Von München nach Malaysia – deutscher Plastikmüll kommt rum auf der Welt. Und das trotz neuer „Reiseeinschränkungen”: Seit Anfang 2021 gelten in der EU verschärfte Regelungen für den Export von Kunststoffabfällen. Das heißt im Detail, dass unsortierte oder verschmutzte Plastikgemische, die sich nicht einfach recyceln lassen, nicht mehr international gehandelt werden dürfen. Show
Ein Ende der Müllreise bedeutet dies jedoch noch lange nicht, auch wenn es sich im vergangenen Jahr positiv auf die deutsche Müllexport-Bilanz ausgewirkt hat: 2021 wurden laut Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) rund 697.000 Tonnen ins Ausland gebracht. Immerhin: ein starkes Minus von 32 Prozent. Der Rückgang könne zum Teil jedoch auch an Importrestriktionen asiatischer Staaten sowie an der Corona-Pandemie samt unterbrochener Lieferketten gelegen haben, wie der BDE gegenüber tagesschau.de kommentiert.
Über zehn Millionen Brutpaare unserer Feld- und Wiesenvögel haben wir seit 1980 verloren. Doch für Kiebitz, Feldlerche & Co. könnte es Hoffnung geben. Dafür brauchen wir jetzt Ihre Unterstützung! Jetzt informieren!
Über zehn Millionen Brutpaare unserer Feld- und Wiesenvögel haben wir seit 1980 verloren. Doch für Kiebitz, Feldlerche & Co. könnte es Hoffnung geben. Dafür brauchen wir jetzt Ihre Unterstützung! Jetzt informieren!
Dem Gelben Sack auf der Spur
Gelber Sack und Gelbe Tonne - die Wahrzeichen der deutschen Gründlichkeit im Mülltrennen: Was kommt rein, und was passiert damit? Der Film verfolgt den Weg des Verpackungsmülls bis zum Recycling. Noch immer wird ein Teil des getrennt gesammelten Plastikmülls verbrannt oder exportiert. Dabei könnte noch viel mehr des entsorgten Kunststoffs in neuen Produkten wiederverwertet werden. Das würde auch der Umwelt helfen, denn Recycling spart CO2 und Ressourcen. Fachleute fordern: Die Recyclingquote muss deutlich steigen. Nicht nur Verpackungen, sondern sämtlicher Haushalts-Plastikmüll sollte in den Gelben Sack oder die Gelbe Tonne.
Zur Startseite der Sendung
Deutschland ist Recycling-Weltmeister? Tatsächlich sind wir höchstens Kreisliga: Der meiste Verpackungsmüll wird noch immer verbrannt oder exportiert. Aber seit China unseren Plastikmüll nicht mehr will, stellt sich die Frage: Verbrennen wir jetzt noch mehr – oder recyceln wir endlich mehr? Als 1991 der Grüne Punkt eingeführt wurde, sah die deutsche Verpackungszukunft rosig aus: Grüner Punkt drauf, einsammeln, recyceln, fertig. Das Versprechen: Wenn wir unseren Müll trennen, wird jede Verpackung recycelt, alle Rohstoffe in den Kreislauf geführt – und die Müllberge schrumpfen. Glaubt man dem Grünen Punkt, ist das System noch heute ein voller Erfolg: Allein 2016 seien 1,7 Millionen Tonnen Verpackungen verwertet worden, „das entspricht einem Gewicht von 9.506 Blauwalen“, schreibt der Grüne Punkt auf seiner Website. Und jährlich werde dadurch so viel CO2 vermieden, wie eine Waldfläche von der Größe Berlins aus der Luft filtern könnte. Seit 1991 hat sich unser Plastikabfall fast verdoppeltKlingt gut. Doch diese Zahlen sagen nichts über die Recyclingbilanz aus. Und die ist bitter: Tatsächlich wird in Deutschland heute nur gut ein Viertel des Kunststoff-Verpackungsmülls wirklich recycelt. Ein knappes weiteres Viertel ging bislang nach China (dazu weiter unten mehr). Und der ganze Rest – also über die Hälfte des Verpackungsmülls in Deutschland – wird verbrannt. Und zwar in ständig steigenden Mengen: Seit dem Start des Grünen Punkts, 1991, hat sich der deutsche Plastikabfall von 1,6 auf 3,1 Millionen Tonnen etwa verdoppelt. Zusammengefasst: Wir produzieren immer mehr Plastik- und Verpackungsmüll – und verbrennen über die Hälfte davon. Trotz 25 Jahren Grünem Punkt, trotz Recycling-Weltmeister-Titel. Dabei schreibt uns das Kreislaufwirtschaftsgesetz eigentlich das Gegenteil vor: Laut Abfallpyramide sollen wir vor allem Abfall vermeiden, als zweite Priorität bereits bestehende Verpackung wiederverwenden, an dritter Stelle erst kommt das Recycling, danach die Verbrennung und zuletzt die Deponierung. Am wichtigsten: Die Abfallvermeidung. (Grafik: Utopia.de)Die Abfallpyramide in der PraxisFangen wir mit der Abfallvermeidung an: Grandios gescheitert, siehe oben. Unser Plastikverbrauch hat sich seit 1991 verdoppelt, Tendenz steigend. Das meiste Plastik landet laut Umweltbundesamt in Verpackungen (etwa 35 Prozent), gefolgt vom Bausektor, danach kommt Fahrzeugindustrie und Elektronik. Als nächstes kommt die Wiederverwendung von Verpackungen. Gemeint sind etwa Pfandsysteme mit immer wieder eingesetzten Behältern. Sie sind insgesamt rückläufig. Bei Getränken kaufen wir immer weniger Glasflaschen, dafür immer mehr Plastikflaschen. Und selbst wenn wir diese gegen Pfand zurückgeben, werden die meisten nicht neu befüllt, sondern eingeschmolzen – also recycelt. Womit wir bei der drittbesten Abfallstrategie wären: dem Recycling. Die meisten Verpackungen sind nicht recycelbarDass nur ein Viertel unserer wachsenden Müllberge wirklich recycelt wird, liegt paradoxerweise auch am Grünen Punkt. Der prangt auf nahezu jeder Verpackung und suggeriert: Diese kann recycelt werden. Dabei ist das meist gar nicht der Fall. Denn der Grüne Punkt darf auf jede Verpackung, die vorher dort lizensiert wurde – also den Verwertungsweg der Gelben Tonne bzw. des gelben Sacks bezahlt hat. „Aber die meisten dieser Verpackungen sind gar nicht recycelbar“, sagt Anna Ephan vom Entsorgungsunternehmen Remondis. Die Industrie hat sich damit allerdings der Recycling-Verantwortung entledigt. Nicht alles, was in den gelben Sack kommt, kann auch recycelt werden. (Foto: © CCO / Picapay - geralt)Es sind vor allem Mischkunststoffe und Verbundstoffe, die nicht recycelt werden können. Also sehr viele Folien, etwa auf Wurstverpackungen, denn die bestehen meist aus zwei bis drei verschiedenen Kunststoffen. Außerdem Verpackungen, die festen und weichen Kunststoff enthalten, wie zum Beispiel Joghurtbecher mit hartem Rand und Boden und weichen Wänden. Nicht zu trennen sind laut Remondis auch Getränkekartons wie zum Beispiel Tetrapaks. Denn dort sind Pappe, Plastik und oft Aluminium fest miteinander verklebt. „Gut zu recyceln sind dagegen die meisten Shampoo-Flaschen, Waschmittel-, oder Weichspülerflaschen, denn das sind oft sortenreine Kunststoffe“, sagt Ephan. Zum Beispiel PET, PP, PE. Generell gelte: Je reiner der Kunststoff, desto recycelbarer. Recycling? Immer mehr Müll wird verbrannt„Für fast alle Verpackungen aus Mischkunststoffen gibt es nur eine Lösung: Die thermische Verwertung, also die Verbrennung.“ Doch die ist laut Abfallpyramide die zweitschlechteste Option, auch wenn in Deutschland zumindest die Verbrennungshitze aufgefangen wird. „Thermische Verwertung“ wird es daher auch bei Remondis genannt – was zu missverständlich guten Zahlen führt: 99 Prozent aller gesammelten Kunststoffabfälle würden verwertet, schreibt das Unternehmen. Klingt gut, aber heißt in Wahrheit dass über die Hälfte wird verbrannt. Und die Deponierung? Die ist in Deutschland tatsächlich rückläufig, denn immer mehr Müll wird verbrannt. Neues Verpackungsgesetz: Mehr Müll soll recycelt werdenDoch immerhin kommt nun Bewegung in dieses fehlgeleitete System. Denn zum einen zieht das neue Verpackungsgesetz ab 1. Januar 2019 das Tempo an: Es schreibt vor, dass der Recyclinganteil des Verpackungsmülls in Deutschland bis 2022 auf 63 Prozent erhöht werden muss. Als Maßnahme soll etwa der Sortenreichtum bei Verpackungen eingeschränkt werden. Zum anderen hat China seit diesem Jahr einen Importstopp für unseren Müll verhängt. Bislang verschickte Deutschland etwa 750.000 Tonnen Plastikmüll jährlich nach China und Hongkong. Doch das ist nun vorbei: Egal ob Plastikabfälle, Altpapier mit mehr als 0,5 Prozent Störstoff, PET-Flaschen, Elektroschrott oder Alt-Textilien – China will es nicht mehr haben. Denn die Grenzwerte für Verunreinigungen in vielen Abfällen liegen seit 1. März bei extrem strengen 0,5 Gewichtsprozent, „was einem Importverbot gleichkommt“, schreibt Franziska Krüger vom Umweltbundesamt. China will unseren Müll nicht mehr. (Foto: Colourbox.de)Seitdem türmen sich bei uns die Abfallberge. Und es stellt sich die Frage: wohin damit? Momentan exportieren wir mehr Müll nach Osteuropa, Kambodscha, Vietnam, wo dieser hauptsächlich auf Deponien landet – doch die Kapazitäten reichen bei Weitem nicht aus. Vor allem aber wird noch mehr verbrannt. Die Lösung: recyclingfähiges Design – und mehr RecyclingDoch liegt in der Krise vielleicht eine Chance? Remondis zumindest gibt sich hoffnungsvoll – und fordert als eine der Lösungen ein recyclingfähiges Design. Im Moment des Verpackungsdesigns müsse das Recycling bereits mitgedacht werden. Nur dann entsteht eine möglichst sortenreine Verpackung, die gut getrennt und recycelt werden kann. Und: „Was wir brauchen, ist ein Recycling-Label auf allen Produkten“, fordert Ephan von Remondis weiter, „ein Zeichen, das die Recyclingfähigkeit der Produkte bewertet.“ Also genau das, wofür die Verbraucher fälschlicherweise den Grünen Punkt halten. Die andere zentrale Lösung: Höhere Absatzmärkte für Rezyklate. Denn bislang deckt die Industrie laut Remondis nur 14 Prozent ihres Rohstoffbedarfs aus wiederverwerteten Stoffen. Das meiste davon ist Altmetall, nur ein geringer Teil Plastik. Will heißen: Fast der gesamte Kunststoff unserer Verpackungen besteht aus „frischem“ Rohöl. Wirtschaftliche Anreize schaffen für mehr Recycling-MaterialBei Lebensmitteln ist der Einsatz von Recyclingplastik aus hygienischen Gründen problematisch. Doch damit mehr Altplastik aus Wurstverpackungen, Joghurts oder Limonaden wenigstens in Spülmittelflaschen oder Waschmittelbeuteln weiterlebt, bedarf es, so Remondis, wirtschaftlicher Anreize, sonst werde sich nichts bewegen. Möglich sind Recycling-Flaschen längst, wie zum Beispiel das Unternehmen Frosch zeigt, das seine Wasch- und Reinigungsmittel längst in Recycling-Flaschen verkauft. Ein weiteres Mittel wäre ein Gesetz zur „Sekundärstoffquote, wie es im sperrigen Abfalldeutsch heißt. Oder eine steuerliche Begünstigung für Unternehmen, die vermehrt Recycling-Rohstoffe einsetzen. Recycling-Pfandflaschen müssen ersetzt werdenDoch da ja bekanntlich Recycling nur die drittbeste Lösung ist, fordert die Deutsche Umwelthilfe von Bundesumweltministern Svenja Schulze (SPD) ein Pfand auf Getränkeverpackungen und Plastikflaschen. Und erhofft sich damit vor allem, dass Recycling-Pfandflaschen durch mehr echte Pfand-Mehrweg-Flaschen ersetzt werden. Zuletzt startete die EU sogar einen Vorstoß, um Abfall zu vermeiden: Mit ihrem Verbot von Einweg-Plastikgeschirr und Trinkhalmen. Dass das nur ein verschwindend geringer Anteil unseres Plastikmülls ist, lassen wir jetzt hier mal beiseite. Vielleicht zeigt Ministerin Schulze der EU ja bald, dass ein Mehrweg-Pfandsystem auf alle Getränkeverpackungen auch geht. Was du tun kannst: dein Einkaufsführer zu besserem Müll
Weitere Tipps für weniger Müll findet ihr hier: Weiterlesen auf Utopia.de: ** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos. |