Was steht heute auf dem Palast der Republik?

Eine riesige Fensterfront! Diese lässt sich doch leicht in eine symbolische Rekonstruktion des Palasts der Republik umwandeln, dachte sich das Team der Berliner Festspiele. Und so war die Idee geboren. Von 1976 bis 1990 war der Palast der Republik der Sitz des DDR-Parlaments, der Volkskammer, und öffentliches Kulturhaus zugleich. Zwischen 2006 und 2008 wurde das Gebäude zugunsten des Aufbaus des Humboldt-Forums abgerissen. 

Die Kuratoren der Berliner Festspiele entwickelten ein umfassendes, dreitägiges Programm (8. bis 10. März) mit dem Titel "Palast der Republik", das die Besucher zu Gesprächen, Filmvorführungen, Tanzeinlagen und Musik einlädt.

Es gehe nicht darum, den ehemaligen Regierungssitz der DDR zu verherrlichen, erklärten die Organisatoren. So wurde beispielsweise das Symbol an der Vorderseite des Gebäudes abgewandelt: Anstatt den sozialistischen Ährenkranz mit Hammer und Sichel nachzubilden, wurde ein sechseckiges Logo kreiert, das auf die Form des Großen Saals des Palasts verweist.

Elske Rosenfeld und Thomas Oberender: "Es ist kein Nostalgieprojekt"

"Das ist kein Nostalgieprojekt", sagte Thomas Oberender, Direktor des Hauses der Berliner Festspiele, auf der Pressekonferenz im Vorfeld der Veranstaltung. Stattdessen solle die Ambivalenz des Palasts gezeigt werden. Oberender beschreibt das Projekt als einen "Versuch, Erinnerung anders zu praktizieren, über Ost und West zu sprechen und sich eine Reformagenda für die Zukunft vorzustellen".

Ein Gebäude mit bewegender Geschichte

Am 9. November 2019 jährt sich der Fall der Berliner Mauer zum 30. Mal. Anlässlich der Feierlichkeiten soll das Berliner Stadtschloss mit dem dazugehörigen Humboldt-Forum für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Das ursprüngliche Berliner Stadtschloss aus dem 15. Jahrhundert wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt. Es hätte gerettet werden können, doch die damalige sozialistische Regierung betrachtete es als Symbol des preußischen Imperialismus und beschloss 1950, das Gebäude zu zerstören.

Der Palast der Republik, der neben seinen parlamentarischen Funktionen verschiedene kulturelle Veranstaltungen, Kunstgalerien, Restaurants und eine Kegelbahn beherbergte, wurde in den 1970er Jahren anstelle des Stadtschlosses errichtet. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurde der Palast der Republik für die Öffentlichkeit gesperrt, da das Gebäude mit Asbest verseucht war.

Im Jahr 2003 beschloss der deutsche Bundestag, das Gebäude abzureißen und das ehemalige Berliner Stadtschloss wieder aufzubauen - eine umstrittene Entscheidung. Ganz gleich wie man über den Neubau denkt, die abwechselnden Abrisse und Errichtungen neuer Gebäude sind ein Spiegelbild der bewegten Stadtgeschichte. 

Der Zentrale Runde Tisch in Ost-Berlin (1989/1990) erarbeitete u.a. einen Entwurf für eine neue Verfassung

Eine Revision der vernachlässigten Geschichte Ostdeutschlands

Das Kunstprojekt "Palast der Republik" ist mehr als nur eine symbolische Neuauflage des abgerissenen DDR-Gebäudes. Vielmehr greift das Projekt Ideen auf, die nach der Wiedervereinigung aus dem gesellschaftlichen Diskurs verschwunden sind.

Heute macht der Aufstieg der extremen Rechten in den neuen Bundesländern oft Schlagzeilen. Die Kuratoren der Veranstaltung sind der Meinung, dass es an der Zeit sei, andere Aspekte des Vermächtnisses der DDR aufzugreifen, sagte Oberender. "Welche emanzipatorischen Bewegungen und Einstellungen aus der Zeit vor der Wiedervereinigung Deutschlands sind verschwunden, werden aber noch heute benötigt", ist die Leitfrage des Programms.

Eine vergessene Verfassung

Das Programm des Eröffnungstages erinnere an die Arbeit des Zentralen Runden Tisches der DDR, erklärte die Mitkuratorin der Veranstaltung Elske Rosenfeld, die die friedliche Revolution als 15-jährige ostdeutsche Jugendliche erlebte, und diese seitdem zu einem Schwerpunkt ihrer künstlerischen Forschung gemacht hat.

Der Runde Tisch diente damals als zentrale politische Institution, die im Dezember 1989 die Aufgaben der DDR-Regierung übernehmen sollte. Sie wurde auch mit der Vorbereitung eines Entwurfs für eine neue Verfassung für den ostdeutschen Staat beauftragt. Die im Dokument formulierten Ideen zogen Lehren aus dem Scheitern des ostdeutschen Staates, zielten aber dennoch auf die Einbeziehung des sozialistischen Grundprinzips einer gerechteren Gesellschaft.

Die Präambel stammt von der ostdeutschen Autorin Christa Wolf. Unter den Experten, die an dem Dokument gearbeitet haben, war der westdeutsche Jurist Bernhard Schlink, bekannt für seinen Roman "Der Vorleser". Schlink wird auch im Rahmen des Kunstprojekts "Palast der Republik" als Gastredner auftreten.

Die originalen Stühle des Runden Tisches stellen heute eine Kunstinstallation im Haus der Berliner Festspiele dar

Der Verfassungsentwurf wurde jedoch schnell abgelehnt. Anstatt eine neue Verfassung für ein neues Land zu schaffen - was längere Verhandlungen erforderlich gemacht hätte - wurden die fünf neuen deutschen Länder dem Bund eingegliedert. "Ich war enttäuscht über das Versprechen des Westens auf schnellen Wohlstand", sagte Elske Rosenfeld. Eine erneute Betrachtung dieses vergessenen Verfassungsvorschlags könne eine andere Perspektive in den aktuellen Debatten bieten. "Es ist zu einfach, die revolutionären Bewegungen der Zeit als 'naiv' oder 'utopisch' abzutun", fügte sie hinzu, aber ein solches Dokument "spricht für sich selbst, es bedarf keines zusätzlichen Kommentars."

Transnationale Strategie zur Bekämpfung der extremen Rechten

Am letzten Tag des Projekts gehe es darum, einen Blick in die Zukunft zu werfen, so die Organisatoren. Unter dem Motto "Neue Allianzen" soll die Frage behandelt werden, wie ein ähnlicher Moment des Aufbruchs wie 1989/90 wiederhergestellt werden könnte. Der Tag wird mit einem Vortrag des ehemaligen griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis eröffnet, der die paneuropäische Bewegung DiEM25 mitbegründet hat. Es ist die erste transnationale Partei, die bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai antritt.

Außerdem wird "das Parlament der Zukunft" tagen, in dem Philosophen, Aktivisten und Historiker Ideen für eine neue transnationale Verfassung austauschen werden. Letztendlich wollen die Veranstalter Lösungen finden, die dem rechtsextremen Populismus entgegenwirken könnten, und gleichzeitig die gängige Annahme in Frage stellen, es gebe "keine Alternative" zum Neoliberalismus.

Palast der Republik: Abriss eines DDR-Monuments

Wahrzeichen der DDR

Der Palast der Republik, das Prestigeprojekt der DDR, wurde am 23. April 1976 nach 32-monatiger Bauzeit eröffnet. In dem Gebäude mit den goldbraunen Spiegelscheiben tagte nicht nur die Volkskammer der DDR, hier fanden auch Rockkonzerte, Theateraufführungen und Modeschauen statt. Mit seinen Foyers, Restaurants und dem großen Saal für Veranstaltungen galt das Gebäude als Kulturpalast.

Palast der Republik: Abriss eines DDR-Monuments

Palazzo Prozzo

Wegen seiner üppigen Beleuchtung und seiner protzigen Ausstattung war der Palast der Republik auch bekannt als "Palazzo Prozzo" oder "Erichs Lampenladen" - eine Anspielung auf Erich Honecker, den damaligen Generalsekretär des Zentralkomitees der SED. 1990 wurde das Gebäude nach nur 14-jähriger Nutzung von der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR geschlossen. Der Grund: giftiger Spritzasbest.

Palast der Republik: Abriss eines DDR-Monuments

Der Schlossplatz

Am 19. Januar 2006 beschloss der Deutsche Bundestag nach 2002 und 2003 zum dritten und letzten Mal den Abriss des Palastes. Er sprach sich für die Errichtung eines neuen Kulturforums im Herzen Berlins aus.

Palast der Republik: Abriss eines DDR-Monuments

Rückbau

Die aufwändige Asbestbeseitigung verzögerte den Abriss des Gebäudes immer wieder. Ursprünglich sollte es schon Anfang 2007 verschwinden, dieser Zeitplan konnte nicht eingehalten werden. Am Ende hatte der Abriss Mehrkosten in zweistelliger Millionenhöhe angehäuft.

Palast der Republik: Abriss eines DDR-Monuments

Zahn der Zeit

Nach der Schließung des Palastes im Jahr 1990 wurde das Gebäude zunächst so entkernt, dass nur eine Hülle übrig blieb. Im Frühjahr 2006 begann dann der eigentliche Abriss des Gebäudes. Insgesamt mussten 500 Tonnen Glas, 20.000 Tonnen Stahl und 56.000 Tonnen Beton abgetragen werden.

Palast der Republik: Abriss eines DDR-Monuments

Abriss auf Raten

Die Beseitigung des Baus dauerte länger als seine 32-monatige Errichtung. Der letzte Gebäudeteil wurde Ende 2008 abgerissen. Danach musste noch die Betonwanne des Palasts mit 100.000 Kubikmetern Sand aufgefüllt werden. Ansonsten hätte der Berliner Dom auf der gegenüberliegenden Seite in Schräglage geraten können.

Palast der Republik: Abriss eines DDR-Monuments

Kontroverse Debatte

Um den Abriss des Palasts der Republik und den Wiederaufbau des historischen Berliner Stadtschlosses, welches an gleicher Stelle 1443 gegründet wurde und bis 1950 dort stand, wurde jahrelang gestritten. Welches Zeichen würde damit gesetzt? Radiert Deutschland damit ein Stück seiner Geschichte aus?

Palast der Republik: Abriss eines DDR-Monuments

Humboldt-Box

Gleich nach dem Abriss des Palasts der Republik wurde die Fläche begrünt. 2011 entstand die Humboldt-Box, die bis Dezember 2018 existierte. Hier konnten sich einheimische Berliner sowie Besucher über die Pläne für das Stadtschloss und das Humboldt-Forum informieren. Modelle und interaktive Ausstellungen veranschaulichten die Bauvorhaben auf dem Areal.

Palast der Republik: Abriss eines DDR-Monuments

Neues Schloss

Inzwischen ist der Bau, der insgesamt rund 590 Millionen Euro kosten soll, weitestgehend abgeschlossen. Ende 2019 soll das Schloss eröffnet werden. Dann zeigen die Berliner Museen ihre Schätze außereuropäischer Kulturen, die Humboldt-Universität lädt zu internationalen Konferenzen ein und der Schlosshof wird als Kulisse für Musik- und Theateraufführungen dienen.