Wie lange dauert es, bis homöopathische mittel wirken

2.000 Substanzen stehen zu Verfügung: Die Homöopathie schöpft für ihre Heilmittel aus dem Schatz der Natur: Rund 50 % dieser Arzneien werden aus Pflanzen hergestellt. Die anderen 50 % setzen sich aus Tieren oder deren Produkten (z.B. Schlangengift), Metallen, Mineralien oder Säuren zusammen.

Homöopathische Mittel gibt es sowohl als kleine Kügelchen – sogenannte Globuli, Zuckerkügelchen, die als Träger für das homöopathische Heilmittel dienen –, als auch in Form von Tabletten und Tropfen.

In der Homöopathie wird ein Mittel, das bestimmte Symptome verursacht, in stark verdünnter und verschüttelter Dosis zur Heilung einer Krankheit, die diese Symptome hervorruft, verwendet. Das homöopathische Mittel wirkt wie ein Reiz, der die Selbstheilungskräfte aktiviert. Deshalb lautet der Grundsatz der klassischen Homöopathie: Ähnliches möge durch Ähnliches geheilt werden. Ein Beispiel: Ein Bienenstich verursacht einen stechenden Schmerz mit geröteter, heißer Schwellung. Äußert sich eine Krankheit durch eine entzündliche Schwellung, könnte sie mit einer stark verdünnten Dosis von Bienengift (Apis) behandelt werden. Dadurch werden die Selbstheilungskräfte des Körpers angeregt.

Die Homöopathie ist eine Regulationsmethode: Sie greift regulierend in den Organismus ein und wirkt überall, wo Prozesse gestört sind. Ihre Heilkraft kann sowohl akute als auch chronische Krankheiten körperlicher oder seelischer Natur positiv beeinflussen. Sind Strukturen jedoch bereits zerstört, kann die Homöopathie daran nichts mehr ursächlich ausrichten, sondern lediglich Symptome mildern. Ein großer Vorteil der Heilmethode besteht darin, dass sie fast frei von unerwünschten Neben- und Wechselwirkungen ist. Zudem kann sie fast immer bedenkenlos mit anderen Therapien und Medikamenten kombiniert werden.

Prof. Dr. med. Jürgen Windeler, Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Bild: IQWIG

Zu diesem Schluss kommt auch Jürgen Windeler, Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) und Professor für Medizinische Biometrie und Klinische Epidemiologie. Für ihn ist das nicht weiter verwunderlich: „Das Konzept der Homöopathie widerspricht unserem Wissen darüber, wie die Welt aufgebaut ist: Was verdünnt wird, wird nicht mehr. Und ein Wirkstoff, der nicht mehr da ist, kann nicht mehr wirken.“  

Samuel Hahnemann war ein deutscher Arzt, der im 18. und 19. Jahrhundert lebte. Im Jahr 1796 und danach veröffentlichte er die Grundgedanken, auf denen die Homöopathie heute aufgebaut ist: Ähnliches möge durch Ähnliches geheilt werden (similia similibus curentur). Hahnemann zufolge sollten Arzneistoffe, die ähnliches wie die Erkrankung auslösen, hochverdünnt verabreicht werden, in Globuli, kleinen weißen Kügelchen, die süß schmecken. Die Verdünnung der wirksamen Substanz ist in den Globuli allerdings so hoch, dass auf molekularer Ebene praktisch keine Substanzen mehr vorhanden sind. Hahnemann glaubte, dass sich die Arznei-Substanzen „zuletzt gänzlich in ihr individuelles geistartiges Wesen“ auflösen. 

Was dieses geistartige Wesen nun genau sein soll, ist unklar. „Homöopathie zu untersuchen, das ist vor dem Hintergrund unseres heutigen Wissens fast so, als wollte man sicherstellen, dass sich hinter dem Mond kein Pumuckl versteckt“, sagt Windeler. Die Wissenschaft müsse zwar den Dingen auf den Grund gehen. „Aber das wurde nun ausreichend getan. Jetzt ist es an der Zeit, diese Frage endlich als beantwortet zu den Akten zu legen und die Forschungskapazitäten auf andere Bereiche zu konzentrieren“, sagt Windeler. Dennoch nehmen auch heute viele Menschen homöopathische Mittel ein. So ist ein Paradox entstanden: Homöopathie scheint zu wirken, obwohl die Mittel keine Wirkung haben. 

Es scheint, als habe die Homöopathie den Placebo-Effekt perfektioniert

„Es gibt viele Gründe, krank zu werden, es gibt aber auch viele Gründe, gesund zu werden. Das muss nicht immer mit dem zu tun haben, was man vom Arzt bekommt“, sagt Windeler. Wenn beim Kindergartenkind der Hautausschlag nachlässt, dann könne dies auch daran liegen, dass sich das Immunsystem von selbst wieder beruhigt habe. Wenn der Student morgens ohne Kater aufwache, dann läge es vielleicht daran, dass er zusätzlich zu den Globuli abends auch noch einmal viel Wasser getrunken habe. Wissenschaftlich sicher ist, dass die Besserungen nichts direkt mit den homöopathischen Mitteln zu tun haben. Aber vielleicht mit dem Wissen, dass man homöopathisch behandelt wurde?

Die Homöopathie besteht nicht nur aus Globuli. Bei der Behandlung soll laut Hahnemann auch der „gemütlich und geistige Charakter“ des Patienten berücksichtigt werden. Gemeint ist: Bitte kümmert Euch gut um Eure Patienten, geht auf ihre Sorgen ein und behandelt sie individuell. Homöopathen führen mit neuen Patienten ein ausführliches Gespräch, das manchmal mehr als eine Stunde dauert. Wenn ein Patient an Homöopathie glaubt, dann verstärkt der Homöopath diesen Glauben durch Zuwendung, durch gewidmete Zeit, durch den Eindruck von Systematik und Wissenschaftlichkeit. 

Womöglich beste Voraussetzungen, um im Patienten den Placebo-Effekt in Gang zu setzen. Windeler verwendet hier den Begriff Kontext-Effekt: „Neben einem Medikament, einer Operation oder anderen Eingriffen gibt es in einer Behandlungssituation viele kleine Bausteine, die Einfluss auf den Heilungsprozess nehmen können – günstig oder auch ungünstig. Der Körper kann dann Heilungskräfte in Gang setzen. Das kann alles mögliche sein, etwa eine zusätzliche Aktivierung des Immunsystems oder eine Ausschüttung von Botenstoffen, die die Wundheilung verbessern“, sagt Windeler. 

Es scheint, als habe die Homöopathie den Placebo-Effekt perfektioniert. Aus der Patientenperspektive ist es egal, wie und warum ihnen geholfen wird. Es heißt nicht umsonst: Wer heilt, hat recht. Bei harmloseren Leiden wie Erkältungen mag das vertretbar sein. "Bei schweren Erkrankungen wie Krebs ist es hingegen lebensgefährlich, etablierte und gut geprüfte, wirkungsvolle Therapien auszuschlagen und auf Homöopathie zu setzen“, sagt Windeler.

Der Krebsinformationsdienst (KID) des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg bekommt regelmäßig Anfragen von Patienten zu Homöopathie. Birgit Hiller vom KID weiß aber auch: „Die meisten Patienten, die sich an uns wenden, wollen Homöopathie nicht als Mittel gegen Krebs nutzen. Sie sehen sie eher als ergänzende und sanfte Methode an, um Nebenwirkungen etwa einer Chemotherapie zu lindern.“ In der großen Mehrzahl der Fälle scheint Homöopathie den wichtigen Therapien jedoch nicht im Wege zu stehen. 

Bei harmloseren Leiden oder zur Verminderung von Nebenwirkungen hingegen ist Homöopathie bei einem Teil der Bevölkerung als fester Bestandteil der Medizin verankert. Das unterstützen auch Krankenkassen. Während sie in der Regel sonst darauf pochen, dass Therapien nur dann bezahlt werden, wenn ihre Wirkung in wissenschaftlichen Studien nachgewiesen wurde, sind sie bei homöopathischen Behandlungsmethoden weniger streng und übernehmen hier viele Kosten. „Es ist einfach ein Mittel der Kundenbindung. Homöopathie ist beliebt, und die Kunden gehen eher zu der Kasse, die Homöopathie bezahlt“, sagt Windeler. Das kann man als Skandal sehen. Die Krankenkassen bezahlen für Zuckerkügelchen viel Geld, obwohl diese gar nicht wirken. Man kann es aber auch entspannter sehen. Mit der Homöopathie erhalten die Patienten einen ausgeklügelten Placebo-Effekt auf Rezept.

Weitere Artikel:

Systembiologie: Das Leben verstehen

Nuklearmedizin: Fährte zum Tumor

Data Science: Ein Periodensystem für Zellen

Aktuelle News und Forschungsberichte per Mail? Bestellen Sie unseren Newsletter.

Damit ein homöopathisches Arzneimittel ideal wirken kann, kommt es auch darauf an, dass es richtig eingenommen wird. Was Sie bei der Einnahme von Homöopathie beachten sollten, lesen Sie hier.

Einnahme-Frequenz von Homöopathie unterscheidet sich

Bei der Einnahme von Homöopathie kommt es immer darauf an, welche Form der Homöopathie gewählt wurde. Es unterscheidet sich die Einnahme von

  • hohen Potenzen in Einzelmitteln
  • niedrigen Potenzen in Einzelmitteln
  • Komplexmitteln

Während es bei herkömmlichen Medikamenten zumeist sehr genau darauf ankommt, wie viel Sie von einem Medikament nehmen, ist in der Homöopathie vor allem die Frequenz der Einnahme von zentraler Bedeutung. Das heißt: Es ist nicht schlimm, wenn Sie statt 10 Globuli einmal 15 erwischt haben und beim nächsten Mal nur 8 – viel wichtiger ist, dass Sie die Globuli in der Frequenz einnehmen, die für Ihre Beschwerden sinnvoll ist.

Wie gestaltet sich die ideale Einnahme von Homöopathie?

Das hängt sowohl von den Beschwerden – sind sie akut oder chronisch? – als auch von der Höhe der Potenz des homöopathischen Mittels ab. Als Faustregel bei Einzelmitteln gilt:

  • Je niedriger die Potenz ist (etwa eine D4 oder D6), desto häufiger wird die Arznei eingenommen.
  • Je höher das Arzneimittel potenziert ist, desto seltener wird es eingenommen.
  • Hochpotenzen (z. B. eine D200) werden oft sogar nur einmal eingenommen.

Wie viele Globuli oder Tropfen Sie wie häufig einnehmen sollen, sollten Sie unbedingt mit Ihrem behandelnden Homöopathen besprechen. Bei Komplexmitteln steht die korrekte Dosierung und Einnahme-Empfehlung immer in der Packungsbeilage. Zur idealen Wirkung sollten Sie sich an die dort beschriebene Einnahme-Frequenz halten.

Was gilt es bei der Einnahme von Homöopathie zu beachten?

Unabhängig von der ärztlichen Dosierempfehlung oder davon, ob es sich um ein Einzel- bzw. ein Komplexmittel handelt, sind bei der Einnahme homöopathischer Arzneimittel ein paar Empfehlungen zu beachten:

Vor und nach der Einnahme von Homöopathie nicht essen

Vor und nach der Einnahme homöopathischer Arzneimittel sollte 15 bis 20 Minuten nichts gegessen oder – außer Wasser – nichts getrunken werden.

Menthol bei der Einnahme von Homöopathie meiden

Ätherische Öle, insbesondere eukalyptus- oder mentholhaltige Hustenbonbons, Hustensäfte und dergleichen können die Wirkung homöopathischer Arzneimittel beeinträchtigen.

Unmittelbar vor und nach der Einnahme von Homöopathie nicht Zähne putzen

Auch auf das Zähneputzen mit herkömmlichen Zahnpasten sollte 15 bis 20 Minuten vor und nach der Einnahme verzichtet werden. Es gibt jedoch spezielle homöopathieverträgliche Zahnpasten, die die Wirkung von Homöopathika nicht beeinträchtigen.

Während der Einnahme von Homöopathie nicht rauchen

Eine halbe Stunde vor und nach der Einnahme homöopathischer Arzneimittel sollte nicht geraucht werden. Auch der Kaffeegenuss wird in diesem Zeitraum von einigen Homöopathen abgelehnt.

Bei der Einnahme von Homöopathie darauf achten, dass das Arzneimittel lang im Mund bleibt

Die Aufnahme homöopathischer Arzneimittel erfolgt über die Mundschleimhaut. Globuli und Tabletten sollten daher langsam unter der Zunge zergehen, Tropfen direkt auf die Zunge geträufelt werden.