Wie erhöht man die Wahrscheinlichkeit sich zu verlieben

Dopamin versetzt unseren Körper in einen Rauschzustand, durch den sich Verliebtsein anfühlt wie ein Drogentrip.

Am Anfang fühlt sich die Liebe an wie ein Drogentrip: Die Gedanken kreisen unablässig um den Partner und man bekommt feuchte Hände und Herzrasen. Forscher fanden heraus, dass der Grund dafür das körpereigene Hormon Phenylethylamin sein könnte. Ist der Auslöser für die romantische Liebe also am Ende nur Chemie?

10.10.2019, 06:30 Uhr

Herzrasen, schwitzige Hände und ein flaues Gefühl im Magen. Was nach den Symptomen einer ernst zu nehmenden Krankheit klingt, sind in Wahrheit untrügliche Anzeichen für Verliebtheit. Denn wenn wir uns verlieben, überfluten körpereigene Chemikalien unser Gehirn und lösen eine Vielzahl von körperlichen und emotionalen Reaktionen aus.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Weil im Belohnungssektor unseres Gehirns Dopamin aktiviert wird, fühlt sich der Zustand der Verliebtheit an wie ein Rausch. Diese Euphorie ist vergleichbar mit dem Gefühlszustand, der durch den Konsum von Alkohol oder Kokain ausgelöst wird. Einen besonders großen Einfluss auf das Glücksgefühl hat ein Molekül namens Phenylethylamin (PEA). Diese chemische Substanz soll sogar der Grund sein, warum wir uns verlieben.

Am 14. Februar 2020 ist Valentinstag. Obwohl er vielen nicht wichtig ist, machen sich viele Paare gegenseitig Geschenke.

Scheinbar hat das körpereigene Hormon Phenylethylamin einen maßgeblichen Einfluss darauf, ob wir uns verlieben. Die Substanz kommt in kleinen Mengen auch in Bittermandelöl und Schokolade vor und ist wohl verantwortlich für die sprichwörtlichen Schmetterlinge im Bauch von frisch Verliebten. Dieser Theorie ging der australische Chemiker Peter Godfrey anhand der Blutwerte von verliebten Probanden nach. Die PEA-Blutwerte waren bei den frisch verliebten studentischen Probanden auffällig erhöht.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Doch das für Lust- und Glücksempfinden verantwortliche Phenylethylamin findet sich nicht nur in den Körpern verliebter Menschen. Das Grundgerüst des chemischen PEA-Moleküls kommt ebenfalls in halluzinogenen Drogen wie LSD oder Meskalin vor. Ist die Vorstufe der Liebe also nur ein Rauschzustand?

Mit der Chemie des Verliebtseins beschäftigt sich auch die bekannte US-Anthropologin Helen Fisher. Um zu verstehen, was sich in den Gehirnen Verliebter abspielt, analysierte ihr Team 2500 MRT-Scans. Ziel der bahnbrechenden Studie war es, zu erkennen, welche Hirnareale bei der Liebe involviert sind. Mittels Computertomografie wurden von den seit höchstens sieben Monaten verliebten Studenten Hirnscans angefertigt. Zuerst betrachteten sie ein Foto der oder des Angebeteten und anschließend das einer unbekannten Person. Besondere Aktivität zeigten dabei zwei Hirnareale: Das Belohnungszentrum Nucleus Caudatus und der für unser Vergnügen zuständige ventrale Tegmentbereich.

Wenn das Gehirn einmal auf Liebe eingestellt ist, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit enorm, sich auch tatsächlich zu verlieben.

Helen Fisher, US-Anthropologin

Beide Regionen des Gehirns produzieren Dopamin, das uns dazu bringt, die Aufmerksamkeit voll und ganz auf das Objekt unserer Begierde zu richten. Und es ist dafür verantwortlich, wenn wir uns ständig danach sehnen, mit dem oder der Liebsten vereint zu sein. Ähnliche Symptome und vergleichbar hohe Dopaminwerte treten nur bei der Abhängigkeit von Drogen auf.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Allerdings geht der dopamingeschwängerte Zustand der Verliebtheit nach maximal drei Jahren vorbei. Denn mit der Zeit weicht das Phenylethylamin immer mehr dem als Liebeshormon bekannten Oxytocin, das Gefühle der Zufriedenheit, Gelassenheit und Geborgenheit auslöst. Die Folge: Eine stabile Bindung mit unserem Partner wird uns wichtiger als der Sex.

Doch eine 2011 an der Stony Brook University durchgeführte Studie ergab: Auch nach Jahrzehnten der Ehe ist es möglich ist, verliebt zu sein. Das Forscherteam, zu dem auch Fisher gehörte, führte auch hier MRT-Untersuchungen des Gehirns durch. Die Probanden waren diesmal Paare, die im Durchschnitt 21 Jahre verheiratet waren.

Die amerikanischen Forscher fanden heraus, dass die dopaminreichen Areale des Gehirns genau so aktiv waren, wie bei Paaren, die sich gerade verliebt hatten. Wenn sich der Blick durch die rosarote Brille im Laufe einer Beziehung wieder normalisiert, bedeutet das also nicht deren Ende – im Gegenteil: Auch wenn das ständige Verlangen nach dem Partner nachlässt, werden die Belohnungs- und Vergnügungsbereiche des Gehirns weiterhin aktiviert.

Aber Godfrey und Fisher denken weiter – ihrer Meinung nach könnte es schon in nicht allzu ferner Zeit möglich sein, das Gefühl der Verliebtheit auch künstlich zu erzeugen. Von einer synthetischen Liebesdroge halten die beiden Wissenschaftler aber nichts.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

“Allerdings glaube ich, dass wir irgendwann Medikamente haben werden, die den Dopamin- oder den Noradrenalinspiegel beeinflussen und damit zumindest die Chance erhöhen können, sich zu verlieben”, erklärte Fisher im Interview mit dem “Spiegel”. Denn: “Wenn das Gehirn einmal auf Liebe eingestellt ist, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit enorm, sich auch tatsächlich zu verlieben.”

RND

Interview: christoph-koch.jetzt.de

Professor Manfred Hassebrauck forscht an der Universität Wuppertal an spannenden Themen: Wie verlieben wir uns? Wie wichtig sind innere Werte? Warum sind wir nicht treu? Er ist Autor des Buches "Warum wir aufeinander fliegen", seine neueste Veröffentlichung ist das Kapitel "Erste Liebe, zweite Liebe" im Buch "Body Talk" , das im November bei dtv erscheint.

Verlieben

jetzt.de: Professor Hassebrauck, wie mache ich jemanden in mich verliebt?

Manfred Hassebrauck: Strategisch und systematisch können wir das Verlieben nicht angehen. Denn zusätzlich zur Sympathie kommt beim Verlieben ja noch körperliche Erregung dazu, die können wir nicht steuern.

jetzt.de: Wie wichtig ist denn beim Verlieben das Aussehen?

Manfred Hassebrauck: Das ist ja die erste Informationsquelle überhaupt, die wir bekommen, und sie ist insofern wichtig, als dass wir attraktiven Menschen sofort positive Charaktereigenschaften zuschreiben. Wir halten sie für intelligenter, humorvoller, netter und so weiter. Das geht sogar so weit, dass Lehrer unbewusst die Arbeiten attraktiver Schüler besser bewerten.

jetzt.de: Aber es wollen sich ja nicht nur Supermodels verlieben . . .

Manfred Hassebrauck: Erfreulicherweise spielt der persönliche Geschmack eine sehr große Rolle, zumindest für die Leute, die optisch im Mittelbereich liegen.

jetzt.de: Hat Oma also Recht mit ihrem Spruch ¸¸Jeder Topf findet sein Deckelchen"?

Manfred Hassebrauck: Ja, denn während wir bei Supermodels und extrem hässlichen Personen alle noch stark übereinstimmen, gehen unsere Bewertungen, wie attraktiv eine Person ist, bei ¸¸normalen" Menschen ziemlich stark auseinander.

jetzt.de: Dann sind Schönheitsoperationen, wie sie gerade ständig im Fernsehen gezeigt werden, demnach völlig überflüssig?

Manfred Hassebrauck: Wichtig ist die subjektive Zufriedenheit nach der Operation. Wenn man vorher wirklich unter seinem Äußeren gelitten hat und dadurch unsicher war, kann eine Operation das Leben verbessern. Aber viele Menschen stecken in einem Kreislauf und finden, sobald sie ein Körperteil haben operieren lassen, wieder etwas Neues, das sie ändern wollen.

jetzt.de: Ganz andere Frage: Warum finde ich die Mädchen kurz bevor der Club schließt plötzlich hübscher als am Anfang des Abends - liegt das nur am Alkohol?

Manfred Hassebrauck: Das geht fast allen so und ist wissenschaftlich gut bestätigt. Je näher das Ende des Abends rückte, desto attraktiver fanden die Befragten eine Testperson anderen Geschlechts, die sich in der Nähe befand. Mit Alkohol hat das nichts zu tun, denn als den Leuten Fotos gezeigt wurden, bewerteten sie diese mit zunehmendem Alkoholpegel immer negativer.

Es handelt sich bei dem Phänomen um eine Art Torschlusspanik: Man hat das Gefühl, das sei jetzt die letzte Gelegenheit. Beim Einkaufen ist es doch ähnlich: Wenn wir irgendwo noch ein einziges Paar Jeans sehen, fällt es uns schwerer, die zurückzuhängen, als wenn da noch 50 weitere liegen.

jetzt.de: Nutzt es so gesehen, mich rar zu machen?

Manfred Hassebrauck: Auch das habe ich erforscht. Sich einfach nur abweisend zu geben und zu tun, als sei man schwer zu kriegen, nützt fast nie etwas. Was gut funktioniert: Wenn man der Person, an der man Interesse hat, den Eindruck gibt, man sei insgesamt sehr begehrt und unverfügbar, aber für diese eine Person sei man erreichbar.

jetzt.de: Was begünstigt das Verlieben noch?

Manfred Hassebrauck: Manchmal sind es ganz triviale Faktoren, die mit Verliebtheit gar nicht zu tun haben. Wir verlieben uns leichter bei angenehmer Musik, als bei nervenden, unrhythmischen Klängen. Wir verlieben uns leichter, wenn wir gemeinsam in einer Situation sind, in der unser Erregungsniveau erhöht ist: eine gemeinsame Prüfungssituation, eine Bergtour oder generell etwas, das man gemeinsam zum ersten Mal erlebt. Dieses Aufgeregtsein führen wir oft unbewusst auf die andere Person zurück - und kommen zu der Schlussfolgerung ¸¸ich bin verliebt". Dabei kommt die Erregung von einer ganz anderen Quelle.

jetzt.de: Sollte ich also ein Mädchen, das gerade noch den Bus erwischt hat und völlig außer Atem ist, sofort ansprechen - weil in dem Moment meine Chancen höher sind?

Manfred Hassebrauck: So etwas abzupassen stelle ich mir recht aufwändig vor, schließlich muss die Person Ihnen ja auch gefallen. Theoretisch ist der Plan aber richtig, denn solche Personen sind auf einem erhöhten Erregungs-Level und deshalb tatsächlich anfälliger dafür, jemanden attraktiv zu finden und sich zu verlieben. Aber ich muss Sie warnen: Wenn Sie ihr nicht gefallen, fällt aber auch die Abneigung stärker aus.


Page 2

11. Mai 2010, 3:57 Uhr

Lesezeit: 5 min

Lieben

jetzt.de:Wie kann ich schon früh feststellen, ob meine Beziehung halten wird?

Ich kenne da keine Prognosemöglichkeit. Es gibt einen amerikanischen Forscher, der Paare 20 Minuten über ein Konfliktthema reden lässt und dabei körperliche Reaktionen misst. Er behauptet, daraus schließen zu können, ob die Beziehung noch fünf Jahre hält oder nicht. Ich halte das für problematisch, denn innerhalb von fünf Jahren gibt es ja auch viele Faktoren, die sich ändern. Einer der Partner zieht vielleicht zum Studium nach Hamburg, einer nach München.

jetzt.de: Anzunehmen, dass ein Umzug die eine, die große Liebe ins Wanken bringt, ist aber ganz schön unromantisch, oder?

Manfred Hassebrauck: Aber leider wahr. Denn für Romantik sind Beziehungen letztlich doch zu ökonomisch. Man investiert etwas und bekommt dafür etwas zurück. Und eine große Entfernung ist ein hoher Kostenfaktor in dieser Rechnung, weil sie mehr Aufwand erfordert.

jetzt.de: Was ist besser: gleich und gleich oder Gegensätze, die sich anziehen?

Manfred Hassebrauck: Ganz eindeutig und voller Überzeugung - gleich und gleich funktioniert besser. Für die These mit den Gegensätzen gibt es in der Forschung keinerlei Unterstützung. Tests haben auch gezeigt, dass wir Menschen, die uns von der Art und den Interessen her ähnlich sind, als attraktiver empfinden als andere.

jetzt.de: Angenommen, im Bett klappt's nicht so gut, aber sonst läuft alles super - hat die Beziehung eine Chance?

Manfred Hassebrauck: Eine gute Beziehung steht auf vier Säulen: Gemeinsamkeit, Nähe, Unabhängigkeit - die vierte Säule ist Sex. Das ist eine wesentliche Komponente, da dürfen wir uns nichts vormachen. In manchen Beziehungen geht es vielleicht ohne. Aber das ist dann eine Frage der subjektiven Wichtigkeit, und die Wahrscheinlichkeit, dass Sex beiden Partnern unwichtig ist, ist sehr gering.