Du hast ja Tränen in den Augen englisches original

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Du hast ja Tränen in den Augen englisches original


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„, Iroßdem wäre ich neugierig ..
Du fährst natürlich ?"
„Ich denke.„Ohne mich allerdings."

„Ich werde dich bei deinenı Vater entschuldigen. Unter Angabe des wahren Motivs der Abhaltung.“

„Diese Überraschung . .“ sagte sie. „Ich bin neugierig, wie mein Vater dir gefällt.“

„Wer weiß, ob seine gute Meinung noch vorhält, wenn er mich in Lebensgröße sieht; einen alten Mann mit schneeweißem Haar ..."

„Das dir ausgezeichnet paßt!“ „Und nun iebe wohl, Universalerbin ... „Bin ich doch noch nicht!“ lachte sie.

Wette angenehm? Sichere Angelegenheit. Ich



wußte es ja.“

Er nahm zärtlichen Abschied. „Soll ich etwas bestellen ?“

,,Sag', daß auch ich mich freuen würde. ... Und was dir sonst noch passend erscheint! Gib bloß acht auf dich während der Überfahrt. Und bleibe nicht zu lange aus! Ich kann ohne dich nicht sein!“

„Das glaubst du nur! Das hat Mrs. Anderson auch gedacht, solange ihr Mann noch am Leben war..."

Er küßte sie und ging, um sein Gepäd in Ordnung zu bringen.

Nachher nahm er nochmals, ausgiebiger Abschied.

Als er allein in der Eisenbahn saß, war die gute Stimmung, die ihn vorhin beherrscht hatte, verflogen.

Als er den Wagen bestieg, um von einem Bahnhof


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„Brav, mein Junge,“ sagte Maxime Kalff, „und jekt seße dich gefälligst dort auf den Stuhl, damit du nicht müde wirst.“

Auch diese Weisung befolgte der Eindringling, der, wie Kalff inzwischen festgestellt hatte, ein noch junger Mensch von höchstens dreißig Jahren war, sympathische, bartlose Gesichtszüge besaß und der in einem eng anliegenden Habit aus Trikotstoff stedte.

„Was fällt ihm ein ?" fragte Kalff, der, die Waffe stets im Anschlag, das Bett verlassen hatte und auf seinen Gast zugeschritten kam.

Er stieß mit dem Fuß gegen das Messer, das der Mann vorhin hatte fallen lassen.

„Wenn sich alles programmäßig erfüllt hätte, wäre ich jest wohl eine Leiche, nicht wahr?“

„Bewahre ..." wehrte der andre ab.

„Und das dort?" fragte Maxime Kalff und wies mit dein ausgestredten linken Zeigefinger auf das auf dem Boden liegende Messer.

„Das war nur für den äußersten Notfall," verteidigte sich der Dieb.

„In der Tat ?"

„Es wäre fein Wunder, wenn Sie, mein Herr, eine durchaus falsche Vorstellung vom Zwede meines Besuches haben sollten ..."

Das ist kaum zu befürchten. Darüber gibt es doch keinen Zweifel. Er wollte mich bestenfalls bestehlen.“

: „Keineswegs. Sie sehen mich ebenfalls überrascht

weil ich Sie nicht in diesem Zimmer anzutreffen geglaubt habe.“

„Wen sonst ?"


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Der Eingang war von zwei üppigen Lorbeerbäumen flankiert, die Einrichtung des Kaffeehauses mutete ebenfalls neu, zumindest frisch ladiert an. An den Wänden grüßten goldgerahmte Spiegel, die Fensternischen waren mit rotsamtenen Bänken ausgefüllt, und im Hintergrund des Lokals, zwischen den beiden

, Billards, führte eine Treppe zu den im ersten Stods wert gelegenen Restaurationslokalitäten empor. Die vorhandenen Tische waren besekt, und das bedienende Personal war, obwohl es einen ansehnlichen Zuwachs erhalten hatte, vollauf damit beschäftigt, die Wünsche der Gäste zu befriedigen, um die sich auch der Besiger des Etablissements, Herr Jean Jacques Ducamps, in höchsteigener Person bekümmerte, trotzdem er, seit er im Range aufgerüdt war, an Körpergewicht sichtlich zu= genommen hatte: offenbar eine Folge der guten Küche, die er führte.

Er war, als er des neuen Besuchers ansichtig geworden war, flugs auf diesen zugetreten und hatte sich nach seinem Begehren erkundigt.

Maxime Kalff gab seine Bestellung absichtlich zögernd auf; er sah dem geduldig Wartenden hierbei voll ins Gesicht, ohne daß dieser jedoch mit einer Miene derriet, daß er den Gast erkannt hätte.

Auch Maxime Kalff tat nichts dergleichen; er bezahlte seine Zeche und begab sich hierauf in ein in der Rue Lafayette gelegenes Institut für Haut-, Haarund Körperkultur. Er fand bei seinem Eintritt eines der zellenartigen Zimmerchen unbesekt vor; der junge Mann, der sich ihm zur Verfügung gestellt hatte, mußte seine höfliche Frage nach den besonderen Aufträgen des


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,,Demnach eine glänzende Partie.“ ,,Wenn sie nicht con perheiratet wäre."

Sie tann noch einen dritten Mann nehmen." „Ich denke, daß ihr glüdlich seid ?" ,,Vollständig."

„Und trozdem denkst du an Scheidung ?"


„Ich denke bloß daran, daß ich eines Tages nicht mehr sein könnte."

„Unsinn!" „Das ist ein Gedanke, der mich quält.“ „Todesangst?"

„Nein; bloß die Vorstellung, daß Rita nach meinem Tode einen andern Mann heiraten könnte. ...'

„Wie kann man derlei verrüdtes Zeug reden? Bisa her hast du dich so vernünftig gezeigt.“

Hast recht, Papa! Auf morgen denn!" „Wann sehen wir uns ?"

„Ich hole dich ab. Gegen zwei Uhr, wenn es dir paßt.“

„ Ausgezeichnet. Ich habe vormittags ohnehin noch zwei Besuche zu erledigen."

„Wie lange gedenkst du denn noch in Paris zu bleiben ?"

„Das hängt ganz von dir ab."

„Ich habe bloß den Wunsch, so bald als möglich zu Rita zurüdkehren zu dürfen."

„Einverstanden. Dann fahren wir übermorgen.“ „Wir ?" „Ich begleite dich - wenn du nichts dagegen hast.“ „Durchaus nicht! Wie wird sich Rita freuen!" „Glaubst du, daß sie das tut?" Frant, Harun al Raichid


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Ein vierter: „Geliebte Rita! Hier eine Puppe für unser Kleines. Und ein Wägelchen und eine Rechenmaschine, die Du natürlich noch aufheben mußt, weil es für dieses Geschenk noch zu früh ist. Das ist mir aber erst eingefallen, nachdem ich das Ding schon gekauft hatte. Das macht schließlich nichts, und Du wirst das Dir anpertraute Gut wohl verwahren, nicht wahr? Sei umarmt von Deinem treuen Maxime."

Die Oberfläche des Tisches war endlich mit beschriebenen Briefblättchen bededt. Er versorgte eines nach dem andern in dem dafür bestimmten Umschlag, auf den er unermüdlich immer wieder Namen und Adresse seiner Frau schrieb. Außerdem fügte er ein Datum bei, das er regelmäßig zweimal unterstrich.

Darüber wurde es Morgen.

Als es vor den Fenstern hell wurde, schlief er für kurze Zeit ein.

Bald darauf erhob er sich wieder, frühstüdte in Eile, ließ sich einen Wagen besorgen und diesen vorerst vor der Spielwarenhandlung halten, in deren Schaufenstern er gestern abend den Elefanten ausfindig gemacht hatte. Er erstand ihn neben allerlei andern Geräten, die er sorgsam beiseite schaffen ließ. Auf die Frage des Verkäufers, wo die Gegenstände abzuliefern wären, entgegnete er, daß es damit seine eigene Bewandtnis hätte, und bat, vor den Geschäftseigentümer geführt zu werden. Diesem überreichte er mehrere Briefe; einige von denen, die er während der vergangenen Nacht angefertigt hate.

„Sehen Sie, mein Herr," begann er. „Ich habe diese Dinge gekauft, die bisher Ihrem Lager angehört haben. Ich will jedoch nicht, daß sie sogleich zugestellt werden. Ich wünsche vielmehr, daß ein Teil der Gegenstände am 1. November, daß der Elefant zum Weihnachtsabend, der Rest am 15. Jänner nächsten Jahres eintrifft.“


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Segenswünschen und stellte an seinen Schwiegersohn im Verlauf einer leßten Unterredung das Ersuchen, sich seiner Interessen wie seiner eigenen anzunehmen.

„Da wir doch jekt der gleichen Firma angehören,“

Und als Maxime Kalff ihn erstaunt ansah, fügte er hinzu: „Ich habe die Gelegenheit der von der Manganerzgewinnungsgesellschaft geplanten Kapitalserhöhung benüßt und mich in den Besik von hundert Anteilscheinen gesegt.“

„Ich gratuliere, lieber. Schwiegerpapa.“

„Ich glaube selbst, daß ich den Schritt nicht zu bereuen haben werde. Um so weniger, als mein eigener Schwiegersohn jederzeit imstande ist, Kontrolie zu üben."

„Davon besikest du allerdings eine falsche Vorstellung. Ich bin weniger als irgendeiner in der Lage ..."

,,Erlaube einmal. Es ist dir, der du in London deinen Wohnsit hast, doch leichter, in die Geschäfte Einblid zu erhalten, als beispielsweise mir. ..."

Das bestreite ich gerade.“ „Unbegreiflich."

Du seķest meine Anwesenheit in London voraus.“


Natürlich. Oder hast du am Ende für die nächste Zeit Reisepläne ?"

Ähnliches."
Davon hast du aber bisher gar nicht gesprochen!“ „Ich möchte auch jeßt nicht davon sprechen." „Und Rita ..." „Weiß davon nichts. Soll davon auch nichts wissen.“

Herr Nikolaus Gartner schüttelte den Kopf. Er gab es auf, seinen Schwiegersohn gefügiger, mitteil


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Maxime Kalff rang die Hände und verlegte sich aufs Bitten. Er wolle unter feiner Bedingung vom Hause fort; er könne es nicht verantworten, seine Frau allein zu lassen, da seine Zeit doch ohnehin nur mehr so kurz bemessen sei. Hier begann Frau Rita abermals zu weinen und jammerte darüber, daß es die Gewohnheit ihres Mannes sei, unverständliche Reden zu führen, die sie in einen Zustand der Angst versekten, worauf Dr. Heusser sie beruhigte und versicherte, daß das Vorhandensein einer fixen Idee zum typischen Krantheitsbild ihres Mannes gehörte, den er einen Neurastheniker nannte, und dessen baldige vollständige Heilung er ihr in Aussicht stellte.

Schließlich gelang es dem Arzt, Frau Rita soweit zu überzeugen, daß sie sich ihm derbündete und mit der Übersiedlung ihres Mannes in die Heilanstalt einverstanden war.

Es wird mir nicht leicht, mich für drei lange Wochen von dir zu trennen," sagte sie. „Aber ich will dich gesund wissen und darum bringe ich dieses Opfer.“

,,Mir hilft weder diese Kur noch eine andre," antwortete Maxime Kalff störrisch.

„Das muß ich schließlich besser wissen,“ rief Dr. Heusser.

„Ich bestreite das,“ entgegnete der Patient. „Selbst wenn Sie eine Ausnahmekrankheit besißen.“

„Ganz recht!"

„Iroßdem müssen Sie mir vertrauen.“


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tor, wenn ich Ihnen sage, daß ich Sie um die zwei Jahre beneide, die Sie noch zu leben haben. ..."

Als sie auf den Korridor hinaustraten, ging eben ein Mann vorüber, der sehr erregt schien und ein Zeitungsblatt zwischen den Fingern hielt, mit dem er gegen den Rüden der andern Hand schlug.

„Was sagen Sie, Doktor,“ rief er lebhaft, als er des Arztes ansichtig wurde, „es gibt Krieg !"

„Ich weiß," antwortete der Arzt lächelnd. Der Aufgeregte schoß vorüber.

„Komisch,“ sagte Maxime Kalff. „Was für Wahnvorstellungen die Leute haben."

"„Der ist ganz normal,“ erwiderte der Arzt. ,,Er bildet sich aber dod ein ..."

„Wissen Sie denn noch nichts ? Wir haben wirklich Krieg....

Maxime Ralff stand wie erstarrt.

Er hatte allerdings schon seit mehreren Tagen keine Zeitung gelesen.

Wer führt Krieg ?" fragte er.

Frankreich, Rußland und Deutschland; und England dürfte heute oder morgen mittun."

„Ist das ein Scherz ?"

„Blutiger Ernst. Da sehen Sie nur !" Er holte unter dem weißen Mantel, den er aufknöpfte, ein Zeitungsblatt hervor, das er ihm entgegenhielt. „Da lesen Sie !"

„Kriegszustand zwischen Frankreich und Deutschland."

,,Abberufung des deutschen Botschafters aus Paris." „Befeßung deutscher Ortschaften durch Franzosen.“


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Hoffnung nicht auf und pilgere von Sanatorium zu Sanatorium. ... Wenn es Sie interessiert, will ich Sie mit meiner Leidensgeschichte bekanntmachen. ...'

„Bitte ...," sagte Kalff, da er einsah, daß es für ihn kein Entrinnen gab.

„Ich war einmal ein fröhlicher junger Mensch, das mals vor elf Jahren, ehe das Schredliche geschah, das mein ganzes Leben zerstört hat. Eines Tages hatte ich ein Duell. Ich habe mir alle Mühe gegeben, einen andern Ausweg zu wählen, leider ohne Erfolg. Mein Gegner bestand auf der Austragung mit der Waffe in der Hand. Ich habe schwer mit mir gefämpft und mich endlich zur Annahme des Unvermeidlichen entschlossen.“

„Selbstverständlich.“

„Ich war mit mir übereingekommen, mich zu schlagen, es jedoch auf meine Weise zu tun. Wir traten auf Pistolen an. Das war in Wien, auf einer Praterwiese, einer unweit der Stadt gelegenen Au, wo die Austragung eines Zweikampfes zu den alltäglichen Dingen gehörte. Da Sie meinen Charakter nicht kennen, sind Sie auch nicht imstande, zu ermessen, was es für mich bedeutete, mich einem Menschen gegenüberzustellen, um auf ihn zu schießen. ..."

„Einen Menschen, der Sie offenbar beleidigt hatte.“

„Trokdem. Ich war daher entschlossen, ohne Rüdsicht darauf, was mein Gegner vorhatte, absichtlich mein Ziel zu verfehlen, in die Luft zu schießen. Ich hatte den ersten Schuß. Ich legte an und zielte es fällt mir immer wieder schwer, das Unfaßbare auss zusprechen, obwohl ich es schon viele Male getan habe –, ich zielte einwandfrei auf einen Stein, der


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zen zu erdulden schien, hierauf ertönte das Heulen eines hungrigen Wolfes.

Das sind die Jrren, dachte Maxime Kalff.

Angst lähmte ihn, daß er wahnsinnig würde, wenn er noch länger hier weilte.

Er erwartete gierig den dämmernden Tag, begab sich, als es neun Uhr geworden war, zum leitenden Arzt und teilte diesem mit, daß er nicht länger zu bleiben gewillt sei, da er nicht nur keine Besserung, sondern eher eine Verschlimmerung seines Zustandes festzustellen genötigt sei.

Der Arzt versuchte es mit gütlichem Zureden, indem er gleichzeitig darauf hinwies, daß die Zeit zu kurz lei, um mit einer entscheidenden Besserung zu rechnen.

„Draußen ist Krieg," fügte er hinzu. „Seien Sie froh, daß Sie hier ein Refugium gefunden haben."

,,,Was bedeutet der Sturm da draußen gegen den, der in mir entfesselt ist!"

„Obwohl man mit Recht von einem Weltkrieg spricht! Haben Sie schon die neuesten Nachrichten gelesen?" Zugleich entfaltete er das Journal.

„Lüttich gefallen .. ,!" murmelte Maxime Kalff. Arme Heimat!"

Der Arzt sah ihn fragend an. „Ich bin Belgier,“ segte Kalff erklärend hinzu.

„Ein Grund mehr, hier zu bleiben. Sie müssen täglich den Einrüdungsbefehl erwarten.'

„Ich bin kein Feigling, Herr Doktor.“

„Weit entfernt, Sie dafür zu halten. Im übrigen: Glüd auf den Weg !"


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„Die Hauptsache ist, daß wir ihn wieder auf den Damm haben," sagte der Arzt. „Es ist wirklich nicht leicht gewesen! Wissen Sie, lieber Freund," wandte er sich an den Genesenden, „es war gerade so, als ob wir einen bösen Dämon auszutreiben hätten, der in Sie gefahren ist ...

„Sind Sie sicher, daß er nicht mehr in mir stedt ?“

„Schwagen Sie doch keinen Unsinn! Das ist vorüber! Jekt sind Sie doch wieder klar bei Vernunft!" Und als die beiden Männer später allein geblieben waren, fuhr er fort: „Was Sie alles im Fieber zu= sammenphantasiert haben! Wenn Sie sich hätten hören können!"

Maxime Kalff hegte ängstliche Besorgnis, daß er sein Geheimnis derraten haben könnte.

Was habe ich gesagt?“ fragte er.

„Das läßt sich schwer zusammenfassen, noch schwerer wiederholen. Wer Ihnen zuhörte, tönnte vermuten, daß Sie ein schweres Verbrechen begangen haben.“

,,Ein Jrrtum, lieber Doktor,“ entgegnete Kalff mit ernster Miene. „Ich will es doch erst begehen. Ich muß vielmehr, ohne zu wollen ..."

Doktor Heusser ordnete hierauf an, den Kranken, der der frischen Luft offenbar nicht zu lange ausgesest werden dürfe, wieder in sein Zimmer zu schaffen.

Dieser fühlte sich zusehends kräftiger. Er sprach oft und lange mit Rita.

„Wenn nun alles vorüber ist,“ sagte er eines Tages, wenn ich gesund und wieder glüdlich zu dir zurüdgegekehrt bin ..."

„Willst du mich denn verlassen ?" fragte sie.


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,Wer weiß, wann ich meinen Vater wiedersehen werde ...,“ sagte sie. „Auch unser Feind ...," murmelte er.

. „Was für eine verrüdte Welt...

,,Eine schredliche, eine fürchterliche Welt. Hast du die heutige Zeitung gelesen? Sie erwarten die deutschen Flieger über London. Die sollen Bomben herabwerfen! Kannst du dir so etwas überhaupt vorstellen ?"

„Unsinn! Die Zeitungen haben den Kopf verloren! Laß dich doch durch derlei faustdiđe Lügen nicht an= fechten! Im übrigen will ich heute zum erstenmal in die Stadt. fahren!"

„Was willst du dort tun?"

„Mich um deine Staatsbürgersd, aft befümmern. Eines Tages könnten sie dir, der gebornen Österreicherin, zu Leibe rüđen...."

Als er heimkehrte, war er in der Lage, ihr mitzuteilen, daß sie keinerlei Behelligung zu befürchten habe; sie sei als Gattin eines England verbündeten Staatsangehörigen vor Belästigungen sicher. Er verschwieg ihr jedoch, was er, seine Person betreffend, erfahren hatte und was ihn erheblich beunruhigte, daß nämlich der Passagierdienst über den Kanal eingestellt und die Überfahrt nur auf Grund besonderer Erlaubnis und nur für den Fall gestattet sei, daß man aus militärischen Gründen oder im Interesse des Staates die Fahrt unternahm.

Man schrieb den 25. September. Der Himmel verdüsterte sich vor seinem Blid.

Er mußte an seine Abreise denken, vor allem Mittel und Wege finden.


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sah sich unversehens wieder jenem Menschen mit der auffallend geformten Schirmkappe gegenüber.

Dieser lächelte, als er seiner ansichtig wurde, und salutierte hierauf.

Maxime Kalff dankte fühl und gemessen für den Gruß

„Will der Herr sich mir anschließen ?“ fragte der Unbekannte. „Bloß um unnnötiges Aufsehen zu vermeiden,“ segte er aufklärend hinzu.

Er drehte dem Angesprochenen zugleich den Rüden. Nach einer Weile schritten sie nebeneinander her.

„Ich beobachtete den Herrn schon seit der Überfahrt,“ begann der Unbekannnte von neuem.

„Was wollen Sie von mir ?“ fragte Kalff.

„Nichts. Aber der Herr wird von mir vielleicht etwas wollen.“

Als Maxime Kalff hochmütig widersprechen wollte, hob der andre gebieterisch die Hand und flüsterte: Einen falschen Paß zum Beispiel. ...

Eine Pause entstand.

Maxime Kalff legte die Rechte unwillkürlich auf die Tasche, in der er den Browning geborgen hatte.

„Was unterfangen Sie sich ?“ fragte er.

„Ihnen eine Gefälligkeit zu erweisen,“ entgegnete der Fremde, ohne sich einschüchtern zu lassen. „Die Sie natürlich nicht anzunehmen brauchen,“ fügte er hinzu, salutierte nachlässig und wandte sich zum Gehen.

„Halt!..." rief Kalff. Der andre sah ihn fragend an. Wer hat Ihnen verraten ...por


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Der Coiffeur in der Rue Grimaldi stand in der Tür. Der alte Mann war allein; die brei Gehilfen waren eingezogen worden. Unter der Einwirkung der fühlen Dusche und von allerlei wohlriechenden Essenzen erwachte Maxime Kalff allmählich.

Er beschloß hierauf, das Hotel de Paris aufzusuchen.

Er wollte sich erkundigen, wer das Zimmer Nr. 22 bestellt habe. Auf diese Weise würde er endlich den Namen seines Gegners erfahren.

Er freute sich dieses schlauen Einfalls und machte sich sogleich auf den Weg.

Die Tore des Kasinos waren geschlossen. „Zimmer Nr. 22,“ sagte er zum Hotelportier.

Dieser warf einen Blid auf die mit roten Ziffern bededte schwarze Tafel, auf der an Messinghaken die Zimmerschlüssel hingen.

- „Bedaure," antwortete er. „Nicht mehr frei.“

„Schade," entgegnete Kalff. „Wären Sie so freundlich, mir zu sagen, unter welchem Namen das Zimmer bestellt wurde ?

Im Augenblid," erwiderte der Portier und blätterte mit flinkem Zeigefinger in dem vor ihm liegenden Buch.

Monsieur Kalff hat das Zimmer bestellt,“ antwortete er. ,,Für den 30. September. Schon vor einer Woche. Ich kenne den Herrn nicht."

Maxime Kalff fühlte, wie die Röte ihm in die Mangen stieg. Er beherrschte sich jedoch und fragte: „Ist der Herr zu Hause ?"


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Es ist Ihre Sache, ein Ende zu machen. Allerdings erst in zwei Stunden !"

„Verlangen Sie, was Sie wollen!“

„Nichts andres, als was ich vor einem Jahre von Ihnen verlangt habe.“

„Unmöglich!" „Damals waren Sie einverstanden!" „Heute bin ich es nicht mehr!"

, Das tut mir leid. Ich kann Ihnen jedoch nicht helfen!"

Sie müssen!“ „Es bleibt bei unsrer Vereinbarung.“

Unwiderruflich ?" „Unwiderruflich!" „Und wenn ich mich weigere ?"

Wird Ihnen das wenig oder gar nichts nüßen. Erinnern Sie sich, was ich Ihnen vor einem Jahre gesagt habe. Sie werden den 30. September auf keinen Fall überleben.“

„Weshalb nicht ?" „Weil ich nicht will !"

Maxime Kalff machte eine Bewegung, als ob er sich auf den Alten stürzen wolle.

„Keine Dummheiten !" warnte dieser. „Das wäre zwedlos!"

Sie bestehen demnach ...?" „Auf der Erfüllung. Jawohl." Eine Pause entstand.

Maxime Kalff starrte vor sich hin auf den Teppich. Er wußte nicht, was er sagen sollte. Die Worte fehlten ihm. Er fühlte sich ausgebrannt, hob den Blid und


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Als Maxime Kalff die Augen aufschlug, erschrať er bis ins Mart. So hatte er den Alten einmal im Traum gesehen.

„Sie haben meinen Sohn im Duell erschossen," sagte Gomaz mit einer rauhen und tiefen Stimme. „Deshalb müssen Sie sterben."

„Gio Gomaz ..." wiederholte Kalff zum drittenmal.

„Auge um Auge ..." „Teufel!“

„Zahn um Zahn! Ich habe Ihnen die verlangte Erklärung gegeben und ich will sie so ausführlich gestalten, wie Sie wünschen.“

Er hielt mine. Da Maxime Kalff keine Antwort gab, fuhr er fort:

Sie haben mir meine einzige Lebensfreude geraubt. Sie haben mir meinen teuersten Besik genommen: Sie haben mich alten Mann einsam gemacht. Ich habe durch Sie alles verloren, und nur meine Rache ist geblieben. Nichts sonst. Ihr allein habe ich gelebt. Wenn vollzogen ist, was sich vollziehen muß, hat mein Dasein allen Inhalt verloren. Sie haben meinen Gino gekannt, aber doch nicht so, wie ich ihn gekannt habe, der ich sein Vater gewesen bin. Sie waren damals nicht imstande zu ermessen, was er mir bedeutete, wie stolz ich auf ihn war, weil Sie mir ihn sonst nicht entrissen hätten. Es war Ihnen wohl auch bekannt, daß Gino Gomaz nicht in Europa geboren war. Er stammte aus Brasilien wie ich. Ehe ich von ihm spreche, muß ich meiner eigenen Jugend gedenken. Ich bin jahrelang da drüben verachtet gewesen, weil mein Vater ein Branco war. Das heißt, ein Ureingeborner. Er nahm zwar eine weiße Frau, was aber nicht hinderte, daß man ihn einen Knecht sein ließ. Und ich wuchs auf als der Sohn eines Knechts. Man hat mir in meiner Heimat Knüppel vor die Füße geworfen. Aber ich lernte frühzeitig, ihnen auszuweichen, und so fiel ich bald nicht mehr. Ich hatte es zehnfach schwerer als ein Angehöriger der weißen Rasse. Jch, der Indianerstämmling, der Karibensohn, war für sie ein verachtetes Tier. Troßdem gelang es mir, festen Fuß zu fassen. Ich war zäh und von unbeugsamer Willenskraft beseelt. Ich arbeitete Tag und Nacht. Ich lernte den Schimpf ertragen, aber ich vergaß ihn nicht. Mit sechzehn Jahren besaß ich zwei Stüđ Vieh, mit achtzehn eine Herde. Mit vierundzwanzig hatte ich den Umkreis überflügelt. Ich begnügte mich nicht mehr zu verkaufen, sondern baute mein eigenes Schlachthaus. Weideland wuchs zu. Kühlhäuser erstanden und Gerbereien. Endlich gings an den Bau der Konservenfabrit, die sich zur größten im Lande entwidelte. Ich war reich und heiratete, und mir wurde ein Sohn geboren. Ein einziger Sohn. Gino. Ich habe an seiner Wiege einen Schwur geleistet: daß die Welt an ihm gut machen sollte, was sie an mir verschuldet hatte. Ich zog ihn gleich einem Prinzen auf, nachdem seine Mutter nach seiner Geburt gestorben war. Ich trennte mich von ihm, obgleich ich ihn abgöttisch liebte, schidte ihn nach England in die Schule. In Oxford habe ich ihn besucht. Zehn Monate lang habe ich daheim geschuftet und geradert von früh bis spät und mich auf die Zeit gefreut, die ich mit meinem Sohn verbringen durfte. Er hat mir stets Freude bereitet; er war der Stolz seiner Lehrer. Er hat seine Prüfungen mit Leichtigkeit bestanden. Er hatte mit einundzwanzig Jahren den Doktorgrad erhalten. Der junge Arzt verzichtete auf die übliche Spitalpraxis und schiffte sich nach Bombay ein, wo er sich drei Jahre lang aufhielt und Hervorragendes geleistet hat. Ich habe ihn während dieser langen Zeit nicht gesehen. Aber er hat mir Fachblätter zugeschidt, in denen seine Entdedungen gepriesen wurden. Er folgte hierauf einem Ruf nach Paris, um an der Sorbonne zu wirken. Kurze Zeit darauf haben Sie seinen Weg gekreuzt. Sein Stern war damals im Aufstieg. Wäre er nur wenig länger am Leben geblieben, hätte man ihm die Professur angetragen. Ich hatte ihm immer meine Millionen zur Verfügung gestellt, ohne daß er davon Gebrauch gemacht hätte. Endlich gestattete er mir, ihm eine große Versuchsanstalt zu erbauen. Ich war überglüdlich. Alle Vorbereitungen waren getroffen. Einer der hervorragendsten europäischen Architekten war mit der Ausarbeitung der Pläne betraut worden. In dieser Zeit, da ich die


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Er freute sich der fettigen Glätte.

Er lächelte, als er die Hand aufwärts führte und den Pistolenlauf an die Schläfe sekte.

Dann drüdte er los. Ein scharfer, dünner Anall ertönte.

Der Kopf des Toten, über dessen Wange ein feiner Blutstrahl rann, sant hintenüber.

Gomaz erhob sich und wartete eine Weile.

Hierauf öffnete er den Schrank und entnahm diesem einen schwarzen Überzieher und einen Halbzylinder.

Er verlöschte das Licht und verließ das Zimmer, ohne sich nochmals umzusehen.

Er schritt den Korridor entlang.

Als er die Treppe erreicht hatte, sah er sich einem kleinen, schmächtigen Mann gegenüber, der glatt rasiert und tahlköpfig war. „Ich bitte um Vergebung,“ begann dieser. „ kann der Herr mir vielleicht sagen, wo ich hier Zimmer Nummer 22 finde ? Mein Name ist Detektiv Cloy ... Vor einer Stunde nach Hause zurüdgekehrt, finde ich die Verständigung eines meiner Klienten vor, der hier Zimmer Nummer 22 bewohnt und meinen Besuch erwartet. ..."

Gomaz würdigte das Männchen weder eines Blides noch einer Antwort und stieg gemessenen Schrittes die Treppe hinab.


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