Wie hoch ist der Netto Mindestlohn in Deutschland?

In Deutschland gilt seit einigen Jahren ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn – theoretisch für alle Arbeitnehmer. Doch es gibt ein paar Haken.

Mindestlohn in Deutschland 2020

Mindestlohn in Deutschland 2020 © dpa

Doch wie steht der Mindestlohn hierzulande im europäischen Vergleich dar und was ist zu tun, sollte der Arbeitgeber den Mindestlohn nicht zahlen? Und wie entwickelte sich der Satz in Deutschland überhaupt seit Einführung 2015? – Ein Überblick über die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Mindestlohn in Deutschland im Jahr 2022.

Mindestlohn in Deutschland 2022 – aktuelle Höhe, Entwicklung, Wissenswertes

Wann wurde der gesetzliche Mindestlohn eingeführt?

Wie hoch ist der gesetzliche Mindestlohn 2022 in Deutschland?

Seit dem 1. Januar 2022 gilt der aktuelle gesetzliche Mindestlohn von 9,82 Euro brutto pro Stunde in Deutschland. Im Vergleich zum Jahr 2021 ist der Mindestlohn um 22 Cent gestiegen. Zum 1. Juli 2022 ist eine Anpassung auf 10,45 Euro geplant. Auf Drängen von SPD und Grünen soll der Mindestlohn im Oktober dann auf zwölf Euro angehoben werden.

Gesetzlich geregelt ist, dass der Mindestlohn ein Brutto-Stundenlohn ist und dieser vom Erfolg entkoppelt ist.

Ein Rechenbeispiel: Einem Single in NRW mit der Steuerklasse I würden bei einer fünf Tage-Woche mit 40 Stunden auf Mindestlohnbasis im Monat etwa 1180 Euro netto bleiben.

Testen Sie passend dazu den Brutto-Netto-Rechner des Handelsblatt. 

Wie hoch war der Mindestlohn 2021?

Im vergangenen Jahr belief sich der Mindestlohn auf zunächst auf 9,50 Euro pro Stunde. Zum 1. Juli 2021 wurde er auf 9,60 Euro angehoben. 

Wie hoch war der Mindestlohn 2020?

2020 galt in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn in Höhe von 9,35 Euro pro Stunde.

Wie hoch war der Mindestlohn 2019?

Im Jahr 2019 betrug der Mindestlohn in Deutschland 9,19 Euro. Er galt im Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis einschließlich zum 31. Dezember 2019.

Wie hoch war der Mindestlohn 2017 und 2018?

In den Jahren 2017 und 2018 betrug der Mindestlohn in Deutschland 8,84 Euro. Er galt im Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis einschließlich zum 31. Dezember 2018.

Wie hoch war der Mindestlohn 2015 und 2016?

In den Jahren 2015 und 2016 betrug der Mindestlohn in Deutschland 8,50 Euro. Er galt im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis einschließlich 31. Dezember 2016.

In welchen Branchen wird der gesetzliche Mindestlohn gezahlt?

Grundsätzlich gilt, dass in keiner Branche in Deutschland unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns gezahlt werden darf. Dennoch zeigt eine DIW-Studie, dass trotz der gesetzlichen Verbindlichkeit oftmals Arbeitnehmer weniger erhalten. Das entsteht etwa durch unbezahlte oder nicht erfasste Überstunden.

Ampel-Pläne: Ist ein Mindestlohn in Deutschland von 12 Euro realistisch?

Nach Aussagen des Bundesarbeitsministers  Hubertus Heil (SPD) soll noch in diesem Jahr der Mindestlohn auf 12 Euro angehoben werden. „Olaf Scholz hat als Kanzlerkandidat gesagt, dass wir den Mindestlohn innerhalb eines Jahres auf 12 Euro erhöhen. Und wir werden ihn 2022 erhöhen, weil es notwendig ist“, sagte Heil der Deutschen Presse-Agentur. De facto haben die Ampel-Koalitionspartner von SPD, Grünen und FDP im Koalitionsvertrag einen Mindestlohn in Höhe von 12 Euro festgeschrieben. 

Grundsätzlich basieren die Erhöhungsschritte des Mindestlohns auf den Vorgaben der sogenannten Mindestlohnkommission, die mit Vertreterinnen und Vertretern von Arbeitgebern und Gewerkschaften besetzt ist. Vor allem die Arbeitgeberseite kritisiert das Vorhaben, den Mindestlohn per Gesetz anzuheben.

Seit 2020 ist das Thema Mindestlohn auch auf der Agenda der EU-Kommission angekommen, die sich für eine EU-weite Regelung einsetzen will. Dabei geht es nicht um einen einheitlichen Lohn, da die Lebenshaltungskosten in den Mitgliedsstaaten sehr unterschiedlich sind. Stattdessen könnte es aber auf verbindliche Standards hinauslaufen.

So sehen Experten einen Mindestlohn, der unter 60 Prozent des mittleren Lohns eines Landes liegt, als armutsgefährdend an. Deutschland liegt nach Berechnung einer Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) mit seinem Mindestlohn zurzeit bei 48 Prozent des mittleren Lohns. Dem Insitut zufolge würden in Deutschland, wo 60 Prozent des Medians einem Mindestlohn von rund 12 entsprechen, rund 6,8 Millionen Menschen von einer entsprechenden Erhöhung profitieren.

Für wen gilt der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland nicht?

Es gibt durchaus Ausnahmen im Mindestlohngesetz. Auf wen die folgenden Kriterien zutreffen, kann geringer entlohnt werden:

  1. Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung.

  2. Auszubildende im Rahmen der Berufsausbildung – unabhängig des Alters.

  3. Langzeitarbeitslose während der ersten sechs Monate ihrer Beschäftigung nach Beendigung der Arbeitslosigkeit.

  4. Praktikanten, sofern das Praktikum verpflichtend im Rahmen einer schulischen oder hochschulischen Ausbildung stattfindet.

  5. Praktikanten, wenn das Praktikum freiwillig bis zu einer Dauer von drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder aber zur Aufnahme eines Studiums an einer Hochschule oder Universität dient.

  6. Jugendliche, die an einer Einstiegsqualifizierung als Vorbereitung zu einer Berufsausbildung oder an einer anderen Berufsbildungsvorbereitung nach dem Berufsbildungsgesetz teilnehmen.

  7. ehrenamtlich tätige Personen.

Was ist zu tun, sollte der Arbeitgeber den Mindestlohn nicht zahlen?

Zahlt der Arbeitgeber zu wenig Gehalt (unter Mindestlohn), können ihn Arbeitnehmer drei Jahre rückwirkend verklagen.

Dafür sollte man sich zuvor aber bei einem Anwalt, einer Gewerkschaft oder dem Betriebsrat beraten lassen. Außerdem kann der Arbeitgeber auch anonym bei der „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ gemeldet werden. Die Homepage des Zolls bietet eine Suchmaschine, in der die zuständige Dienststelle zu finden ist. Wichtig: Zuständig ist die Behörde, die in der Nähe des jeweiligen Arbeitsplatzes liegt - nicht in der Nähe des Arbeitnehmers.

Außerdem bietet der Bund eine Informationshotline zum Thema Mindestlohn an. Bei Fragen helfen die Mitarbeiter unter der Telefonnummer 030-60280028 montags bis donnerstags zwischen 8:00 Uhr und 20:00 Uhr. Hier erfolgt jedoch keine Rechtsberatung, die Mitarbeiter erklären aber umfassend das Gesetz.

Welche Konsequenzen müssen Arbeitgeber bei Bezahlung unter Mindestlohn befürchten?

Bis auf die oben genannten Ausnahmen hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf einen Mindestlohn. Geregelt wird das vom Mindestlohngesetz (MiLoG), das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG), das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) und dem Arbeitnehmerrecht. Verstößt ein Arbeitgeber dagegen, können die Geldbußen 200 bis 500.000 Euro betragen. Es kommt hier auf die Häufigkeit, den Vorsatz und die Zusammenarbeit mit den Behörden, die sogenannte Mitwirkungspflicht, an.

Bei Geldbußen von mehr als 200 Euro erfolgt zusätzlich ein Eintrag im Gewerbezentralregister. Ab einer Geldstrafe von 2500 Euro können Unternehmen zeitweise vom Wettbewerb um öffentliche Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsaufträge ausgeschlossen werden. Außerdem muss der Arbeitgeber gemäß Sozialgesetzbuch IV §28 bei einer Nachforderung des vorenthaltenden Mindestlohns sowohl den Arbeitgeber- als auch den Arbeitnehmeranteil der Kosten für die Sozialversicherung zahlen.

Mindestlohn in Deutschland bis 2022 in der Tabelle

Jahr Gesetzlicher Mindestlohn (brutto)Steigerung in Cent
2015/20168,50 Euro pro Stunde+ 8,50 Euro pro Stunde
2017/20188,84 Euro pro Stunde+ 34 Cent pro Stunde
20199,19 Euro pro Stunde+ 35 Cent pro Stunde
20209,35 Euro pro Stunde+ 16 Cent pro Stunde
01.01.20219,50 Euro pro Stunde+ 15 Cent pro Stunde
01.07.20219,60 Euro pro Stunde+ 10 Cent pro Stunde
01.01.20229,82 Euro pro Stunde+ 22 Cent pro Stunde
01.07.202210,45 Euro pro Stunde+ 63 Cent pro Stunde