Welche formen von freiheit gibt es

Die Freiheit ist in der Regel Gegenstand einer dreifachen Analyse. Zunächst ist sie ein metaphysischer Begriff. Dabei geht es um die Frage, ob der Mensch frei ist oder von Zwängen bestimmt wird, die er nicht kontrollieren kann. Wenn er der wesentliche Verursacher seiner Entscheidungen ist, dann wird ihm die Willensfreiheit zugeschrieben (auch Freiheit der Indifferenz genannt). Aber eine solches Vermögen, das klar von einem Willen abgegrenzt werden muss, der willkürlichen Impulsen unterworfen ist, ist schwer zu beweisen und scheint im Widerspruch zu den Naturgesetzen zu stehen, die auf einem strengen Determinismus beruhen. Zweitens ist die Freiheit ein moralischer Begriff. So ist Kant der Auffassung, dass die Freiheit, mag sie auch nicht beweisbar sein, vorausgesetzt werden muss, damit Moral möglich ist. Tatsächlich kann nur ein freies Wesen zwischen Gut und Böse wählen, denn nur wer dazu imstande ist, kann auch moralische Verantwortung zu übernehmen. Im Umkehrschluss kann nach Kant auch nur ein moralisches Wesen frei sein: Freiheit ist dann gleichbedeutend mit Autonomie. Schließlich ist sie ebenso ein politischer Begriff. Der freie Bürger steht dem Sklaven gegenüber. Als liberal gilt ein Staat, wenn er wenig Zwänge auf das Individuum ausübt. Wenn der Einzelne die Ansicht vertritt, die Gesetze seien zu einschränkend und verhinderten die Ausübung seiner Freiheit, kann er den Staat in all seinen Formen in Frage stellen und für illegitim halten. Eine solche Person wird dann als libertär oder anarchistisch bezeichnet.

Isaiah Berlin hat in seiner Vorlesung darauf hingewiesen, dass es von unserer Zuweisung von Verantwortung abhängt, was wir als Einschränkung unserer negativen Freiheit empfinden. Ob es zum Beispiel eine Einschränkung der negativen Freiheit ist, sich eine Wohnung in Arbeitsplatznähe nicht leisten zu können, hängt davon ab, ob wir dies als das Ergebnis von absichtlichem menschlichem Handeln ansehen oder nicht. Im Raucherbeispiel könnte man sich hypothetisch vorstellen, dass unser Raucher deswegen stark raucht, weil er aus einer Familie kommt, in der er bereits als Kind absichtlich dazu verführt wurde und in der er über Jahre immer wieder gehänselt und ausgelacht wurde, wenn er auf die Idee kam, er könnte weniger rauchen. Dann wäre es eine Sache der negativen Freiheit, dass er seinen Zug nicht erreicht.

Negative Freiheit ist Freiheit von äußeren Einschränkungen; positive Freiheit ist die Freiheit, über sich selbst zu bestimmen

Nun gibt es die von Fall zu Fall sehr naheliegende Idee, dass einzelne Menschen positiv freier gemacht werden können, indem man in ihre Umgebung oder ihr Denken eingreift. In einer Gesellschaft, die den Verkauf von Zigaretten vollständig verbietet, wäre unser Raucher in der konkreten Situation positiv freier, da er keinen Grund hätte, rechts abzubiegen. Diese Idee bringt aber auch Missbrauchspotenzial mit sich: Wenn es möglich ist, vernünftig von außen zu entscheiden, was Menschen zu Recht wollen (zu ihrem Termin gelangen) und was mit weniger Recht (Zigaretten kaufen), lässt sich dies nicht unbegrenzt erweitern? Ist es nicht so, dass kaum jemand überhaupt das will, was er wirklich will? Müssten nicht jene, die verstehen, was Freiheit überhaupt ist, das Leben und Denken der anderen bestimmen, um diese überhaupt erst positiv frei zu machen? Die Konsequenzen sind leicht vorstellbar.

Der Konsens in den heutigen liberalen Gesellschaften, den auch Isaiah Berlin anspricht, ist der, dass der Gedanke der positiven Freiheit nicht so verstanden werden sollte, dass erst ein von außen gestifteter höherer Sinn diese Freiheit überhaupt ermöglicht, und sei es um den Preis, dass das Individuum völlig verschwindet (»Du bist nichts, dein Volk ist alles«). Positive Freiheit soll immer Selbst-Gesetzgebung des Individuums bleiben; die Fähigkeit, darüber zu entscheiden, was er wirklich will, soll dem einzelnen Menschen nie ganz abgesprochen werden. Der 8. Mai ist sicherlich nicht der schlechteste Tag, um darüber nachzudenken.

Freiheit bedeutet, keinen äußeren und inneren Zwängen folgen zu müssen. Wirklich frei ist aber nur, wer seinen vorhandenen Freiheiten auch Handlungen folgen lässt. Dabei haben die Freiheit für mich als Individuum und die Freiheit im globalen Kontext ganz unterschiedliche Bedeutungen. Ein kompliziertes Thema also, das ich gerne mit dir diskutieren möchte.

1886 wurde die Freiheitsstatue als Geschenk der Franzosen an die Amerikaner eingeweiht. Die Statue der römischen Göttin Libertas soll Freiheit, Unabhängigkeit und die amerikanische Offenheit symbolisieren. Ob die Statue of Liberty heute bei Einwanderern immer noch für den American Dream steht, sei mal dahingestellt.

Fakt ist aber, dass Lady Liberty die Lücke zwischen persönlicher und kollektiver Freiheit zeigt. “America First” hat die Sicherheit und Freiheit der eigenen Bürger im Sinn, was zum Schaden Dritter geschieht.

Was bedeutet Freiheit für mich als Individuum und Freiheit im globalen Kontext? Diese Frage stelle ich mir immer wieder und möchte versuchen, dazu eine Diskussion anzuregen.

“Freiheit bezeichnet die Fähigkeit des Menschen, aus eigenem Willen Entscheidungen zu treffen” oder „die Möglichkeit, ohne Zwang zwischen verschiedenen Möglichkeiten auswählen zu können“. So steht es in den Lexika und es liest sich eigentlich auch ganz nett, oder?

Freiheit bedeutet also, über sich selbst bestimmen zu können. Dazu gehören Meinungsfreiheit, Willensfreiheit, Entscheidungsfreiheit, Handlungsfreiheit, Bewegungsfreiheit, Bildungsfreiheit, Religionsfreiheit, Pressefreiheit, Vertragsfreiheit, …

Viele dieser Freiheitsrechte sind in Verfassungen und auch im deutschen Grundgesetz fest verankert. Es sind Grundfreiheiten, die uns in Deutschland (zumindest auf dem Papier) zustehen. Natürlich bedeutet das noch lange nicht, dass wir alle gleich frei sind.

Frei ist, wer seine Freiheiten nutzt

In der praktischen Philosophie wird zwischen negativer und positiver Freiheit unterschieden. Es ist der Unterschied zwischen äußerer und innerer Handlungsfreiheit, also den theoretischen Freiheiten von Zwängen und den faktischen Freiheiten zu aktivem Handeln.

Freiheit bedeutet für mich, “Nein” zu Zwängen und “Ja” zu Möglichkeiten zu sagen.

Freiheit von etwas (Nein sagen): Negative, äußere oder persönliche Freiheit besteht, wenn zwar keine Zwänge (z.B. durch die Regierung, Gesellschaft oder körperliche Einschränkungen) bestehen, die Möglichkeiten zum freien Handeln aber nicht genutzt werden. Die negative Freiheit kann als goldener Käfig gesehen werden.

Freiheit zu etwas (Ja sagen): Positive, souveräne oder faktische Freiheit besteht, wenn uns innere Zwänge oder Einschränkungen (z.B. Gesundheit, Geld) nicht von freien Handlungen abhalten. Dazu zählen das Nutzen von Meinungsfreiheit und Bewegungsfreiheit, aber auch das Freisein von Gewohnheiten, Denkmustern und Vorurteilen. Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung beginnen erst, wenn wir aktiv nach diesen Freiheiten handeln.

Wer sich trotz aller Möglichkeiten in einer persönlichen Unfreiheit befindet, der endet in einem goldenen Käfig. Das zeigen wohlhabende Menschen, die durch ihren Besitz eingeschränkt sind, Lifestyle Unternehmer, die ununterbrochen arbeiten oder Partner, die sich nicht von einengenden Beziehungen lossagen.

In dem Moment, wo wir unsere Freiheiten nutzen und Ja zu etwas sagen, gehen wir Risiken ein. Wie sagen ja zu Beziehungen, Unternehmertum, Reisen oder äußern eine kritische Meinung und wissen, dass die Konsequenzen daraus schmerzhaft sein können. Zur Freiheit gehört es eben auch, Risiken einzugehen und alle Konsequenzen daraus selbst zu tragen.

Ich denke, genau hier unterschieden wir Menschen uns. Eine Gruppe hat diesen starken Freiheitsdrang und ist bereit, dafür Risiken einzugehen. Die andere Gruppe schätzt Stabilität und Sicherheit weitaus höher, weshalb auf Freiheiten verzichtet wird. Das eigene Wohlbefinden ist je nach diesen Grundwerten auf der einen oder anderen Seite des Spektrums am höchsten.

Schließen sich Freiheit und Sicherheit aus?

In den letzten Jahren, in denen ich in Asien gelebt habe, bekam ich das Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit zu spüren. Selbstbestimmung und öffentliche Ordnung sollten sich in der Theorie nicht ausschließen, tun dies in der Praxis aber aufgrund der Natur des Menschen.

Nur wer sich sicher fühlt, kann sich auch frei verhalten. Wer zu viele Freiheiten hat, missbraucht diese leider allzu oft zum Schaden Dritter. Um Sicherheit zu gewährleisten werden also Gesetze, Überwachungssysteme, Zensur und Ordnungshüter installiert, die wiederum die persönliche Freiheit einschränken. Diese Sanktionen führen aber auch dazu, dass ich mich nirgendwo so sicher fühle wie in Asien.

In der westlichen Welt steht die Wahrung der Freiheitsrechte im Vordergrund. Auf viele dieser Grundrechte wird in anderen Ländern verzichtet, da Sicherheit trotz eingeschränkter Freiheit zu einem allgemeinen Freiheitsgewinn führt.

„Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren.“

Von Benjamin Franklin stammt diese Aussage, die ich mit gemischten Gefühlen betrachte. Als deutscher Staatsbürger, der mit all diesen Grundfreiheiten aufgewachsen ist, würde ich zustimmen. Als jemand, der lange in Asien gelebt hat, sehe ich es kritisch, da die Aufgabe einiger Grundrechte hier zu mehr Wirtschaftswachstum, Sicherheit und letztendlich auch zu weniger  Zwängen führt.

Mich würde brennend interessieren, wie du das siehst. Gibt es eine absolute Freiheit, die für jeden Menschen auf der Welt gleich sein sollte, oder führen Kompromisse zu einem höheren Allgemeinwohl?

Zwischen individueller und kollektiver Freiheit

Freiheit ist individuell. Aber Freiheit ist immer auch universal. Wenn ich nur nach meiner eigenen Freiheit strebe, ohne die Interessen von Menschen mit geringeren Chancen auf Freiheit zu berücksichtigen, dann ist dies eine sehr egozentrische Freiheit.

Freiheit zum Gemeinwohl ist zum Beispiel die Auferlegung des Zwanges, dass in Restaurants nicht geraucht werden darf. Es schränkt die Freiheit des Rauchers ein, sorgt aber für den Rest der Bevölkerung für die freie Wahl des Mittagstisches.

Auf globaler Ebene grenzen Einwanderungsverbote, wirtschaftliche Sanktionen, Zwangsarbeit oder die Bezahlung von Niedriglöhnen die Freiheiten bestimmter Personengruppen massiv ein, oft zum Vorteil und dem Zuwachs an Freiheit von anderen Menschen.

Freiheit heißt eben auch, anderen ihre Freiheiten zuzugestehen. Erst mit dieser Wechselbeziehung gibt es eine kollektive Freiheit. Vermutlich kann es diese absolute Freiheit nie geben, da wir Menschen in der Regel unser eigenes Wohl vor das Allgemeinwohl stellen.

Diese egoistische Einstellung sehe ich weniger kritisch als das fehlende Bewusstsein über die großen Freiheiten, die wir im Vergleich zu vielen anderen Ländern besitzen.

Ich kann mir aussuchen, wo ich lebe, in welche Länder ich reise, ob und wie ich arbeite und mit wem ich eine Beziehung führen möchte. Was für mich selbstverständlich, ist für den Großteil der Weltbevölkerung absolute Utopie.

Genau deshalb ärgert es mich, wenn die Schulpflicht, Steuerpflicht und andere vermeintliche Pflichten in Deutschland beklagt werden. Ich stimme auch nicht mit allen Details dieser Zwänge überein, denke aber, dass sie zu einem höheren Allgemeinwohl führen.

Was ich viel eher sehe, sind all die Freiheiten, die mit dem deutschen Reisepass, dem freien Zugang zu Informationen, der freien Partnerwahl und vielen anderen Privilegien kommen. All diese Freiheiten sollten wir viel höher schätzen und davon bestmöglichen Gebrauch machen.

Jetzt bist du dran. Was bedeutet Freiheit für dich?