Welches Wort mit 5 Buchstaben macht Ein mädchen zur Frau


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Für die Abendschule. Sin fröhlich Fest !

ein fröhlich Fest bereiten können. Aber, Ihr Knaben, auch Jedesmal, wenn das heilige Weihnachtsfest naht, ist es Ihr vermögt viel, beginnt nur einen gemeinsamen Wetteifer, meines Herzens Wunsch, dazu mitzuhelfen, daß dem Christ

und Ihr werdet es erfahren: Troj aller Freude des Empfan kindlein Thür und Thor, Herz und Haus geöffnet werde. gens - dennoch ist Geben seliger als Nehmen. Und wenn ihr unVon Euch Kindern denkt jedes schon zurück an eine Reihe von ter dem hellen Lichterbaum fröhlich jubelt und wißt: „Jeßt Christfesten, und mit Jubel geht Ihr jeden neuen entgegen. freuen sich viele arme finder mit uns, und wir Dazu habt Ihr auch volle Recht. Aber so jung Ihr noch seid, haben helfen dürfen, ihnenden Weihnachtsbaum so darf ich doch auch vor Euch kein Hehl daraus machen, daß zu schmücken, dann wird es, ein fröhlich Fest!"" wir bei keinem Fest so sehr wie beim Christfest in der Gefahr stehen, mit vergänglicher, irdischer Freude das ganze Herz zu

Marder auf Diebeswegen. füllen, der rechten, dauernden, fruchtichaffenden Freude dage- Hat da ein Vogelfänger Sprenkel gestellt, und eine Drossel gen wenig oder gar keinen

hat sich, angeloďt durch Raum zu lassen. Seht, da:

die Vogelbeeren, in denvor möchte ich Euch so gern

selben gefangen. Der behüten, denn ich habe tein

arme Vogel hängt nun, geringeres Ziel vor Augen,

talt ind steif, in der als in Eure jungen Herzen

Schlinge. Wenn sich aber den Gottessamen lauterer

der Jägersmann auf den Liebe und unentweg baren

faftigen Biffen freut, so Vertrauens zu Eurem

hat er die Rechnung ohne himmlischen Vater hinein

den Wirt, will sagen ohne zulegen. Solch lautere Lie

die Baummarder — pine be, folch unentwegbares

martens — gemacht. Die Vertrauen aber könnt Ihr

jen ichranken und gewannirgend sonst empfangen als

Idten Räubern kommt die an der rippe zu Bethlehem,

Beute gerade gelegen. da aber ganz gewiß. Bit

Hunger hat diese Brut ja tet ihn nur darum als um

allezeit, und ein toter das beste Weihnachtsge

Vogel fängt sich allemal schenk.

leichter als einer, der noch Solche Liebe und sol

feine Flügel gebrauchen ches Vertrauen aber läßt

kann. Den zweibeinigen Euch nicht schlaff und unthä

Fallensteller braucht man tig — sie macht Euch edel im

nicht zu bemitleiden. Den Streben, mutig zur That, fie

Drosieln, welche manches hilft Euch nachzustreben

schädliche Insekt vertilgen allem, was lieblich und

und den Wald mit ihrem wohllautet, was eine Tu:

prächtigen Gesange füllen, gend und ein Lob ist. Solo

follte niemand nachstellen, che Wirkung offenbart sich je

zumal ihr Fleisch nur ein nach Verhältnissen und Zeit

Lederbisien für berwöhnte in verschiedener Art, oft

Gaumen ist. culingen dezte durch Thun, oft durch Stille

Die alte Feldflaíce. und Selbstverleugnung.

(Eine Erinnerung an die Schlacht Sucht nach den Armen, den Marder auf Diebeswegen.

von Gettysburgh.) Kranten, den Verlassenen,

Es war eine alte Feldden Kindern, die ärmer sind, als Ihr es seid, die unzähliger Flasche mit vielen Beulen und doch nahm sie in dem Parlor Wohlthaten entbehren, welche Euch unverdient geschenkt des Napitän Donald einen hervorragenden Plaß ein. An sind. Gedenkt an das Heilandswort: „Was ihr gethan einer soliden goldenen Nette hing fie unmittelbar über dem habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt marmornen Kaminsims, wo das beste Licht sie traf, mitten ihr mir gethan.“ Jeder wird in nächster Nähe folche „Ge: zwischen den Bildern seines Vaters und seiner Mutter. Die ringste“ haben, in denen der Heiland selbst zu ihm kommt. schweren goldenen Bilderrahmen bildeten einen wunderlichen Jeder wird auch, zumal wenn Eltern und große Geschwister Gegensatz zu der verbogenen zinnernen Feldflasche. Auf der mit Rat und That helfen, herausfinden, wo und wie er einen Seite waren die Buchstaben C. S. A. eingeprägt, und Weihnachtsfreude bereiten kann, denn die rechte Liebe ist er- darüber war eine Goldplatte befestigt mit der Inschrift: finderisch. Wie durch einen Bauberichlag thun fich die ver- „Wer dieser Geringsten einen nur mit einem Becher kalten (chlossenen Spartöpfe auf, und wie viele Kinder dieselben im Wasiers träntet in eines Jüngers Namen, wahrlich, ich sage Schweiß ihres Angesichts das ganze Jahr hindurch mit saurer euch, es wird ihm nicht unbelohnt bleiben.“ (Matth. 10, 42.) Urbeit zu füllen bestrebt waren und zu diesem Zweck Unkraut Neugierig betrachtete ich die Feldflasche und wunderte gejätet, Tisch gedeckt, Staub gewischt, Gemüse gepflanzt und mich, weshalb diese wohl in dem reich ausgestatteten Prunt: später berkauft, ia, Mäuse gefangen und Stiefel gepußt haben, zimmer des alten Soldaten einen solchen Ehrenplatz einnehme,

davon tönnte ich Euch viele und erfreuliche Beispiele er- als der Napitän hereintrat. Er war ein ergrauter Herr mit zählen. Dem denket nach! Die Mädchen haben ja vor den foldatischer Haltung, meines Vaters Freund und auch der Inaben voraus, daß sie mit Stricken und Näher den Armen meinige.


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Ch. am 21. Dezember 188 .. in seiner jebigen Gemütsverfassung eine große GemütsbeLiebe Frau Käthe !

wegung, z. B. ein Schreck oder eine Freude, förderlich oder Sie müssen nicht erschrecken, daß ich Ihnen einen Brief schädlich sein? Du merkst wohl, ich studiere auch schon Batischreibe; es ist indessen von höchster Wichtigkeit, daß Sie am

enten!" Weihnachtsabend hier bei uns im Krankenhause sind - es ,,Die freudige Bewegung möchte ich mir schon für ihn bereitet sich nämlich ein großes Weihnachtswunder vor, das wünschen - aber den Schrecken will ich mir für ihn vorläufig Gottes Güte und Barmherzigkeit unserem Arthur bereiten noch verbitten.

noch verbitten.- Hast Du wohl eine Weihnachtsüberraschung will. - Ich werde Ihnen alles mündlich erzählen. Kommen für unseren armen gemeinsamen Freund geplant ?" Sie am 24. des Monats mit dem Morgenzuge, 8 Uhr, „Ja," entgegnete Helene mit freudigem Aufleuchten ihrer hier an – ich werde mit einer Freundin auf dem Bahnhofe prächtigen dunklen Augen, ,ja - 10 Gott will." fein, um Sie abzuholen. Gott geleite Sie glücklich zu uns!

Ihre Helene.

Und herrlich strahlte der Christbaum im Krankenhause

zu Ch. Alma Sturm und Helene hatten die Ausschmückung Nachschrift: Bringen Sie ja die Kleidchen mit, die

desselben besorgt, und alle Patienten waren so gesegt oder Arthur trug, als er Ihnen zum Christgeschenk beschert wurde.

gebettet worden, daß ein Strahl der Weihnachtskerzen sie D.O.

erreichen konnte. Nur Herr Doktor Plehn fehlte wie all

jährlich im Festsaale; eine hochgradige Aufregung, die sich „Ich lag in schweren Banden,

in den ersten Jahren seiner Krankheit fast bis zur Tobsucht Du kommst und machst mich los!"

gesteigert hatte, verhinderte ihn bisher an der Teilnahme So jubelte Helene aus Herzensgrund und sang es mit lieb- dieser öffentlichen Weihnachtsfeier, und selbst Helenens Zulicher Stimme dem Herrn Doktor Plehn vor, der, die Hände spruch war es nicht gelungen, diese Schwäche zu besiegen. gefaltet, neben ihr saß. Dann beugte sie sich zu ihm hinüber Dagegen aber hatte er Helene nach sanftem Drängen ihrerund flüsterte glückverheißend: „Vertrauen Sie nur getrost seits gestattet, ihn am heiligen Abend in seinem Zimmer bedem Aindlein in der

suchen zu dürfen. Krippe, lieber Herr Dot

Wie chon erwähnt, tor, Sie wissen ja: ,Hat

berrohnte Doktor Plehn dir dein' Sünd' vergeben

zwei Zimmer, die nur und heilt dein' Schwach

durch schwere Thürvorheit groß, errett't dein

hänge voneinander gearmes Leben, nimmt dich

trennt waren; jedes der in seinen Schoß' – und :

Zimmer aber hatte einen ,So du glauben würdest,

Ausgang für sich nach dem folltest du die Herrlichkeit

Korridor. Durch eine dieGottes sehen!""

ser Thüren führte Johann, Schweigend drückte

der Diener des Doktors, der tiefbewegte Greis (ein

zwei menschliche GestalGreis nicht nach Jahren,

ten in das unerleuchtete wohl aber dem Äußeren

Zimmer; zu gleicher Zeit nach) Helenens Hand, in

aber betrat Helene das andem er seufzte: „Ich

dere, in dem sie Doktor glaube, lieber HErr, hilf

Plehn bei gedämpftem meinem Unglauben!"

Lampenschein in GedanDa trat Arthur hinzu und

fen versunken in der Sofaforderte seine Schwester zu

ecke ruhend fand. Bei einem Spaziergange auf,

Helenens Eintritt erhellte indem er scherzend mit

sich des Kranken Gesicht dem Finger drohte und

sofort, und heiter rief sie etwas von Vernachläs

ihm: „Fröhliche, gesegfigung, Eifersucht u. dergl.

.nete Weihnacht!" entgemurmelte. ,,Aber Du

gen. Er drückte ihr stumm siehst doch, lieber Arthur,

die Hand und kämpfte sichtich führe nur Deinen Auf

bar eine Zeitlang mit sich trag aus,“ sprach Helene

selbst; endlich sagte er: im Hinausgehen, „und

,,Ja, ich versprach es daß es mir mit Gottes

Ihnen, und ich will mein Hilfe schon nach so kurzer

Versprechen halten. Sie Zeit gelungen ist, Deinen

wissen bereits, daß mein Patienten zugänglicher

Leiden durch eine furchtund mitteilsamer zu

bare Gemütserschüttemachen, ist das nicht ein

rung, durch einen Sdret Wunder por unseren

ken hervorgerufen wurde Augen? – Nun möchte

das Suleinod meines ich noch eine ärztliche UNIONA

Herzens, mein junges, Frage an Dich richten. Klingelingeling! Kinder, jetzt kommt herein,

blühendes, geliebtes Weib Würde Deinem Patienten Un Christkinds Bescherung Euch all' zu erfreu'n!

wurde vor meinen Augen


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Kirche gaben. „, mein Gott," seufzte der Alte, „bewahre mein Haupt Johanna stand inzwischen daheim am flackernden Herdvor dem furchtbaren Schlage und führe mir meinen Sohn feuer, über das sie den Fischfejjel gehängt hatte; und wie die glücklich heim!"

hellen Funken durch den qualmenden Rauch emporwirbelDie Frau dywieg; war doch auch ihr Herz von schwerer ten, da stiegen in ihrer Seele die Bilder aus ihrer Kindheit Sorge erfüllt.

auf. Das traurige Schicksal ihrer Eltern, mit denen sie So erreichten sie das hell erleuchtete Kirchlein und keine Erinnerung verknüpfte — war ihr von der Mutter nahmen ihren gewohnten Plaß ein. Der Gottesdienst hatte Hendrick bei der Konfirmation mitgeteilt worden. schon begonnen; jetzt schwieg das Orgelspiel, und nun klang Sie liebte die Frau und den alten, biederen Fischer

meister mit der ganzen es wie mit Engelsstim

Innigkeit ihres jugendmen vom Chore herab:

lichen Herzens; hatten sie „Vom Himmel hoch, da

sich doch ihrer angenomkomm' ich her!“

men, als sie ein kleines, Das Lied war zu

hilfloses Wesen war und Ende. Der Prediger,

sie mit treuer, aufopfernein ehrwürdiger Greis

der Sorgfalt großgezogen im Silberhaar, stand in

wie ihr eigen Nind. Und der Ranzel und verlas

nun war den alten Leuten das Weihnachtsevange

vielleicht ein schwerer lium:

Schicksalsschlag beschie„Fürchtet euch nicht :

den. Wenn Georg – der siehe, ich verkündige eud)

blühende Sohn, der Stolz große Freude, die allem

seines Vaters und die Volke widerfahren wird;

Freude seiner Mutter, denn euch ist heute der

nicht mehr wiederkehrte, Heiland geboren, welcher

wenn er doch vielleicht ist Christus, der HErr,

ein Opfer des tüdischen in der Stadt Davids ..

Meeres geworden war, und alsobald waren bei

das einst auch ihren Vadem Engel die Menge der

ter in der Kraft seiner himmlischen Heerscharen,

Jahre dahingerafft hatte! die lobten Gott und spra

Warum hatte nur Georg chen:

einen so gefährlichen BeEhre sei Gott in der

ruf ergriffen? Es gab Höhe und Friede auf

doch der sicheren BeschäfErden und den Menschen

tigungen auffester Scholle ein Wohlgefallen!"

genug

und doch Mit Andacht lauschte

schön, ritterlich dünkte es die kleine Geineinde den

ihr, mit Wind und Wellen einfachen, herzlichen Sor

zu kämpfen, das stolze ten der nun folgenden

Meer in Dienst des Predigt:

Menschen zu zwingen So oft das Weih

und die feindlichen Mächte nachtsfest seit nun beinahe

zu überlisten. zwei Jahrtausenden wieDes Weihnachtsbaums Schicksal.

Aber, wenn er nur derkehrte, ist es ein Fest

heimkehrte! Und gewiß, der Freude gewesen. Immer weiter dringt der Strahl des gött- er war nicht leichtsinnig; wenn ihm kein Unfall zugestoßen lichen Lichtes, das von der Nrippe zu Bethlehem ausging, über wäre, würde er gekommen sein. die Erde; die fernsten, dunkelsten Zonen hat es schon erreicht, Aus ihren tiefen Gedanken wurde Johanna plößlich emund allüberall — unter den Palmenhainen inmitten der glut- porgeschreckt. Draußen im Schnee stapften schwere Schritte hauchenden Wüste oder auf dem stillen Felseneiland, wie in – jest stiegen sie die Stufen empor, nun klinkte die Thür, den eisumstarrten Hütten des hohen Nordens — entzündet es und - war es wirklichkeit oder ein Gespenst — im Blutdie Flamme der Freude. Und du, lieber Christ, willst du nicht schein der lodernden Flamine erschien ein wettergebräuntes Gedie Dunkelheit verbannen aus deinem Herzen und endlich sicht, das lustig unter einer blauen Matrosenmüße hervorWeihnacht feiern mit deinem HErrn? Willst du nicht weg- schaute. werfen alle Sorge und allen Summer der Erde, um dich der „Georg !" schrie das junge Mädchen auf. – Beinahe himmlischen Freude hinzugeben und der seligen Gewißheit, hätte sie den Fischkessel umgestoßen, doch rettete sie ihn und daß die Liebe Gottes dir das höchste, herrlichste Geschenk seinen kostbaren Inhalt noch mit raschem Griffe vor dem dargereicht hat? Somm, geh mit und sieh dir die Sturze in den Achenhügel. köstliche Gabe an; tritt herzu an die Strippe zu Bethlehem. „ ,,Georg, o Gott - wie gut, daß Du kommst! Wie Durch das arme Kindlein bist du reich geworden, daß du haben wir uns um Did, gesorgt!" einst ewige Weihnacht feiern mögest in des Himmels feligen „Guten Abend vorerst!" sagte der Seemann, „wo sind Hallen."

denn die Eltern ?"


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lung darfst Du hier zu Lande überall auf Entgegenkommen alten Leute janken ihrem Sohne, wortlos vor Wonne und rechnen.“

Rührung, in die Arme. ,,Na, weißt Du, Johanna, ich will Dir's offen sagen, Johanna entflammte inzwischen die Kerzen auf dem ich habe schon eine gefunden, und ich bitte Dich nur, ein Christbaume und breitete die Geschenke aus; sie hatte alle gutes Wörtchen bei ihr einzulegen, damit sie mich nicht ver- bedacht, und nachdem man der Freude des Wiedersehens schmäht.“

ihren Tribut gezout, wendete man sich den Gaben zu, welche ,,Renne ich sie denn ?"

die Liebe gespendet. „O ja, Du wirst sie schon wieder erkennen; warte Georg betrachtete mit Staunen eine reich ausgestattete einmal, ich will Dir ihr Bild zeigen."

Brieftasche; der alte Hendrick probierte ichmunzelnd das Er zog aus seinem Reisejack einen eingepackten Gegen- gestickte Sammetfäppchen, und die Mutter prangte stolz stand hervor und begann die Papierhülle zu lösen; ein Rah- in ihrer neuen Kirchenhaube. men wurde sichtbar: voller Spannung schaute Johanna hin, Nur Johanna war diesmal leer ausgegangen. und plößlich schaute fie — ihr eigenes Gesicht in dem klei- Da ergriff der Steuermann ihre Hand, zog die Winen Spiegel, welchen ihr Georg vorhielt, während er sagte: derstrebende näher in den Lichtkreis des Weihnachtsbaumes „Die soll es werden!"

und sagte leise zu ihr: „Du bist mir noch eine Antwort auf ,,D Du Schelm, mich so anzuführen!" und verwirrt meine Frage schuldig !" und beschämt wollte sie sich aus der Küche flüchten; aber

entgegnete das Mädchen mit Festigkeit Georg hielt sie fest und fragte:

.. wenn die Eltern einverstanden Johanna, willst Du mein Weib

sind !" werden?“

Da stieß Georg einen hellen In dem Augenblicke wurden

Jauchzer aus. abermals Schritte draußen vor

,,Ja, was hat denn das zu der Thüre hörbar.

bedeuten?" rief der alte Hen,,Die Eltern, die Eltern!

drick halb erstaunt, halb unwillig Ach, wenn Dich der Vater jest sieht! Der Freudenschreck! Ver

„Das hat zu bedeuten," stecke Dich, ich will sie erst auf

entgegnete lustig der junge Schifdein Hiersein vorbereiten und

fer, „daß wir jeßt eben einig rufe Dich nachher," jagte das

geworden sind, Euch, liebe ElMädchen.

tern, zu bitten, daß Ihr uns Georg verschwand durch die

Euren Segen geben sollt zu unHinterthür in den Holzstall.

serer ehelichen Verbindung !" Gleich darauf traten Hen

„Aber, Kinder," meinte dridts über die Schwelle.

endlich der greise Fischermeister, Johanna geleitete sie in die

nach Atem ringend, während die Stube, nahm ihnen die Winter

Mutter mit dem Schürzenzipfel hüllen ab und sagte: „Es ist

an die nassen Augen fuhr, „wie auch Nachricht vom Georg da!“

ist denn das alles so schnell ge,,Vom Georg ?" fragte der

kommen? Wir haben ja keine Vater; „ist er gesund ?"

Ahnung davon gehabt, wenn,,Jawohl," entgegnete Jo

schon es unser stiller Herzenshanna, ganz gesund, und er

wunsch gewesen ist. In Gottes kann auch nicht mehr weit von

Namen denn! Du, Georg, uns sein!"

mein Sohn, hast Dir eine köst,,Gott sei Dank!" riefen die

liche Perle auserlesen. Nimm beiden Eheleute wie aus einem

sie hin und hüte und wahre sie Munde; „aber woher hast Du

als Deinen größten Schaß; und die Glücksbotschaft? Hat er ge

Du, meine Hanna, Du Treue,

Die Geburt Christi. schrieben ?"

Gute, Du wirst uns heute zum

Nach Ulbrecht Dürer. „Nein, geschrieben hat er

zweiten Male geschenkt — aber nicht; es wäre auch gar nicht nötig gewesen. Vorhin war nun als unsere wirkliche Tochter. Sei glücklich mit unserem ein Kamerad von ihm da, ein Steuermann vom Bremer Sohne und sei sein Glück, wie Deine Pflegemutter das Lloyd; er bestellte Grüße und meinte, Georg könnte jede meinige ist bis auf diesen Tag. Gottes Segen und Schutz Minute zur Thüre hereintreten.“

walte über Eurem Bunde.“ „O, mein Gott, diese Freude! Nun können wir fröh- Der Familientisch einte bald darauf die vier glücklichen liche Weihnachten feiern. Aber, wo ist denn der Steuer- Menschen zum fröhlichen Mahle, während dessen Georg mann? Warum hast Du ihn nicht eingeladen, heute abend endlich Zeit fand, auch den hochaufhorchenden Eltern seine bei uns zu bleiben?"

lepten Erlebnisse mitzuteilen. „Freilich hab' ich das," sagte Johanna; „ich will ihn Als endlich der dampfende Grog auf der Tafel erschien, gleich hereinholen.“

da erhob sich der alte Hendrick und brachte die Gesundheit des Sie wendete sich nach der Küche und rief mit klingender Brautpaares aus; er chloß mit den Worten: Mit viel Stimme durchs Haus: „He, Steuermann, kommt doch in die Rummer haben wir vorher dieses Weihnachtsfestes gedacht. Stube, die Eltern wollen sich bedanken!"

Gott aber hat uns eine große Freude beschert und Frieden in Da trat der heiß ersehnte über die Schwelle, und die unser Herz gesenkt; Ehre sei Gott in der Höhe!“ Th. Schäfer.


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willigem Blick von der anderen Seite des Weges herüber. ich nicht verraten wollte, denn er stand wieder still und schien „Wir thäten besser, ihn allein zu lassen, damit er sich sammle. sich selbst und sein Leid zu vergessen, indem er auf mich Komm, Dora !"

blickte, an mich dachte. Sie war herangetreten und zog mich mit Gewalt fort ; Theodora, erst muß ich von Dir etwas hören. Fühlst wie empört sie war, bekundete ihr Wesen, und sie brach, kaum Du Dich wohler? Hat sich Dein Befinden gebessert ? Bist ein wenig entfernt von Mar, in die Worte aus:

Du gewiß wieder ganz hergestellt ?“ ,,Vier Tage zurück, ohne zu Dir zu eilen, wahrlich, der „Vollkommen. Doch jeßt, Mar, vertraue mir Deinen Herr spielt mit Deinen Gefühlen und beleidigt unsere ganze Schmerz!“ Familie. Und wer ist er denn? Was weiß man von ihm Er machte verschiedene Versuche zu sprechen, aber verund seiner Herkunft? Vielleicht ist er einer jener bettel- gebens — das Wort schien nicht über seine Lippen zu können. armen schottischen Abenteurer."

Endlich, nach einer gewaltigen Anstrengung, sagte er: Eine heftige Erwiderung schwebte auf meinen Lippen, ,,Ich – ich habe Dir einen Brief geschrieben." aber ich hatte jeßt nicht einmal Zeit dazu, ich wollte, ich ,,Den ich nicht erhalten." mußte zurück zu Max, um zu erfahren, was ihn betroffen. ,,Nein, ich wollte auch früher, daß Du ihn erst nach Er würde es mir sagen, denn er liebte mich ja. So, ohne meinem Tode bekommen solltest. Doch habe ich meine Abein Gefühl des mir gebührenden Stolzes oder weiblichen sicht geändert. Du sollst ihn jetzt lesen. Au die Tage her Taktes, wie Penelope sich ausdrückte, machte ich meine Hand habe ich ihn mit mir herumgetragen, wenn ich über das Moor aus der ihrigen frei, und zu ihm zurücklaufend hing ich mich irrte, in der Hoffnung, Dir zu begegnen. Ich mußte ihn an seinen Arm, wie es ja mein gutes Recht war.

Dir selbst geben, und mein Herz bangte nach Deinem Anblick. ,,Bist Du es, Theodora?“

Wie habe ich mich gesehnt, Dich zu sehen! mein Kind, „Ja, Mar, Deine Theodora ist bei Dir.“ Und dann bat mein armes, geliebtes Kind !" ich ihn, mir zu vertrauen, was seine Seele bedrücke.

Nach einem kurzen Schweigen händigte er mir den Brief ,,Nein — nein — gehe heim mit Deiner Schwester." “ ein mit der Bitte, ihn erst zu öffnen, wenn ich abends allein

„Ich werde nicht von hier weichen - ich will bei Dir in meinem Zimmer sei. bleiben.“

„Und wenn der Inhalt Dich sehr angreift, wenn er Er stand still und, meine beiden Hände erfassend, sagte Dir das Herz bricht —" er mit einem erzwungenen Lächeln:

„Nichts wird und soll mein Herz brechen, sei getrost, Du bist die entschiedene kleine Dame wie immer. Aber Mar!" Du weißt nicht, was Du verlangst, nicht, was Du sprichst. ,,Du hast recht, das soll und darf es nicht. Gott wird Es wäre besser, Du verließest mich."

es in seinen gnädigen Schutz nehmen. Seßt muß ich Da wurde es mir klar, daß ein großer Jammer überscheiden." mich hereinbrechen solle. Ich versuchte, in seinem Antlig zu Wir waren ganz nahe bei Rockmount angelangt, die lesen, und eine Frage wollte über meine Lippen treten, aber Pforte war nur noch einige Schritte entfernt. Ich hatte bis dasie war nušlos; selbst in diesem Moment der Qual und Un- hin gar nicht daran gedacht, daß er mich nicht in unser Haus gewißheit zweifelte ich nicht an seiner Liebe, hatte ich nicht begleiten wolle, und als er meine Bitte ganz entschieden abnötig, daran zit zweifeln, deshalb antwortete ich kurz und lehnte, berührte es mich tief schmerzlich. Er gab mir dieselbe bestimmt:

Antwort wie schon früher einmal : ich wisie nicht, was ich „Mar, ich verlasse Dich nicht, solange ich lebe.“

verlange, nicht, was ich spreche. Dann ging ich zu meiner Schwester und sagte ihr, ich Es war fast dunkel geworden und die Luft füllte ein würde mit Doktor Urquhart heimkommen, er hätte mir etwas so dichter, feuchter Nebel, daß mir das Atmen schwer wurde. mitzuteilen, das keinen Aufschub erleiden könne. Sie ver- Doktor Urquhart bestand darauf, daß ich unverzüglich in suchte, mich mit Bitten und Gewalt zurückzuhalten, aber ich das Haus gehe, und knüpfte selbst den Schleier unter meinem widerstand mutig. Wären wir glückliche Liebende gewesen, Sinn fest, um mir die rauhe Luft fern zu halten, dann aber fo hätte es einen Unterschied gemacht, aber jetzt, da schwere löste er ihn hastig wieder, und mich anblickend, als gelte es Trübsal über uns hereingebrochen, war mein Platz mehr als einen Abschied für das Leben, fragte er zitternd : je an meines Verlobten Seite.

Penelope könnte noch lange „Willst Du mir glauben ?" ermahnt und gepredigt haben, ich würde zuleßt doch zu Mar Er hat mir später mitgeteilt, daß er in diesem Moment zurückgekehrt sein, wie ich es jetzt that.

sich und seinen Jammer, alles, was uns zu trennen drohte, Er zog meinen Arm fest in den seinen und sagte nicht ja die ganze Welt umher über mich vergaß. Und ich glaube, zum zweitenmale: „Verlaß mich !"

daß ich nicht allein fühlte, wie in einer Liebe gleich der uns„Nun, Mar, sprich — sprich schnell — mache dieser Bein rigen auch die Kraft liegt, wenn es sein muß, voneinander ein Ende!"

zu scheiden und nicht zu verzweifeln. Seine Antwort.

Als ich in das Haus trat, kam mir schon mein Vater „Was auch geschehen sein mag, vertraue es mir, wir auf dem Flur entgegen, fröhlich und hastig fragend : fönnen ja nicht eher wieder glücklich sein, als bis alles klar „Wo ist Doktor Urquhart? Penelope sagte, er käme zwischen uns ist. Angstige Dich nicht um mich, ich habe mit Dir?" Mut, alles zu hören."

Was ich geantwortet, wie der Abend verging, ob sie Er dwieg noch immer.

Mar tadelten, von dem allem weiß ich nichts. Ich bemühte „Ist es etwas sehr Schreckliches?"

mich nur, sein Geheimnis nicht zu verraten und seinen ,,Ia."

Wunsch in Betreff des Briefes wörtlich zu erfüllen; natür„Sann es die Veranlassung werden, uns zu scheiden ?" lich erwähnte ich seiner nicht, noch machte ich den Versuch,

ihn früher zu lesen, bis ich, allen gute Nacht wünschend, Ich erbebte, aber bald hatte ich mich gefaßt. Eine Tren: midh auf mein Zimmer begab, von Penelopes vorwurfsvollen nung zwischen uns beiden war ja eine Unmöglichkeit. Doch Worten begleitet, darüber, daß ich ganz lange Lichte genomtrop dieser Zuversidit muß in dem Rufe: , Mor, rede - men und ein so großes Feuer im Namin angezündet habe, sprich zu mir !" ein Ausdruck der Angst gelegen haben, den als hätte ich die Absicht, die halbe Nacht aufzubleiben


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Licht, und zum Fenster tretend, beobachtete ich den erstın Zeit, da sie so glücklich fühlt und Francis so innig zu ihr ist, blassen Morgenschimmer, der über das graue Moor dahin- über sie gekommen. Mein arines, fast gebrochenes Herz glitt, gerade wie ich es einst gethan, als ich mit Mar die schmiegte sich an das ihre, ich sehnte mich nach dem Mitgeganze Nacht am Bett meines kranken Vaters durchwacht fühl einer Frau und einer so braven Frau wie Penelope, die hatte. Wie viel er von dem „guten Doktor" hielt! Dich in früheren Tagen lange nicht genug geschäßt. Wie ich mein Vater, mein armer, armer Vater !

es anfing, weiß ich kaum, aber ich erzählte meiner Schwester Der Schmerz erfaßte mich von neuem mit heißer Hand, die ganze traurige Geschichte, und weder Mar noch ich haben ein solches Dunkel, eine solche Todesangst herrschten in es jemals bereut, denn ich glaube, es rettete mich, daß mein meiner Seele, daß ich nicht mehr Recht vom Unrecht zu Geist nicht der Nacht des Wahnsinns verfiel. unterscheiden vermochte, daß meine Gedanken sich ver- Ich sehe sie noch deutlich an jenem Morgen auf meinem wirrten und Wahnsinn mich ergriffen hätte, wenn das Ge- Bett siken, mit immer blasserem Gesicht mir zuhörend, wähbet mich nicht gerettet. Aus der Tiefe meines Jammers rend ihre Augen nicht mich, sondern die Wand anblicten. schrie ich zu Dir, O HErr, dessen unendliche Gerechtigkeit Sie brach nicht in Klagen noch Verwünschungen gegen Mar auch unendliche Milde und Vergebung nicht ausschließt, und aus; sie nahm alles in einer so stillen, ruhigen Weise hin, Du hörtest mich.

wie ich es gerade von Penelope am wenigsten erwartet hatte. „Wo sich der Gottlose bekehret von allen seinen Sünden, Kein Wort trat über ihre bleichen Lippen, bis ich mit einem die er gethan hat, und thut nun recht und wohl, der wird fast herzbrechenden Schrei rief : seine Seele lebendig erhalten."

Nun aber muß ich Mar sehen. Laß mich aufstehen, Dieser Worte erinnerte ich mich, sie umklangen mich damit ich zu May komme !" wie ein himmlischer Trost, und meinem Gott vertraute ich Da blickten wir uns an; und die Schwester nahm mich, die Seele meines Mar an.

die Tiefgebeugte, deren Lebenshoffnungen mit einem jähen Es war jest ganz hell geworden, und die kleinen Vögel Schlage vernichtet worden waren, in ihre Arme und weinte begannen den jungen Tag zu begrüßen, erst einzelne Stim- über mich. men, bis sie dann alle in einen vollen Chor des Zwitscherns „O Dora, mein armes, armes Kind!" rang fich unter und Singens ausbrachen. Wie Licht und Sang mein Herz Schluchzen aus ihrer Brust hervor. berührten! Ist ein Weh dem deinen gleich ? fragte ich Es scheint mir alles so fern, so fern zu liegen, und ich mich. Ja, ein noch größerer Schmerz hätte mich betreffen kann ruhig davon sprechen, bis mir dieses Weinen von Penekönnen, wenn ich gewußt, daß er mich nicht mehr liebte, lope wieder vor den Ohren tönt, dann ist es vorbei mit der daß er meiner Liebe unwürdig wäre, wenn ich ihn so ver Fassung. loren hätte, daß es nicht nur in dieser, auch in jener Welt Und was geschah ferner? Ja, ich erinnere mich, daß, kein Wiederfinden geben konnte.

als ich mich anzog, meine Schwester zu mir kam, mir zu Ganz erschöpft an Leib und Seele von dem Kampfe sagen, der Vater wünsche mit ihr nach den Cedern zu fahren. dieser Nacht, verlangte mich nach Schlaf, wäre es auch nur, „Soll ich ihn begleiten, Dora ?" daß er mir augenblickliche Ruhe und Vergessenheit brächte. So legte ich mich nieder, den Brief fest in meiner Hand „Du willst ihn wohl in unserer Abwesenheit sehen?" haltend. Der Schlaf jenkte sich auch bald auf mich herab, aber gräßliche Träume quälten mich, und mit einem Angstruf Sie wandte sich an der Thür noch einmal um und küßte erwachend sah ich Penelope an meinem Lager stehen.

mich innig, ehe sie ging. Ich vermute, sie glaubte, diese ZuDaß mein Vater alles erfahren mußte, darüber war ich sammenkunft folle eine gänzliche Trennung einleiten, unser mit mir einig; es gab keine andere Möglichkeit, als die volle letter Abschied sein. Wahrheit zu bekennen; und auch Mar würde gewiß dieser Sobald der Wagen fortgefahren, erhielt ich die Meldung, Ansicht sein. Ich war so überzeugt wie von meinem eigenen Herr Doktor Urquhart sei im Besuchszimmer. Leben, Mar wollte, daß mein Vater alles erführe. Selbst Und wieder erstieg Harry vor mir, Harry, der zwanzig wenn es mich hätte glücklich machen können, so würde er mich Jahre im Grabe ruhte, mein eigener Bruder, den der Mann nie zu täuschen vermocht haben, und sogar um den Preis un getötet hat, den ich zu meinem künftigen Gatten erkoren. Ich serer Vereinigung hätte er nimmer eingewilligt, meinen Va- will hier zugestehen, wenn ich dies Schreckliche vorher geter zu hintergehen.

wußt hätte, ehe er mein Verlobter war, wenn ich das, So hatte ich nie geschwankt, daß mein Vater alles wissen was geschehen, vorher gewußt, so würde, glaube ich, schon und durch mich erfahren mußte, aber es war mir nicht in den ein unwillkürliches Gefühl, die Stimme der Natur, mich 311Sinn gekommen, daß auch noch andere Erklärungen verlan- rückgehalten haben, ihn zu lieben. Jeßt aber war es zu spät, gen könnten, bis ich Penelope, halb erschreckt aussehend, an ießt vermochte nichts die Liebe in mir zu ertöten. meinem Lager bemerkte.

War es anders mit ihm ? Zwei hoffnungsreiche Leben, „Nun, Kind, was in aller Welt ist geschehen, was soll die nüßlich schaffen und wirken konnten, sollten sie für jenes dies alles bedeuten? Hier liegst Du blaß und krank und Leben geopfert werden, das nicht mit Vorbedacht zerstört war starrst mich an, als seiest Du von Sinnen, während Doktor und das nichts zurückzurufen vermochte ? Mußte es geUrquhart seit Tagesanbruch wie ein Geist in der Gegend um- schehen? Gebot es die Pflicht? hersdleicht. Wahrhaftig, ich werde mir den Herrn herholen Ruhig und gefaßt ging ich die Treppe hinab, mein Gelassen, um ihm einmal rechtschaffen meine Meinung zu sagen.“ müt war klar und einig mit sich selbst. Noch in der legten

„Nein — nein -- thue es nicht!" stöhnte ich. Und all Minute, als meine Hand auf dem Drücker der Thür lag, stieg das Entseßliche kehrte zurück, mir beim vollen Tageslichte noch ein inbrünstiges Gebet aus meinem Herzen zu Gott empor, schrecklicher erscheinend. Penelope versuchte mich zu beruhigen aus meinem stillen Herzen, in dem jeder Jubel, jedes Entmit jener mütterlichen Sorgfalt, die sie seit meiner Krankheit zücken der Liebe lange, lange verstummt, vielleicht für ewig mir bewies, und jener Weichheit, welche erst in der lepten verklungen war.

(Fortjepung folgt.)


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Im 23 Cockhause des Trappers.

„Wie, Ihr seid ein Landsmann von mir ?“ rief iener verEin Abenteuer aus dem amerikanischen Westen.

wundert. „Nun, so habe ich um so mehr Ursache, Gott zu Düster und schwer senkte sich der Herbstabend auf den Ur- danken, der mich zu Euch den Weg finden ließ!" wald herab. Dunkle Wolken jagten am Himmel dahin, und „Der alte Nilian heißt Euch willkommen!“ sprach darauf der Wind, der durch die Kronen der manches Jahrhundert der Trapper, ihm die Hand reichend. „Habt Ihr nie von mir alten Baumriesen (auste, fegte die dürren Blätter zu Haufen gehört, dem wilden Bärenjäger, wie mich die Farmer hier an vor fich auf die Erde nieder. Fernab in dieser Wildnis stand der Grenze nennen?“ segte er hinzu. am Eingange einer Thal

„Ich kann mich dessen nicht chlucht ein einsames Block

erinnern," bemerkte der Fremhaus, welches von einem Trap

de gleichsam beschämt. per bewohnt wurde. Das In

„Nun ja, freilich) — will's nere des rohen Holzbaues ent

Euch gerne glauben," fuhr der hielt einen mittelgroßen, von

andere fort. Ihr mögt eben Rauch geschwärzten Raum,

von drunten, weiter aus dem welcher zugleich als Wohnstube

Flachland kommen. Dort kenund Küche diente, an die rück

nen mich die Leute weniger. wärts eine kleine Hammer und

Doch das thut nichts zur ein Stall für ein paar Ziegen

Sache, Freund. Eure Reise sich anschlossen. Unmittelbar

hierher scheint nicht die beste über leßterm war, mit Bret

gewesen sein. Denn nach Eutern verschlagen, eine Art

rem Aussehen möcht' ich glauFutterboden, welcher durch

ben, die Strauchbiebe unseeine verschließbare Öffnung

rer Berge hätten Euch mit dem erwähnten Nüchen

zwischen ihren Nlauen geraume in Verbindung stand

habt!" und von diesem aus mit:

,,Da habt Ihr allertelst einer Leiter erstiegen

dings nicht weit gefehlt, werden konnte.

Landsmann," stimmte Der Bewohner dieses

der Ankömmling bei. Blodhauses, eine stäm

„Ich hatte auf dem Wege mige, breitschulterige

das Unglück, von einem Weidmannsgestalt mit er

Trupp streifender Indiagrauendem Bart und

ner gefangen zu werden, wetterharten Gesichtszü

und nur mit Gefahr meigen, war am Feuer be

nes Lebens gelang es chäftigt, sich seinen Nacht:

mir, aus ihrem Lager zu trunk aus Thee und Rum

entfliehen. Sie werden zu bereiten, als plöblich

mich wahrscheinlich verein Mann mit zerriffenen

folgen; darum bitte ich, Kleidern, ohne Ropfbeluth Prosley

gebt mir wenigstens so deckung, und angethan

lange Schutz in Eurer mit einem Ponko oder

Hütte, bis jene, des Suindianischen Mantel, zu

chens müde, sich wieder ihm in die Hütte trat.

zurückgezogen haben und „Verzeiht einem FlüchtWo lustig de flocken,

Nu sünd se herunner!

ich sicher über die Grenze ling,“ begann er in ge- So lies as op Soden

Kiek blot mal dat Winner,

gelangen tann." brochenem Englisch, Von Heben fick kiiseln to Eer,

Un lief mal dar buten de Pradht!

Nilian nickte ihm ge„wenn er es wagt, noch Se hüppen,

Dat glitzert

während zu. zu so später Stunde bei Se wippen

Un blitzert

Was ich zu Eurem Euch einzudringen!" Bi Dag in bi Nadit,

Us 'n wittsieden Kleed !

Schute thun tann, soll Der Angeredete wandte So lustig un fadit:

Jck weet all Befdeed,

geschehen. Ich pflege Se fam’n von de Engeln ja her.

De Süin ok, kiek blot, wo se lacht. sich um und sah den Frem

sonst mit den Rothäuten den musternd an.

gute Nachbarschaft zu ,,Ei, ei, Freund," ent

halten, und somit wergegnete er dann in trautem Deutsch, „precht nur mit mir in den sie gegen mich keinen Verdacht schöpfen. Bleibt Eurer Muttersprache ! Höre ich es doch sofort an Eurer A18- daher in meiner Hütte, so lange Ihr Lust habt. Doch vor sprache, daß Ihr ein Deutscher.seid !"

allem thut mir die Ehre an, hier mein Gebräu zu ver


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Jelegt, wenn dies einmal geschehen sei, -und hatte ich nicht

27. Seine Geschichte. chon Penelope die Thatsache mitgeteilt? — seine Freiheit, Dies wird wohl der leßte dieser „nicht abgesendeten fein guter Name, ja selbst sein Leben in den Händen meiner Briefe" sein, die Dir einst zugehen werden, wann und wie, Schwester und meines Vaters sich befänden. Entießen erfaßte weiß ich noch nicht. Es ist ja alles gut, wie es ist. mich, mir war, als wollte der Tod ihn schon von meiner Seite Du hältst es für ratsam, daß ein vollständiger Bericht reißen, und mich fest an ihn klammernd, an ihm, der mein von dem allem geschrieben werde, was bei jenem leßten ZuAlles in der Welt, der mir teurer als Eltern und Geschwister sammensein zwischen Deiner Familie und mir vorfiel, damit war, beschwor ich ihn, daß wir fliehen möchten, gleichviel man keinen meiner ferneren Schritte falsch deuten könne. wohin, bis an das Ende der Welt, nur fort, dahin, wo we- Dein Wunsch sou befolgt werden. der mein Vater noch der Arm der Gerechtigkeit uns erreichen Da aber dieser Bericht sehr ausführlich und wortgetreu könne.

sein fou, fo scheint es mir besser, ihn nicht in Briefform, sonIch muß wohl fast von Sinnen gewesen sein, daß ein dern wie eine gewöhnliche Darlegung von Thatsachen abzusolcher Gedanke in meine Seele fam. Wahrscheinlich habe ich fassen. kaum gewußt, was diese Bitte alles in sich schloß, bis May Am 9. Februar 1857 begab ich mich nach Rockmount, sich leise, aber fest aus meinen ihn umfassenden Armen los- um Theodora Johnston zum erstenmale wiederzusehen, nachmachte und sehr ernst sagte :

dem sie erfahren, daß ich vor langen, langen Jahren den Tod Es kann nicht meine Theodora sein, die diese Worte ihres Halbbruders veranlaßt, nicht mit Vorbedacht, aber in gesprochen, es lähe ihr nicht ähnlich."

der Trunkenheit, in einem Anfall von Wut ihm das Leben An seiner Seite knieend, bat ich ihn um Vergebung, raubend. Ich suchte sie auf, um ihr liebes, gesegnetes Antdaß ich auch nur einen Moment ihm eine niedrige Handlung liß noch einmal zu sehen und mit ihr zu beraten, in welcher zumuten konnte, selbst um seiner Sicherheit und meines Art ihrem Vater die schreckliche Mitteilung am schonendsten Glüđes willen.

gemacht werden könne, ehe ich den zweiten Schritt that, mich ,,Wir könnten doch nicht glüdlich sein, Theodora," er- entweder selbst dem Gerichte zu überliefern, oder der Strafe widerte er, mein Haar zärtlich streichelnd, wobei er mich mit und Sühne zu unterwerfen, die Herr Johnston über mich einem trüben, sanften Lächeln anblickte. „Du weißt nicht, verhängen würde. Ihm und seiner Familie schuldete ich was es heißt, ein Geheimnis gleich einer schweren Last auf sei- mein Leben, und sie sollten darüber verfügen, wie es fie ner Seele zu haben. Ich fühle mich jeßt schon freier und recht dünfte. leichter als die ganzen zwanzig Jahre her. Laß uns die In dieser Absicht kam ich zu Theodora. Ich kannte sie Stunde bestimmen, wann ich heute abend herkommen soll, gut genug, um zu wissen, daß sie mir ihr Mitgefühl, ihre mit Deinem Vater zu sprechen."

Vergebung bei diesem leßten Abschied nicht versagen würde Bei diesen Worten wurde er totenbleich, selbst aus sei- und daß, obwohl das Blut, welches meine Hand befleckte, nen Lippen wich jede Farbe, dennoch suchte er mich zu das ihres Stiefbruders war, sie trofdem mich nicht weniger trösten.

gerecht, mild und christlich richten würde, als wenn es das „Angstige Dich nicht so, mein Kind! Sieh, ich bin nicht eines ihr ganz Fremden gewesen wäre. Ja zu der Christin verzagt. Mich kann nichts Schlimmeres betreffen, als was trat ich hin, wie ich mich früher schon einmal mit einer wichich schon erlitten habe. Einst habe ich mich feig benommen, tigen Frage an sie gewendet, auch zu der Frau, die meine aber da war ich fast noch ein Knabe, der kaum Recht vom Freundin gewesen, mit all den heiligen Rechten, welche dieUnrecht zu unterscheiden vermochte. Jeßt sehe ich ein, es ser Name verleiht, ehe sie meinem Herzen noch mehr wurde. wäre besser gewesen, wenn ich gleich die volle Wahrheit be- Aber ich fand auch jeßt nicht nur in ihr die Freundin, kannt und meine Strafe auf mich genommen hätte. Viel- auf die ich von allen Menschen am meisten redinen konnte, leicht wäre das Urteil ein milderes geworden als Todes- ich fand die Frau, die mich liebte, die einzige, welche ich je strafe, und selbst wenn es so gelautet, hatte ich den Tod geliebt, je zum Weibe begehrt hatte und die, da sie mir ihr verdient.“

Herz gegeben, ehe dieser harte Schlag auf uns fiel, ehe die ,,Mar — Mar!"

schreckliche Entdeckung gemacht wurde, auch jeßt mit gleichen „Stil!“ Er schloß meine Lippen, daß kein Jammer- Gefühlen an mir hing, in dem festen Glauben, daß Gott (chrei hervordringen konnte. ,,Die Wahrheit steht höher als selbst uns zusammengeführt habe und gewiß nicht zugeben das Leben, ja selbst höher als ein guter Name. Wenn ich werde, daß man uns trenne. nur Deinem Vater erst ein offenes Bekenntnis abgelegt habe, Wie sie mir dies verständlich machte, mich davon zu dann wird alles andere leichter zu tragen sein. Seiner Ent- überzeugen sich bemühte, werde ich hier nicht näher berühren, scheidung unterwerfe ich mich unbedingt, er hat ein Recht, da es ja nur uns beide betrifft.

da es ja nur uns beide betrifft. Als ich zuleßt überwältigt jedes Dpfer von mir zu fordern. Theodora", – seine tiefe an ihrer Seite kniete und ihre Hände Füßte – da fühlte ich, , Berpegung erstickte fast seine Worte — ,fage es ihm einst, in daß meine Miffethat vergeben sei, daß Gott der Allgütige späteren Zeiten, wenn ich Dich hätte mein nennen dürfen, Gnade an mir geübt habe; es wurde mir klar, daß, während würde er nie einen Sohn vermißt haben. Dein armer, ar- ich alle diese Jahre hindurch meinen eigenen schmerzensreichen mer Vater !"

Weg der Buße und Sühne verfolgt hatte, nach jeder GeleDas waren fast die legten Worte, die Mar in dieser let: genheit haschend, Gutes zu thun, um meine Sünde dahinter ten Stunde, die wir zusammen verlebten, sprach). Lange zu bergen, er mich ießt auf einem andern Pfade zum Ziele hielt er mich schweigend in seinen Armen, als könne er mich führte, indem er mir dieser edlen Jungfrau Liebe sandte, nicht von sich lassen; ich hatte meine Augen geschlossen, und zuerst mich zu trösten und zu erheben und dann mich durch der Sonnenschein, der Blumenduft, das laute Singen der sie bis in das tiefste Herz zu treffen, bis ich verwundet, ganz beiden Kanarienvögel, die im Gewächshause hingen, berühr- gebrochen am Boden lag, um nun nach jenem leßten, ten mich, als sei ich in einem Traum befangen. Dann legte schwersten Schlage wieder gesund und erhoben zu werden. Mar mich sanft auf das Sofa nieder und ließ mich allein.

Jeßt zum erstenmal fühlte id) die Möglichkeit, daß idh Seitdem bin ich stets allein gewesen, Gott nur weiß, wie wieder vollkommen genesen könne. Ihr Vater möchte inich allein.

zum Tode verfolgen, der Arm des Geseges mich ergreifen, Das übrige kann ich heute nicht berichten.

mein guter Ruf, der mich bis jeßt so wohl geschüßt, konnte


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tra. (Ab- nämlid; feine Pfeife in der Weise, daß er einen kleinen Sand

bildung hügel oben mit einer fraterförmigen Höhlung formt, diese S. 406.) mit Hanf, Tabak oder sonst etwas Brennbarem anfüllt, eine

Damit Kohle darauf legt, ein Rohr durch den Sand bis an den wären wir Rauchstoff steckt, sich dann auf den Bauch legt und sich nun nun schon dem ,,Tabatbei den saufen" hin

Damenpfeife

mit Etui aus wilden giebt. (Ab

Elfenbein. Völfern Asiens an- bildung S. gekommen, müssen 406.) Ans aber, ehe wir von

dere südafridiesem Erdteil schei- kanische

Männerpfeife, in Metall eingelegt. den, noch einige Stämme sind

Japanische Pfeifen. höchst sonderbare in Sachen der Pfeife weiter vorgeschritten. Ihre Pfeifen aus Rauchapparate bei Büffel-, Antilopen- und sonstigen Hörnern besigen keine

anderen asiatischen Spiße, sondern werden mit der breiten Öffnung des Hornes Pfeife aus Neu-Guinea.

Volksstämmen er- an den Mund geseßt, worauf unter bedeutender Anstrengung (Bambusrohr mit eingebrannten Verzierungen.)

wähnen.

der Lungen die Aufsaugung des Rauches aus den in die

Der Nirgise Rohre eingesteckten Röpfen beginnt. (Siehe Pfeifen am bohrt in einen Hammelknochen seitwärts ein Loch, füllt die Rande des Betschuanenbildes.) Auf dem Bilde S. 407 Markröhre mit Tabak und ichmaucht. Äußerst einfach ist sehen wir eine ganze Sammlung afrikanischer Pfeifen, die auch die aus einem ausgehöhlten Wurzelstock hergestellte

zum Teil deswegen merkwürdig sind, weil an fibirische Pfeife. (Abbildung S. 407, Fig. 2.) Neben

dem eine menschliche Gestalt darstellenden Rohre ihr nimmt fid, die andere in Sibirien gebräuchliche, eben

zwei Köpfe sißen (Fig. 13). Die zierlichsten falls hölzerne Pfeife mit Zinnbeschlag und rohen Sdiniße

Pfeifenköpreien (Fig. 1.) wie ein Kunstwerk aus. Hier

fe finden sich sehen wir auch (Fig. 3.) einen hölzernen

in Timbut

2 Vorstreder zum Sdus und zur Reinhaltung

tu. (Fig. des beinernen Mundstücks.

1.) Eine ei Der Ja kute, der nicht immer Tabak

gentümliche kaufen fanin, füllt seine Pfeife mit Holzspänen,

Trompetendie er mit einigen Tabaksblättern würzt. Bei

pfeife, deren vielen asiatischen Völkerschaften, z. B. den

oberer Teil Birmanen, beteiligen sich auch Weiber und

mit EisenKinder am Rauchen. Ferner sind bei den Chinesisch - turkestanische Opiumpfeifen aus Messing und Leder (1). Bambus (2) und draht umKoreanern Männer und Weiber der „Huhka“ Horn (3). 4. Noreanische Tabaksfeife Huhka aus Metall mit Holzrohr. 5. Metallpfeise wunden

aus Tibet. 6. Pfeifenetui. 7. Chinesisches Tabakspfeifchen. Veridhiedene genannten Tabakspfeife ergeben. (Abbil

asiatische Pfeifen.

wird, ist am dung S. 406, Fig. 4.)

Niassajee Wenden wir uns nun dem „Schwarzen Erdteil“, Afrika, gebräuchlich. (Fig. 5.) Andere Pfeifen, „Niko“ genannt, zu, so steht so viel fest, daß auch die afrikanischen Völker schon bestehen aus einem bauchigen ausgehöhlten Flaschenkürbisse, vor der Entdeckung Amerikas geraucht haben; freilich keinen dem ein Pfeifenkopf aufgeseßt wird.

dem ein Pfeifenkopf aufgelegt wird. (Fig. 9.) Den KürTabak, sondern berauschenden Hanf. Dabei gingen sie sehr bis füllt man mit Wasser, den Kopf mit Tabak und saugt urwüchsig zu Werfe, wie man das heute noch im Betchu - nun entweder an dem engen Halse des Kürbisses, oder an dem ana-Lande sehen kann. Ein Betschuane konstruiert sich eingeführten Holzrohre.

Höchst merkwürdig sind auch die Pfeifen der Urbewohner Australiens. Hier finden wir die hölzerne Löffelpfeife mit Vogel

Opiumraucher von knochenrohr bei

Sumatra. den Eingebore- nen Neusee- lands und den hölzernen Nasen- wärmer der Pa- puas von der Roon-Insel, fo- wie endlich die

wunderlichen Rauchgeräte der Bewohner Neu-Gui- neas. (Abbildungen S. 406 und 407.)

Bei allen diesen Völ- ferschaften ist aber das

Tabaksrauchen immer
Betichuane, aus einem Sandhaufen rauchend.

nur ein, wenn auch sehr

Genußmittel.

Opiumraucher von Java.


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Wann war der Oberförster vom Hause fortgegangen?" mir gut. Hoffentlich werde ich noch einmal meine eigene ,,Der Herr Oberförster war, Gott sei Dank, zu Hause Farm bekommen, dann wird mir's besier gehen." Das war und hatte schon das Haus seiner Mutter erreicht, als wir das leßte, was die Mutter von ihrem Kinde gehört hatte.

andern kaum in den Kleidern waren.“ Die Mutter sißt am Tische, hält das Bild ihres Schmer- Der Arzt schüttelte den Kopf zu dieser Rede. Johann, zenskindes in der Hand und hat die vergilbten Blätter des Du verstehst mich nicht.“ Briefes von ihres Sohnes Hand aus der Schublade ge- ,,O, ich verstehe den Herrn Doktor wohl. Also als nommen, ohne daß sie selber recht weiß, was sie zu dem der Herr Oberförster ins Zimmer trat, lag der junge Herr Brautgeschmeide auf den Tisch gelegt. Das gehört wohl da in seinem Blute und alles zusammen: Brief, Bild und Brautgeschmeide, und ,,Aber Johann, Du sagtest doch, der Oberförster sei der Mutter Thränen gehören dazu, die strahlen wie die erschossen." Perlen des Geschmeides im Lampenlicht und perlen her- „Nein, Herr, das sagte ich nicht, sondern ich sagte, daß nieder auf Gold und Edelstein.

der junge Herr erichossen sei.“ Dann kam die Hanna herein, die alte Magd, und sie Der Arzt schüttelte bedenklich den Kopf über die wirre beteten miteinander den Abendsegen, wie sie es gewohnt Rede des Mannes und fuhr fort: „Aber, Johann, nun sag waren; und die Thränen der Witwe waren stille, und stille mir doch endlich, wer denn erschossen ist?“ war ihr Herz, ganz stille wie der Frühlingsabend. Die ,,Der junge Herr." lichten Sterne droben redeten heilige Stille, und die Abend- Wer ist Dein junger Herr ?“ schatten und der nahe Wald predigten heilige Stille.

„Ei, Herr Doktor, des Herrn Oberförsters jüngster 2. Gine dunkle Nacht.

Bruder, Herr Otto Wiebald.“ Uch allbarmherz’ger Hirte,

Wieder schüttelte der Arzt bedenklich den Kopf und Ich kann nicht von dir fort,

sagte: „Johann, nimm's nicht übel, aber ich glaub', daß Du suchst ja das Verirrte,

bei Dir hier oben etwas nicht ganz richtig ist. Otto Wiebald Drum seufzt mein Mutterwort:

ist ja seit acht Jahren in Amerika, und wenn er heimgekehrt Hilf du der Mutter sudien

wäre, hätte mir der Oberförster, mit dem ich noch vorgestern Ihr irrend Herzenslamm, Sonst mußt du's ja verfluchen.

gesprochen habe, es sicher erzählt." Ud führ's zum Kreuzesstamm.

„Ia, Herr Doktor, darum sage ich: wie das alles zuEin rasches Gefährt rasselte über das holperige Pflaster gegangen ist, das kann kein Mensch sagen; aber das weiß des Städtchens. Der Herr Doktor blickte fragend zum ich ganz gewiß, daß der junge Herr, Herr Otto wollt' ich dunklen Fenster hinüber und Hüllte sich dichter in seinen sagen, leibhajtig in seiner Mutter Stube lag und durch die Schlafrock. Näher rasselte das Gefährt und hielt plößlich Brust geschossen war, und deshalb muß er wohl aus Amestille. Vor meiner Thür!" brummte der Doktor in den rika heimgekehrt sein." Bart. „Eben hat man es sich gemütlich gemacht, dann

Vor dem ersten Häuschen im Dorf hielt der Wagen kommt'a daher gepoltert. Schon hat der Wädyter zwölf still. Die Thür öffnete sich.

öffnete sich. Der Oberförster Wiebald gerufen. , Angenehme Ruhe!' rufen sie andern Leuten zu. reichte schweigend dem Arzt die Hand und führte ihn ins Dem Arzt können sie eine angenehme Landtour wünschen.“ Haus. In der nächsten Minute stand dieser am Bette des Dann fuhr er mit der Hand über die Stirn, als wollte er Verwundeten und untersuchte die Wunde. Die Kugel war die bösen Gedanken verscheuchen, und schüttelte den Kopf,

in die Brust gedrungen und saß eben unterhalb der Lunge. als wollte er zu sich selber sagen: ,,Schäme dich deines

Der Arzt versuchte sie herauszuziehen. Eine Zeit lang Murrens und freue dich deines Amtes!" Und schon öff- war seine Mühe vergebens; plöblich hielt er in der Hand, nete er das Fenster, denn es wurde heftig an der Nachtglocke was er suchte. gezogen.

„Wenn jeßt keine Verblutung eintritt, dann ist es ,,Wer ist da?"

möglich, daß die Jugendkraft den Sieg behält. Aber, . ,, Rasch, Herr Doktor, sehr rasch !"

Wiebald, laß Johann eilig zur Stadt reiten und Eis ,,Wer sind Sie ?"

holen.“ „Oberförster Wiebalds Johann! Rasch, Herr Doktor,

Wir haben's im eigenen Giskeller. er ist erschossen."

,,Umso besser. Laß es sofort herbeischaffen. “ Der „Erschossen?"

Arzt träufelte dem Verwundeten, der wie eine Leiche dalag, Der Doktor hatte das Fenster zugeschlagen, daß die einige Tropfen einer dunklen Flüssigkeit auf die Lippen. Scheiben klirrten. Er hatte sich rasch bereit gemacht und

Er schlug die Augen auf, um sie sofort wieder zu schließen. stand nach wenigen Sekunden unten. Der starke Mann

Der Arzt hatte die Wunde rein gewaschen und das Blut zitterte, denn die Familie des Oberförsters war ihm innig gestillt, hatte sich selber die Hände gewaschen; dann wandte befreundet. „Erschossen, sagst Du, Johann?"

er sich zu dem Oberförster: „Wo ist Deine Mutter?" ,,Ja, Herr, erschossen. Er liegt im Hause der alten Sie liegt im Fremdenzimmer und fällt von einer OhnFrau Oberförsterin. Durch die Brust geschossen, Herr macht in die andere. Mein Schwager und die Frauen find Doktor. Aber sie meinten, daß noch Leben drin sei."

bei ihr.“ Als sie das Straßenpflaster hinter sich hatten und Sie gingen ins Fremdenzimmer. Lautes Schluchzen Oberförsters kräftige Rappen auf dem Landwege in rasender und Wehklagen empfing sie. Der Arzt untersuchte die

die .. Eile dahinbrausten, legte der Doktor dem Johann die Hand Ohnmächtige und schickte Johann mit Rezepten zur Apotheke. auf den Arm und sagte: „Nun, erzähle mir doch, Johann, Dann bat er die Frauen, nach Hause zu gehen, er selber wie es zugegangen ist.“

mit dem Oberförster und dem Herrn Pfarrer würde die


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2. Rätjeljragen.

Dies und das. 1. Mit welchen zwei Konsonanten kann man einen deutschen

Eine Holzmine. Statt in die Wälder zu gehen, dort Fluß bezeichnen?

Bäume zu fällen und sie für die Sägemühle zurecht zu sägen, graben 2. Mit welchen zwei Konsonanten kann man unsere Heimat bee die Arbeiter in Cape May, New Jersey, ihr Holz aus der Erde. Vor nennen?

langen, langen Jahren ließ ein dichter Cedernwald um Cape May 3. Mit welchen zwei Konsonanten kann man Besißtum aus. seine Zweige vom Winde sanft hin und her wiegen. Dann durch, drüden ?

brach wohl in einem furchtbaren Sturme das Meer seine Schranten, 3. Aufgabe.

zerwühlte den Boden, wo die Waldriesen Wurzel gefaßt hatten, und Aus den Wörtern Winde und Lawine sind durch Buchstabenver:

legte sie nieder. Durch ihre eigene Schwere janken sie immer tiefer Teßung zwei Namen zu bilden.

in das aufgeweichte Erdreich ein, bis endlich keine der „gefallenen

Größen“ mehr sichtbar war. Eines Tages stieß ein Arbeiter, der in 4. Redenaufgabe.

dem Sumpfe zu thun hatte, auf einen solchen Cedernstamm; er grub Eine Bauersfrau verkaufte 20 Enten, eine andere 12 Gänse. Sie

ihn aus und fand, daß er noch ebenso gesund und brauchbar war, lösten gleichviel Geld; der Preis einer Gans aber war um zwei Drit

als sei er eben erst gefällt worden. Cedernholz steht im Preise sehr tel höher als der einer Ente. Wie hoch tam jede Art dieses Ves

hoch, und von da an wurde das Ausgraben der versuntenen Stämme flügels?

jeden Sommer in großem Maßstabe betrieben. Man geht dabei so 5. Aufgabe.

zu Werke, daß man eine lange Eisenstange in den weichen Boden Wie kann man mit 6 Streichhölzchen einen großen Fluß dar- hineintreibt ; stößt man auf Holz, so wird gegraben, bis der Stamm stellen?

bloßgelegt ist, dann wird er herausgehoben und zur Sägemühle ges

fahren. Die meisten Bäume liegen zehn bis zwölf Fuß unter der Nuflösungen der Knadnüsse in Nr. 17.

Oberfläche, doch hat man auch schon einige bei einer Tiefe von 90 1. 1) Das Neujahr, denn das dauert nur 3.

C

Fuß gefunden. einen Tag. 2) Die Karpaten. 3) Der

t

Eine eigenartige Grabichrift. Einem kleinen Mäd. Mensch ist zur Arbeit bestimmt, das N

pp

chen, welches der liebe Gott im zarten Alter von nur fünf Monaten Schachbrett zum Spiel.

C

schon wieder zu sich genommen hatte, seßte man als Jnschrift auf 2. 648 Nüsje; ein Kind bekommt soviel

t in t seinen Grabstein die sinnigen Worte: „Da aber die Taube nicht fand, wie das andere.

u no da ihr Fuß ruhen konnte, kam sie wieder zu ihm in den Kasten.“ 4. Kaffeekränzcheni.

(1 Mose 8, 9.) Auflösungen gingen ein von Fr. M. Böttger, St. Louis, Mo.; Doppeltes Pech. „Ach, Mama, heute ist aber ein böser Albert Ziebarth, Funt, Nebr. (Nr. 4: Rosenkranz; Dein Vater ist wohi Tag,“ seufzt der kleine Friß schwer. „In der Schule Geographie, ein Gärtner?); W. Janssen, Wentworth, S. Dak. (Nr. 4: Bierkränz- und zu Mittag giebt's auch noch Graupensuppe !" chen; Brauerssohn?) Macht aber nichts, nur frisch drauflos ge

Die armen Sinder. (Annonce.) Gesucht wird ein braves raten!

Mädchen, das Kinder pflegen und bügeln kann.

Aronprinz und Wanderbursche. Zum Kronprinzen, später als Mönig von Bayern Ludwig I. genannt, trat eines Abends ein Wanderbursche mit der Bitte um Unterstüßung. „Hoho,“ bemerkte der Pring, „Sie sind nicht von hier.“ „Nein, ich bin aus Sachsen.“ „Wie kommt's, daß Sie betteln ? „Ja, schauen's kutes Herrchen, daran is de Bolezei schuld. Ich bin bereits ausgeschlagene fünf Dage in München, un die Bolezei visiert mein Wanderbuch nich. Sie bestellt mer immer auf den folgenden Dag un wird grob, wenn ich Vorstellungen mache.“ Der Kronprinz schüttelte den Kopf, gab dem Sachsen einen Gulden und bestellte ihn zum folgenden Tage pünktlich 11 Uhr auf die Polizei. — Als andern Tages der Handwerker ins Büreau eintreten will, klopft ihm sein Bekannter vom vorigen Tage auf die Schulter, nimmt ihm das Wanderbuch ab und sagt zum Beamten, sich das Taschentuch vor das Gesicht haltend : „Mein Herr, ich will visiert sein; ich warte schon 5 Tage darauf, habe keine Arbeit und kann doch nicht aus München fort.“ Dhne aufzusehen, schreit der Beamte ihn an: „Halt er das Maul, sonst wird er“ – „Gemach!“ unterbricht ihn der Kronprinz. „Sehen Sie,

wen Sie vor sich haben !" Der Schreck des Beamten war natürlich groß. Tags darauf ward er trop aller Vitten mit zehn seiner Soller gen seines Amtes entsept.

linverbesserlid. Bei einem Souper hat eine lebhafte Dame einen schüchternen Herrn zum Tischnachbarn. Nachdem ihr alle Versuche, aus ihm etwas mehr, wie „ja“, „nein“ und „ich weiß nicht“ herauszubringen, mißlungen sind, fragt sie schließlich, als Klaviertöne aus einem Nebenzimmer erklingen: „Spielen Sie Klavier ?" — „Nein, ich nicht.“ antwortet er - „das thut jemand im Nebenzimmer !"

Ein merkwürdiges Edo. Fremder: „Das Echo hat etwas ganz anderes nachgerufen, als ich gesagt habe.“ Führer: „So schreiens halt noch einmal, aber recht laut, der Moossepp hat Ihnen net recht verstanden!“

Recht angenehm. Zahnarzt (zum Gehilfen, der einem Herrn einen Zahn ziehen soll): „Den Herrn mußt D’recht liebenswürdig behandeln – der hat noch’n ganzen Mund vol !"

Gast (zum Kellner, nachdem er ein sehr hartes Huhn belommen): „Ist vielleicht aus Versehen – ein Wetterhahn gebraten worden ?"

Für die Abendschule von Medicus. Unser Sausarzt ist bereit, allgemein gehaltene Fragen im Sprechsaal zu be

Vorsicht, da bei den hierzu nötigen Bewegungen die erstarrten Glies antworten, wenn man sich an ihn wendet unter der Adresse :

der leicht gebrochen werden. Hat man Schnee zur Verfügung, so Hausarzt, c. 0. Dr. H. Duemling, Ft. Wayne, Ind.

umgiebt man mit diesem den ganzen Leib des Verunglüdten; an den Stellen, wo derselbe schmilzt, wird er durch neuen erseßt. Ist

kein Schnee in der Nähe, so wendet man statt desselben in Eiswasser Zum neuen Jahr! Das walte Gott, der helfen kann!

getauchte Tücher an, mit denen man denselben vollständig umgiebt, Mit Ihm fang' idy niein' Urbeit an,

auch talten Sand, also überhaupt schlechte Wärmeleiter, mittelst

deren es möglich ist, den Erfrorenen langsam auftauen zu lassen. Mit Ihm nur geht es glücklich fort,

Diese Behandlung wird nun so lange fortgeseßt, bis Weichheit und
Drum ist auch dies mein letztes Wort: Das walte Gott!

Biegsamkeit der Glieder sich wieder zeigt. Ist das erreicht, so wird

der Verunglüďte abgetrocknet, und durch künstliche Atmung, zwischens Unfang und Mitte samt dem End'

hinein durch Reiben mit kalten Tüchern die Lungen- und HerzthätigStell' ich allein in Gottes Händ'.

keit wieder herzustellen versucht. Sie geschehen stets von unten nach Er gebe, was mir nützlich ist,

oben, von den Außenteilen gegen das Herz hin. Daneben wird verDrum spredi' ich and 311 jeder Frist:

sucht, durch Nipelrr-von Schlund und Nase mittelst eines Federbarts Das walte Gott!

Brech- oder Atembewegungen auszulösen, ebenso dadurch, daß man Hilfeleistung bei Erfrorenen. Man bringt den Verunglüdten in den Verunglüdten schüttelt, ihm laut in die Ohren ruft, ihm vorüeinen talten, jedoch vor dem Winde geschüßten Raum, in eine bergehend Salmiatgeist unter die Nase hält, alles Mittel, welche Scheune, einen þausflur u. dgl. und entkleidet ihn hier mit großer dazu bestimmt sind, erregend auf das Nervensystem zu wirken und


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„Versteht sich, vollkommen!"

„Was Du sagst!" rufe ich aus, denn seine Antwort ist mir sehr überraschend. „Minenregionen sind doch rohe Gegenden.“

„So sagt man, und auf manche Minengegend mag das auch passen, aber unser Volk ist ein durchweg gesittetes Volk.“

„Kommen hier denn nicht täglich Diebstähle und Raubmorde vor?“

„Nicht einmal jährlich.“

,,Da seid ihr ja besser ab wie die Leute in Chicago, St. Louis und New York.“

„Was Raub- und Mordfälle anbetrifft, da sind wir es auch."

„Wie kommt es aber, daß diese Gegend in den Verruf der Roheit und Wildheit gekommen ist?"

,,Früher mag es hier vielleicht roh und wild hergegangen sein, und davon ist uns der Name geblieben. Heute ist diese Bezeichnung durchaus unzutreffend."

Diese Erklärung diente sehr zu meiner Beruhigung. Später habe ich seine Behauptung durchweg bestätigt gefunden. Ein alter Bekannter fragte mich gleich nach der Begrüßung in seiner gutmütig derben Weise:

,,Haben Sie nicht gedacht, als Sie hier hertamen, Sie würden gleich abgemurfst werden?“

Idi gestand beschämt zu, ähnliche Gedanken gehabt zu Die Natiirliche Wand südlidy von Calumet. (S. 429.)

haben.

„So denkt jeder, der hier herkommt, aber gehen die BeNebenmann meine Unbedachtsamkeit sich bereits zunuß ge- fucher fort, so haben sie eine weit bessere Meinung über macht und mir mein weiß ichimmerndes Metall entivendet

uns.“ hat. Nein, es ist noch da; ich spür' es an der Härte. Aber

Was mich betrifft, so kann ich diese Worte bestätigen. nur ja nicht damit flimpern, sonst merkt er was.

Id habe die Leute dort oben, besonders aber unser deutsches In Hancock steigen viele Leute aus. Auch mein Neben

Christenvolk, als ein gesittetes, freundliches, friedliebendes, mann verläßt mich. Ein Gefühl der Vereinsamung über- fleißiges Völkchen im Gedächtnis. komint mich. Nun soll ich 'noch zwölf Meilen unter diesem

Endlich stiegen wir in Calumet aus, und H. brachte mich Volke fahren, und ich bin schon so müde, hungrig, durstig, eiligen Schrittes zu „Muttern“, der lieben Frau Pastor. staubig. Der Wasserbehälter im Zuge ist leer, der Inhalt Dort gab's dann Erquicung, Erholung und Belebung. meiner Flasche erschöpft. Das legte kurze Ende wird noch

Das lekte kurze Ende wird noch Nach einer Stunde fühlte ich mich in der Kupferregion vouCas schwerste werden.

kommen zu Hause und war nicht im geringsten mehr um Da legt sich eine Hand mit leisem Druck auf meine

meine persönliche Sicherheit und um mein weiß schimmerndes Schulter — eine zarte, weiße Hand. Ich schaue die Hand Metall besorgt, aber zu einer Exploration der Gegend hatte an und dann den Arm hinauf

, und dann höher, noch höher, ich nicht die geringste Lust, obwohl H. gleich mit mir losund da oben sehe ich den Sopf meines „langen“ Freundes H. ziehen wollte. Wenn man sechsunddreißig Stunden gereist Er ist von Calumet mir entgegen gereist, und wir begrüßen ist, hat man ein Bedürfnis nach Ruhe. uns hier in Hancock, mitten unter den Finnländern, Franzosen und Dänen mit deutschen Worten, in deutscher Weise.

Die Mineral Nange ist vielleicht die fürzeste Bahn der Welt. Sie ist eine reisbahn, und ihr Geleise ist ungefähr dreißig Meilen lang. Das Hauptgeleise führt nach Red Jacket und das andere an den Ufern der Houghton Strait entlang nach Lake Linden. An diesem Geleise liegt Dollar Bay mit der Sägemühle, welche Baumstänıme zum Verschalen des Minenbaues herrichtet.

Ich aber fahre über das Hauptgeleise. Die Lokomotive zieht los, fängt aber gleich an zu fauchen, daß der Dampf zischend durch die Ventile entweicht.

Was fehlt ihr denn?“

,,Sie muß bergan ziehen, denn bis Caluniet steigt das Geleise.“

„Liegt denn die Stadt auf dem Berge?“
„Nein, aber auf dem Höhepunkt des Plateaus.“
,,Wie es scheint, herrscht hier ein reger Personenverkehr ?"

„Es sind Arbeiter und Ausflügler und sonstige Reisende."

Dollar Bay. (S. 126.)


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Etwas Seltsames fällt dem Beobachter an den schwar- kommt es wohl, daß auch heute noch seine Wellen wie aliszen Sandsteinschichten auf. Diese sehen dem Schiefer nicht gelassene Schulknaben sich übermütig überpurzeln. unähnlich und erstrecken sich in riesigen, drei Fuß dicken Und doch wie seltsam! Während in Calumet kein noch Schichten von Süden nach Norden, senfen sich aber alle nach fo tiefer Schacht Wasser trifft, sprudeln bei Hancock und östlich Westen zu (eigentlich Nordwesten), als ob eine riesige Macht von Calumet an den Bergen liebliche Quellen hervor und das Nordwestende nach unten gedrückt hätte. Diese Schichten laufen als fühle klare Bächlein hinab, Menschen und Tiere erstrecken sich in sechs bis fünfzehn Fuß Abständen bis unter zu laben und zu erquicken. Wer erklärt diesen Zwiespalt der den Superiorsee. In der Umgegend Hancocks ist dieses Natur? Phänomen ganz besonders auffallend. Geologen stellen Im Sommer ist es angenehm fühl und warm, im allerlei Hypothesen auf, um es zu erklären. Danach Winter aber grausig, stürmisch und falt. Dann braust der foll das Wassergewicht des Superior diesen Druck bewerk- Nordwest und Nordost, dann brüllt der Superior, bis das stelligt haben. Die Wassermasse des Superior soll vor Eis ihn gewaltsam zur Ruhe bringt, und der Schnee bedeckt Äonen und Aberäonen (!) Jahren einen unterirdischen See ge- Pflanzen und Sträucher fünf bis sieben Fuß hoch. Das bildet haben, der durch diese Steinschichten überdacht war. Bahngeleise muß zuweilen 10 bis 25 Fuß tief ausgeworfen Als aber einstmals die Erde heftige Konvulsionen bekam, werden, damit die Züge passieren können. . oder als der beständig eingeschlossene Wasserdunst durch sub- Ungefähr drei Meilen südlich von Calumet befindet sich terranische Feuer erhişt fich als Dampf evolvierte, gab's eine der naturwunderliche Stolz der Einwohner, die Naturgigantische Detonation, welche die Feldichichten barst, und wand. Fast scheint es, als ob menschliche Hände die sofort erfolgte eine aquatische Eruption. Hui, wie mögen riesigen Granitblöcke nach dem Winkeleisen gemessen, mit da die Wassermassen zum Äther gesprudelt sein! Aber das Meißel bearbeitet und nach allen Regeln der Baukunst aufWerk war geschehen. Die allschaffende, „sich stets aus sich einandergelegt haben, und doc) ist nur Gottes Hand stark geselbst erneuernde“ Natur hatte den Superiorsee geschaffen. nug, einen solchen Bau zu vollbringen. Aus dem Berge Das Gewicht des oben sich sammelnden Wassers drücfte die hervor erstreckt sich die Wand in die Schlucht, in welcher ein Felschichten in die unten entstehende Höhlung und stiftete so frystallklarer Quellbach von Stein zu Stein hüpft und mit das Phänomen, damit die Geologen späterer Zeit doch seinem plätschernden Gemurmel die Waldstille belebt. An Stoff zum Schwagen hätten. Nun denke dich da hinein, seinen Ufern springt und zetert das Eichfäßchen, und über ihm lieber Leser, und dann bewundere den Scharfsinn der Ge- nisten und zwitschern die Waldvögel in den Ästen der Bäume. lehrten. Ist die Theorie nicht furchtbar einfach? Wie wohl Die Jahrhunderte haben ihre Wetterfurchen dem harten Gemuß das dem Wasser bekommen sein, als es plößlich aus stein eingegraben, dasselbe schimmert in allerlei Farben und seinem unterirdischen Sterker hervorsprudeln durfte! Daher nötigt jedem Beschauer Verwunderung ab.

Das Mutterherz und der Mutter Brautgesd meide. .

Fortsetzung statt Schluß. Die Oberförsterin mußte hinausgeführt werden. Der Der Oberförster zog dem Leidenden die Kissen zurecht ältere Bruder stand fopfschüttelnd und fragend vor dem und mahnte ihn zur Ruhe. Jener aber fuhr in sichtlicher Verwundeten. Als dieser die Augen aufschlug, reichte er Erregung fort: „Nein, Bruder, ich will nicht ruhen, ich dem Oberförster chweigend die Hand und sagte mit leiser will Dir’s alles erzählen. Siehe, Bruder, die grüne HeiStimme: „Bruder, die Mutter hat recht; ich darf nicht matflur hab' ich verlassen, um in dunkle Höhlen des Vermit einer Lüge auf den Lippen sterben. Ich fühle den Tod derbens und des Lasters hineinzuziehen. Bruder, was bin drinnen im Herzen, darum will ich Dir alles erzählen. ich? Weißt Du, was ich bin ?

ich ? Weißt Du, was ich bin ? Ein Maulwurf bin ich, Bruder, es ist schrittweise mit mir tiefer und immer tiefer dem im Sterben erst die Augen aufgehen; nun sehe ich die ins Verderben gegangen. Ich wollte drüben Geld erwer- Finsternis der Lasterhöhlen und das Grün des Heimatben; ich wollte Wohlleben und Ehre auf möglichst leichte landes." Weise eriagen. Darüber hatte ich bald Gebet und Gottes Dann fielen ihm die Augen zu; ermattet lank er in Wort verloren. Eben erst, als ich unsere Mutter wieder die Stilsen. Der Arzt kam, mahnte dringend zur Ruhe und sah, hab' ich zum erstenmal nach langen Jahren wieder sprach von starkem Wundfieber. Über das bleiche Andaran gedacht, was ich eigentlid, verloren habe. Geld und gesicht zuckte es dann und wann, die matte Hand fuhr über Wohlleben war das Ziel, danach ich jagte; aber auf dem die Stirn, als ob sie von dort den bösen Traum verjagen Wege dahin verlor ich die heiligen Erbgüter des Vaterhauses. wolle; die Lippen zuckten, und dann und wann hörten die Zum Beten hatte ich bald keine Zeit mehr. Alle, mit denen Ilmstehenden die Worte: „Erzählen, Bruder, erzählen!" ich drüben verkehrte, hatten das Beten verlernt. Zeit ist Während der Nacht jedoch trat ein ruhiger, stärkender Schlaf dort Geld. Geld gilt dort bei den meisten am höchsten; ein, und am andern Morgen schauten die Augen aus dem nach Geld jagen fast alle, darum haben nur wenige Zeit bleichen Angesicht wohl sehr ernst, aber doch ruhig heraus zum Beten. Ja, es waren wohl auch dort Streise, die ihren und waren heller als am Tage vorher. Als der Kranke Heiland lieb hatten, es waren auch wohl dort warnende, ein wenig Milch und Zwieback genossen hatte, schaute er winkende Hände, aber der Mahnrufe waren zu wenige für sich fragend um, und als er nicht fand, was er suchte, bat die große Volksmenge; das Leben war zu zügellos, als daß er die alte Hanna, sofort den Oberförster zu holen. Der jene reise den hätten fesseln können, der sich ihnen hatte ent- septere kam auch bald vom Walde herein und legte sich an ziehen wollen. Die Kreise, in denen ich mich bewegte, das Bett des Bruders. kümmerten sich nicht um Ewigkeit und Seligkeit, und bald „Bruder," begann dieser, „ich muß Dir weiter erzählen, suchte und fand ich nur solche Gesellschaft, wo diese Worte damit ich zu Ende komme; denn ich wollte nicht gern Genicht mehr gehört wurden. Dann geriet ich in Verbindungen, heimnisse und Lügen mit ins Grab nehmen. Die Mutter wo das Heilige verspottet wurde. Das Spotten und die hatte recit, mid) zu mahnen. D, daß ich das Mahuen Roheiten waren mir zuerst widerlich, aber allmählich ge- meiner Mutter mit über das Meer genommen hätte! Aber wöhnte ich mich daran und später fand ich Wohlgefallen ich hab's drüben verrauschen lassen im Strom des Lebens. daran.“

Ich hab' mid selbst von diesem Strom treiben lassen und jeine schmußigen Wellen in vollen Zügen getrunken. Du fißen: ich konnte sie ganz deutlich fehen. Mein Herz schlug weißt, was ich gewesen bin und was ich getrieben habe. rascher; ein Zweig vom Rosenstock hatte bei meiner BeZuerst trieb mich dort drüben das Verlangen, Geld und Gut wegung das Fenster berührt. Das Angesicht der Mutter zu erwerben, von einem Handel in den andern, von einer wandte sich zu den Scheiben; ich erbebte, denn ich sah, daß Arbeit zur andern. Bald aber sah ich ein, daß das Reich der Mutter Haar grau geworden war. Doch die Bewegung, werden nicht so leicht sei, als ich gedacht hatte. Da ließ ich welche mir durch die Brust zog, dauerte nur einen Augenmich, als ich hie und da falsch gerechnet und das Meinige zu- blick. Dann sah ich in der Mutter Hand etwas funkeln geseßt hatte und um das Leßte betrogen war, von der Not und blißen. Ich schaute aufmerksamer ins Zimmer hinein. des Lebens treiben. Wenn ich aber der Not entronnen Ich sah in meiner Mutter Hand Gold und Edelsteine strahlen. war, dann packte mich wilde Lust zu genießen, und id) Ich hielt den Atem an. Was war das? Was wollte sie kam nicht eher zur Ruhe, bis ich verbraucht hatte, was mit diesem Schaß? Frage auf Frage stürmte mir durch die ich auer erworben. Bruder, Ihr habt keine Ahnung wildbewegte Seele. Sekt erkannte ich's deutlich. Ja es davon, wie der Mammonsdienst, der Weltsinn und die war der Mutter Brautgeschmeide, das die alten Augen beGenußsucht anstecken, wie sie wie ein Krebsschaden den ganzen sahen. Ich erkannte es ganz deutlich. In längst vergangeMenschen, ganze Gesellschaftskreise zerfressen, wie sie Gleich- nen Jahren war uns dann und wann das Geschmeide gezeigt gültigkeit, Leichtfertigkeit, Koheit in ihrem Gefolge haben. und dabei diese oder jene alte Familiengeschichte erzählt Ihr habt davon keine Ahnung; ich hab's auch bis in diesen worden. Ich hatte es nicht vergessen, daß einst ein vornehleßten Tagen nicht bedacht; aber ich hab's drüben mit er- mer Gast unseres Hauses den Wert dieses Schmuckes auf lebt, und auf meinem Sterbebette sind mir die Augen da: zehn bis zwölf tausend Marf geschäßt hatte. rüber aufgegangen. Als nun alle meine Pläne wohl hun- Heiß und stürmisch wogte mir das Blut von dem Herzen dertmal zu Schanden geworden waren und ich mich be- zum Haupt und vom Haupt zum Herzen. Ich drückte mich schäftigungslos in einer Hafenstadt herumtrieb, hörte ich fester an die Scheiben; ich sah jo hell die Steine funkeln, auf einem Mietscomptoir, daß auf einem Bremer Rauf- - ach, heller als das Licht des Witwenstübchens, heller als fahrer ein Heizer gestorben sei. Raich entschlossen erbot meiner Mutter ernste Augen. Frage auf Frage stürmte mir ich mich, die Stelle anzunehmen, und so fam ich in die wieder durch die Seele; Fragen, die nicht mehr den Schmuck Heimat. Als ich die Stelle annahm, dachte ich zuerst nur allein, die auch meine Zukunft betrafen. Könnte nicht das daran, Arbeit und Brot zu bekommen. Während der Reise Geschmeide mich mit einemmal aller Sorgen entreißen? Ist aber keimten und reiften allerlei Pläne für meine Zukunft. es nicht in der Hand der Mutter ein totes Kapital? Ist Ich kam iegt der Heimat wieder nahe, ich dachte an die nicht die Mutter verpflichtet, mir auszuhelfen? Wird nicht Mutter; ich fragte mich, ob ich zi1 ihr gehen solle oder das Geschmeide das beste Mittel sein, meine ganze Zukunft nicht. Eine Stimme meines Herzens sagte ja, und eine sicher zu stellen, ohne daß irgend jemand darum ärmer würde? andere Stimme sagte nein. Daran zweifelte ich keinen Gehörte dieser Schat nicht von Rechts wegen teilweise mir? Augenblick, daß ich baldmöglichst wieder fortgehen und mein Und wenn ich dafür der Familie meine dereinstige Erbschaft Heil wieder drüben versuchen werde. Aber völlig unklar überlasse, wird sie nicht hinlänglich entschädigt sein? war es mir noch, wie ich vor der Mutter und vor Euch Wild wogten solche Fragen mir durch die Seele, und erscheinen und wie ich mich sonderlich der ersteren gegen- dann fam wieder leise, ganz leise jene andere Frage: Du über verhalten solle. Daß ich Geld von hier mit fort- willst ein Dieb werden? Ein Dieb am Gut Deiner Mutter ? nehmen müsse, das stand mir fest; aber sehr zweifelhaft Du willst wieder hinausziehen, ohne Deiner Mutter die war es mir, ob die Meinen mir gutwillig den Rest meines Kindeshand gereicht zu haben? D Bruder, es war ein heißer dereinstigen Erbes abtreten würden, denn ich wußte gar Sampf zwischen Gutem und Bösem: wie ein Sturmwind wohl, daß der Vater testamentarisch verfügt hatte, daß ich brauste es mir durch die Seele, wie ein Sturmwind, der mit allen meinen Ansprüchen bis nach dem Tode der Mutter das dürre Laub vom Boden und die grünen Blätter von folle verwiesen sein. Ferner wußte ich recht gut, daß ich den Bäumen jagt. Aber wenn der Sturm die grünen höchstens noch zweitausend Mark werde zu beanspruchen Blätter losgerissen und sie hierhin und dahin geworfen hat, haben. Aber Geld mußte ich haben, wenn ich drüben wieder dann welken sie und sterben. So sind mir die guten Geauf den grünen Zweig kommen wollte. Darum beídloß danken gewelft, gestorben. Das Lidit in meiner Mutter ich, die Mutter zu besuchen.


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„llnd nun,“ fuhr er fort, „will ich Euch Euer Nachtlager finster; ich werde deshalb vorangehen und ihm einen Sack anweisen. Bedient Euch jedenfalls zum Schlafen meines über den Kopf werfen, damit er aus seiner Bewußtlosigkeit Ponto, denn der Wind pfeift durch die Wände meiner Hütte, nicht so bald zu sich kommt und Ihr mit ihm leichteres Spiel und Ihr möchtet in Eurer Kleidung frieren!"

habt." „Ihr seid jehr gütig, Freund," erwiderte Sam, bei dem der Mit diesen Vorschlag waren die beiden Rothäute einverRum mit dem vorher schon reichlich genossenen Whisky volle standen, und alle drei begaben sich in die Kammer. Herrschaft zu erhalten begann.

Aus derselben vernahm man im nächsten Augenblick unEr ließ sich geduldig den Ponko überwerfen, hing sich träge terdrückte fräch zende Surgeltöne, dann ein Poltern und an den Arm seines vorsorglichen Wirtes und schritt, von Stöhnen, und kaum waren einige Minuten um, so schleppten diesem geführt, schlürfenden Schrittes der stammer zu, wo er die Indianer ihr vermeintliches Opfer, in einen Ponko eingeauf das Mooslager hinsant und alsbald in einen festen wickelt und einen Sack über den Kopf gezogen, aus der Hütte. Schlaf fiel.

Draußen nahm einer von ihnen dann den Bedauernswerten Hierauf erst verließ ihn der Trapper und stieg auf den vor sich auf Pferd, und fort ging es im scharfen Trabe dem Futterboden, um nach dem Farnier zu sehen.

Walde zu. „Um alles in der Welt, was habt Ihr gemacht?“ redete In ängstlicher Aufregung und mit hoch klopfendem Herzen dieser ihn an. „Ich habe alles gehört! Ich bin berloren!" hatte der Farmer diesem Auftritt in seinem Verstecke mit zuSeid ganz unbesorgt, Freund!" flüsterte ersterer. „Hal- gehört.

gehört. Da auf einmal tauchte der Trapper vor ihm auf der tet Euch nur ruhig, was auch immer unten vorgehen möge, Leiter auf. und es müßte sonderbar zugehen, wenn Ihr nicht gerettet „Fliehet! Eilet!" sprach er, „ehe jene entdecken, daß sie würdet!"

einen unrechten Ausreißer ge„Was wollt Ihr thun ?"

fangen! Mag er die Büffe, die suchte der Farmer ängstlich

jie ihm beigebracht und noch auszuforschen.

beibringen, zum Lohn für seine „Ihr sollt es später inne

Schurkereien hinnehmen er werden,“ war die Antwort, und

hat ohnehin einen weit schlimdamit kletterte Nilian wieder

mern verdient! - Schnell, die Leiter hinab.

zögert nicht länger, nehnt diese Er nahm aus einer Kiste

Waffe zu Eurer Verteidigung, einige starke Riemen und einen

wenn es etwa nötig wird, und sogenannten nebel, wie ihn

geht in Gottes Namen Eure die Jäger für bösartige Hunde

Wege !" zu gebrauchen pflegen, und

Mit diesen Worten drückte Tchlich sich damit leise in die

er ihm einen langen zweischneiNammer. Sam schlief fest wie

digen Dolch in die Hand. Dann ein Bär und dynarchte, wäha

nahmen beide voneinander rend er mit offenen Munde

Achied, und der Farmer eilte dalag und Arme und Beine von

auf dem fürzesten Pfade, den sich streckte. Behutsam, um

ihm der Alte bezeichnet hatte, ihn nicht aufzuwecken, näherte

der Grenze zu. Am nächsten sich Nilian, schob ihm den Nine

Tage erreichte er seine Besit: bel zwischen die Zähne und

zung, wo er von Friß, seinem band ihm denselben mittelst

deutschen Diener, der seinen einer daran befindlichen Schnur

Herrn bereits verunglückt in Benid fest. Das schwerste

wähnte, mit Freuden empfanStück Arbeit war damit voll

gen wurde. Als er am dritten bracht.

Morgen nach seiner Rückkehr Der Schlafende machte jest

aus dem Hause trat, um an zwar eine unruhige Bewegung

seine Arbeit zu gehen, fand er und stieß ein lautes Stühnen

zu seinem nicht geringen Eraus, schnarchte jedoch bald Einfahrt in den Hafen von Rio de Janeiro.

staunen die beiden geraubten wieder, ohne zu erwachen,

Forlen, sowie sein verlorenes weiter. Nun ichnürte ihn der Schlaue, ohne daß es der andre Reitpferd, wohlbehalten an der Umzäunung der Felder angegewahr wurde, mit den Riemen auch die Hände und Beine bunden, wieder. Wer sie dorthin gebracht, erfuhr niezusammen und entfernte sich dann.

mand. Auf dem Herde war indessen das Feuer in Glut gesunken, Von den Indianern ward seit jener Nacht in der Gegend, und nur einzelne Flämmchen verbreiteten noch einen unsichern wo die Hütte des Trappers stand, keiner mehr gesehen. Wie roten Schein in dem weiten dunkeln Kaume.

es schien, hatten sie ihren Schlupfwinkel im engen Felsenthal Einige Minuten noch überlegte der Alte; dann zog er be- aufgegeben, um weiter westwärts in die Berge zu ziehen. dächtig einen Span aus der knisternden Glut, ging damit vor Wie es Sam, dem Irländer, nach seinem unfreiwilligen die Hütte hinaus und schwang ihn mehrmals um sein Haupt, nächtlichen Ritt durch die Wildnis noch ergangen war, konnte daß die hellen Funken davonstoben und weit in die Nacht hin- ebenfalls weder der alte Weidmann im Blockhaus nuoch sonst ein sichtbar wurden. Das war das verabredete Zeichen! ein Ansiedler in Erfahrung bringen. Wahrscheinlich war er und der Trapper wartete nun, daß die Indianer sich einstellen als ein Freund des weißen Falken und seiner Stammesgenojfollten. Wirklich ertönten auch nach geraumer Weile draußen sen mit den Indianern weitergegangen. Da fand endlich der vor der Hütte die Hufschläge von Rossen, und unmittelbar alte Milian, als er im Winter sich wieder einmal auf der darauf traten die zwei Erhofften ein.

Bärenjagd befand, einen Mann stumm und regungslos an „Ihr sucht einen entflohenen Gefangenen," rief der Trap- einer Felswand im Schnee sitzen, als ob er schlummere. per den Indianern 31. „Ich habe Euch ein wenig vorgear- Es war Sam, der Jrländer, der im Rausche durch Erfriebeitet. Dort drinnen liegt der Ausreißer gebunden und ren den Tod gefunden hatte. Fast um dieselbe Zeit verbreigeknebelt, damit er nicht noch durch sein Schreien Hilfe herbei- tete sich auch das Gerücht, daß die Mutter des weißen Falken (odt. Macht daher schnell und bringt ihn fort ! — Er scheint gestorben sei. start berauscht zu sein, und drinnen in der Kammer ist es


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Er fragte, wie lange es her wäre, daß ich Doktor UrquMein Geist scheint am heutigen Morgen ein kaltes, hart gesehen habe. aber heilsames Sturzbad bekommen zu haben; dieses kleine Ich erwiderte, seit jenem Abend in der Bibliothek sei es Ärgernis wird mich aus einer gewissen Mutlosigkeit auf- ein volles Jahr. rütteln, die mich in letzter Zeit zuweilen beschlich; deshalb „Und wann gedenkst Du ihn wiederzusehen?" sei zufrieden und sorge Did) nicht, meine Theodora! Das „Ich weiß es nicht." Und all das bittere Weh des GeZeitungsblatt, welches ich Dir sende, lies und verbrenne es schiedenseins, die Angst, die unberechenbaren Zufälligkeiten dann.

des Lebens fönnten diese Trennung zu einer ewigen machen, Jit Penelope wieder zu Hause? Gott düße Dich! die Klagen, welche trop aller Selbstbeherrschung doch sich erMar llrquhart.

heben, daß Hunderte, Tausende, die oft so wenig voneinander

halten, immer zusammen sind, während wir — wir – 0 32. Ihre Geschichte.

Mar, alles dies brach, mit heißen Thränen in dem JammerDer vierte Montag heute, und Dein Brief ist nicht ge- schrei hervor: ,,Vater, Vater! Wie kann ich es wissen, kommen. D Mar, Mar! Daß Du nicht krank bist, weiß wann ich ihn endlich wiedersehen werde?“ ich von Augustus, der Did) am Sonnabend jah. Weshalb Mein Vater blickte mich an, als wolle er meine tiefsten hattest Du solche Eile, Dich von ihm loszumachen? Selbst

Selbst Gedanken ergründen, endlich sagte er : ihm ist es aufgefallen.

,,Du bist ein braves und ehrenhaftes Mädchen. Auch er Wenn ich nicht von meinem Schwager gehört, daß Du ist brav; er würde niemals ein Kind überreden, seinem wohl seiest, wie würde ich mich beunruhigt haben! Drei Vater ungehorsam zu sein." Wochen – einundzwanzig Tage – 0, es ist eine lange Zeit, Nein, niemals!" um wie sonst einherzugehen, nur mit dem Gefühle, als ob „ Schreibe ihm" – und der Vater wandte das Haupt ab, ein Stein das Herz beschwere oder ein Dorn es ripe. Man aber er sagte es klar und deutlich — „schreibe Doktor Urquwill es nicht zugestehen, die Vernunft, besser, unsere Liebe hart, wenn er gern auf einen Tag nach Rodmount käme, so will es fortdisputieren, daß man Grund zur Sorge habe, könne er, wenn auch nicht mich, doch Dich sehen und aber die Last drückt doch. Heute morgen, als der kleine sprechen.“ Postbote pfeifend an der Pforte von Rodmount vorbeikam, Mar, komm! Ein Ruhetag -- ein Feiertag, laß mich so wurde ich fast vor Erwartung und Furcht krank.

sagen wird Dir gut thun. Im Garten sind grüne BlätDer Frühling kommt mit Macht. Ich habe niemals und blühende Bäume, Sonnenschein und Lerchensang einen solchen warmen, goldigen März gesehen. Die Knospen schwebt über dem Moore, und hier bin ich. Nomm! Romm! der Kastanien springen schon, die Amseln fingen, die Schlüs

Deine treue selblumen prangen in vollster Pracht auf Wiesen und Stegen.

Theodora. Ganze Felder weißer Anemonen winken und grüßen durch die Bäume meines Lieblingswäldchens, in dem - wie Du

33. Seine Geschichte, Dich erinnerst — wir den berühmten Kampf über Glocken

Meine liebe Theodora! blumen und wilde Hyazinthen ausfochten. Diese schicken Ich schrieb Dir nicht, weil ich es nicht vermochte. Es schon die ersten feinen Blättchen zum Lichte empor, es wird giebt Gemütszustände, in denen das einzig mögliche Schweieine seltene Fülle davon geben. O, wie ich wünschte, Du gen ist. Derzeihe mir, meine Liebe, mein Trost und meine könntest am Damme die - die Glockenblumen blühen sehen! Freude!

Mutwillig noch, wie Du bemerken kannst. Und eigen- Ich habe viel gelitten, doch nun ist es vorüber, wenigsinnig obendrein, ja, fast so eigensinnig wie — Du.

stens ist die Unschlüssigkeit in inir bekämpft. Ich weiß, wie Augustus machte eine Andeutung, daß Du in legter Zeit ich handeln muß, und kann Dir nun alles mit der Ruhe erin eine unangenehme Angelegenheit verwickelt worden seiest. zählen, die ich jetzt selbst fühle. Du hast recht, wir lieben Wahrscheinlich ist wieder eine jener Streitfragen daran schuld, uns ja, was schrecken uns da Nummer und Trübsal? bei der Du Deine Ansicht tapfer verteidigen mußtest; oder Ehe ich auf meine eigenen Angelegenheiten eingehe, will haben sich neue „Feinde“ erhoben, über deren unvermeidliches ich Deinen lepten Brief beantworten – bis auf Dein Vorhandensein ich mich nicht ängstigen soll, wie Du mir ge

,, Somm!" chrieben? Ich sorge mich auch gar nicht, Du wirst solche Laß mich Dir von mir und dem, was mich betroffen, ervorübergehende Feindseligkeiten schon niederkämpfen, und zählen, und ich will gleich bei dem ersten Anfang beginnen. nach und nach liegt der Weg wieder frei und klar vor Dir. Ich habe Dir früher schon mitgeteilt, daß ich mir hier Aber weshalb vertraust Du mir in der Zwischenzeit nicht eine ziemliche Anzahl Feinde gemadit, daß ich aber hoffte, sie Deine Widerwärtigkeiten und Kümmernisse an? Ich bin bald durch meinen Lebenswandel zum Schweigen zu bringen kein Sind mehr.

oder zu versöhnen, und ich glaube auch noch jeßt, es würde Du weißt, wie still dieser Winter uns in Rockmount ver- unter andern Verhältnissen so geschehen sein. Ich bin stets gangen ist, wie, nachdem Penelope zurückgekehrt war, wir der Ansicht gewesen, daß Wahrheit die Lüge besiegt, und das beide zusammen ein neues Leben zu beginnen schienen, in ein ehrenhafter Mann nur ruhig still zu halten braucht, dann mancher Hinsicht uns, wie die kleinen Kinder, nur mit der geht der Sturm vorüber und sein Lebenshimmel wird wieder Gegenwart beschäftigend, ohne darüber hinauszublicken, zu- klar; ich lasse auch nicht von dieser Überzeugung, troßdem frieden mit der Arbeit und der Freude, die jeder Tag brachte. die Lage der Dinge bei mir eine andere Wendung genomUnd es war wunderbar, wie viele kleine Annehmlichkeiten

men hat. wir täglich hatten, ohne in die Zukunft hinauszudenken Schon eine ganze Zeit lang hatte ich die Wolken sich oder bei der Vergangenheit zu weilen, wohl gar davon zu sammeln sehen und von üblen Gerüchten gehört, die über sprechen.

mich im Ilmlauf waren, auch bemerkt, wie sowohl bei öffent: lichen als geselligen Zusammenkünften mir mancher etwas und obgleich er in amtlicher Beziehung sich wie sonst benahm, kühl begegnete. Aber schmerzlicher berührte mich die Wahr- so hing doch eine düstere Wolke über unserem früher freundnehmung, die ich täglich machen konnte, daß mein Einfluß in schaftlichen Verkehr. der Anstalt nicht mehr der frühere war. Es wurde mir nicht Durch diesen Vorgang schon tief berührt, traf mich ein geradezu unrecht gethan, es ging alles seinen ruhigen Gang, anderes Ereignis vielleicht um so schmerzlicher. Ich hatte bis ich selbst hier und dort Ausstellungen machen mußte, und Dir erzählt, daß ich eine kleine Freundin hier habe, des Didaran, wie diese aufgenommen wurden, merkte ich bald, rektors mutterloses Töchterchen, ein süßes, holdseliges Kind, woher der Wind wehte. Das war eine neue Erfahrung und mit dem ich oft in ihrem Garten zusamment, ihr die eine sehr harte, denn selbst in den traurigsten Jahren meines Blumen begießen half, wobei wir lange, höchst interessante Lebens, damals im Felde wie im Lazarett, liebten mich Gespräche führten über Vögel, Muscheln, Pflanzen, wilde meine Untergebenen, und alle Soldaten waren mir zugethan. Tiere und alle Wunder fremder Zonen. Das kluge, lebhafte


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,,Sa, Otto," hat sie geantwortet. Er zog die dunklen Brauen zusammen, finstere Wolken „Und Du wirst die Braut damit schmücken, daß sie im lagerten ihm auf der Stirn. Mutter," sagte er, „laß mich

„Mutter,“ sagte er, „aß mich vollen Schmuck an ihres Gottes Altar tritt?“ gehen. Das Bauerngut kann ich nicht pachten."

,,Der äußere Schmuck thut es an unseres HErrn Altar Warum nicht, Otto?"

nicht, Otto, oftmals (chadet er. Und unsere Anna ist innen „Mutter, ich habe mich einmal so chwer an Euch ver- besser geschmückt als mit Perlen und Edelstein, drum soll fündigt, daß mir diese Sünde nicht kann vergeben wer- sie den Schmuck am Altar nicht tragen. Aber ich werde den. Nun sollte ich Dir noch die Ruhe Deines Alters ihr ihn mitgeben als Andenken und Erbgut unsres Gerauben?“

schlechts." ,,Otto," sagte sie traurig, nur eine Sünde kann Mutter," sagte er, „nur auf Dein dringendes Bitten dem Menschen nicht vergeben werden: die Sünde aber hast bin ich mit Dir gegangen. Es ist mir schwer geworden, Dir Du, dem HErrn sei Dank, nicht begangen; alles andere nachzugeben.

nachzugeben. Darum darfst Du mir jeßt auch die eine Bitte ist Dir vergeben. Denn wer seine Sünde bekennt und nicht abschlagen: schmücke Deine älteste Enkelin so, wie Gnade bei Gott in Christo JEsu sucht, dem ist sie ver- Deine Großmutter Dich einst geschmückt hat, und laß sie geben.“

so ziehen, wie Deine Großmutter Dich einst hat ziehen Er schüttelte den Kopf, als wollte er sagen: „Was ist lassen.“ ein Bekennen wert, wo man nicht mehr leugnen kann?" Eine so lange Rede hatte Otto Wiebald seit seiner Sie hatten noch lange über den Plan der Mutter hin- und Heimkehr noch nimmer gehalten.

Heimkehr noch nimmer gehalten. Und als er sie gehalten hergeredet. Er aber war tagelang im finsteren Brüten hin- hatte, ist er wieder ganz dyweigsam geworden, hat die und hergegangen und hatte die Vorschläge der Familie ab- Mutter am Arm durch den Wald geführt und hat nichts gewiesen, bis der Oberförster ihm gesagt hatte: „Aber, gehört von dem Lerchenschlag und nichts gesehen von dem Otto, Du wirst der Mutter sehr wehe thun, wenn Du Dir Waldesgrün. eine Stelle suchst, statt ihren Wunsch zu erfüllen.

Dann haben sie das Brautpaar mit seinem Glück und Da hatte er den Ellbogen auf den Tisch gestützt, hatte ihren Wünschen und Gebeten in die Dorfkirche geführt. Das das Haupt sinken lassen und geantwortet: ,,Geh hinüber, Nirchlein prangt im dönen Frühlingsschmuck, und der Onkel Bruder, und pachte die Stelle.“

Pfarrer steht am Altar. Auf den strahlenden Brautschmuck Dann hatten sie das Bauerngut gepachtet. Er selber leuchtet die Sonrie durch die hohen Kirchenfenster. Es hatte sich wenig darum gefümmert. Er war überhaupt glänzen und funkeln die Perlen im Licht der Frühlingswährend des ganzen Sommers nur dreimal aus dem Wit- sonne. Der HErr hängt neue Gnade an den alten Schmuck. wenhäuschen gegangen : einmal, um das Pachtgut zu besehen. Die Augen aber, die sich auf das junge Paar geheftet haben, ein andermal, um den Bruder, und das dritte Mal, um sehen nicht den Schmuck ; sie sehen nur die Gnade. Oder den Schwager zu besuchen. Zum Herbste zog die Frau sehen die zwei Augen dort aus dem Hintersten Stuhl, die Oberförsterin mit ihrem Sohn, ihrer alten Magd und ihrem tief traurigen, die so lange in kein Gotteshaus geschaut, den funkelnden Brautschmuck aus dem Witwenhäuschen heraus Schmuck, nur den Schmuck ? nicht die Gnade? Die tiefund in das nahe Pachtgut hinein. Sie hoffte viel von der traurigen Augen blijzen jeßt auf; es ist, als wenn die FrühBeschäftigung, die ihr Sohn finden würde, und von dem fingssonne ihre Strahlen in die dunklen Augen sende, und Gebet der Familie, das um seine Seele rang. Aber sie dann ist's, wie wenn's drinnen funkle wie von Edelstein. schien vergebens zu hoffen. Sie ließ Ströme der Liebe um Der Pfarrer redet gerade von der Gnade des HErrn Eju, das Kindesherz fluten, aber es schien, als wenn dies Herz mit welcher er den Menschenkindern den Himmel aufthue nur desto starrer und fälter würde. Der treffliche Pfarrer und ihnen in die Sünderherzen die Seligkeit strömen redete freundlich mit dem Schwager; der lettere aber hatte lasie. nur immer die eine Rede: „Meine Sünde kann mir nimmer Da hörten sie Sdiluchzen von dahinten her, und als vergeben werden.“ Die Arbeit suchte der traurige Mann; die Frau Oberförsterin fich umschaute, war ihr's, als sähe sie das Gotteshaus mied er. Noch nie nach seiner Heimkehr strahlende Perlen, die sie in das Brautgeschmeide fügen hatte ihn die Liebe dahin locken, nie das Gebet seiner Mutter müßte, ja die Gott der HErr ihr drein gefügt hätte. Als ihn dahin ziehen können. Im übrigen war er ein gehorsa- aber die andern hinschauten nach dem Hintersten Kirchenstuhl, mer Sohn.

da haben sie Otto Wiebald knien und weinen sehen. Und Nun ist ein Jahr verflossen seit der Heimkehr dieses alle, die im Gotteshause gewesen sind, haben FreudenKindes. Der Tag ist da, da die Großmutter ihre älteste En- thränen geweint über die Seligkeit dort vorne am Altar und kelin, des Oberförsters Anna, mit dem Brautschmuck dort hinten im lepten Kirchenstuhl. idhmücken soll. Otto hat nicht mit zur - Hochzeit gehen Du und ich aber, lieber Leser, (nicht wahr?) wir sahen wollen, aber sie hat ihn so dringend gebeten, daß er hat mehr als fröhliche Hochzeitsgäste. Oder standest Du nicht nachgeben müssen. Sie sind in dem Witwenhäuschen, weil bei mir, als ich droben hindurchlugte durch die Thürspalte ihr Weg sie vorüberführte, eingefehrt. Sie kehrten dann des Himmels und die lieben Engel ihre strahlenden Angeund wann ein, denn es stand leer. Nur in der Wohn- fichter herniederneigen sah zu einem arinen Sünder? Stanstube standen noch die Mobilien, damit die Familie sich dest Du nicht bei mir, als ich mein Ohr neigte zu der Thürhier wie in einem Heiligtum um Großmutters Sorgenstuhl spalte des Himmels, und wir hörten wunderlieblichen Sang sammeln könnte. Sie kehrten ein. Als aber des Pfarrers erklingen, der wollte hinaufklingen in eines Vaters HimKinder vorausgegangen waren und Großmutter noch einen meisjeligkeit und tief hinunter in einer Mutter ErdenseligAugenblick in ihrem Stuhl das Haupt an die Lehne gelegt feit? Und der Sang erflang wie ein lautes, lauteres hatte, da hat ihr Sohn sie an der Hand gefaßt und hat ge- Hallelujah!


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Die Behandlung des Klaviers. Beim Aufstellen des Pianos achte nem Alter vor Kummer und Elend vertommen, wenn ihm nicht man sorgfältig auf den Plaß. Das Licht soll möglichst von links her- eine Anzahl großmütiger Papierfabritanten durch freiwillige Beis einfallen. Der Plaß muß so gewählt sein, daß das Instrument dem träge einen erträglichen Lebensabend bereitet hätten. Einflusse der Witterung nicht ausgesept ist. Es darf also nicht un- In New York ist ein neues Kiesen - Wasserleitungs - Projekt auf. mittelbar an einer Außenwand stehen, die von Wind und Regen ges

getaucht. Es besteht in nichts Geringerem, als den Ontariosee an. troffen wird. Das Holz quillt sonst, und die Stimmnägel werden zuzapfen, um die Städte Cohores. Troy, Albany, Poughkeepsie, Yonloder, außerdem rosten die Metallbestandteile und die Saiten, der

ters und New York nebst Brooklyn mit gesundem Wasser zu versors Hammerfilz und das Tuch saugen die Feuchtigteit auf. Gleich schäd- gen. Die Anlagetosten des Aquädutts werden auf 50 Millionen lich wirkt allzugroße Hiße ; darum stelle man das Klavier auch nicht Dollars veranschlagt, was wahrscheinlich um die Hälfte zu niedrig in die Nähe des Diens. Man lasje das Instrument nicht unnüß ist, namentlich da zum wenigsten in Oneida County ein Tunnel für offen stehen. Staub lagert sich in seinem Innern, und den Motten

denselben durch eine Hügeltette gesprengt werden müßte. ist der Zugang zu den Filz- und Stoffteilen frei. Reinlichkeit ist

Veteranen zur See. Den Seeschiffen aus Holz wird vielfach die dringend anzuempfehlen. Mit einem Blasebalg entferne man die

Haltbarkeit und Dauerhaftigteit gegenüber den eisernen abgesprochen, Staubteilchen aus dem Innern des Kastens. Das Gehäuse und die

so daß man in neuerer Zeit selbst Segelschiffe meist aus Stahl fertigt. Klaviatur sind mit einem trockenen weichen Waschieder zu säubern.

und dennoch giebt es auch unter den Holzschiffen ganz ehrwürdige Die Tasten bleiben hierdurch sehr lange vor dem gelblichen Aus.

Veteranen mit so hohem Alter, daß man sich nur wundern tann, Lehen bewahrt, das dem Klavier den Anschein des Alters und der

daß solche Schiffe noch seetüchtig sind. Nach den in der neuesten Abnüßung verleiht. Ferner verbanne man von dem Klavier jede

„British Mercantile Shipping List“ enthaltenen Angaben über das andere Dekoration, seien es die Nippsachen und Photographieständer

Alter der noch heute unter britischer Flagge dienstthuenden Holzauf dem Dedel oder die schweren, faltigen Draperien, mit welchen

(chiffe befinden sich darunter 1 Schiff von 122 Jahren, 3 Schiffe von die Rückwand des Instrumentes oft verschönert werden soll. Die

105 bis 110 Jahren, 4 Schiffe von 100 bis 105 Jahren, 13 Schiffe Hauptsache aber, um dem Piano möglichst lange einen vollen und

von 95 bis 100 Jahren, 14 Schiffe von 90 bis 95 Jahren u. 1. ro. schönen Ton zu bewahren, ist das Stimmen. Und hierbei wird gerade am allermeisten gefehlt. Besonders die sparsame Hausfrau

Falidic und echte Diamanten. Um falsche Diamanten von echten betrachtet das Geld für den Stimmer als hinausgeworfen; lieber

Steinen unterscheiden zu können, giebt es für Laien nur wenige zu. ein paar Klavierstunden mehr, da hat man doch wenigstens das Geld

verlässige Methoden. Die einfachste Probe ist die mit dem Alumis zur Fortbildung verwendet. Mit dem Stimmen wartet man nur

niumstift, welcher, auf einem echten Steine gerieben, teine Färbung zu oft bis zur leßten Minute, bis der Kasten nur noch ächzt und

zurüdläßt, während dies bei falschen Steinen unzweifelhaft jedesmal stöhnt. Man bedenkt nicht, daß es, je mehr das Instrument die

der Fall sein wird. Ebenso einfach ist die Probe vermittelst eines Stimmung verlor, desto mehr Anstrengung und Mühe kostet, die

Glases ganz reinen klaren Wassers, in welches hineingelegt ein echter

Diamant nach wie vor sein ganzes Farbenspiel und Strahlungsverreine Intonation wiederherzustellen ; daß durch die größere Kraft

mögen behält, während das Feuer eines künstlichen Diamanten uns entwiđelung der Stimmstock in Mitleidenschaft gezogen wird. Daß

bedingt aufhört. durch vieles Hin- und Herdrehen die Stimmnägel und die Pflöde gelodert werden, daß somit das Instrument nur um so rascher wie

Linoleum glänzend zu erhalten. Die Verbreitung der Linoleumder verstimmt wird, liegt auf der Hand.. Jedes Piano sollte nach

teppiche und Läufer für Zimmer, Korridore, Treppenhäuser, Ges vier Monaten, und wenn es täglich gespielt wird, nach je drei Mo

schäftsräume, u. s. w. nimmt immer mehr zu, weil dieselben hinsicht: naten einem tüchtigen Stimmer anvertraut werden. Sparsamkeit

lich der Haltbarkeit, Bequemlichkeit und Reinlichkeit große Vorteile ist beim Kaufe des Klaviers, wie auch bei seiner Pflege und Erhal

bieten. Dabei sind die Unterhaltungskosten geringfügig. Wil man tung am unrechten Plaße.

Linoleum glänzend erhalten, so bediene man sich folgender einfacher Nutbarmachung von Ebbe und Flut. Neuerdings hat sich der In

Mittel, welche jedermann leicht anwenden tann. Eine Abwoschung genieur Decoeur das Ziel geseßt, Paris mit Elektrizität zu versorgen,


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waltungsrat, versammelt. Diejenigen der Herren, welche Verzeihen Sie mir diesen Rat, aber das ganze Kolle-
nicht gebildet genug waren, sich als Gentlemen zu gium ist meiner Ansicht, der zu folgen aus mehr als einer
benehmen, starrten mich wie ein ausländisches Tier an, Ursache wünschenswert sein würde.' als ich den kurzen Beweis führte, wie meine Verordnung Ich wartete, bis ich meiner Stimme sicher sein konnte, von meiner Pflicht geboten ward, und ich somit die Klage, und bat dann, mir diese Ursachen anzugeben. gegen die hergebrachten Regeln verstoßen zu haben, wider- ,,Doktor Urquhart wird sie wohl kennen."

legte. Das Ganze war sehr bald abgethan, denn ich hatte Rein Mensch ist verpflichtet, mit wahnsinniger Blinds

mich wohl gehütet, gegen das Gesetz zu handeln, und ich heit sich in sein Verderben zu stürzen; ich beschloß, lämpfend

war im Begriff, mich zu entfernen, als eine der Magistrats- zu sterben. So wandte ich mich an den Verwaltungsrat


personen mich ersuchte, ein wenig länger zu bleiben, da und sagte mit festem Tone:
noch etwas mit mir zu besprechen sei.

„Meine Herren, ich bin mir nicht bewußt, etwas ge-
Dieser Art von Männern, meist von niedriger Geburt than zu haben, was inich unfähig macht, meinem Amte als
nicht daß sie eine Schande wäre, im Gegenteil, sie ist Arzt der Gefangenen länger vorzustehen. Jene kleinen
ein Ruhm, wenn sie nicht von einem gemeinen Charakter Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Herrn Direktor
begleitet wird – und in eine oft sehr vorübergehende, doch und mir beruhen eben nur auf Ansichten und haben deshalb um so mehr prahlende Autorität gekleidet, begegnet noch niemals zu einem Widerseßen gegen die Autorität ge-

man hier oft. Ich kannte ihr hochfahrendes Wesen und führt; wir sind ja auch beide verpflichtet, uns den Verord-


ihr Umgehen mit einem solchen armen Beamten wie ich, nungen der Anstalt zu fügen. Wenn Sie, meine Herren,
der vielleicht jährlich nicht mehr Einkommen hatte, als irgend Grund zur Klage gegen mich haben, erheben Sie sie sorglos für eins ihrer Gelage ausgaben. Ihr Be- solche, verwarnen Sie mich oder verabschieden Sie mich, nehmen gegen mich überraschte mich nicht, aber bis ießt das Recht steht Ihnen zu; niemand aber kann verlangen, war ich unter meinen Kameraden in der Anstalt nicht nur daß ich ohne triftige Ursache selbst meine Entlassung fordern wohlgelitten und beliebt gewesen, sondern hatte mich eines foll." gewissen Unsehens erfreut. Nun nahmen sie auch den Ton Das Antlit des Direktors, das stets so ruhig und der Vorgeseşten an, und selbst der Direktor und der Pre: unbeweglich war, zeigte mir doch einen leisen Schatten von diger beharrten in starrem Schweigen. Wenn Du wüßtest, Betrübtsein. Für einen Augenblick ging sein kaltes, hartes was wir Knaben unter dem Ausdruck verstanden: ins Wesen in jene freundschaftliche Teilnahme über, die er Verhör geschickt werden, so könntest Du ungefähr begreifen, mir früher erwiesen, als wir nach dem Tode seiner Gattin wie jene zehn Minuten, die ich harrend im Konferenzzimmer fast allabendlich Schach zusammenspielten, das goldlodige verbrachte, während andre Geschäfte verhandelt wurden, nicht Mädchen, die kleine Lucy, an unserer Seite weilend. sehr angenehm waren.

,,Doktor, Sie wollen mich mißverstehen“, sprach er Männer unter Männern werden oft hart und find vorwurfsvoll. „Es ist ja nur zu Ihrem eigenen Besten, Regungen von Stolz, Haß und Rache zugänglich, die Euch daß ich, ehe die Angelegenheit ihren weiteren Verlauf fanften Frauen gewiß ganz unbekannt bleiben. Es war nimmt, Ihnen riet, Ihre Stellung freiwillig zu verlassen." mir ein Trost, daß ich Deinen Brief in meiner Tasche Nach einigem Zögern bat ich ihn, sich deutlicher zu hatte, Theodora. Überdies liegt in dem Angelangtsein erklären. auf dem entscheidenden Punkte ein gewisies Etwas, das Jetzt rief eine der Magistratspersonen mit lautem die Nerven des Menschen kräftigt, um der Krisis stand- Lachen: zuhalten. Als der Direktor, sich zu mir wendend, in ,,Doktor, Doktor, kein Komödienspiel! Sie müssen feinem stets höflichen Tone sagte, das Kollegium ersuche doch wissen, daß Sie das Gespräch des Tages sind." und mich um eine kurze Unterredung, da konnte ich mich ruhig ein anderer fügte hinzu, Brown möchte besser seine Hand erheben und fest stehen, um, welchem Mißgeschick es sei, verstellen, denn es wären ja richtige Schmähschriften, die er männlich zu begegnen.

perfaßt. Der Direktor, gleich den meisten Menschen von star- Ich erwiderte, wenn die Herren auf jene höhnenden kem, eisernem Willen, welche ihre Stimmung und ihre boshaften Zeitungsartikel hindeuteten, möchten sie ganz Gefühle vollkommen zu beherrschen vermögen, übt einen offen darüber sprechen, ich hätte durchaus nicht die Absicht, großen Einfluß aus, wohin er tritt. Er war es, der jenes

Er war es, der jenes eine Nlage wegen Verleumdung anhängig zu machen. In Verhör eröffnete und fortführte, welches er jo höflich eine starrem Schweigen blickten sie mich an, bis das Oberhaupt kurze Unterredung genannt.

von allen sagte: ,,Derartige Beschwerden und Mißhelligkeiten wie die „Man giebt wohl einem Hunde einen bösen Namen soeben beigelegten, werden immer von neuem entstehen, und läßt ihn laufen, aber es ist doch anders mit einem Herr Doftor Urquhart, wenn Sie, in Ihrer großen Sym- Menschen. Doktor Urquhart, Sie können nicht wissen, in pathie für alle Verbrecher, zu gunsten der Gefangenen die welcher üblen Nachrede Sie stehen, sonst würden Sie den Regeln und Geseße der Anstalt mildern möchten und fraft Ropfchneller aus der Schlinge ziehen, ehe es zu spät ist. Ihres Amtes fich vielleicht zuweilen dazu verpflichtet halten. Herr, Haben Sie keine Ahnung, was man über Sie Haben Sie nicht an die Andeutung gedacht und sie überlegt, spricht?“ welche ich Ihnen neulich gab?“

,,Dies führt zu weit ab von dem eigentlichen, uns beIch erwiderte, es sei nicht meine Art, viel auf Andeu- treffenden Punkt“, sagte der Direktor, der, wie ich wohl tungen zu achten, ich zöge es vor, wenn, was ich hören gefühlt, nicht einen Moment feine durchdringenden Augen follte, mir klar und ohne Ilmschweife gesagt würde.

von mir gewendet hatte. „Hier haben wir es nur damit ,,Solche Aufrichtigkeit ist ehrenhaft, aber nicht immer zu thun, daß jeder mit einer gewissen Autorität bekleidete möglich noch rätlich. Ich würde sehr froh gewesen sein, Beamte gerade in einer Strafanstalt notwendigerweise wenn Sie mir erspart hätten, Ihnen hier öffentlich zu wie einen unbefleckten Ruf haben muß. Weder in den Gederholen, was ich neulich unter vier Augen Ihnen gegenüber fängnis selbst noch draußen im Publikum darf man sich äußerte."

berechtigt glauben zu behaupten, daß — daß -Sie meinen, ich folle meine Entlassung fordern ?"

,,Sprechen Sie es aus, mein Herr !"


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frei von allen Untugenden sein, wie uns der Mann ver- strengung konnte ich noch laut sprechen. „Ob das wohl von sicherte; lepteres war aber nicht wahr.

den Timbelbeeren kommt?" Wir also los mit dem Gefährt. Gleich bei der ersten ,,Bewahre, ich habe ja auch davon gegessen und spüre Straßenkreuzung knackte etwas hinter uns.

nichts.“ „Das ist an Deiner Seite," sagte ich zu H.

Aber was ist dann die Ursache? Ich spürte doch nichts H. schaute sich um, bemerkte aber nichts Verdächtiges. bei der Abfahrt, habe überhaupt noch nie so ein Leiden geWir beruhigten uns und fuhren weiter, aus Laurium hin- habt." aus, und nahmen die Landstraße den Bergen zu.

,,Von dem miserablen Pap' kommt's her!" rief þ., Der Weg führt an der Alouezmine vorbei.

Es war

und das mußte wohl so sein. Aber er hatte ja auch davon heiß und staubig; wir verspürten Durst, und nirgends Wasser getrunken. In einem Grocerieladen bei der Alouezinine kehrten wir ein Aber nur ein wenig. Ich merkte ja gleich, was das und baten um Wasser. Der Mann hatte eben Sodawasser für Zeug war." erhalten, und jeder ließ sich eine Flasche anfahren. Ich Und unser Trojaner was war mit ihm los ? Er wollte stülpte meins hinunter, und da war es — Ginger Ale, so nicht und wollte nicht. Konnte er denn nicht? Wir machten ekelhaft warm und brennend, als ob es mit spanischem Pfef- wieder Halt. Sein Schnaufen war recht arg. War er vielfer versekt wäre. Wir waren angeführt. H. schnitt eine leicht krank? Auf jeden Fall langsam fahren. Schade, bei fürchterliche Grimasse, berappte, und wir fuhren weiter. der ebenen, schönen Straße. Aber was hilft's ? „Das ist ein miserabler Stoff,“ schalt er. „Schmeckt denn Dann kamen die Berge in Sicht. Wir waren schon ländas Sodawasser immer jo? Ich kenne das Zeug nicht." ger dicht dabei gewesen, aber der Wald hatte uns die Ansicht

Ich kannte es auch nicht, wenigstens nicht solches. Nun versperrt. Nun tauchten fie plößlich an der Seite dicht am brannte nicht allein der Durst im Magen, sondern auch das Wege auf. Die Anhöhe ist vielleicht 300 Fuß hoch, fällt „ Pap“, alias Ginger Ale. Aber nirgends war Wasser zu aber an der Wegseite fast fenkrecht ab, alles Rupfergestein, bekommen, wir mußten warten, bis wir bei den Cliffs an- vom Regen und Wetter sehr zerklüftet. Am Fuße derselben kamen. Wer hatte auch bei unserer Abfahrt an die Möglich- fließt ein Bach dahin, Tannen, kleine Bäume, wilde Kirschen feit des Durstes gedacht?!

und Winden und sonstiges Gesträuch bilden am Bachesrand Die Landstraße war stellenweise gut, und Rutscher H. eine dichte, dunkelgrüne Einfriedung und stechen angenehm verlegte sich aufs Schnellfahren. Das Pferd hampelte und gegen das graue Gestein ab. Durch grüne Fluren und pampelte los in einer Gangart, die es sonst gar nicht giebt. schattige Haine führt der Weg am Bach und Berg entlang „Das Tier ist schrecklich faul," meinte H. und langte ihm ein liebliches Landschaftsbild. An diesem Abhang stehen eins mit der Peitsche; es zog den Schweif etwas ein und drei verlassene Minen – die ,,Cliff-Minen". Eine Art Tahampelte - pampelte weiter. ,,Na, laß nur; wir werden ja vern steht bald am Anfang der Cliffs mit einem Brunnen, wohl hinkommen."

aber etliche hundert Schritt weiter fließt der kleine Bach dicht Der Wald bot nichts Besonderes dar. Es waren im am Fahrweg. Da kann man trinken. Wir fuhren in den Norden allbekannte Bäume. Am Wege standen Timble Bach hinein, denn der Trojaner mußte gewiß einen gewalBerries mit himbeerartiger Frucht. Ich aß davon, um dod tigen Durst haben und daher so ermattet sein. etwas gegen den Durst zu thun, und siehe da, derselbe nahın Aber begreife einer so 'n Tier! Nun wollte es nicht. ab. Ich hätte gerne noch mehr gegessen, aber der allzeit vor Es wollte partout nicht. Es blieb auch hier seiner Natur sichtige H. bat mich, davon abzustehen. Man könne nicht treu, denn das trojanische Pferd hat ebenfalls nichts getrunwissen, was darauf folge.

ken. Na, dann aber weiter, du Faultier. Der Weg ging nun fast immer bergan. Die Sonne Mein Durst war gelöscht worden, das Brennen im Halse brannte, und fein Luftzug war zu spüren. Unser trojanisches hatte nachgelassen und ich konnte mich wieder erfreuen an Pferd hob und senkte die Weichen und blies die Nüstern. den grünen Rasenmatten unter den schönen Bäumen. Aller„ „Du fährst zu schnell,“ mahnte ich. „Das Tier überhißt sich.“ liebste idyllische Pläßchen zeigten sich, geradezu lustgarten„, Nicht möglich, es geht ja meistens Schritt.“

mäßig angelegt. Und doch war alles Natur. Nach einer kurzen Beratung machten wir Pause, „damit An der ersten verlassenen Mine ging es vorbei; zur sich das Tier verpusten kann“. Man kann nicht wissen, was zweiten wollten wir hin. Mehrere Ausflüglerwagen kamen darauf folgt. Wir wollten heute auch noch wieder zurück. uns entgegen und strebten heimwärts.

Ja, ja, die Hiße! Das Tier keuchte furchtbar. So Warum fahren die schon fort ? Es ist doch noch hoch etwas kann ja kein Pferd aushalten. H. wurde etwas still. am Tage.“ Ob das Schnellfahren ihm Gewissensskrupel bereitete ?

,,Es ist bereits halb fünf Uhr," antwortete H. „Und Hier kam uns der Gedanke, die Uhr zu konsultieren. dann wollen wir auch zusehen, daß wir bei Tage hier noch Es war drei, und um eins waren wir fortgefahren. „Wie fort kommen." viele Meilen haben wir wohl schon zurückgelegt?"

Warum das?" „Ungefähr neun. Und das in zwei Stunden !" rief H. Es ist hier nicht recht geheuer. Man kann nicht wissen, „Das Tier ist unbedingt faul. Weiter fehlt ihm nichts." was darauf folgt. Sieh Dir mal diese Leute hier an."

Weg waren die Skrupel, drauf flog die Peitsche, los Es famnen soeben drei Männer mit einer Büchse aus dem strampelte das Pferd.

zweiten Saloon und stellten sich in den Weg. Ein Omnibus Wir hatten meist ebene Bahn vor uns. Der Wald mit Luftfrischlern, der uns entgegen fam, hielt bei ihnen an. wurde schöner und dichter. Laubholz mischte sich mit herr- Wir waren ungefähr noch 300 Schritte davon und sahen dann, lichen Tannen – eine Augenweide für den Naturfreund. daß der Omnibus weiter fuhr - unbehelligt. Nun hätte ich mich freuen können, aber es wollte nicht gehen. ,,Die Männer werden uns doch nichts thun?" Ein unbeschreibliches Etwas fing in meinem Halje an zu Wer weiß? Vielleicht haben die Leute im Omnibus brennen, und das wurde ärger und ärger. Es verursachte ihr Geld herausrücken müssen." ein Gefühl, als ob ich siedendheißen Kaffee verschluckt hätte, „, Nicht denkbar, Du sagtest doch, die Leute wären hier und schien aus dem Magen zu kommen. Speien und Räuf- durchweg recht gesittet." pern schien diesen Zustand zu verschlimmern. Nur mit In- ,,In Calumet wohl, aber nicht in dieser einsamen Gegend." Der Mann mit der Flinte zielte nach einer Scheibe ! So auch bei den Cliff - Minen. Die verlassenen, verDann fiel der Schuß. Wir atmeten erleichtert auf und fuh- witterten Häuser gewähren einen trostlosen Anblick. Fünf ren freundlich grüßend an ihnen vorbei. Sie winkten eben- Kirchtürme zeigen vergeblich zum Himmel empor. Es sind faus unterthänigst. Wie oft hat man schon gehört oder ge- ja nur noch die Saloonwirte da, und diese brauchen keine lesen, daß der Räuber durch eine zuvorkommende Artigteit Kirche. Die Kirchthüren stehen offen. An den Wohnhäuentwaffnet wurde.


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gefalteten Händen angstvoll auf die Arbeitenden schaut. Nun „Warum ist denn Onkel immer so bös ?“ fragt Marie. ist das Gras beseitigt

ist das Gras beseitigt – nun die zerbrochene Wagenleiter „Und heut' ist doch Sonntag; warum fährt der Onkel und ein bleiches Gesicht mit geschlossenen Augen kommt doch auf die Arbeit?“ fragt Gottlieb, der eben in der Schule zu Tage, über das aus einer Kopfwunde das Blut in wardas dritte Gebot gelernt hat.

mem Strome rinnt. Die oben im Grase steckende Sense hat „O laßt, laßt, Kinder; der liebe Gott macht uns auch beim Sturze ein breites, klaffendes Loch dem Unglücklichen Onkel wieder gut!“ beschwichtigt der Vater.

in den Kopf geschnitten. Aber hartnäckig, wie Kinder sind, fragen sie weiter : Schon kniet Albrecht bei dem Gestürzten, und wie er „Und die Leute sagen, Onkel hat geschworen, er will nie unter dem vom Blute zusammengeklebten Haar die Wunde wieder einen Fuß über unsere Schwelle leßen. Was habt sieht, ruft er dem nechte: „Schnell zu Pferde und zum Ihr ihm denn gethan?"

Arzt !" Mit kräftiger Hand aber hebt er mit einem Nachbar Doch ehe noch Vater und Mutter sich der unbequemen den Bruder auf, und ohne der verwunderten, fragenden Mahner zu entledigen brauchen, springen die Kinder auf und Blicke zu achten, trägt er ihn in sein Haus, auf sein Lager. jubeln der Greisin entgegen, die eben um die Ede der Dorf- Die Männer und fein Weib waschen und kühlen; die Kinder straße biegt und sich dem Häuschen nähert, das hier am stehen erschreckt in der Ecke; Else aber eilt davon und kehrt Ende des Dorfes neben der Mühle steht. Es ist Großinit

Es ist Großmüt- bald mit einem bleichen Mädchen an der Hand zurück. Es terchen, und die bringt immer in der Tasche etwas mit vom ist des Bauern, des Friedrich einzige Tochter, Sophie, das reichen Bauernhofe, was den Kleinen mundet, und was der Kind, welches ihm aus seiner kurzen Ehe geblieben. Entießt Vater, der arme Nuhbauer und Leineweber, ihnen nicht will diese sich schreiend über den Vater werfen, aber zart zieht bieten kann.

sie die Großmutter zurück, und so weint sie, an diese geNun ist das liebliche Sonntagsbild im kleinen Stübchen schmiegt, sich aus. erst vollständig, da um die greise Ahne Rind und Kindeskind Eine angstvolle Viertelstunde um die andere verrinnt; sich liebreich scharen. Wie das knuspert und wie das knaspert nur das bange Stöhnen des Verwundeten, das leise Beten und nun die Taschen durchsucht nach neuen Schäßen! Wie der Großmutter, das Plätschern des kühlenden Wassers tönt das jubelt, als immer noch Apfel um Apfel zu Tage kommt, durch den stillen Raum; - endlich rasselt ein Wagen heran, welche die fürsorgliche Großmutter dem ersten Anlauf ent- und der Arzt tritt in die Stube. Er untersucht mit kundiger zogen hatte! Jeßt aber sind die Taschen leer, — und noch Hand die offene Wunde; der Kranke zuckt zusammen, öffnet mit kauendem Munde stehen die Kinder um die Greisin, und die Augen, um sie gleich wieder zu schließen, und hört nichts unersättlich und unermüdlich rufen sie: „Liebe Großmutter, davon, wie der Doktor erklärt, er müsse jedenfalls noch die erzählen, bitte, erzählen!"

eine Nacht zunächst ruhig auf diesem Lager bleiben, und Ob auch Vater wehrt und Mutter lächelnd mit dem Kopf Albrecht antwortet: „Er ist mein Bruder; ich habe ihn mir "chüttelt, fie lassen nicht los — und nun erzählt die gute hereingeholt und auf mein Bett gelegt; - da kann er bleiGroßmutter allerhand merkwürdige und rührende Geschichten ben, solange es not thut!" Bald umschlingen den Kopf des und Sagen, wie sie sich im Volksmunde seit Jahrhunderten Kranken weiße Binden, der Arzt fährt davon, und treue erhalten haben – und die scheidende Sonne giebt dem lieb- Mutter- und Bruderliebe wacht am Bett des Bewußtlosen, lichen Bilde güldenen Rahmen und farbigen Glanz. Nach- der sich oft stöhnend wälzt und wirre Worte murmelt. dem das Erzählen zu Ende, ruft der Vater: Jeßt, Kinder, Nun färbt es sich am Horizonte wieder glühend rot; es betet den Abendsegen! Wir singen, und dann müssen die hebt sich der Feuerball wieder über den dunkeln, goldgeränKleinen zu Bett!"

derten Wolkensaum. Und wie die hellen Strahlen zitternd ins Da ziehen sich einige kleine Mäuler schief; Großmutter stille Krankenzimmer sich stehlen, schlägt Friß die Augen auf, aber ruft mit aufleuchtenden Augen: „Ia, Kinder, beten sieht sich verwundert um, und indem sein Blick auf das über und zusammen singen! Ihr wißt nicht, was einem fehlt, ihn gebeugte Antlit der Mutter fällt, fragt er, noch halb wenn man es nicht ....

wirr: „Was ist mit mir ? Wo bin ich ?“ Da mit einemmale rasselt und rast es aus der Ferne Jetzt will er in die Höhe fahren, da er seinen Bruder heran, daß alle erschreckt aufspringen. Der Vater stürzt vor erblickt; aber sanft drückt die Mutter ihn in die Kissen niedie Thür; da jagen sie mit dem Wagen, führerlos in wilder der: „Mein Sohn, Du bist gestern mit Deinem Wagen vor Flucht, die beiden Schimmel seines Bruders; mit schreckens- Albrechts Hause verunglückt; da hat er Dich hineingetragen bleichem Antlig sikt der oben auf dem Gras, das er am lieben und mit Marie und mir die Nacht über gepflegt. Nun nur Sonntag noch mit dem Knechte gemäht und hereinholen still, ruhig, ganz ruhig, bis der Arzt wieder kommt!" wollte; seine Hände können die entfallenen Zügel nicht faj- Aber mit einem Ruck richtet sich Frit hoch auf. „In sen; er ruft und schreit vergebens; in der Ferne eilt der Albrechts Hause, ich ?" Heiß rötet sich sein Gesicht und ein Knecht angstvoll dem dahinjagenden Wagen nach; Schaum Blick des Hasses bricht aus dem Auge. „Id, der ich gefließt in weißen Flocken aus den Nüstern der geängsteten schworen, nie wieder seine Schwelle zu betreten?" Tiere; nun prallt das Vorderrad gegen einen Chausseestein; Sohn," bittet die Mutter und hebt flehend die Hand, ein Ruck, ein Krach, ein Leiterbaum bricht knackend zusam- „laß nun den thöridhten Haß, den sündlichen Schwur; er hat men; der Wagen beugt sich zur Seite; das Rad rollt ge- Dich über seine Schwelle getragen . knickt davon, – und der Bauer fliegt herab auf das harte „Ja, Bruder," ruft Albrecht, „hier meine Hand; ich Steinpflaster; der Wagen aber mit seiner Last sinkt ihm nach habe es gerne gethan, habe Gottes Finger darin gesehen, der und bedeckt ihn, seinen schrillen Weheruf erstickend.

Dich mir zuführte; nun laß uns wieder Brüder sein in FrieAlbrecht hat indes schon mit fester Hand die Pferde ge- den wie vordem, da wir finder waren, und alles sei verge faßt; die stehen nun, an allen Gliedern zitternd und bebend, sen.“ So reicht er seine beiden Hände hin: „Friß, schlag ein!" gehalten von der Last des gestürzten Wagens und von der Aber ein schneidendes „Nein — weg mit der Hand !" festen Hand ihres Bändigers.

tönt von des Bruders Lippen; ,wer heißt Euch, mich in Euer Die Nachbarn eilen herbei; einige strängen die Pferde armseliges Haus tragen? Ich habe selber Haus und Hof; ab; Albrecht müht sich mit anderen, den Bruder unter der dort bringt mich hin; hier habe ich nichts zu suchen.“ Er will aus dem Bette springen; kaum hält ihn die Band der aufzuckt und die Augen öffnet, schaut er um sich, – und tro geängsteten, weinenden Greisin, wie er zornig ringt; da des Schmerzes, der Schwäche zieht ein befriedigtes Lächeln schießt wieder eine heiße Blutwelle in das bleiche Gesicht; die über sein Gesicht: er sieht sich nicht mehr im gehaßten Hause, hüllende Binde färbt sich röter – und in neuer Bewußtlosig- er ist im eigenen Heim. keit sinkt er zurück.


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„Ich sagte nur, ich fürchte es nicht.“

als daß ich Militärarzt gewesen und sein geschäßter Freund ,,Deshalh muß Ihr Verbrechen“ – und wieder schaute sei; und er wäre überzeugt, keins jener übeln Gerüchte er mich an mit jenem Blic, der, weil er so dringend und würde nach jener fernen Kolonie dringen, wohin ich sowohl so gütig war, mir doppelt weh that – „nein, Doktor seinen Angehörigen als der ganzen Welt gegenüber einen Urquhart, ich kann nicht anders, ich halte Sie für ganz un- vollkommen unbefleckten Namen mitnehmen sollte. fchuldig."

Wenn ich geschwankt, dies entschied. Eine neue Lüge ? „Herr Thorley!" rief ich, faßte mich aber schnell und Die Hoffnung mußte chwinden, ich durfte die goldige fragte ruhiger, ob er nicht glaube, man habe fündigen Blüte nicht erfassen. Sie sank dahin, gewiß für immer können und durch aufrichtige Reue sei alles gesühnt?

tot. Er fuhr erschreckt zurück, und seine Bewegung war so Habe ich recht gethan? Ich höre Dich durch die Ferne groß, daß ich einjah, wie ich mit dieser Schlußfolgerung viel hindurch sprechen: „Ja, Mar!" zu weit gegangen sei.

Indem ich dem Prediger Lebewohl sagte, erklärte ich Und auf seine Knie sinkend neben mir, wiederholte ihm, daß er mit seinem großmütigen Anerbieten mir mehr der alte, würdige Mann mit schwankender Stimme die gegeben, als er vielleicht selbst ahnte. Worte des Palmisten:

Seine Meinung über meinen Entschluß und über die ,,Gedenke nicht der Sünden meiner Jugend und meiner unselige That der Vergangenheit konnte ich nicht zu erforÜbertretung, gedenke aber mein nach Deiner Barmherzigkeit schen suchen, weil ich noch nicht sprechen durfte; es dauert um Deiner Güte willen.' – So thue, HErr mein Gott, ja überdies nicht mehr lange, bis er alles wissen wird. durch Jesum Christum, unsern HErrn!“

Meine Geliebte, ich habe beschossen, als das einzig Amen!"

mögliche, mir Frieden zu verschaffen, das zu thun, was die Herr Thorley erhob sich, nahm den Stuhl, welchen ich Geseke Gottes und der Menschen verlangen, was schon ihm reidte, und wir saßen wieder in tiefem Schweigen vor zwanzig Jahren hätte geschehen sollen, mich nämlich da, das er endlich durch die Frage brach, ob ich schon dem Gerichte zu überliefern. einen Plan für die Zukunft entworfen. Hätte ich auch wohl Nun habe ich es Dir gesagt; könnte ich Dir aber zubedacht, welche Schwierigkeit es mir bereiten würde, nach gleich beschreiben, welche unendliche Ruhe dieser Entschluß dein, was heute vorgefallen, mich irgendwo als Arzt nie- mir gebracht hat! Frei zu sein von aller Verstellung, die Last derzulassen?

dieser Lüge abzuwerfen, die Jahre und Jahre mich zu Boden Ich erwiderte, was mein Fortkommen beträfe, so sei gedrückt, offen und klar vor Gott und Menschen mein ich mir bewußt, daß ich ein zu Grunde gerichteter Mann Unrecht zu bekennen und meine Strafe hinzunehmen wäre.

D wüßtest Du, welcher Segen in dem Gedanken liegt, ,,Und Sie nehmen das so ruhig hin?"

wie er Frieden, Frieden in die zermarterte Brust bringt, Du

würdest nicht zittern und weinen, sondern Dich mit mir ,,Doktor", rief der alte Herr, nachdem er mich noch freuen. einmal scharf geprüft, „entweder Sie sind ganz unsduldig, In dem einliegenden Briefe an Deinen Vater habe oder Sie sind nur durch starke Versuchung erlegen und ich, alle näheren Ilmstände berichtend, ihn gebeten, mich lange von dem Irrtum zurückgekehrt. Ich kann es nicht meines Versprechens zu entbinden, das ich nimmer hätte glauben, daß Sie jept nicht einer der bravsten und ehren- leisten dürfen. Nimmer, denn es stellte die Furcht vor haftesten Männer sind."

Menschen höher als die vor Gott; es band mid an eine ,,Segne Sie Gott für dies Wort!"

fortgesette Heuchelei, deren Pein und Sünde an meiner Eine nicht zu beherrschende Schwäche kam über mich, Seele itagte. Ich muß dem ein Ende machen, und Du auch Herr Thorley war tief bewegt.

hilf mir dabei, Du, meine Gottesgabe, die mich mehr liebt ,,Hören Sie, mein Lieber, ich habe einen Plan", be- als sich selbst, deren Gefühle für mich bei aller Wärme gann er nach einigem überlegen, sanft meine Hand fassend. und Treue so felbstlos find. Oft ist es mir gewesen, als ,,Sie müssen in einem andern Teile der Welt Ihre Laufbahn sei dies mein altes, unwürdiges Ich, das so vom Schmerz von neuem beginnen. Sie sind nicht älter, als mein und Krampf zerrüttet ward, besser für das Grab als für Schwiegersohn war, da er heiratete und nach Canada als das Leben geeignet, für das Leben an meiner lieben TheoArzt ging. Da kommt mir ein glücklicher Gedanke — das dora Seite! Vergieb mir, wenn ich Dir weh thue! Die wird sich machen!"

bittere Seelenangst dieser Stunde läßt mid) fühlen, daß Und der alte, würdige Herr wurde ordentlich froh, das Opfer gebracht werden muß, weil es ein gerechtes ist. indem er mir mitteilte, sein Schwiegersohn suche einen Du wirst mir beistehen, Deinen Vater zu bestimmen, Partner, womöglich einen Arzt aus dem alten Lande. mir mein Versprechen zu erlassen. Sage ihm auch, was

,,Wenn Sie dorthin übersiedelten mit einem Em- ich ihm schon geschrieben habe, er folle nicht fürchten, daß pfehlungsschreiben von mir, so würde er Sie gern an- Schande seine Familie oder den treffe, der nicht mehr ist. nehmen und bald lieb gewinnen, und alles könnte sich Ich werde nur den Namen Henry Johnston nennen, vortrefflich arrangieren. Überdies hängt Ihr Schotten weiter nichts; und mein offenes Bekenntnis wird Zeugnis ja stets fo aneinander — mein Schwiegersohn ist Ihr

mein Schwiegersohn ist Ihr genug gegen mich sein. Landsmann, und sagten Sie nicht, Sie wären in St.- Deinetwegen, mein Liebling, habe ich mich bemüht, Andrews erzogen? Das paßt ja aufs beste, denn auch etwas Einsicht zu erlangen, welche Folgen mein Schritt er ist dort Schüler gewesen. Folgen Sie meinem Rate, mit sich führen wird; und so wenig ich von den Geseßen Doktor, segeln Sie mit dem zunächst abgehenden Schiffe verstehe, besonders von den englischen, so glaube ich doch nach Amerika."

nicht, das Urteil werde auf vorsäßlichen Mord lauten, Ein heftiger Kampf entspann sich in meinem Innern. dessen ich mich auch nicht schuldig bekennen kann. Gott Herr Thorley bemerkte es, chien ihm aber eine andere und mein eigenes Gewissen sind Zeugen, ich beging keinen Ursache unterzulegen, denn mit großer Zartheit gab er mir Mord, nur einen unbeabsichtigten Totíchlag. zu verstehen, er halte es durchaus nicht für notwendig, in Die Strafe hierfür ist zuweilen Deportation, zuweilen seinem Briefe mehr über frühere Verhältnisse zu erwähnen, eine lange, lange Sterkerhaft. Möglich, daß auch Tod


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matit, Jurisprudenz, Astronomie und - Astrologie bildeten allec seiner Zeitgenossen auf fich zog und der seinen wissenseine Nebenstudien. Auch im späteren Leben ist Melan- daftlichen Ruf durch die Herausgabe einer griechischen chthon ein Anhänger der Sterndeuterei gewesen, überzeugt, Grammatik, die im Jahre 1518 erschien, bereits gegründet daß die Bewegungen der Gestirne den Gang der Weltbege- hatte. — Bald sollte ihm auch ein größerer Wirkungskreis benheiten und das Geschick des einzelnen Menschen beein- zugewiesen werden. flussen. Dabei ist es ihm einmal passiert, als er von Wittenberg aus den Pfarrer Melander in Kassel besuchte und dort

II. In der Fremde. ein Kind in der Wiege liegen sah, daß er sich Tag und Im Sachsenlande an der Elbe hatte der Kurfürst Stunde der Geburt sagen ließ und dann des Kindes Hand Friedrich der Weise, im Jahre 1502, die Universität nahm, um daraus zu

Wittenberg gegrünwahrsagen.

det. Er hatte sich bephezeite, daß das Rind

reits im Jahre 1508 einst wie sein Vater ein

auf den Rat des Dr. Prediger werden, aber

Johann Staupiß einen auch um des Glaubens

jungen gelehrten Mönch willen schwere Verfol

aus dem Augustinergungen erdulden wür

kloster zu Erfurt geholt de. Des Kindes Vater

und zum Professor der aber sagte lächelnd, das

Theologie gemacht. wäre alles sehr schön,

Dieser, Martin wenn es nicht ein Mäd

Luther, hatte bereits chen wäre.

neues Leben in die In Tübingen er

Hochschule gebracht, so langte Melanchthon

daß der alte Rektor nun auch den ersehnten

Dr. Mellerstadt proMagistertitel, der ihm

phezeite: „Der Mönch das Recht gab, aka

wird alle Doctores demische Vorlesungen

irre machen und eine zu halten. Er erklärte

neue Lehre aufbringen nun auch als Vorsteher

und die ganze Römische feiner Burse, d. h. der

Kirche reformieren." akademischen Gemein

Bereits hatten sich auch schaft, der er angehörte,

die Augen ganz Deutschseinen Senojien die

lands auf Wittenberg lateinischen Dichter

gerichtet. Von daher Virgil und Terenz, spä

hatte man Hammerter auch einige Schrif

chläge bernommen, die ten Ciceroe und die rö

den ganzen Bau der mische Geschichte des

Papstkirche erschütterLivius. Mehr und

ten und in den Herzen . CHRISTO SACRVM mehr wandte er sich

Tausender einen Wieaber auch dem Stu- İLLE: DEI VERBO - MAGNA PIETATE · FAVEBAT

derhal fanden. Luther dium der Gottesge• PERPET VA · DIGNVS. POSTERITATE.COLIS

hatte seine 95 Thesen lahrtheit zu. Was aber

veröffentlicht, und jedamals dem strebjamen

D. FRIDR.DVCÍ · SAXON S.R.IMP. dermann redete von Jünglinge in Tübin· ARCHIM ELECTORI:

dem neuen Liede, das gen von Theologie ge· ALBERTVS. DVRER. NÝR FACIEBAT

die Wittenberger Nachboten wurde, war nur · B.M.T.V V.

tigall gesungen. Nach von geringer BedeuM . D . XXIIII

Wittenberg kam ießt tung. Dennoch ver

mancher gezogen, um tiefte er sich mit großem

noch mehr von dem zu Eifer in die Schriften

hören und zu lernen, Johann Wessels, die

friedrich der Weise.

was in jener Zeit aller ihm von seinem GroßNach einem Gemälde von Albrecht Dürer

Herzen bewegte. Der onkel Reuchlin empfoh

Lehrstuhl der Theologie len waren und die ja auch von Luther hoch geschäft und war gut beseft. Nun wollte der Kurfürst aber auch für den gerühmt wurden. Aber von der allergrößten Bedeutung griechischen und hebräischen Lehrstuhl zwei tüchtige Gelehrte wurde für Melanchthon jeßt noch ein anderes Buch, das er haben. Als er sich deswegen an Reuchlin wandte, schlug auch von Reuchlin erhalten hatte und welches er jo lieb ge- ihm dieser „seinen gesippten Freund" Melanchthon vor und wann, daß er es auch auf seinen Spaziergängen mitnahm bewog Melanchthon, sich für den Lehrstuhl des Griechischen und stets bei sich trug. Es war dies eine lateinische Bibel, in Wittenberg zu melden. Er wisie keinen, schrieb Reuchlin die er jo fleißig, selbst während des Gottesdienstes las, daß an den Nurfürsten, der in der griechischen Sprache ihm überer später von sich sagen konnte: „Als Jüngling war mir der legen sei. Seinem Großneffen aber schrieb er: „Ich will biblische Text schon geläufig; ich las ihn eifriger, als iegt von Dich keineswegs dichterisch anreden, sondern mit den Worten den jungen Leuten geschieht." So war denn aus dem

So war denn aus dem jener wahrhaftigen Verheißung Gottes, die er dem gläubigen Schüler ein Lehrer geworden, der in Tübingen die Augen Abraham gab:' ,Gehe aus deinem Vaterlande und von


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Mit dem militärischen Begleiter machte er sich auf den Stiche tötet, und nirgends kennt man so die WanderheuWeg, tief traurig, fast verzweifelnd. Es war gegen Abend, schređe, welche der Feind alles Grases, alles Laubes und aller als sie das kleine, nette Wohnhaus der Pflanzung erreichten. Saaten ist. Da wurde die Hausthür aufgerissen. Eine Dame und zwei Schon vor Jahrtausenden ist Afrika von diesem Feinde Knaben tamen zum Vorschein; sie liefen auf ihn zu und um heimgesucht worden; denn Heuschrecken waren eine von den armten ihn unter Freudenthränen. Zu seinem größten und ägyptischen Plagen, wie im zweiten Buche Mosis im vierten freudigsten Erstaunen erkannte er in der Dame seine Frau Verse des zehnten Kapitels zu lesen ist. Eleanor und in den Knaben seine beiden Söhne. Der Soldat Es ist wunderbar, daß manchmal Jahre vergehen, auch wischte sich gerührt zwei Thränen aus den Augen; dann em- wohl einmal zehn Jahre, in denen man von diesen schädlichen pfing er die Bescheinigung über richtig geschehene Ablieferung Tieren nichts sieht und nichts hört, dann aber kommen sie in und entfernte sich.

dichten Schwärmen Jahr für Jahr, eine Zeitlang hinterein„Ist dies Traum oder Wahrheit?" rief Rigby ganz er: ander. So ist es in der letzten Zeit geschehen, und dann breichüttert.

ten sie sich auch manchmal über die angrenzenden Länder aus. „Es ist keine traumhafte Täuschung, lieber Thomas !" So find sie oft auch über das jüdische Land hereingebrochen, sagte sie freudenvoX.

und der Prophet Joel hat das Sommen von Heuschreden als „Du auf Barbados, Eleanor ? Ilnd Arthur und George?"

ein Gericht Gottes angekündigt mit Worten, die uns die Furcht„Ja, Du Lieber! Meine Pilicht ist es ja doch, da zu sein,

barkeit der Plage recht deutlich vor die Augen treten lassen. wo Du bist, Dich nicht zu verlassen in Sorge, Kummier und Da heißt es im Buche Joel im zweiten Kapitel: „Der Tag des Not.“

HErrn kommt und ist nahe: ein finsterer Tag, ein dunkler „Wie ist das nur möglich?"

Tag, ein wolkiger Tag, ein nebliger Tag; gleichwie sich die „Sehr einfach ist'S! Du bist wieder mein. Ilm dies durch- Morgenröte ausbreitet über die Berge, kommt ein groß und seben zu können, bin ich in aller Geschwindigkeit Pflanzerin in

mächtig Volk, desgleichen vorhin nicht gewesen ist und hinfort Barbados geworden. Seit vierzehn Tagen bin ich mit Arthur nicht sein wird. Das Land ist vor ihm wie ein Lustgarten, und George auf dieser schönen Insel."

aber nach ihm wie eine wüste Einöde, und niemand wird ihm „Du hast mich also gekauft?"

entgehen. Sie sind gestaltet wie Rosse und rennen wie die „Jawohl - für 1150 Pfund Zucker."

Reiter. Sie sprengen daher auf den Bergen, wie die Wagen „O Du unvergleichlich kluges und treues Weib!" rief Thos rasseln, und wie eine Flamme lodert im Stroh, wie ein mächmas Rigby).

tig Voll, das zum Streit gerüstet ist." Er umarmte und küßte wieder und wieder seine Frau.

Mancher von den Missionaren hat das, was hier geschrieDann gingen sie ins Haus, wo in einem behaglichen Zim- ben steht, erlebt, hat es mit Augen geschaut, daß die Sonne mer ein treffliches Abendessen bereit war.

von den ungeheuren Schwärmen verdunkelt wurde, und mit Eleanor erzählte: „Wie bange Sorge ich um Dich ausge: Dhren gehört, wie das von dem Propheten beschriebene Rasseln standen, das ist unbeschreiblich. Ich versuchte es auf jede er

der Flügel die Luft erfüllte. Alle Leute rufen einander zu, denkliche Weise, mit Dir, als Du in Haft warst, eine Verbin

alle eilen auf die Felder, um nach Möglichkeit die Feinde abdung anzuknüpfen; doch vergeblich war mein Bemühen. End

zuwehren. Die Heident rufen ihnen auch manchmal wunderlich erfuhr ich durch einen Gerichtsschreiber, was mit Dir ge

bare Verwünschungen oder Worte der Mißbilligung entgegen. schehen solle, nämlich Deine Deportation nach Barbados, und

Im Rondelande riefen die Leute Muatarobos den heranziehendaß dies llrteil unabänderlich sei: Du würdest, wie die ande

den Schwärmen zu: „Was sucht ihr hier? Was hat Muakaren Opfer der Tyrannei, als ,weißer Sklave' verkauft werden.

robo denn gesündigt? Gehet fort, kehret dahin zurüd, woher Da erkundigte ich mich genauer über diese Verhältnije, und

ihr gekommen seid, und richtet dort die Sünden der Leute. nachdem ich einen klaren Einblick in die Sachlage erlangt hatte, Hier haben wir keine Schuld !" In den Gärten zünden die beschloß ich, nach Barbados überzusiedeln, Pilanzerin zu wer:

Leute Feuer an, um durch den Rauch die Tiere zu vertreiben, den und Dich zu kaufen. Unser Gut ließ ich in sicherer Ver

fie rennen und scheuchen mit Zweigen oder Nleidungsstücken, waltung; ich nahm so viel Geld auf, als voraussichtlich nötig sie schreien und klagen ; aber wenn auch die gefräßige Menge war, und verschaffte mir auch einen Kreditbrief an einen Kauf

da aufstiebt, wo der Mensch sie bedroht, so läßt sie sich ofort mann in Bridgetown. Nach rascher Fahrt kam ich vor vier

einen Schritt davon entfernt wieder nieder, bis endlich die zehn Tagen hier an. Der Kaufmann, ein angesehener Herr,

Leute müde werden und in stumpfer Ergebung der Vernich war sehr gut und freundlich gegen mich, ebenso seine Frau, die

tung ihrer Feldfrüchte zusehen. Wo große Schwärme jich niemir in ieder Hinsicht behilflich war. Durch ihre Vermittlung derlassen, ist bald alles verzehrt.

deríasien, ist bald alles verzehrt. Die Bäume werden nicht wurde ich mit der Gemahlin des Gouverneurs bekannt und

allein des Laubes beraubt, nein, auch die Rinde und selbst die ebenso mit der Gattin des sommissars. Diese edelgesinnten

kleineren Zweiglein werden abgefressen, so daß an Stelle der Damen bewirkten es, daß ich Dich kaufen durfte für 1150 Pfund

grünen Büsche und Zweige entlaubte Besen sich dem Auge Zucker. Man weiß es, daß Du kein Verbrecher, sondern das

bieten. unschuldige Opfer der Tyrannei bist, und so zollte man uns

Es ist ein Geringes, verglichen mit den furchtbaren Schaherzliche Teilnahme. Der gesetzlichen Form nach also bist Du

den, den die Heuschrecken thun, daß der Mensch die Fresser mein , weißer Sklave' hier, in Wirklichkeit aber der Herr und

fangen und essen kann. Wenn die Schwärme jich des Nachts Gebieter über diese kleine, hübsche, von mir gekaufte Pflan

gelagert haben, dann feuchtet der Tau ihre Flügel, so daß sie zung.

nicht eher sich in die Luft erheben können, als bis die Sonne Das Eril dauerte übrigens nur wenige Jahre. Das eng

sie getrocknet hat. Da sind die Eingeborenen bei der Hand; lische Volt, überdrüssig der verhaften Wilkücherrschaft des

Säcke und Körbe werden, mit Haufen der feindlichen Tiere geKönigs Jakob, verjagte ihn im Jahre 1688. Wilhelm III.

füllt, nach Hause getragen. Dort brüht man die Heuschrecken, kam auf den Thron. Mit vielen anderen wurde auch Thomas

reinigt sie von den Eingeweiden und dörrt sie in der Sonne. Rigby aus dem Exil zurückberusen. Seine Frau verkaufte die

In manchen Gegenden werden sie gemahlen und zu harten ganze Pflanzung, nur ihren „weißen Sllaven" behielt sie.

Nuchen verarbeitet. Auch Johannes hat die Heuschrcken so Meusdireden in Afrilia,

gegessen, und manche Missionare, besonders aber die Kinder Afrika ist von Gott mit man- von Missionaren, essen sie mit den Eingeborenen und behaupchen Plagen gestraft, die wir ten, daß der Geschmack recht gut sei, er erinnere an den Be

Gebei uns und in anderen Län- schmack von Krebsen.

dern gar nicht oder doch nur Wie furchtbar die Plage auch für Menschen werden kann, Die Wanderheuschrecke.

selten kennen lernen. So fin: zeigt der Brief eines Missionars aus Ostafrika. Im Dezem

det sich sonst nirgends in der ber und im Januar war eine Station so schwer heimgesucht, Welt die Tsetje-Fliege, welche Kinder und Pferde mit ihrem daß es ihm und seinen Leuten ging wie den Ägyptern in Mosis


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in seine Obhut nehmen und wird ihn am jüngsten Tage aufGräme Dich in keiner Weise um mich.. Glaube mir, erwecken, selbst aus der Tiefe der See." mancher Pair mag seine Staatsrobe mit schwererem Herzen Und so glaube auch ich, daß keine wahre Liebe oder anlegen, als ich die Tracht der Sträflinge anzog, deren An- der Beweis derselben in Wort und That jemals verloren blick Granton so außer sich brachte, daß er Dir unzweifelhaft gehen kann. Deshalb ist es auch unwichtig, ob diese Baeine schreckliche Beschreibung geben wird. Achte nicht dar- piere, unsere wahrhaftige Herzensgeschichte enthaltend, auf - meine Kleider sind nicht ich, nicht wahr, meine Liebe ? unten auf dem Meeresgrunde liegen, wohin wir alle gestern

Ich glaube, Gott und Menschen haben mir vergeben. beinahe gebettet worden wären, so heftig war der Sturm, Und freuen sich nicht die Engel im Himmel über den Sünder, oder ob sie versiegelt und verwahrt werden zum Nußen und der Buße gethan?

zur Freude unserer — unserer Irenkel. Deshalb ist Frieden in mir. Diese erste Nacht in mei- Ach, die arme Mutter des gestorbenen Kindes ! nem Gefängnis fühle ich mich ruhig.

Soeben kam Mar nach der Kajüte hinab, sich nach Granton wird Dir alles noch ganz ausführlich erzählen. mir umzusehen, und ich kehrte mit ihm auf das Verdeck Sprich offen mit ihm, er verdient Dein Vertrauen, und es zurück, ihm dort einen behaglichen Ruhepla zurechtwird der beste Lohn für seine Güte sein. Er ist wirklich ein machend, den eine volle Viertelstunde nicht zu verlassen er vortrefflicher Mensch. Das glückliche, nüßliche Leben, wel- feierlich versprach. O, ich muß ihn noch sehr in Obhut ches er jeßt führt, wird ihm durch die Wolke der Trübsal, die nehmen, obgleich der stärkende Seewind schon wieder es einst verschleierte, noch heller erscheinen; vielleicht hat er etwas von der frischen braunen Farbe in sein liebes altes einsehen gelernt, daß der allgütige Vater seine Kinder oft Gesicht zurückbringt, weshalb ich ihm gestern erklärte, auf andere, bessere Weise segnet, wenn er ihnen auch einst ich würde nun bald aufhören, ihn interessant zu finden. versagte, was sie für das begehrenswerteste hielten.

Während der drei Monate im Gefängniß sah ich May Was thut wohl meine Theodora jeßt in dieser späten nicht, ja wir waren nicht ein einziges Mal zusammengekomStunde, da Stille über der Welt liegt und alles sich zum men seit jenem Abend, da er in Gegenwart meines Vaters Schlummer neigt? Gewiß ichwebt sie, die kleine silberne von mir Abschied nahm, bis zu dem Tage, als – doch ich Lampe in der Hand, wie ich sie einmal sah, die Treppe hin- will das Ende meiner Seichichte nun auch noch geordnet und auf nach ihrem Zimmer, dessen Thür sie verschließt, um nun flar erzählen. ganz allein recht ungestört an mich zu denken.

Die Zeit seiner Haft über war Mar frank gewesen, Ja, denke an mich, doch nicht mit Schmerz. Glaube mir, nicht gefährlich, wie er versicherte, und ich weiß, ich kann ich bin glücklich; was auch geschehen mag, den neuerrungenen seinem Wort unbedingt glauben, aber es war doch schwer Frieden vermag mir nichts zu rauben.

genug, ihn leidend zu wissen und fern zu stehen. Ich beSage Deinem Vater - nein, jage ihm nichts, er muß greife jept kaum mehr, wie ich es damals ertrug, ießt, da ja alles wissen; wenn nicht, so wird er es erfahren, wenn wir ich das beglückende Bewußtsein habe, daß Menschenwort einst beide vor dem einen Gott stehen, der ja der Erlöser aller uns nicht mehr scheiden kann. Sünder ist.

Am leßten Tage, ehe er seiner Haft entlassen wurde, Schreibe mir, doch besuche mich nicht! Bis jetzt ist ichrieb er mir einen langen, sehr ernsten Brief. Bis daDein teurer Name ganz aus dem Spiele geblieben, und so hin waren unsere schriftlichen Mitteilungen stets mit muß es ferner geschehen, mag das Opfer für uns beide noch allerlei Scherzen und Kurzweil angefüllt gewesen, die uns so groß sein; ich rechne bestimmt darauf. Erinnere Dich, beide zerstreuen und erheitern sollten; alle Pläne verDu sagtest einst lachend, Du habest mir schon das Gelübde doben wir, bis Mar wohler sein würde. Meine Ge des Gehorsams im Herzen geleistet, und wenn ich es for- danken über die Zukunft wurden erst klar und geordnet, als derte, würdest Du gehorchen, als sei ich ichon Dein Herr und ich seinen lezten Brief gelesen, der düster und tief traurig Gebieter.

war. Das Leben in der engen Zelle, die einzige Freistunde, Sollten meine Bitten nicht Macht über Dich haben, so da er sich auf einem kleinen, hochummauerten Hofraume trete ich jeßt als solcher auf. Wenn nicht Krankheit oder sonst ergehen konnte, die Kost der Gefangenen und überdies sein irgend ein wichtiges Ereignis Deine Nähe notwendig machen Unwohlsein, alles hatte doch wohl auf das brave, mutige - und auf mein Wort, dann rufe ich Dich -, 10 darfst Du Herz Einfluß gehabt und es so niedergebeugt. nicht herkommen.

Ja, er muß gebrochen an Leib und Seele gewesen sein, Drei Monate werden schnell vorübergehen. Und dann? sonst könnte er mir nicht in der Weise geschrieben haben, Doch wir wollen keine Pläne entwerfen.

mir ein ewiges Lebewohl sagend — mir! Zuerst war Lebe wohl! Gott sei mit Dir, mein Lieb!

ich erschreckt und gefränkt, dann legte ich den Brief nieder May Urquhart. und lächelte ein sehr trübes Lächeln, doch aber ein

Lächein. Der Gedanke, daß Mar und ich uns trennen 35. Ihre Gefdicte.

fönnten, einander aufgeben sollten, erschien mir als etwas May sagt, ich müsie nun mein Tagebuch beschließen, es so durchaus Unmögliches, über das es kaum wert war, mit seinen und meinen Briefen zusammenbinden, einen Stein ein Wort zu sprechen. Das wir uns liebten und deshalb daran befestigen und es über des Schiffes Bord in das blaue Hofften und wünschten, verbunden zu werden, war natürMeer werfen. Neckte er mich damit, oder drohte ich ihm lich; daß wir aber, wenn die Vereinigung nicht möglich gar, daß das Ganze ein jo tragisches Ende haben folle ? ward, doch nie voneinander lassen konnten, uns angeDoch ich bin überzeugt, keiner von uns hätte den Mut, es hörten bis zum Tode, das war eine Thatsache, so einfach, klar und unumstößlich wie die, daß die Sonne am Himmel lag er Tage und Nächte ruhig und geduldig, einen andern steht und das Gras grün ist.


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Das waren drei lateinische Wörtlein, welche in derselben stand gegründet hatte, ging die Freundschaft der Männer auf Sprache erwidert wurden. Gewöhnlich kam Johannes nicht die beiderseitigen Familien über. Alle freudigen und schmerz- mit leeren Händen, sondern brachte mehr Arbeit, Briefe und lichen Ereignisse des einen Hauses wurden auch in dem an- Drudbogen, Bitten und Bestellungen.

deren mit herzlichster Teilnahme empfunden. Dabei erleichUm sieben Uhr morgens trat Melanchthon in die Fa- terte eine nahe Nachbarschaft den Verkehr herüber und hinmilienstube, um die Morgenandacht

über. zu halten. Da las Herr Johannes

Aber dem Hause Melanchthons ein Kapitel aus der Schrift, woran

blieb auch das Leid nicht erspart. Melanchthon eine kurze erbauliche MALEGRE DE PRIVALU

So starb ihm sein zweijähriges Erklärung und ein herzliches Gebet

Söhnchen Georg, und der Tod chloß. Dann ging jedes an die ge

dieses Kindes ging dem Vater so wöhnliche Tagesarbeit, der Professor

fehr zu Herzen, daß Luther berichtet: in seine Vorlesungen und Frau Ra

„Unserm Philipp hat Gott der HErr tharina in ihre Rüche.

am vorigen Sonntag eins seiner Da gab es allerdings viel zu

Kinder genommen. Da könnt ihr wirtschaften, denn Melanchthon hielt

denken, was für Not und Mühe wir ein offenes Haus. Dazu hatte er

haben, daß wir diesen Mann von immer eine Anzahl Rostgänger im

so zärtlichem und beweglichem HerHause, meist gegen ein sehr geringes

zen mögen trösten und zufriedens Honorar. Auch sonst ging es in dem

stellen. Er grämt sich gar zu sehr Hause aus und ein. Melanchthon

über diesen Tod, wie er denn freis hatte nämlich in seinem Hause auch

lich in folchen Fällen noch nicht geübt eine Privatschule eingerichtet, in der

ist. Betet für ihn, soviel ihr vers er selber den Elementarunterricht er- Melanchthon vergnügt sich mit Luther beim Kegelspiel. möget, daß ihn der HErr tröste, teilte. Es gab damals noch wenig

danach schreibt ihm eine Trostschrift. Gymnasien, auch zu Wittenberg bestand noch keins, und vie- Ihr wisset wohl, wie viel uns daran gelegen ist, daß dieser len Studierenden fehlte noch die grammatische Grundlage, Mann lebe und gesund sei. Wir alle sind mit ihm frank wenn sie, durch den Ruf Luthers und Melanchthons ange- und traurig.“ lockt, auf die Universität gezogen kamen". Melanchthon Auch später hat dem Vater sonderlich die Verheiratung klagte, daß unter den Wittenberger Professoren sich keiner seiner ältesten Tochter Anna viel Herzeleid gebracht. Sie fände, der solche junge Leute in sein Haus nehmen und unter- hatte sich, erst fünfzehn Jahre alt, mit Georg Sabinus verrichten wollte. Da that er es denn selbst. Für die Zöglinge heiratet, der Frau und Kinder später vernachlässigte, alles dieser Schule schrieb er eine lateinische Grammatik und be- verschwendete und Melanchthon sorgen ließ. „Sie war mir mühte sich, ihnen das Lernen zur Lust zu machen. Oft lieber als mein Leben," sdyrieb Melanchthon, als die uns ließ er sie klassische Stücke aufführen, zu denen er Vorspiele glückliche Frau schon 1547 an Gram und Sorgen gestorben war. dichtete. Dann (ud er Freunde dazu ein, und es gab auch - So blieb auch diesem Manne das Hauskreuz nicht erspart. wohl einen Festschmaus, zu dem Spalatin wohl etwas Wein Doch wir müssen uns nun wieder dem öffentlichen und Wildbret

Leben Melanstellte.

chthons zuwenden So ging es im

und noch einen Hause und am Tisch

Blick auf seine redes Professors in

formatorische Thader Regel munter

tigkeit werfen. her. Oft kam auch

. fremder Besuch, und dann mußte

in Kampf und der treue Johannes

Frieden. für volle Schüsseln

Mit jugendund Krüge sorgen,

licher Begeisterung was dem braven

hatte sich MelanFamulus oft schwer

chthon, als er nach genug werden

Wittenberg kam, mochte. Melan

an Luther angechthon selber lebte

fchlossen und sich sehr mäßig und

entschieden auf hielt seinen schwäch

seine Seite gestellt. lichen Leib knapp;

Bald sollte er auch aber bei Tischsprach

an der Reforer gern und teilte

mationsarbeit selaus dem reichen

ber sich beteiligen. Schab seines WifLuther vor seinem hausfreund Melanchthon mit den Seinen musizierend.

Mit bangem Hersens mancherlei

zen hatte er seinen interessante Geschichten und auch passende Anekdoten mit. Freund und Vater Luther nach Augsburg zum Kardinal

Mit dem Hause Melanchthons unterhielt Luther schon, Cajetan reisen sehen. Als es aber bald darauf zur Disals er selbst noch unverheiratet war, den allerengiten und putation nach Leipzig ging, da hat er ihn begleitet. Am innigsten Verkehr, und nachdem Luther sich selbst einen þauss Johannistage 1519 bewegten sich einige Wagen durch