Unterschied zwischen obdachlos und wohnungslos

22. Dezember 2021

Wohnungslose leben nicht auf der Straße, aber sie haben kein eigenes Zuhause und übernachten bei Freunden, bei Familie – mal hier mal dort. Mona war als Jugendliche wohnungslos und Luca hat als Student für einige Wochen ohne Wohnung gelebt.

Johan Graßhoff ist Sozialarbeiter und arbeitet in Hamburg für die Diakonie. Er erklärt den Unterschied zwischen 'obdachlos' und 'wohnungslos': "Obdachlose Menschen leben und schlafen im öffentlichen Raum. Wohnungslose Menschen gibt es wesentlich mehr."

Zu Gruppe der Wohnungslosen gehören zum Beispiel Menschen, die in Wohnunterkünften leben, in Frauenhäusern – und auch Häftlinge zählt man als wohnungslos. Vor allem aber sind es Menschen, die keine eigenen vier Wände haben und darauf angewiesen sind, bei Freunden, Bekannten oder Familie zu schlafen. "Das ist eine Zahl, die man gar nicht definieren kann", sagt der Sozialarbeiter.

"Wir gehen dabei von mehreren hunderttausend Menschen bis sogar zu einer Million Menschen aus."

Johan Graßhoff, Sozialarbeiter

Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland bis zu einer Million Menschen wohnungslos sind. Johan Graßhoff sagt, vor allem bei jungen Menschen und bei Frauen spielt so eine verdeckte Wohnungslosigkeit eine große Rolle. Eine die das selbst erlebt hat, ist Mona, sie ist heute 25 Jahre alt.

Leben ohne eigene vier Wände

Mona kommt aus einer Kleinstadt im Sauerland. Sie ist bei ihrer alleinerziehenden Mutter aufgewachsen. Zuhause war die Situation sehr schwierig. Mona und ihre Mutter hatten große Probleme, und als die Situation eines Tages eskalierte, hat die Mutter sie aus der Wohnung geworfen. Mona war erst 15 und stand plötzlich ohne Zuhause da.

"Ich war erst bei meinen Großeltern. Die haben mich aufgenommen, aber dann gab es ähnliche Probleme wie bei meiner Mutter."

Mona

Luca kommt aus Lübeck. Mit 20 ist er fürs Studium nach Rostock gezogen. Der Plan war es, zusammen mit einem Freund eine WG zu gründen. Aber gerade zu Studienbeginn ist der Wohnungsmarkt stark überlastet, und so haben die beiden erstmal nichts gefunden. Luca kannte einige Leute in Rostock und hat dann dreieinhalb Wochen lang immer wieder woanders übernachtet. Angenehm war die Situation für ihn nicht.

"Zu dem Semesterbeginn kam dann noch die Wohnungssuche und die Suche nach einem künftigen Schlafplatz hinzu. Da kann man nicht von Entspannung reden."

Luca

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ist:

“obdachlos”: keinen festen Wohnsitz habend

“wohnungslos”: ohne festen Wohnsitz; jedoch nicht unbedingt auf der Straße lebend , sondern auch zeitweise bei Freunden / Verwandten unterkommend oder in befristet nutzbaren Unterkünften, die die Kommune zur Verfügung stellt, lebend

  • keinen festen Wohnsitz habend

  • :Obdachlose, Obdachlosigkeit

  • Der Mann ist seit Jahren obdachlos.
  • „Der Milliardär John Paul DeJoria war in Los Angeles zweimal obdachlos, bevor er John Paul Mitchell Systems, die angesagte Kette von Friseurläden, mitbegründete.“

  • ohne festen Wohnsitz; jedoch nicht unbedingt auf der Straße lebend (= obdachlos), sondern auch zeitweise bei Freunden / Verwandten unterkommend oder in befristet nutzbaren Unterkünften, die die Kommune zur Verfügung stellt, lebend

  • obdachlos, nicht sesshaft
  • auf der Straße leben
  • umgangssprachlich: kein Dach über dem Kopf habend
  • österreichisch: unterstandslos
  • mit Substantiv: wohnungslose Familie / Frau / Person, wohnungsloser Mann / Mensch
  • mit Verb: wohnungslos geworden, sich wohnungslos melden
  • :Wohnungslose/Wohnungsloser, Wohnungslosigkeit

  • Der Mann ist vor kurzem wohnungslos geworden.
  • Tpisch ist, dass am Anfang der- oder diejenige erstmal verdeckt wohnungslos ist, also bei Freunden oder Bekanten unterkommt.
  • „»Ich bin seit sieben Jahren wohnungslos«, erzählte eine Frau. Ohne das Angebot der Suppenküche müsste sie Essen aus dem Müll suchen oder betteln gehen, sagte sie.“
  • „Wohnungslosen Menschen in Deutschland fehlt häufig eine ausreichende medizinische Versorgung.“
  • „Der soziale Träger Frostschutzengel berät wohnungslose Zuwanderer inzwischen in neun Sprachen.“
  • „Die Fachhochschule Nordwestschweiz hat für die Stadt Basel erstmals eine Studie zu Obdachlosigkeit publiziert. Allein in Basel sind 100 Menschen obdachlos. Rund 200 weitere Personen gelten als wohnungslos, schlafen in Notwohnungen, Heimen oder bei Bekannten.“
  • Interessant ist, dass bei uns so fein unterschieden wird zwischen wohnungslos und obdachlos. Als ob dadurch das Problem für die Gesellschaft kleiner wäre. In angelsächsischen Ländern gibt es zuallererst ‘homeless’.
  • „ hilft unmittelbar nicht nur mit landesweit gut 200 Notunterkünften, sondern zum Beispiel auch dadurch, dass sie Wohnungen mietet und sie für ein Jahr auf Probe an Menschen weiter vermietet, die sonst wohnungslos wären.“
  • „Immer mehr Menschen in Deutschland sind wohnungslos. In den vergangenen zehn Jahren haben sich die Zahlen verdreifacht.“
  • „Nach der Studie der Europäischen Dachorganisation für Wohn- und Obdachlosigkeit waren demnach im Jahr 2016 geschätzt 860.000 Menschen obdach- oder wohnungslos. Dies entspricht einem Anstieg von 150 Prozent zwischen 2014 und 2016.“

Der Verlust der eigenen vier Wände kann Jede:n treffen. Der Fonds Soziales Wien hat 2020 in einer Befragung von über 1.000 Betroffenen erhoben, welche Gründe dazu führen können:

  • 40% der Befragten gaben Arbeitslosigkeit an
  • 30% fanden, dass sie falsch bzw. leichtsinnig mit ihrem Geld umgegangen waren
  • 29 % hatten eine Trennung oder Scheidung hinter sich
  • 25% hatten Probleme mit ihrer psychischen Gesundheit
  • 23% hatten Probleme mit ihrer physischen Gesundheit

Zudem wurde festgestellt, dass:

  • 85% genau die Beratung und Betreuung erhalten, die sie gerade benötigen
  • 80% einen deutlichen Anstieg ihrer Lebenssituation verzeichnen, seitdem sie Beratung und Betreuung erhalten.

Die Ergebnisse der Befragung sind für uns sehr wertvoll, um unsere Arbeit stets weiterzuentwickeln.

In Wien gibt es zahlreiche Angebote, mit denen Betroffene unterstützt werden. Begrifflich unterschieden wird dabei gemäß den Definitionen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAWO) zwischen Obdachlosigkeit und Wohnungslosigkeit:

Obdachlosigkeit

Als obdachlos bezeichnet man Menschen, die ohne Unterkunft auf der Straße oder öffentlichen Plätzen leben, sich in Verschlägen, Parks oder unter Brücken etc. aufhalten. Der Begriff erstreckt sich aber auch auf Menschen, die keinen festen Wohnsitz haben und in Wärmestuben, Notschlafstellen und vergleichbaren Einrichtungen übernachten.

Wohnungslosigkeit

Wohnungslose Menschen sind ohne eigene Wohnung, nicht aber ohne Obdach. Sie leben vorübergehend bei Freund:innen/Bekannten oder in Einrichtungen bzw. Wohnungen der Wohnungslosenhilfe. Die Definition der BAWO erstreckt sich auch auf Frauen und Kinder, die kurz- bis mittelfristig in Frauenhäusern leben. Wohnungslos sind auch ImmigrantInnen und Asylwerber:innen, die in Auffangstellen, Lagern, Heimen oder Herbergen wohnen, bis ihr Aufenthaltsstatus geklärt ist. Wohnungslosigkeit und Flucht überschneiden sich in diesen Fällen.

Unterstützung für Menschen ohne Obdach

Menschen, die akut obdachlos sind, empfinden aufgrund ihrer Situation oft große Scham und tun sich oft schwer damit, Unterstützung anzunehmen. Obdach unterwegs – ein Team von Straßensozialarbeiter:innen - setzt daher auf den langfristigen Aufbau von Beziehungen zu obdachlosen Menschen. So kann es gelingen, sie für andere Angebote zu erwärmen – etwa unsere Tageszentren, in denen sie sich an sieben Tagen in der Woche von der Straße zurückziehen können. Im Winter erweitern wir im Rahmen unserer Winterangebote die Kapazitäten bzw. schaffen zusätzliche Übernachtungsmöglichkeiten für obdachlose Menschen. Selbstverständlich führen wir Menschen ohne Obdach so weit wie möglich auch an die weiterführenden Angebote für Menschen ohne Wohnung heran.

Unterstützung für Menschen ohne Wohnung

Für Menschen ohne Wohnung stellen wir Wohnplätze in unseren Wohnhäusern und Wohnungen zur Verfügung. Dort unterstützen Sozialarbeiter:innen bei Problemen des Alltags und der Suche nach einer eigenen Wohnung. Anspruch auf solche Wohnplätze, die vom Fonds Soziales Wien (FSW) gefördert werden, haben Menschen, die

  • in Wien wohnungs- bzw. obdachlos geworden sind,
  • in Wien vom Verlust ihrer Wohnung bedroht sind oder keinen Schlafplatz haben und
  • die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen bzw. österreichischen Staatsbürger:innen gleichgestellt sind

sowie

  • aufgrund ihrer besonderen Lebensverhältnisse eine Vielzahl an sozialen Schwierigkeiten haben und nicht in der Lage sind, diese aus eigener Kraft zu lösen und zu überwinden,
  • Betreuung beim Wohnen bzw. professionelle Unterstützung bei einer eigenständigen Lebens- und Haushaltsführung benötigen und
  • motiviert und bereit sind, ihre Lebenssituation zu verändern

Vergeben werden die Förderzusagen vom Beratungszentrum Wohnungslosenhilfe des FSW.

Weitere Informationen zur Förderung durch den FSW