331.000 Menschen mit einem ukrainischen Migrationshintergrund leben in Deutschland. Sie machen rund 10 Prozent der postsowjetischen Migrant*innen und deren Nachkommen aus. Mehr als die Hälfte von ihnen haben die deutsche Staatsangehörigkeit. Eine Besonderheit: Unter denen ukrainischen Staatsangehörigen sind Frauen deutlich in der Mehrheit. Nachdem russische Einheiten 2014 die Krim besetzt haben und Krieg im Osten des Landes ausgebrochen ist, haben viele Ukrainer*innen ihr Land verlassen. Die Zahl derjenigen, die nach Deutschland eingewandert sind, ist gestiegen. Unter den Eingewanderten gibt es vergleichsweise wenige Geflüchtete. Und von den Ukrainer*innen, die hier Asyl beantragt haben, erhielten nur sehr wenige einen positiven Bescheid. Die meisten ukrainischen Staatsangehörigen in Deutschland haben einen unbefristeten Aufenthaltstitel – das heißt: Sie leben in der Regel seit mindestens fünf Jahren in Deutschland. Von den Personen, die noch einen befristeten Aufenthaltsstatus haben, kamen die meisten aus familiären Gründen nach Deutschland. Im Vergleich zu anderen Gruppen postsowjetischer Migrant*innen sind Ukrainer*innen stärker sozial benachteiligt. Mehr als ein Drittel von ihnen verdient im Monat weniger als 1.500 Euro. Weitere Informationen über die soziale Lage postsowjetischer Migrant*innen finden Sie in unserer Expertise "Postsowjetische Migration in Deutschland" (2021). Viele Ukrainer*innen leben bereits im europäischen Ausland. Die meisten von ihnen in Polen und Italien. Im internationalen Vergleich gibt es in Deutschland auch relativ wenige ukrainische Flüchtlinge. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR ist Deutschland auf Platz sieben der Länder, in denen die meisten ukrainischen Flüchtlinge leben. Von: Fabio Ghelli
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Wie setzt sich die Bevölkerung in Deutschland zusammen? Wie viele Einwanderer und Nachkommen von Einwanderern sind darunter? Bevölkerungsstatistiken sind oft nicht eindeutig. Wir zeigen, welche Statistik was aussagt.
Die Zahl der "Ausländer*innen" – also der Einwohner*innen ohne deutsche Staatsangehörigkeit – variiert je nach Erhebung zwischen 10,1 und 11,4 Millionen.
Welche Zahl am verlässlichsten ist, lässt sich nicht eindeutig sagen. Expert*innen vermuten jedoch, dass die Zahlen des AZR zu hoch sind. Der Grund: Das AZR wurde zuletzt im Jahr 2004 "bereinigt", das heißt mit den Daten der regionalen Ausländerbehörden abgeglichen. Damals musste die Zahl der "Ausländer*innen" stark nach unten korrigiert werden. Auch ein Abgleich des AZR mit dem Zensus 2011 war bislang nicht möglich – aus "technischen und rechtlichen Gründen", wie das Statistische Bundesamt erklärt. Das Ausländerzentralregister ist eine umfangreiche Datensammlung zu allen Personen, die in Deutschland leben und nicht die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Viele Behörden haben Zugriff auf die Datenbank, darunter Polizei, Jobcenter und Gerichte. In den letzten Jahren hat die Bundesregierung das AZR einige Male erweitert, zuletzt im Juli 2021. Fachleute kritisieren das AZR aus verschiedenen Gründen: Sensible Daten schlecht geschützt: Das AZR speichert unter anderem asyl- und aufenthaltsrechtliche Gerichtsurteile im Volltext, also auch Angaben zur Fluchtgeschichte wie sexuelle Orientierung und politische Einstellungen. Tausende Behördenmitarbeiter*innen können die Daten einsehen und potenziell missbrauchen. Diskriminierende Datenerhebung: Das AZR gehört zu den umfangreichsten Datenbanken in Deutschland und soll unter anderem der Bekämpfung von Kriminalität dienen. Es erfasst jedoch nur Ausländer*innen. Fehlerhafte Daten: Die Zahlen des AZR sind teilweise veraltet oder enthalten Fehler. Diese können wiederum zu Fehlentscheidungen in Asylverfahren führen.
2020 lebten in Deutschland rund 21,9 Millionen Menschen mit einem sogenannten Migrationshintergrund – das entspricht 26,7 Prozent der Bevölkerung. (2019 lag der Anteil bei 26 Prozent)Quelle
Deutschlands Einwohner mit "Migrationshintergrund" sind deutlich jünger als diejenigen ohne. Menschen mit Migrationshintergrund waren 2020 im Schnitt 31,3 Jahre alt, diejenigen ohne Migrationshintergrund hingegen 40,9 Jahre.Quelle Das Geschlechterverhältnis unter Menschen mit und ohne Migrationshintergrund unterscheidet sich kaum. 2020 waren etwa 51,1 Prozent der Menschen ohne Migrationshintergrund Frauen. Bei den Menschen mit Migrationshintergrund lag der Frauenanteil bei 49 Prozent.Quelle In einer Expertise für den MEDIENDIENST erläutert die Sozialanthropologin Anne-Kathrin Will, wie Zuwanderer und ihre Nachkommen in der Statistik erfasst werden. Wie andere europäische Länder den „Migrationshintergrund“ erfassen, erklärt die Soziologin Linda Supik hier.
Von den 21,9 Millionen Menschen mit "Migrationshintergrund" haben
Von den 13,6 Millionen Menschen, die selbst nach Deutschland eingewandert sind, kommen die meisten aus Europa: rund 64,9 Prozent aus europäischen Ländern (inklusive Türkei), rund 36,7 Prozent aus EU-Mitgliedsstaaten.Quelle
Deutsche "Volkszugehörige" aus Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion – sogenannte Aussiedler*innen und Spätaussiedler*innen – waren 2020 dem Mikrozensus zufolge mit knapp 2,5 Millionen Menschen die zweitgrößte Einwanderergruppe in der Bundesrepublik, knapp hinter der Gruppe der Türkeistämmigen. 2016 ging das Statistische Bundesamt noch davon aus, dass 3,2 Millionen Aussiedler und Spätaussiedler in Deutschland leben. Laut dem Statistischen Bundesamt wird die Gruppe seit 2017 genauer erfasst, etwa weil das Geburtsland und das der Eltern neuerdings mit abgefragt wird. Dadurch wurde deutlich, dass viele Menschen zuvor mitgezählt wurden, die nicht unter die Definition von Aussiedlern und Spätaussiedlern fallen – etwa weil sie ihren Geburtsort außerhalb von Europa und Asien haben.Quelle Laut Definition des Bundesinnenministeriums handelt es sich bei Aussiedler*innen und Spätaussiedler*inen um "Personen deutscher Herkunft, die in Ost- und Südosteuropa sowie in der Sowjetunion unter den Folgen des Zweiten Weltkrieges gelitten haben (und die) noch Jahrzehnte nach Kriegsende aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit massiv verfolgt" wurden. Sie genießen seit der frühen Nachkriegszeit einen besonderen Schutz in der Bundesrepublik. 1953 bot ihnen die Bundesregierung unter Konrad Adenauer mit dem Bundesvertriebenengesetz an, gemeinsam mit ihren Familien einzuwandern und hier volle Bürgerrechte zu genießen, die ihnen nach dem Grundgesetz zustehen. Die meisten Spätaussiedler kamen aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion, dort vor allem aus Russland und der ehemaligen Sowjetrepublik Kasachstan, wohin das Stalin-Regime die "Russlanddeutschen" während der Kriegszeit verbannt hatte.Quelle
Laut Mikrozensus lebten 2020 in Deutschland rund 2,75 Millionen Menschen mit Migrationsbezügen zur Türkei. Damit stellen sie die größte Gruppe von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland.Quelle Welche Staatsangehörigkeit haben sie? Angaben zur Staatsangehörigkeit Türkeistämmiger finden sich in unterschiedlichen statistischen Quellen. Laut Mikrozensus hatten 2020 etwa 1,44 Millionen Türkeistämmige einen deutschen Pass, 285.000 waren "Doppelstaatler*innen".Quelle Hingegen hatten dem letzten Zensus von 2011 zufolge knapp 530.000 Menschen sowohl den deutschen als auch den türkischen Pass.Quelle Die Zensus-Zahlen, die hauptsächlich auf Auswertungen von Melderegistereinträgen beruhen, dürften zu hoch liegen. Das liegt unter anderem daran, dass die türkischen Behörden die deutschen nicht immer informieren, wenn sie eine Person ausgebürgert haben. Die Mikrozensus-Zahlen hingegen, die auf einer Selbstauskunft der Befragten beruhen, dürften zu niedrig sein. Das liegt unter anderem daran, dass die Befragten ihre zweite Staatsangehörigkeit nicht immer angeben. Das Ausländerzentralregister (AZR) erfasst nur ausländische Staatsangehörige: Rund 1,5 Millionen Menschen hatten Ende 2019 demzufolge einen türkischen Pass. Wie viele der im AZR registrierten Ausländer auch einen deutschen Pass haben, wird nicht erhoben.Quelle Welche Wanderungsbewegungen gibt es zwischen Deutschland und der Türkei? Im "Corona-Jahr" 2020 sind laut Statistischem Bundesamt weniger türkische Staatsangehörige nach Deutschland gezogen: Rund 30.400 türkische Staatsangehörige zogen neu nach Deutschland, etwa 22.200 verließen Deutschland. 2019 gab es knapp 44.000 Zuzüge und etwa 25.000 Fortzüge.Quelle Zahlen und Fakten zur neueren Migration aus der Türkei haben wir 2020 in einem Factsheet zusammengestellt. Zu den politischen Einstellungen, zur Religiosität und zum Zugehörigkeitsgefühl von Türkeistämmigen hat der Integrationsforscher Hacı-Halil Uslucan 2017 einen Gastbeitrag für den MEDIENDIENST verfasst.
"Die Alterung der Bevölkerung in Deutschland wird sich trotz hoher Nettozuwanderung und gestiegener Geburtenzahlen weiter verstärken", schrieb das Statistische Bundesamt im Juni 2019. Die erwerbsfähige Bevölkerung werde von 51,8 Millionen im Jahr 2018 um rund 4 bis 6 Millionen bis 2035 schrumpfen, so die Prognose. Ohne Nettozuwanderung würde der Rückgang sogar rund 9 Millionen betragen. Laut Statistischem Bundesamt werde auch eine "steigende Geburtenhäufigkeit und eine dauerhaft hohe Nettozuwanderung die Alterung lediglich abbremsen und nicht verhindern können."Quelle
Laut den Vereinten Nationen (UN) gab es 2019 weltweit rund 272 Millionen Migrant*innen. Dazu zählen laut UN alle Menschen, die außerhalb des Landes leben, in dem sie geboren sind. In den letzten Jahrzehnten ist die Zahl deutlich gestiegen: 1990 lag sie noch bei rund 153 Millionen.Quelle 2019 kamen die meisten Migrantinnen und Migranten aus Indien, Mexiko und China. Die Länder, in denen die meisten Migranten lebten, waren die USA (mehr als 50 Millionen), Deutschland und Saudi-Arabien (jeweils rund 13 Millionen).Quelle |