Wieviel 90 jährige gibt es in deutschland

Wieviel 90 jährige gibt es in deutschland

Die Alterung der Bevölkerung zeigt sich in zwei Entwicklungen: an der zunehmenden Zahl an Menschen im Rentenalter und an ihrem steigenden Anteil an der Gesamtbevölkerung. Der Alterungsprozess begann in Deutschland, lange Zeit unbemerkt, bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit dem ersten Geburtenrückgang. Seit den 1970er Jahren verstärkt die rückläufige Sterblichkeit im höheren Alter die Dynamik.

Die Verschiebungen zwischen den Anteilen der Hauptaltersgruppen der Bevölkerung sind gravierend. So ist beispielsweise der Anteil der unter 20-Jährigen zwischen 1950 und 2020 von 30 auf 18 Prozent zurückgegangen. Das Altern der Bevölkerung bedeutet auch, dass Hochaltrigkeit zum Massenphänomen wird. 1950 war jeder hundertste Einwohner 80 Jahre und älter. Heute ist bereits jeder Vierzehnte hochaltrig und ab etwa 2040 könnte es mehr als jeder Zehnte sein.

Die Altersstruktur: 100 Jahre Bevölkerungsgeschichte

Die Altersstruktur der Bevölkerung in Deutschland zeigt diverse Ein- und Ausbuchtungen, die auf verschiedene Ereignisse in der Vergangenheit zurückführbar sind.

An der Spitze des aktuellen Altersaufbaus fällt auf, dass es im hohen Alter deutlich mehr Frauen als Männer gibt. Dies ist auf zwei Ursachen zurückzuführen. Erstens leben Frauen länger als Männer, wodurch im höheren Lebensalter generell Frauenüberschüsse entstehen. Zweitens wird dieser Effekt dadurch verstärkt, dass viele Männer, die 2020 im Alter von über 90 Jahren gewesen wären, im Zweiten Weltkrieg gefallen sind.

Wieviel 90 jährige gibt es in deutschland

Eine weitere Einbuchtung tritt bei den 87- bis 90-Jährigen auf, weil während der Weltwirtschaftskrise um 1932 in Deutschland weniger Kinder geboren wurden. Das sich anschließende Geburtenhoch wird durch den Geburtenrückgang in der Zeit des Zweiten Weltkrieges abgelöst.

In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg ist die Geburtenzahl noch einmal angestiegen. Die Ende der 1950er Jahre und in den 1960er Jahren in Deutschland geborenen Menschen werden als Babyboomer bezeichnet und waren 2020 altersmäßig überwiegend in ihren 50ern. Im Jahr 1965 setzte dann der zweite Geburtenrückgang ein. In der Folge werden die Jahrgänge ab dem Alter 55 zunächst immer kleiner.

Insbesondere zwei Gründe führen dazu, dass es heute vergleichsweise viele Frauen und Männer im Alter von etwa 30 Jahren gibt. Zum einen haben in den 1980er Jahren die stark besetzten Babyboomer-Jahrgänge ihre Kinder bekommen. Selbst bei einer niedrigeren Fertilität pro Frau kam es daher wieder zu etwas mehr Geburten als zuvor. Zum anderen erholten sich die Geburtenzahlen in der DDR ab Ende der 1970er Jahre aufgrund von familienpolitischen Maßnahmen.

Bei den jüngeren Menschen sind die Altersjahre immer schwächer besetzt. Die Einbuchtung bei den 25- bis 29-Jährigen zeigt das Geburtentief in Ostdeutschland in der ersten Hälfte der 1990er Jahre an. Der danach weitergehende Rückgang der Stärke der jüngeren Jahrgänge ist auf die immer kleiner werdenden Müttergenerationen zurückzuführen. Dieser Trend wird sich in den nächsten Jahrzehnten fortsetzen.

Am unteren Ende der Bevölkerungspyramide zeigt sich eine kleine Ausbuchtung. Das liegt wesentlich daran, dass die vergleichsweise zahlreichen Kinder der Babyboomer heute im Alter ihrer höchsten Fertilität sind und selbst Kinder bekommen. Auch die starke Zuwanderung der letzten Jahre, die mit höheren Geburtenzahlen einhergeht, wird den Trend schrumpfender Geburtsjahrgänge jedoch nicht nachhaltig aufhalten.

Freitag, 08. Dezember 2017

Heinz Florian Oertel, der "rasende Reporter des DDR-Sports", wird am 11. Dezember 2017 auch schon 90 Jahre alt. Ihn kann man guten Gewissens als "munter" bezeichnen.

(Foto: picture alliance / Bernd Von Jut)

Jeden Tag Bewegung, gute Beziehungen zu Freunden und Familie und eine positive Lebenseinstellung: Mit diesen Zutaten kann man nach Erkenntnissen von Forschern gut alt werden - und überraschend glücklich. Aber viele Menschen haben Angst vor dem sehr hohen Alter.

Nicht unbedingt gesund, aber dafür munter - so fühlen sich viele Menschen über 90 Jahre, die ein noch weitgehend selbstbestimmtes Leben führen. Einer aktuellen Studie zufolge sind sie häufig sogar glücklicher als 70-Jährige. Eine positive Lebenseinstellung, enge soziale Beziehungen und tägliche Bewegung seien die wichtigsten Zutaten für Zufriedenheit im Alter, berichten die Altersforscher der Universität Erlangen-Nürnberg. Selbst Krankheiten trübten das Wohlbefinden dann wenig.

Den Angaben der Wissenschaftler zufolge sind deutschlandweit etwa 718.000 Frauen und Männer 90 Jahre oder älter. In Bayern sind es etwa 107.000. Zwei Drittel von ihnen lebten zu Hause, nur ein Drittel in betreuten Einrichtungen. Das Team um Frieder Lang befragte für seine Untersuchung "Leben in der zehnten Dekade" nun 125 Männer und Frauen aus Nürnberg, die 90 Jahre oder älter sind und noch in den eigenen vier Wänden leben. Zudem machten die Wissenschaftler einfache körperliche und kognitive Tests mit ihnen.

"Besonders gesund, wohlhabend oder gebildet?"

Wieviel 90 jährige gibt es in deutschland

Queen Elizabeth II. - auch schon 91 und noch sehr aktiv.

(Foto: picture alliance / Brian Lawless)
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Queen Elizabeth II. - auch schon 91 und noch sehr aktiv.

(Foto: picture alliance / Brian Lawless)

"Wir wollten feststellen: Sind diese Menschen besonders gesund, wohlhabend oder gebildet?", sagte Lang zu den Zielen der nun vorgestellten Studie. "Das sind Fragen, die immer wieder in der Literatur oder der öffentlichen Debatte auftauchen". Tatsächlich war das Alter eine der wenigen Gemeinsamkeiten der Befragten, in vielen Dingen unterschieden sie sich erheblich. So hatten etwa 60 Prozent einen Haupt- oder Realschulabschluss, 26 Prozent einen Hochschulabschluss. Einige wohnten zur Miete, andere im eigenen Haus. Und die Befragten kamen sowohl aus besseren als auch aus schlechteren Vierteln der Stadt.

Die eine oder andere Krankheit plagte den Großteil der Studienteilnehmer: Im Schnitt nahmen sie sechs verschiedene Medikamente ein. "Zwei Drittel der Teilnehmer haben mehr als fünf Diagnosen", sagt Lang - meist handelt es sich um Herz-Kreislauf-, Krebs- oder Atemwegserkrankungen oder Bewegungseinschränkungen. Trotz ihrer Erkrankungen fühlten sich die Probanden überraschend gesund, zeigte die Befragung: Obwohl sie häufiger gesundheitliche Beschwerden haben als Jüngere, sind sie überdurchschnittlich lebensfroh und optimistisch, sagt Lang. "Sie zeigen ganz besondere Kräfte und Stärken. Deswegen haben wir sie "muntere 90-Jährige" genannt - sie sind nicht gesund, aber munter." Die Studienteilnehmer waren im Schnitt 92 Jahre alt, fühlten sich im Schnitt aber nur wie 72, sagt Lang.

Mehr als die Hälfte ist "völlig zufrieden"

Wieviel 90 jährige gibt es in deutschland

Richard "Mörtel" Lugner mit seiner Freundin Nina "Bambi" Bruckner im Januar 2017 beim Deutschen Filmball - er kommt auch schon auf 85 und ist immer noch gut unterwegs.

(Foto: imago/Sven Simon)
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Richard "Mörtel" Lugner mit seiner Freundin Nina "Bambi" Bruckner im Januar 2017 beim Deutschen Filmball - er kommt auch schon auf 85 und ist immer noch gut unterwegs.

(Foto: imago/Sven Simon)

Etwa die Hälfte der Über-90-Jährigen antwortete auf die Frage "Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Leben?": "Völlig". Bei Menschen zwischen 70 und 90 Jahren sagten das nur halb so viele. Und die meisten Alten wollen sogar noch älter werden: Drei Viertel sagten, wenn es ihnen weiter so gehe wie bisher, würden sie gerne noch weitere drei bis fünf Jahre leben.

Zum Vergleich zogen die Forscher Daten aus dem Alterssurvey des Deutschen Zentrums für Altersfragen, dem sozioökonomischen Panel des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und der Generali Altersstudie heran. Meist gebe es jedoch nur Daten über jüngere Altersgruppen. Zu Menschen über 90, die nicht akut medizinisch behandelt werden, gebe es bislang keine Vergleichsdaten, sagt Lang. Dabei werde diese Gruppe in der Gesellschaft immer größer.

Angst vor sehr hohem Alter

Was die munteren Alten eint: Fast 80 Prozent von ihnen gehen jeden Tag mindestens 30 Minuten einer körperlichen Aktivität nach. Und 90 Prozent nennen einen Menschen, der ihnen wichtig ist, Freude bereitet und mit dem sie eine enge Beziehung haben. Außerdem achten sie auf eine ausgewogene Ernährung, genug zu Trinken - und bei Alkohol und Zigaretten auf den Grundsatz: Alles nur in Maßen.

Viele Menschen hätten Angst vor dem sehr hohen Alter, sagt Lang. Sie verbänden es mit Schmerzen und seien der Meinung, das sei nicht mehr lebenswert. "Dabei ist es immer ein Leben - auch wenn es schwer ist. Die munteren 90-Jährigen geben uns Mut und Zuversicht für das Alter."

Ob man im Alter gut und glücklich leben könne, habe mit viel mehr zu tun als mit Erkrankungen, sagt Lang. "Der subjektive Lebenswille ist viel wichtiger als die Frage, ob man eine Arthrose hat." Durch seine Untersuchungen habe er immer wieder gelernt: Der Verlust des Lebenswillens sei oft der Vorbote des Todes. Daher sei es nie zu spät, das zu tun, was einem zu mehr Lebenswillen verhilft.

Quelle: ntv.de , abe/dpa