung. Die Werkzeuge waren und blieben die durch Ueberlieferung gegebenen unvollkommenen, die Methoden die hergebrachten, höchstens um neue eben so unwissenschaftliche vermehrt, die ein Gemisch von bloss praktischen, wirklichen oder vermeintlichen Erfahrungen und abergläubischer Phantastik darstellten. Düngung und Fruchtwechsel waren bekannt, aber nicht nach Gebühr gewürdigt und nicht in ihren Consequenzen entwickelt. Der Boden versagte zuletzt, Aecker verwandelten sich in Weidegrund, Hungersnoth war häufig und Getreidezufuhr eine Hauptsorge der Regierung; Italien trug durchschnittlich nur das vierte Korn (Dureau de la Malle, Économie politique des Romains II, S. 121 ff.). Der eigentliche Grund des steigenden Misserfolgs lag in der Höhe der Arbeitskosten, diese aber berunten in dem volkswirthschaftlich-technischen Ungeschick und der Gleichgültigkeit gegen reelle Naturkenntniss.


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der Meere geahnt hatte denn mehr als die Ahnung war den Römern nicht beschieden.

Mathematik, Physik, Mechanik, Astronomie, Anatomie, Botanik regten sich mit jugendlichem Eifer; die Kirche bewachte sie misstrauisch, konnte sie aber nicht mehr ersticken ; nit Hülfe von Messer und Wage, Schmelztiegel und Retorte, Hebel und Pumpe, Thermometer und Barometer, Teleskop und Mikroskop, Pendel, Logarithmen und Infinitesimalrechnung be. reitete sich die immer vollere und umfassendere Befreiung der Menschheit vor. Was die moderne Welt von der alten unterscheidet, ist Naturwissenschaft, Technik und Nationalökonomie.

Wenden wir uns nach diesen allgemeinen Betrachtungen wieder zu unserem näheren Thema, so lehrt die Namengebung in der deutschen Sprache, dass von der Epoche der Völkerwanderung an bis tief in die mitleren Zeiten hinein Alles, was der deutsche Garten trug und ein grosser Theil der Feldverrichtungen aus Italien und Gallien oder Südfrankreich eingeführt war. So weit das Klima es erlaubte, wurde durch eine fortgesetzte Kulturwanderung angeeignet, was Italien entweder ursprüglich besessen, oder selbst in früheren Jahrhunderten aus Griechenland und Asien bezogen hatte. Nicht bloss die Baumfrüchte, Birnen, Pflaumen, Kirschen, Maulbeeren, die Trauben und alle Manipulationen der Kelterung und Weingewinnung, dazu auch der Keller (cella), die Tonne und die Kufe, die Flasche, die Kanne, der Becher, der Kelch, der Krug (ein keltisches Wort, Zeuss") 151. 778), die Kumme (cucuma), der Kumpen, Kumpf (cym. bium), der Kessel (catinus), der Tiegel (tegula), sondern auch Blumen, Gemüse, Küchen- und Apothekergewächse, wie Kohl (caulis), Kabes, Kappes (caputium), Erbse (ervum), Wicke (vicia), Linse (lens), Petersilie, Zwiebel, Kümmel, Beete (slavisch sveklů entstellt aus devilov), Rettich (den die Römer selbst erst unter den ersten Kaisern aus Syrien als radix Syria bezogen hatten), Meerrettich entstellt aus armoracia), Münze (mentha), Koriander, Kerbel, Liebstöckel (libisticum statt ligusticum), Lavendel, Melisse, Polei (pulegium), Fenchel, Anis, Karde, Lattich (lactuca), Spargel und vieles Andere, sind lateinisch benannt; die Sichel ist das lateinische secula, Flegel -- flagellum, Mergel marga, margila, Speicher spicarium; lateinisch sind Butter und Käse, Pferd und Zelter, die Masse: Meile, Centner, Pfund, Mutt (modius), Scheffel (scaphum, scapilus), Seidel (situla) u. s. w. Wie die italienische oder gallische Villa mit allem Zubehör, den Gewächsen, Thieren und nöthigen Werkzeugen und Arbeiten auf deutschen Boden versetzt wurde, davon giebt Karls des


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βυλωνία και Σουσίδι και η κάτω δε Συρία φύει. Μέγιλλος δε την όρυζαν σπείρεσθαι μεν προ των όμβρων φησίν, άρδείας δε και φυτείας δείσθαι, από την κλειστών ποτιζομένην υδάτων. Ηier also wird nicht bloss die Kulturart in geschlossenen, überschwemmten Beeten überraschend richtig beschrieben, sondern schon Bactriana (also die Gegend am oberen Oxus), Babylonien und Susis (also schon die untern Euphrat- und Tigrisländer, semitisches Gebiet) als reisbauend dargestellt. Bestätigt wird die letztere Angabe durch Diodor, der bei Erzählung der Kämpfe zwischen Eumenes und Seleukus den ersteren wegen Getreidemangels seine Truppen in Susiana mit Reis, Sesam und Datteln nähren lässt, mit welchen Produkten die genannte Gegend ungemein gesegnet sei, 19, 13: Ευμένης δε διαβάς τον Τίγριν και παραγενόμενος εις την Σουσιανήν, εις τρία μέρη διείλε την δύναμιν, διά την του σίτου σπάνιν. επιπορευόμενος δε την χώραν κατά μέρος σίτου μεν παντελώς εσπάνιζεν, όρυζαν δε και σησαμον και φοίνικα διέδωκε τους στρατιώταις, δαψιλως εχούσης της χώρας τους τοιούτους καρπούς. Noch unter der Perserherrschaft und wohl in Folge derselben war also die Reiskultur vom Indus bis zum Oxus und Euphrat vorgedrungen, und von dort stammte denn auch der Name opvča. Die W'orte: και η κάτω δε Συρία φύει scheinen ein Zusatz des Strabo selbst zu sein, zu dessen Zeit also auch Niedersyrien schon in den Kreis dieser Kultur einzutreten begann. Wer der gleichfalls angeführte Megillus war, und zu welcher Zeit erlebte, wissen wir zwar nicht, auch ist der Text des Strabo hier verdorben, aber so viel deutlich, dass auch Megillus von der Art, den Reis zu bauen, eine richtige Vorstellung hatte. Ein dritter Berichterstatter, der Zeit nach dem Theophrast und Aristobulus nahe stehend, Megasthenes (er war Agent des Königs Seleukus in den östlichen Landen, gegen das Jahr 300 vor Chr.), hat auch gesehen, wie der Reis an indischen Höfen gegessen wurde, und an solchen Mahlzeiten ohne Zweifel selbst Theil genommen: jeder der Gäste bekommt einen Tisch, in Form eines Behälters oder Untersatzes; dieser trägt eine goldene Schüssel; in die Schüssel wird gekochter Reis, in Art unseres Graupenbreis, gethan und dann mit vielen Zusätzen indischer Fabrikation gemengt, Athen. 4. p. 153: Μεγασθένης δ' εν τη δευτέρα των Ινδικων Τούς Ινδούς φησιν εν το δείπνο παρατίθεσθαι εκάστη τράπεζαν ταύτην δ' είναι όμοίαν ταϊς εγγυθήκαις και επιτίθεσθαι επ' αυτη τρυβλίον χρυσούν, εις ο εμβαλείν αυτους πρώτον μεν την όρυζαν έφθήν, ως άν τις εψήσειε χόνδρον έπειτα όψα πολλά κεχειρουργημένα ταϊς Ινδικαίς σκευασίαις. Also schon ganz der überall im jetzigen Orient gebräuchliche, je nach den Gegenden verschieden bereitete Pilav. Seit der Gründung des ägyptisch-griechischen Reiches musste ein lelhafter Handel, wie mit anderen indischen Erzeugnissen, so auch mit Reis über das persische und rothe Meer zu den dortigen Häfen gehen. Für die römische Zeit sehen wir dies aus dem Periplus maris rubri des sog. Arrian, der diesen Artikel mehr als einmal unter den Produkten der von den Schiffern besuchten Küsten aufführt, z. B. 14: εξαρτίζεται δε συνήθως και από των έσω τόπων, της 'Αριακής και Βαρυγάζων, εις τα αυτά τα τού πέραν εμπόρια γένη προχωρούντα årò tõv nórov, oitos xai õpvča u. s. w. (Vergl. auch 31, 37 und 41.) Der Reis diente seitdem den griechisch-römischen Aerzten zu einem schleimigen Getränk und wird als dazu bestimmt hin und wieder angeführt; dass er zur Zeit des Horaz noch theuer war in der That musste die Ferne, aus der er kam, und die Leichtigkeit des Verderbens, der er ausgesetzt war, den Preis erhöhen