Wie fühlt sich ein kleiner Schlaganfall an?

„Ein Mini-Schlaganfall wird wie ein großer Schlaganfall durch eine Durchblutungsstörung ausgelöst, die aber keinen eigentlichen Hirninfarkt hinterlassen. Das heißt, es stirbt kein Gehirngewebe ab“, sagt Professor Dr. Jürgen Bardutzky, Leiter der als Stroke Unit bezeichneten Schlaganfallspezialstation und Oberarzt an der Klinik für Neurologie und Neurophysiologie des Universitätsklinikums Freiburg. Allerdings zeigen neuere Untersuchungen mit der Kernspintomographie, dass ab 60 Minuten Dauer oftmals doch ein kleiner Hirninfarkt nachweisbar ist.

Typische Symptome sind kurzzeitige Sehstörungen, Lähmungserscheinungen und Sprachstörungen

Die Symptome einer „TIA“ entsprechen den klassischen Schlaganfallsymptomen: plötzlich auftretende Sehstörungen, kurzzeitige Erblindung auf einem Auge, vorübergehende halbseitige Lähmungserscheinungen von Körperteilen wie Hände, Arme, Beine oder einer Gesichtshälfte sowie Sprachstörungen, verwaschene Sprache, Schwindel und Doppelbilder.

Professor Bardutzky warnt davor, die Symptome zu unterschätzen: „Nach solch einer Attacke kommt es bei zehn Prozent der Patienten innerhalb der nächsten sieben Tage zu einem richtigen Schlaganfall. Deshalb – und weil man anfangs ja auch gar nicht weiß, ob die Symptome wieder von alleine zurückgehen – ist es enorm wichtig, dass Betroffene und Beteiligte sofort handeln und die Notrufnummer 112 wählen.“ Haben sich die Symptome zurückgebildet, liegt eine „TIA“ vor.

Eine unmittelbare stationäre Abklärung der Ursachen auf der Schlaganfallspezialstation (Stroke Unit) ist dennoch zwingend notwendig. Auf der Stroke Unit des Universitätsklinikums Freiburg beobachten Spezialisten die Krankheitsentwicklung des TIA-Patienten für drei bis vier Tage. Dabei untersuchen sie mittels Ultraschall Hirngefäße und Herz, betrachten das Gehirn anhand einer Schichtbilddarstellung und analysieren etwaige Herzrhythmusstörungen, um nach „Hochrisikoursachen“ für einen Schlaganfall zu fahnden.

Durch rasche Abklärung einen richtigen Schlaganfall verhindern

„Eine TIA hinterlässt keine bleibenden Schäden. Trotzdem ist sie gefährlich und stellt für Neurologen einen medizinischen Notfall dar“, sagt Professor Bardutzky. Eine umfassende, rasche Abklärung der Symptome und Ursachen kann das Risiko eines nachfolgenden richtigen Schlaganfalls um rund 80 Prozent reduzieren, indem die Ärzte mit darauf abgestimmten Medikamenten vorsorgen oder aber zum Beispiel auch eine verengte Halsschlagader operieren. Deswegen sei die Sofortdiagnose so wichtig. Manchmal verwechseln Patienten die Symptome einer schweren Migräne oder eines taubgewordenen Beins mit einer „TIA“ und kommen zur Station, aber „das ist besser, als gar nicht zu handeln – so lässt sich Schlimmeres vermeiden“, so Professor Bardutzky.

Bei der Schlaganfallprophylaxe spielen aber auch die Lebensgewohnheiten eine wichtige Rolle: Rauchen, Bewegungsmangel, Übergewicht, ungesunde Ernährung leisten ihren Beitrag zu den gefährlichen Durchblutungsstörungen. Diese Risikofaktoren sollten in erster Linie reduziert werden. Je nach Fall entscheiden die Neurologen, welche Kombination von Medikamenten und Vorsorgemaßnahmen am sinnvollsten ist.

Bei Verdacht auf einen Schlaganfall sofort den Notarzt anrufen unter 112

Wie fühlt sich ein kleiner Schlaganfall an?

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Wie fühlt sich ein kleiner Schlaganfall an?

Wie fühlt sich ein kleiner Schlaganfall an?

Wie fühlt sich ein kleiner Schlaganfall an?

Herabhängende Mundwinkel können auf (kleinere) Schlaganfälle hindeuten. (Trofimov Denis / Shutterstock.com)

Ein Mini-Schlaganfall kann sich durch Drehschwindel, Sprach- und Sehstörungen sowie vorübergehende Muskelschwäche äußern.

Schlaganfälle sind der häufigste Grund für Pflegebedürftigkeit und Behinderung im Erwachsenenalter, und die dritthäufigste Todesursache. Ausgelöst werden Schlaganfälle durch verstopfte Gefäße im Gehirn. Diese Engpässe müssen aufgespürt und medizinisch behandelt werden, um Folgeschäden zu vermeiden oder zu verringern. Ein "Mini-Schlaganfall", im Volksmund auch als "Schlagerl" bezeichnet, ist im besten Fall ein Warnsignal – nur wer darauf hört, kann einen schlimmeren Anfall mit all seinen Konsequenzen verhindern.

Typisch für einen Mini-Schlaganfall sind ein oder mehrere Symptome, die plötzlich auftreten. In der Fachsprache werden kleinere Schlaganfälle als TIAs bezeichnet, was für "transiente ischämische Attacke" steht.

Folgende Signale können auf TIAs hindeuten:

  • Halbseitige Lähmung oder Muskelschwäche: Plötzlich lässt sich der Arm oder Fuß einer Körperhälfte nicht mehr bewegen bzw. fühlen sich die Gliedmaßen über längere Zeit wie taub an.
  • Sprachschwierigkeiten: Es ist nur schwer möglich Worte zu formen, Silben werden verdreht. Das Erinnerungsvermögen ist stark beeinträchtigt, oft kann man einem Gespräch nicht mehr folgen.
  • Sehbehinderungen: Die Umwelt wird in Doppelbildern wahrgenommen, es kann auch zu Sehausfällen kommen.
  • Starker Drehschwindel: Aus heiterem Himmel beginnt sich alles zu drehen, es kommt zu Gleichgewichtsstörungen, zu Unsicherheiten beim Gehen.
  • Starke Kopfschmerzen: Ungewöhnlich starke Kopfschmerzen, oft auch gepaart mit Schwindel können auftreten.

Das Heimtückische an einem Mini-Schlaganfall: Die Beschwerden verschwinden fast genauso schnell, wie sie eingesetzt haben. Dennoch sollte man sie unbedingt ernst nehmen, denn oft sind sie Vorboten einer schlimmeren Schlaganfall-Attacke, die Stunden später folgen kann: Daher sollte man selbst bei leichten Beschwerden unbedingt ins Spital fahren bzw. einen Arzt, am besten einen Neurologen aufsuchen, der den Zustand der Kopfgefäße untersucht.

Wer schnell handelt und einen Arzt bzw. die Rettung holt, hat sehr gute Chancen, einem heftigen Schlaganfall zu "entkommen" und schwere Beeinträchtigungen wie Lähmungen zu vermeiden – wenn das Gefäß binnen 4,5 Stunden nach dem Auftreten der ersten Beschwerden wieder frei gemacht wird. Das kann mit Hilfe der medikamentösen Thrombolyse, bei schweren Schlaganfällen mit der Thrombektomie, einer minimal-invasiven mechanischen Entfernung des Blutgerinnsels mittels Katheters und Stent, erfolgen. Passiert das nicht, können die Hirnzellen des betroffenen Areals nicht mit Blut und Sauerstoff versorgt werden und sterben ab.

Jährlich haben etwa 25.000 Menschen in Österreich einen Schlaganfall. Die Therapieergebnisse haben sich in den letzten 20 Jahren deutlich verbessert, das erhöht auch die Chance einen Schlaganfall zu überleben: Während im Jahr 1990 noch rund 10.000 Menschen in Österreich an einem Schlaganfall verstarben, waren es 2013 knapp über 4.000. In einem Drittel der Fälle bleiben allerdings körperliche und/oder geistige Beeinträchtigungen zurück.

Übrigens: Schlaganfall-Patienten sind nicht immer alt, es werden zunehmend auch jüngere Patienten mit dieser Diagnose behandelt. Reagiert auch das Umfeld schnell bei TIAs, können Leben gerettet werden. Wichtig ist die Erstversorgung nach dem neurologischen Ereignis, bundesweit gibt es dazu 37 Schlaganfall- Schwerpunktzentren, sogenannte "Stroke-Units", die auf die Behandlung und Nachversorgung von Schlaganfall-Betroffenen spezialisiert sind.

Presseinformation der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG)

Berlin, Mai 2016 – Eine vorübergehende Lähmung, Sprach- oder Sehstörung, die sogenannte transitorische ischämische Attacke (TIA), ist möglicher Vorbote eines großen Schlaganfalls. Die rasche Betreuung, klare Diagnose und Behandlung auf einer Stroke Unit können dieses Schicksal häufig abwenden, wie die Auswertung eines internationalen TIA-Registers zeigt. Die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft sieht ihre seit Jahren etablierten Behandlungskonzepte mit den Stroke Units durch die Studie bestätigt. Im Vorfeld des Tages gegen den Schlaganfall am 10. Mai 2016 betont die Fachgesellschaft, wie wichtig das Erkennen der TIA-Symptome und rasches Handeln sind.

Von den jährlich etwa 270 000 Schlaganfällen ist etwa ein Viertel leicht, die Symptome sind flüchtig und die Patienten erholen sich innerhalb von 24 Stunden vollständig von den neurologischen Ausfällen. Die Gefahr ist damit jedoch nicht vorüber. „Etwa 20 Prozent der Betroffenen erleiden innerhalb der nächsten drei Monate einen großen Schlaganfall, der zu bleibenden Behinderungen oder häufig zum Tod führt“, warnt Professor Joachim Röther, Chefarzt der Neurologischen Klinik der Asklepios Klinik Altona. Die TIA und der Schlaganfall haben nämlich die gleichen Ursachen, die nach dem Abklingen der Symptome weiter bestehen. „Ein Schlaganfall ist jedoch kein unabwendbares Schicksal, und eine TIA sollte immer Anlass sein, nach den Gründen zu suchen, um diese abzustellen“, sagt Professor Röther, Pressesprecher der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG).

Die Symptomatik wird aber in bis zu einem Viertel der Fälle durch den erstbehandelnden Arzt nicht als TIA erkannt. Damit steigt das Risiko für den Patienten, einen schweren Schlaganfall zu erleiden. Der beste Ort für die Behandlungen sind Stroke Units, Spezialabteilungen zur Behandlung von Schlaganfällen, die in den letzten Jahren von vielen Kliniken eingerichtet wurden. An diesen Abteilungen werden nicht nur Schlaganfälle behandelt, die Ärzte sind auch darauf vorbereitet, die Ursachen, die zur TIA geführt haben, zu erkennen und Gegenmaßnahmen einzuleiten. „In den ersten Tagen nach einer TIA ist das Risiko eines Schlaganfalls mit bleibenden Folgen besonders hoch, sodass die Patienten auf der Stroke Unit besonders intensiv „monitorisiert“, also beobachtet werden müssen“, betont Professor Dr. med. Otto Busse, Geschäftsführer der DSG. 

„Wir führen bei allen Patienten eine Computertomographie oder eine Kernspintomographie durch, um das Ausmaß der Schäden zu beurteilen“, sagt Professor Röther. „Eine Ultraschalluntersuchung zeigt, ob gefährliche Engstellen an den Halsgefäßen, sogenannte Carotisstenosen, vorhanden sind“, fährt der Pressesprecher der DSG fort: „Zum Check-Up gehört neben Blutdruckmessung und Analyse der Blutfette sowie des Blutzuckers auch regelmäßig ein Langzeit-EKG, da ein Vorhofflimmern zur Bildung von Blutgerinnseln im Herzen führt, die ins Gehirn driften und dann einen Schlaganfall auslösen können. In einer Ultraschalluntersuchung des Herzens werden diese Gerinnsel gelegentlich sichtbar.“ Danach entscheiden die Ärzte, welche Therapie der Patient zur Vorbeugung erhalten soll, beispielsweise Medikamente zur Blutverdünnung.

Wie erfolgreich eine intensive Betreuung der Betroffenen sein kann, zeigen die Ergebnisse eines internationalen TIA-Registers unter deutscher Beteiligung, deren Ergebnisse in diesen Tagen im New England Journal of Medicine (2016; 374: 1533-42) vorgestellt wurden. „Fast 80 Prozent der Patienten waren innerhalb von 24 Stunden nach Einsetzen der Symptome von Schlaganfall-Neurologen diagnostiziert und behandelt worden“, sagt Professor Röther: „Im Fall eines Vorhofflimmerns erhielten die Patienten gerinnungshemmende Medikamente. Carotisstenosen wurden je nach Schweregrad behandelt und ein zu hoher Bluthochdruck gesenkt.“ In den ersten drei Monaten nach der TIA erlitten nur 3,7 Prozent der Patienten einen Schlaganfall – deutlich weniger als aufgrund des Schweregrades der Erkrankung zu erwarten gewesen wäre. Nach einem Jahr waren es 5,1 Prozent. Bereits frühere Studien hatten gezeigt, dass eine rechtzeitige und intensive Therapie von Patienten nach TIA das Risiko für einen nachfolgenden großen Schlaganfall innerhalb von 90 Tagen um bis zu 80 Prozent senken kann. „Diese erfreuliche Verringerung des Schlaganfallrisikos bei rascher Abklärung und Behandlung einer TIA trifft auch auf Deutschland zu“, bestätigt Professor Röther.

„Das Stroke Unit-Konzept, das wir vor bald 20 Jahren entwickelt haben, hat in Deutschland zu einer sehr guten Versorgungssituation beigetragen“, betont Professor Busse. Wichtig sei es aber, die Symptome des leichten Schlaganfalls zu erkennen und sofort zu handeln. „Wenn beispielsweise ein Auge kurzzeitig erblindet, eine Sprachstörung auftritt oder ein Arm, Bein oder eine Gesichtshälfte gelähmt sind, muss umgehend der Notruf 112 gewählt werden.“ Der kleine Schlaganfall ist alles andere als harmlos. Er ist ein echter Notfall und muss dementsprechend sofort behandelt werden.

Literatur

Amarenco P, Lavallée PC, Labreuche J, Albers GW, Bornstein NM, Canhão P et al.: One-Year Risk of Stroke after Transient Ischemic Attack or Minor Stroke. N Engl J Med. 2016 Apr 21;374(16):1533-42
http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1412981#t=article 

Die Anzeichen entsprechen denen eines kompletten Schlaganfalls, sie sind aber nicht so stark ausgeprägt.

  • Sehstörungen/Doppelbilder
  • Hörstörungen
  • Sprachstörungen
  • Gleichgewichtsstörungen/Schwindel
  • Lähmungen (einseitige) im Gesicht und Arm oder Bein

Fachlicher Kontakt bei Rückfragen:

Prof. Dr. med. Joachim Röther

Pressesprecher der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG)Chefarzt Neurologische Abteilung, Asklepios Klinik AltonaTel.: +49 (0)40 181881-1401

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Pressestelle der Deutschen Schlaganfall-GesellschaftTel.: +49 (0)711 8931-380Fax: +49 (0)711 8931-167

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