Wann ist man nach der booster impfung geschützt

ein negativ Corona-Testkit Corona Impfung und genesen, diese Menschen können von einer Super Immunität profitieren. Bildrechte: IMAGO / Steinach

Stand: 05. April 2022, 17:01 Uhr

Die sogenannte hybride Immunität, auch Super-Immunität genannt, ist aktuell der beste Schutz, den die Wissenschaft gegen das Coronavirus kennt. Damit sind Menschen gemeint, die sowohl geimpft sind als auch eine Infektion durchgemacht haben. Ist damit möglicherweise das Ende der Pandemie in Sicht? BRISANT klärt auf.

Wenn es um die Immunität gegen das Coronavirus geht, taucht immer häufiger der Begriff "Super-Immunität" bzw. "Hybrid-Immunität" auf. Diese Form der Immunität soll eine stärkere und länger anhaltende Immunantwort des menschlichen Körpers auf eine Infektion mit dem Coronavirus mit sich bringen.

Von der hybriden Immunität spricht man bei Menschen, die sowohl geimpft als auch genesen sind. Sie entwickeln offenbar einen besonders guten Schutz, da Antikörper nicht nur durch die Impfung produziert werden, sondern auch durch die Infektion eine Aktivierung des Immunsystems stattfindet. Der Antikörper-Spiegel soll dann sehr hoch sein und die stärkste Immunantwort auf eine erneute Infektion mit SARS-Cov-2 bieten - zumindest für eine ganze Weile.

Bei der Immunantwort des Körpers geht es bislang vor allem um die Fragen, wie viele Antikörper sich gegen das Coronavirus bilden und wie lange sie im Körper bleiben.

Inzwischen ist klar, dass der Antikörper-Spiegel sowohl bei Geimpften als auch bei Genesenen innerhalb weniger Monate stark abnimmt. Studien aus Israel haben gezeigt, dass die Immunität deutlich länger anhält, wenn eine Person sowohl geimpft als auch genesen ist. Der Grund sind hier aber nicht direkt die Antikörper-Spiegel, sondern ein anderer wichtiger Baustein der Immunität: die Gedächtniszellen.

Illustration Antikörper Antikörper belagern ein Coronavirus. (Illustration) Bildrechte: imago images/Science Photo Library

Diese sorgen dafür, dass bei erneutem Kontakt mit einem Coronavirus sofort neue Antikörper gebildet werden. Sie erinnern sich quasi an die Viren. Das schützt zwar nicht vor einer Infektion, verhindert aber zumeist einen schweren Verlauf von Covid-19.

Die Gedächtniszellen könnten nach Auffassung von Experten nach einer Infektion möglicherweise sogar lebenslang aktiv sein. So wiesen Patienten, die sich 2002/03 mit Sars-Cov-1 infiziert hatten, laut "The Lancet Infectious Diseases" auch 17 Jahre später noch sogenannte T-Zellen gegen diesen Virentyp auf.

Jedes Mal, wenn die Gedächtniszellen erneut mit dem Coronavirus in Kontakt kommen, lernen sie offenbar dazu und sorgen für besseren Schutz. Deshalb wird auch für Genesene eine Impfung und für Doppelt-Geimpfte die Booster-Impfung dringend empfohlen.

Dennoch gilt: Immunität ist sehr individuell und von Mensch zu Mensch verschieden, so Derrick Williams, Wissenschaftskorrespondent der Deutschen Welle. Auch eine hybride Immunität bietet laut Williams voraussichtlich keinen ewigen Schutz. Das Problem könnten neue Virus-Varianten sein, die den bestehenden Schutz zum Bröckeln bringen. Dennoch sei eine hybride Immunität "der beste Schutz, den die Wissenschaft aktuell kennt", sagt auch Immunologe Carsten Watzl.

Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie (DGfI), steht in einem Labor. Immunologe Watzl: Hybride Immunität "der beste Schutz, den die Wissenschaft aktuell kennt". (Archiv) Bildrechte: dpa

Auch wenn die Schutzwirkung hoch zu sein scheint, warnen Experten davor, sich nach einer Impfung absichtlich zu infizieren. Der entscheidende Grund dafür ist, dass es keine Garantie für milde Verläufe gibt. Außerdem könnte das Virus an Dritte weitergegeben werden, und es ist viel zu wenig über Long Covid, also die Langzeitfolgen einer Infektion, bekannt.

Infektionen durch Impfdurchbrüche sind aber vor allem seit der Omikron-Variante keine Seltenheit mehr. Hier kann der Effekt der Hybrid-Immunisierung pandemologisch interessant sein: Gibt es viele Geimpfte, die sich damit infizieren, besteht die Hoffnung, dass sie im Anschluss von der Hybrid-Immunität profitieren, was einen Weg aus der Pandemie bedeuten könnte.

In der vorerst letzten Folge des NDR-Podcasts "Corona Update" bringt Charité-Virologe Christian Drosten einen weiteren positiven Effekt einer Corona-Infektion trotz vollständiger Impfung zur Sprache: die sogenannte Schleimhautimmunität.

Die Pandemie ist nicht vorbei, wenn durch die Impfung die Krankheitsschwere abgeschnitten ist, sondern erst, wenn durch bestimmte Modifikationen in der Bevölkerung auch die hohe Übertragbarkeit beendet ist.

Christian Drosten | Corona Update

Mit "Modifikationen in der Bevölkerung" meint Drosten den Erwerb einer Schleimhautimmunität, wie sie jeder Mensch ohne größeres Zutun im Laufe seines Lebens bekommt, zum Beispiel gegen Grippeviren. Das bedeutet konkret: Durch wiederholt durchgemachte Infektionen bildet sich bereits auf der Nasen- und Rachenschleimhaut eine Barriere gegen den Erreger. Diese Barriere schützt nicht nur den Betroffenen, sondern sorgt außerdem dafür, dass das Virus nicht mehr so leicht weitergegeben werden kann. Für Christian Drosten ist das der Schlüssel zur Beendigung der Pandemie.

Doch auch der hat einen Haken: Für junge, vollständig geimpfte Menschen ist die mehrfache Infektion mit dem Coronavirus in der Regel kein Problem. Risikogruppen sollten unterdessen vor jeglicher Ansteckung geschützt werden - durch Masken oder antivirale Medikamente.

(BRISANT/ten/dpa/afp/br/dw/Corona Update)

Dieses Thema im Programm:Das Erste | BRISANT | 15. März 2022 | 17:15 Uhr

Trotz einer vollständigen Corona-Impfung erkranken immer mehr Menschen an Covid-19. Impfdurchbrüche kommen in den vergangenen Monaten immer häufiger vor. Die Booster-Impfung soll Abhilfe schaffen.

Die Zahl der Impfdurchbrüche in Deutschland steigt. Damit sind die Fälle gemeint, die trotz einer vollständigen Impfung eine symptomatische Corona-Infektion aufweisen.

Der Impfstoffforscher Leif Sander von der Charité in Berlin erklärt: Am besten geschützt sei man ein bis zwei Wochen nach der Zweitimpfung, danach nehme der Schutz vor einer Ansteckung langsam ab. Allerdings blieben Geimpfte vor einem schweren Krankheitsverlauf deutlich besser geschützt als ungeimpfte Menschen.

Ganz unerwartet kommt der nachlassende Effekt der Corona-Impfung nicht. Virologe Christian Drosten sprach schon im April 2021 darüber, dass vollständig geimpfte Personen nach einigen Monaten wieder zur Weitergabe des Coronavirus beitragen könnten. Viel wichtiger als der Schutz vor einer Infektion sei aber der Schutz vor einem schweren Verlauf – der bleibe weiter erhalten, betont der Bonner Virologe Hendrik Streeck. Das Risiko, das von geimpften und ungeimpften Infizierten ausgeht, unterscheidet sich allerdings deutlich: „Wenn sich Geimpfte infizieren, haben sie laut einer Studie zwar kurzzeitig eine so hohe Viruslast wie Ungeimpfte“, erläuterte Streeck. „Diese fällt aber sehr viel schneller ab. Damit verkürzt die Impfung die Zeitspanne, in der das Virus weitergegeben werden kann.“

In Deutschland werden Booster-Impfungen breiter angeboten, um die Risikogruppe trotz vollständiger Impfung vor dem Risiko eines schweren Corona-Verlauf zu schützen. Doch wie kommt es zu einem Impfdurchbruch? Wie kann eine Booster-Impfung schützen? Und welche Nebenwirkungen sind bei der Booster-Impfung zu erwarten? Ein Überblick.

Booster-Impfung: Nebenwirkungen, Impfdurchbrüche und Co. im aktuellen Überblick

Wie hoch ist die Zahl Impfdurchbrüche aktuell in Deutschland?

Definition: Was sind Impfdurchbrüche?

Welche Impfstoffe werden für die Booster-Impfung genutzt?

Auffrischungsimpfungen werden mit mRNA-Impfstoffen von Biontech und Moderna durchgeführt.

Risiko und Symptome: Was man zur Booster-Impfung wissen sollte

Personen, die sich trotz Corona-Impfung infizieren, dürfte Fachleuten zufolge in der Regel mild erkranken oder nichts von ihrer Infektion bemerken. Demnach müssen Personen nach einem Impfdurchbruch nicht zwingend Symptome des Coronavirus zeigen. Dies stellt in der aktuellen Situation um die vierte Welle allerdings ein Problem dar, da Personen nicht zwingend merken, dass sie trotz vollständiger Corona-Impfung infektiös sind und so unbemerkt umgeimpfte Personen anstecken könnten. Grundsätzlich gilt aber, dass Impfdurchbrüche nichts Ungewöhnliches sind und auch bei Impfungen gegen andere Krankheiten auftreten.

Der Anteil der Impfdurchbrüche an allen Covid-19-Fällen in Deutschland zeige, „dass nur ein geringer Anteil der hospitalisierten, auf Intensivstation betreuten Covid-19-Fälle als Impfdurchbruch zu bewerten ist“. Das RKI nennt die Zunahme von Durchbruchinfektionen im Laufe der Zeit „erwartbar“: Immer mehr Menschen seien geimpft, das Virus breite sich gerade jetzt im Herbst wieder vermehrt aus, was wiederum die Wahrscheinlichkeit erhöhe, dass vollständig geimpfte Person mit dem Virus in Kontakt zu kommen.

Welche Nebenwirkungen können bei der Auffrischungsimpfung mit Biontech auftreten?

Die US-Gesundheitsbehörde FDA genehmigte bereits im September 2021 eine Booster-Impfung mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer für bestimmte Personengruppen in den USA. Dabei bezog die Behörde eine klinische Studie mit mehr als 300 Probandinnen und Probanden in ihre Entscheidung ein. Untersucht wurden mitunter die Nebenwirkungen einer dritten Dosis mit dem mRNA-Impfstoff. 

Das Ergebnis: Die Häufigkeit und der Schweregrad der Impfreaktionen ähnelten den bereits bekannten Nebenwirkungen infolge der Grundimmunisierung. So gehörten zu den am häufigsten gezählten Nebenwirkungen nach der Booster-Impfung mit dem Impfstoff von Biontech: 

  • Schmerzen an der Injektionsstelle – 83 Prozent
  • Müdigkeit – 63,7 Prozent
  • Kopfschmerzen – 48,4 Prozent

Quelle: FDA Briefing Document, 17. September 2021

Welche Nebenwirkungen sind infolge der Booster-Impfung mit Moderna zu erwarten?

Laut der EMA, der Europäischen Arzneimittel-Agentur, ähneln die Nebenwirkungen nach der Auffrischungsimpfung mit Spievax, dem Impfstoff von Moderna, den Impfreaktionen nach der zweiten Dosis. Im Vergleich zur ersten Impfung wird bei der Booster-Impfung lediglich die halbe Dose verabreicht. 

In einer klinischen Studie mit 171 Teilnehmern, deren Erst- und Zweitimpfung bereits mit dem Moderna-Impfstoff erfolgte, wurden unter den 18- bis 65-Jährigen folgende Nebenwirkungen festgestellt:

  • Schmerzen an der Injektionsstelle – 86 Prozent
  • Müdigkeit – 62 Prozent 
  • Kopfschmerzen – 58,9 Prozent 
  • Muskelschmerzen – 49,6 Prozent
  • Gelenkschmerzen – 41,9 Prozent
  • Schüttelfrost – 40,3 Prozent 

Quelle: FDA Briefing Document, 14. Oktober 2021

Für wen ist eine Booster-Impfung besonders wichtig?

Gerade für die Risikogruppe, also Personen mit Vorerkrankungen oder Menschen höheren Alters, ist das Risiko eines Impfdurchbruchs erhöht. Das ist durch den Umstand zu begründen, dass die Immunantwort des Immunsystems bei Älteren und Personen mit Vorerkrankungen nach der Impfungen geringer ausfällt - diese Personen können dann auch schwerer erkranken. Die Ständige Impfkommission (Stiko) hatte Anfang Oktober ihre Empfehlung zu Auffrischungsimpfungen ausgeweitet.

Sie richtet sich an Menschen ab 70 Jahren, Menschen mit geschwächtem Immunsystem, Bewohner von Pflegeheimen, Pflegepersonal und medizinisches Personal mit direktem Kontakt zu Patienten. Auch Menschen, die den Impfstoff von Johnson & Johnson bekommen haben, können ihren Schutz mit einer Dosis mRNA-Impfstoff verbessern. Die Impfverordnung sieht die Möglichkeit zur Auffrischung aber grundsätzlich für alle vor, für die es zugelassene Impfstoffe gibt.

Booster-Impfung nach einer Corona-Infektion?

Impfstoffforscher Leif Sanders meint, dass im Falle einer Corona-Infektion keine Auffrischung nötig sei. „Bei Geimpften wirkt die Infektion wahrscheinlich wie ein Booster.“ Ausreichend Daten dazu lägen aber noch nicht vor.

Ist die Booster-Impfung kostenlos?

Ja, laut Bundesgesundheitsministerium können sich „alle Bürgerinnen und Bürger eine Auffrischungsimpfung geben lassen und haben Anspruch auf eine Übernahme der anfallenden Kosten“. Die Booster-Impfungen ist also mit keinen Kosten verbunden.

Wo gibt es die Auffrischungsimpfung?

Die meisten Auffrischungsimpfungen gibt es beim Hausarzt. Aber auch mobile Impfteams der Impfstellen oder Betriebsärzte kommen wieder in den Einsatz. Grundsätzlich kann es je nach Bundesland eine andere Regelung geben, da die einzelnen Länder für die Durchführung der Booster-Impfungen zuständig sind.

Booster-Impfung für alle Impfbereiten?

Für Charité-Wissenschaftler Leif Sander würde die Ausweitung allen Impfbereiten eine Booster-Impfung angesichts der Corona-Entwicklung Sinn ergeben: „Allen impfbereiten Menschen eine dritte Impfung ein halbes Jahr nach der Zweitimpfung anzubieten, hätte auch einen dämpfenden Effekt auf die Virusverbreitung in der Bevölkerung.“ Die Drittimpfung könne die Immunität wieder deutlich verbessern. „Wir bräuchten jetzt sechs bis acht Wochen lang eine große Kampagne wie zu Beginn des Jahres, mit Impfzentren und mobilen Impfteams.“

Sander berief sich auch auf Erfahrungen Israels, wo man sich aus der vergangenen Welle „herausgeboostert“ habe. Gegner einer Ausweitung von Auffrischungsimpfungen, zu denen derzeit auch Hendrik Streeck zählt, argumentieren etwa mit der weltweiten Knappheit an Impfstoffen. Andere Länder benötigten die Dosen dringender, um überhaupt erst eine vollständige Impfung ihrer Bevölkerungen zu realisieren. Hinzu komme: Das Gesundheitssystem würde eher entlastet, wenn Impflücken bei Menschen über 60 geschlossen werden – und weniger mit Drittimpfungen bei Mittzwanzigern.