Wie hoch sollte die Selbstbeteiligung bei einer Rechtsschutzversicherung sein?

Das Wichtigste in Kürze:

  • Eine Rechtsschutzversicherung erleichtert Ihnen den Zugang zum Recht, macht manch einen Prozess finanziell erst möglich. Sie übernimmt Kosten für Rechtsstreitigkeiten bis zur vereinbarten Versicherungssumme.
  • Aber: Einige wichtige Risiken versichern die Anbieter nicht oder nur unzureichend. Ob eine Rechtsschutzversicherung für Sie sinnvoll ist, sollten Sie deshalb genau prüfen.
  • Wenn Sie sich für eine Rechtsschutzpolice entscheiden, ist wichtig, dass zum Vertragsbeginn noch kein Rechtsstreit vorliegt oder absehbar ist. Die Ursache für einen Rechtsstreit darf grundsätzlich erst nach Ablauf einer Wartefrist von meistens drei Monaten ab Vertragsbeginn eintreten.
  • Und: Greifen Sie nicht unbedingt zum Rundumschutz. Mit einzelnen Rechtsschutzpakten wie "Privat", "Beruf", "Verkehr" sowie "Eigentum und Miete" lässt sich der Versicherungsschutz bedarfsgerecht zusammenstellen.

Die Rechtsschutzversicherung schützt Sie nicht vor allen Kosten bei Rechtsstreitigkeiten. Es besteht beispielsweise in der Regel kein - oder nur sehr eingeschränkter - Rechtsschutz:

  • im Fall einer Scheidung,
  • bei erbrechtlichen Auseinandersetzungen,
  • beim Streit im Zusammenhang mit dem Hausbau, beim Kauf oder Verkauf eines Baugrundstücks und der Baufinanzierung,
  • für spekulative Kapitalanlagen und Spiel- und Wettverträge,
  • bei Streitigkeiten rund um Geldanlagen, wenn Sie als Anleger falsch beraten wurden (diese sind zumeist in den neueren Verträgen ausgeschlossen),
  • wenn Sie Schadenersatzansprüche anderer abwehren wollen.


Wir empfehlen Ihnen jedoch, zu überlegen, ob sie eine Rechtsschutzversicherung benötigen, beispielsweise wenn Sie:

  • sich für rechtliche Auseinandersetzungen mit ihrem Arbeitgeber für den Fall absichern wollen, dass dieser ein schlechtes Arbeitszeugnis ausstellt, eine Abmahnung erteilt oder eine Kündigung androht,
  • als Halter, Mieter oder Fahrer eines Fahrzeugs regelmäßig am Straßenverkehr teilnehmen, beispielsweise als Berufspendler,
  • Streitigkeiten um Versicherungsleistungen aus der Kranken- oder der Berufsunfähigkeitsversicherung befürchten (dann kann die Rechtsschutzversicherung so wichtig werden wie die Kranken-/Berufsunfähigkeitsversicherung selbst),
  • Streit mit Ihrem Vermieter wegen Schönheitsreparaturen, Betriebskostenabrechnungen oder Mieterhöhungen nicht ausschließen können.

Aber Achtung: Wenn Sie bereits vor Vertragsabschluss in eine rechtliche Streitigkeit verwickelt sind, erhalten Sie keinen Versicherungsschutz. Das gilt auch, wenn sich ein Rechtsstreit in naher Zukunft ankündigt. Voraussetzung für den Versicherungsschutz ist, dass die Ursache für den Rechtsstreit erst nach Ablauf der Wartefrist eintritt (Ausnahmen: lückenloser Rechtsschutz-Vorvertrag und im Verkehrsrechtsschutz).

Was zahlt die Rechtsschutzversicherung?

Die Rechtsschutzversicherung bezahlt die Gebühren der Rechtsanwälte und des Gerichts, die Entschädigungen für Zeugen, die Kosten des Sachverständigen und des Gerichtsvollziehers. Auch die Reisekosten zu einem ausländischen Gericht werden bezahlt. Übernommen werden die Kosten bis zur Höhe der vereinbarten Versicherungssumme. Deshalb sollten Sie bei Abschluss eines Vertrages mindestens 300.000 Euro vereinbaren.

Wichtig: Die Wartezeiten

Die Wartezeiten sind nicht einheitlich geregelt. Die meisten Versicherer verlangen eine Wartezeit von drei Monaten ab Vertragsbeginn. Manche Versicherer bestehen auf einer Wartezeit von sechs Monaten. Grundsätzlich gilt: Die Ursache für den Rechtsstreit darf erst nach Ablauf der Wartezeit eingetreten sein.

Stichentscheid vereinbaren

Ist der Versicherer der Meinung, dass der Rechtsstreit keinen Erfolg verspricht, kann er die Übernahme des Versicherungsschutzes ablehnen. Es gibt dann zwei Möglichkeiten: Sie können entweder ihren Anwalt beauftragen, eine begründete Stellungnahme zu den Erfolgsaussichten abzugeben. Darauf erfolgt der sogenannte Stichentscheid, der für beide Parteien bindend ist. Die Kosten trägt der Versicherer. Oder es gibt ein Schiedsgutachterverfahren. Dabei wird ein Anwalt durch den Versicherer beauftragt. Die Entscheidung des Schiedsgutachters bindet nur den Versicherer.

Der Stichentscheid ist für Sie die bessere Alternative, da der Versicherer die Kosten übernehmen muss, unabhängig davon, wie die Entscheidung ausfällt. Von Vorteil ist auch, dass Ihr eigener Anwalt Ihren Fall besonders gut beurteilen kann. Achten Sie bei Abschluss eines Versicherungsvertrages darauf, dass der Stichentscheid vereinbart ist.

Verzicht auf die Einrede der Vorvertraglichkeit

Das bedeutet, dass auch Versicherungsfälle, die vor Vertragsbeginn eingetreten sind, versichert sind. Voraussetzung bei den meisten Versicherern ist, dass der Vertrag mit dem betreffenden Risiko bereits seit mindestens 5 Jahren besteht. Relevant kann diese Klausel beispielsweise für Personen sein, die eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen haben: so kann es passieren, dass Leistungen wegen nicht wahrheitsgemäßer Beantwortung der Gesundheitsfragen abgelehnt werden. Kommt es zu einem Rechtsstreit, ist der Rechtsschutzversicherer mit der Klausel "Vorvertraglichkeit" verpflichtet zur Übernahme der Kosten, obwohl die Ursache für den Rechtsstreit vor Abschluss der Rechtsschutzversicherung liegt.

Widerspruchsverfahren im Sozial-, Steuer- und Verwaltungsrecht

Viele Rechtsschutzversicherer zahlen im Sozial-, Steuer- und Verwaltungsrecht erst, wenn der Rechtsstreit vor Gericht geht. Wichtig ist, dass die Anwaltskosten für das vorgeschaltete Widerspruchsverfahren übernommen werden. So lässt sich der Rechtsstreit vor Gericht dadurch vermeiden, dass mit Hilfe eines Rechtsanwaltes das davor geschaltete Steuer-Einspruchsverfahren erfolgreich ist und das Finanzamt den Steuerbescheid abändert.

Nutzen Sie besser einzelne Rechtsschutzpakete

Wenn Sie sich für einen Rechtsschutzvertrag entscheiden, greifen Sie nicht unbedingt zum Rundumschutz, sondern versuchen Sie, sich durch gezielte Auswahl einzelner Rechtsschutzpakte bedarfsgerecht und kostengünstig abzusichern. So können für Sie diese Pakete interessant sein:

  • Verkehrsrechtsschutz Versichert sind Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr. Versichert sind Sie als Eigentümer, Halter, Fahrer oder Insasse aller auf Sie während der Vertragsdauer zugelassenen Fahrzeuge, ferner als Mieter eines Mietwagens, Fahrer fremder Fahrzeuge, Fußgänger, Radfahrer und Fahrgast in öffentlichen und privaten Verkehrsmitteln. Zusätzlich sind alle berechtigten Fahrer und Insassen der versicherten Fahrzeuge versichert.

    Der Versicherungsschutz kann jedoch entfallen bei Fahren ohne Fahrerlaubnis, fehlender Berechtigung zum Fahren des Fahrzeugs, Fahren von nicht zugelassenen Fahrzeugen. Ausgeschlossen sind unter anderem auch Halte- und Parkverstöße, vorsätzlich begangene Straftaten, außergerichtliche Steuerstreitigkeiten und die Abwehr von Schadenersatzansprüchen. Außerdem zahlt eine Rechtsschutzversicherung keine Bußgelder oder Geldstrafen.

  • Eigentümer- und Mietrechtsschutz
    Versichert sind Streitigkeiten aus Miet- und Pachtverhältnissen und aus sogenannten dinglichen Rechten am Grundstück, Gebäude und Gebäudeteil. Dingliche Rechte sind beispielsweise Eigentum, Erbbaurecht, Streitigkeiten nach dem Wohnungseigentumsgesetz und dem Nachbarschaftsrecht. Außerdem sind Steuerstreitigkeiten vor Gericht wegen steuer- und abgaberechtlichen Angelegenheiten versichert. Ferner Rechtsstreitigkeiten wegen einer Mieterhöhung, Mängeln der Mietsache, Räumung oder Kündigung.

    Für Sie als Versicherungsnehmer besteht je nach Inhalt des Vertrages Versicherungsschutz als Mieter, Pächter, Nutzungsberechtigter, Eigentümer, Vermieter oder Verpächter von Grundstücken, Gebäuden oder Gebäudeteilen, die im Versicherungsschein bezeichnet sind.

  • Privat- und Berufsrechtsschutz für Nichtselbstständige Dieser Rechtsschutz kann nur von Arbeitnehmern abgeschlossen werden. Selbstständige Tätigkeiten mit einem bestimmten Umsatz (tarifindividuelle Grenze, oft 6000 EUR oder 10.000 EUR im Jahr) bleiben unberücksichtigt. Für diese Streitigkeiten besteht kein Versicherungsschutz. Der Versicherungsschutz umfasst u.a. die Durchsetzung eigener Schadenersatzansprüche, die Streitigkeiten aus Arbeitsverhältnissen, die Durchsetzung und Abwehr von Ansprüchen aus privatrechtlichen Schuldverhältnissen, z.B. einem Kaufvertrag, Versicherungsvertrag oder sonstigen Verträge des täglichen Lebens, Steuerstreitigkeiten vor Gericht, Auseinandersetzungen vor dem Sozialgericht, Verteidigung im Strafverfahren und in Bußgeldverfahren, beispielsweise wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung oder die Nichtbeachtung einer roten Ampel, und eine einmalige Erstberatung nach Änderung der Rechtslage im Familien- und Erbrecht (etwa: Testamentsanfechtung, Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft). Nicht versichert sind u.a. die Abwehr von Schadenersatzansprüchen, die nicht auf einer vertraglichen Grundlage beruhen (diese Ansprüche fallen in den Leistungsbereich der Haftpflichtversicherung), vorsätzlich begangene Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, das sogenannte kollektive Arbeitsrecht (Tarifvertragsrecht, Arbeitskampfrecht bei Streik und Aussperrung), Fragen zur Baufinanzierung, Streitigkeiten aus Mietverträgen, das Widerspruchsverfahren im Sozial-, Steuer- und Verwaltungsrecht, das dem Rechtsstreit vor Gericht vorgeschaltet ist, gerichtliche Streitigkeiten im Familien- und Erbrecht und auch die rein vorsorgliche Beratung.

    Versichert sind der Versicherungsnehmer, sein Ehegatte / Lebenspartner, die minderjährigen Kinder und die volljährigen unverheirateten Kinder bis zum 25. Lebensjahr, längstens jedoch bis zum Zeitpunkt, in dem sie erstmalig eine auf Dauer angelegte, bezahlte Berufstätigkeit ausüben.

  • Privat- und Berufsrechtsschutz für Selbstständige Dieser Privat-Rechtsschutz kann vereinbart werden, wenn der Versicherungsnehmer, der Ehegatte / Lebenspartner oder beide eine gewerbliche, freiberufliche oder sonstige selbstständige Tätigkeit ausüben. Versich­­­­erbar sind neben den Rechtsfällen im privaten Bereich (mit den oben genannten Möglichkeiten wie Privat-, Verkehrs- und Mietrechtsschutz) die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang der Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit. Wird das Kostenrisiko der selbstständigen Tätigkeit eingeschlossen, dann ist das Gewerbe oder die freiberufliche Tätigkeit, die konkret im Versicherungsschein angegeben ist, versichert.

    Versichert sind die im Privat- und Berufsrechtsschutz für Nichtselbstständige aufgeführten Personen. Mitversichert sind die im Betrieb beschäftigten Mitarbeiter.

Soll ich nun eine Rechtsschutzversicherung abschließen?

Prüfen Sie sorgfältig, ob Sie eine Rechtsschutzversicherung benötigen: Fragen Sie sich, ob Sie in den Bereichen, die eine Rechtsschutzpolice abdeckt, Streitigkeiten befürchten und lassen Sie sich gegebenenfalls Angebote von verschiedenen Versicherungen machen.

Dieser Inhalt wurde von der Gemeinschaftsredaktion in Zusammenarbeit mit unserem Bundesverband (vzbv) sowie der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg für das Netzwerk der Verbraucherzentralen in Deutschland erstellt.