Was ist der unterschied zwischen gerichtsvollzieher und obergerichtsvollzieher

Veröffentlicht am 14.09.1999

Unterwegs mit einem Gerichtsvollzieher

Graefestraße. 3. Stock. Der Schlosser kniet am Boden, neben sich die schwere Werkzeugtasche. Er zieht den Bohrer heraus und setzt die Spitze direkt auf das Schloss. Hinter ihm im Hausflur warten: eine Zeugin, der Mann von der Gasag und Frank Deuse, Obergerichtsvollzieher. Er beugt sich vor und klopft heftig gegen die Tür. Stille. "Nich, dasser wieder hängt." Er gibt dem Schlosser ein Zeichen, und der bohrt los.

Das geht ihnen noch nah, dem Obergerichtsvollzieher, dem Schlosser und der Zeugin. Letzte Woche haben sie einen gefunden, der hat den Strick genommen. "Der hing so komisch in den Knien, da wusste ich gleich, was los ist." Den kannte Herr Deuse schon. "Er sollte geräumt werden und einen Platz im Obdachlosenheim kriegen." Das war einer von denen, die Frank Deuse am häufigsten besucht. Männer. Allein stehende Männer. Abgerutschte Männer.

Die Tür geht auf. Der Schlosser tritt zurück. Gammelige Luft schlägt ihm entgegen. Man meint, sie müsse eine gelblich-braune Farbe haben. "Ich sag mir immer, ich muss ja nichts anfassen. Meine Nase ist nicht sehr empfindlich", sagt Herr Deuse und tritt ein. Der Mann von der Gasag folgt ihm. Der Zähler soll abgebaut werden. Den Mieter, den er hier nicht vorfinden kann, kennt er schon seit zehn Jahren. Der nächste Termin wäre die Räumung gewesen. Aber hier war schon lange niemand mehr. Der gewellte Billigteppich im Wohnzimmer ist voller Brandlöcher, eine vergilbte Zeitung aus dem letzten Jahr liegt daneben, eine ausgetrocknete Kaffeetasse.

Was macht den Unterschied zwischen einem Gerichtsvollzieher und einem Obergerichtsvollzieher aus? "Das Alter. Sonst nischt. Icke bin seit 1972 dabei und im Endstadium. Ich kann mir jetzt erlauben, die 5-Tage-Woche einzuführen, während die jüngeren Kollegen fünf Tage wie die Amokläufer durch die Straßen jagen und zwei im Büro sitzen. Sie müssen sich ihre Beförderung noch verdienen."

27 Jahre Berufserfahrung. "Man lernt zu sehen, wer ein Schlawiner ist, wo echte Armut herrscht. Mal braucht es die harte Tour, dann wieder Verständnis. Manchmal gibt es Schulden - durch Scheidung oder Konkurs - die kann man gar nicht abbezahlen."

Herr Deuse lässt auf dem Tisch des Schuldners eine Benachrichtigung liegen, der Schlosser baut das Schloss wieder ein, so dass man die Bohrung nicht mehr sieht, die Zeugin, eine junge Frau, die für diese Tätigkeit 20 Mark in der Stunde erhält, geht die Treppe hinunter, der Mann von der Gasag trägt den ausgebauten Zähler. Die Tür fällt zu.

Frank Deuse ist mit seinen 55 Jahren ein junger Mann. Schlank, in Jeans und Sweatshirt, über dem Schnurrbart wache, blaue Augen. Er erzählt gern: "Da empfängt doch neulich ein Kunde die Kollegin völlig nackt. Er hatte sich nur eine Schlangenhaut um die Schultern gelegt, und vor seinem Teilchen hing eine Maske. Das Geld hatte er parat." Bis 1990 war der Beruf des Gerichtsvollziehers eine Männerdomäne. "Als Frau stehst Du dann auch an der Front. Wenn nun doch mal einer zu Hause ist, mit dem Messer hinter der Tür steht? Aber die Frauen machen das sehr gut."

Riehmers Hofgarten. Eine Wohnungsräumung. Die Spedition wartet schon auf dem Hof. "Das ist die Firma meines Vertrauens. Da fehlt nix, wenn die fertig sind." Der Hausmeister, ein Vertreter der Hausverwaltung, fünf Möbelpakcker, der Schlosser, die Zeugin, Herr Deuse vorne weg. Der Hausflur ist halbdunkel. Fäuste donnern gegen die dicke Tür. Der Schlosser schaltet seine Taschenlampe an. Herr Deuse sagt es gleich, nachdem er einen Fuß auf den dicken, weißen Teppich gesetzt hat: "Das ist keine Schuldnerwohnung." Hundert Quadratmeter Helligkeit, tiefe Sofas, breite Betten, lange Vorhänge, Edel-Einbauküche, Champagner im Kühlschrank. Die Pflanzen vertrocknet, der Briefkasten ungeleert, die Staubschicht auf der Modellautosammlung dünn. "Hier ist etwas ganz und gar nicht in Ordnung." Ob der Mieter im Ausland verunglückt, ob das hier nur eine Zweitwohnung ist, wieso einer, der Rechnungen in Höhe von einer halben Million Mark an einen Fernsehsender stellt, seine Miete nicht bezahlt hat - Fragen.

Der Mann von der Hausverwaltung ruft seine Chefin an, die besteht auf Räumung. Sechstausend Mark wird es kosten, die Sachen abzutransportieren und einzulagern. Herr Deuse sieht die Briefe durch: "Wir stürzen uns wie die Geier auf jeden Konto-Auszug." Die Möbelpacker nehmen ein Ölbild von der Wand, stellen das Sofa hochkant. Der Schlosser sitzt auf seinem Koffer und nickt ein. In einer Stunde ist aus einer Luxuswohnung ein Haufen Möbel geworden, selbst die Auslegeware wird eingerollt, die Einbauküche abgebaut. Sollte der Besitzer jemals zurückkehren, wird ein anderer Name an der Klingel stehen. "Hier ist etwas nicht in Ordnung", sagt Herr Deuse wieder und schüttelt den Kopf. Geschichten über Menschen. Die Hauptrolle bleibt unbesetzt, das Hab und Gut erzählt.

"In Berlin gibt es fast 300 Gerichtsvollzieher. In meinem Job ist immer Konjunktur. Nach der Grenzöffnung haben die Leute aus dem Osten ja die Möbelkataloge rauf und runter bestellt."

Es ist kurz vor vier. Herr Deuse kommt zu spät zur Sprechstunde. Schlosser küsst Zeugin. Zeugin umarmt Obergerichtsvollzieher, tschüs, bis Montag.

Gerichtsvollzieher führen die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Schuldners durch und nehmen Zustellungen vor.

Sie sind zum Beispiel zuständig für

Eine Übersicht über die zuständigen Gerichtsvollzieher ist der Homepage des jeweiligen Amtsgerichts zu entnehmen.

Es ist zweckmäßig, die Zustellungs- und Vollstreckungsaufträge an die Gerichtsvollzieherverteilerstelle des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher tätig ist, zu richten. Diese leitet den Auftrag an den zuständigen Gerichtsvollzieher weiter.

Durch die Antragstellung an die Verteilungsstelle für Gerichtsvollzieheraufträge können Sie Verzögerungen wegen einer eventuellen Verhinderung des Gerichtsvollziehers vermeiden.

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Was ist der unterschied zwischen gerichtsvollzieher und obergerichtsvollzieher

Was ist der unterschied zwischen gerichtsvollzieher und obergerichtsvollzieher

Gerichtsvollzieher (© MQ-Illustrations - Fotolia.com)

Es gibt diese Fälle, da kommt jemand, verschuldet oder unverschuldet, in eine finanzielle Zwangslage. Gläubiger wollen Geld und erwirken einen sogenannten Vollstreckungsbescheid (Titel). Die Vollstreckung dürfen nur die staatlichen Organe durchführen, sofern es sich nicht um „öffentliche Gläubiger“ handelt: Finanzamt, Sozialbehörden, das Beitragsservice von Rundfunk und Fernsehen, die gesetzliche Krankenkasse. Sie haben eigene Vollstreckungsbeamte, unterliegen aber den gleichen gesetzlichen Bestimmungen wie Gerichtsvollzieher.

Der Gerichtsvollzieher ist für die Pfändung von beweglichen Sachen und für die Abnahme der Vermögensauskunft zuständig. Er kann weder Arbeitseinkommen pfänden und darf nicht auf Konten zugreifen. Diese Berechtigung hat nur das Vollstreckungsgericht.

Aufgaben

Gerichtsvollzieher sind Beamte der Justiz und werden nur auf Antrag des Gläubigers tätig. Ihre Hauptaufgabe ist die Pfändung von beweglichen Sachen. Sie sind für alle Vollstreckungshandlungen verantwortlich, die nicht dem Gericht übertragen werden können:

  • Pfändung, Verwertung / Versteigerung von Wertgegenständen des Schuldners
  • Titulierte Geldforderungen durchsetzen
  • Zwangsräumungen von Wohnungen
  • Abnahme und Zustellung einer Vermögensauskunft (früher eidesstattliche Versicherung oder Offenbarungseid)
  • Auskunftseinholung bei Dritten über das Vermögen des Schuldners
  • Versuch der gütlichen Einigung
  • Eintragung des Zahlungspflichtigen in das Schuldnerverzeichnis
  • Abfragen bei anderen Behörden (Meldeauskunft)

Der Gerichtsvollzieher hat vom Gesetz weitreichende Befugnisse. Eine Pfändung ist nur möglich, wenn er Zugang zu den Gegenständen hat, die in Frage kommen, respektive imstande ist Haus oder Wohnung des Schuldners zu betreten. Ist ihm dies nicht möglich, wird im bspw. nicht freiwillig geöffnet, kann er mit Genehmigung des Gerichts die Wohnung gewaltsam öffnen (lassen) und sogar die Polizei zur Hilfe holen. Für den Schuldner verteuert sich das Verfahren in dem Fall enorm, weil er alle Kosten (Schlüsseldienst) zu tragen hat.

Der Gerichtsvollzieher kann Bargeld pfänden und fordern, dass er in die Geldbörse schauen darf (Taschenpfändung).

Allerdings muss er sich in seinen Handlungen daran orientieren, dass er dem Schuldner nicht die Lebensgrundlage entzieht.

Gerichtsvollzieher werden

Ein Gerichtsvollzieher verrichtet seinen Dienst in den verschiedenen Amtsgerichten und unterliegt dem Beamtendienstrecht. Das bedeutet die Grundvoraussetzung für eine „Verbeamtung“ muss gegeben sein.

Es gibt keine dezidierte Ausbildung, allerdings eine Weiterbildung, die auf den bisher erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten aufbaut. Die Weiterbildung gliedert sich in den theoretischen und den praktischen Teil und dauert in der Regel zwei Jahre.

Die größte Herausforderung für einen Gerichtsvollzieher ist die richtige Mischung von Distanz und Einfühlungsvermögen. Kompetenzen, die man nur bedingt erlernen kann. Den verständlichen Emotionen der Schuldner mit Kommunikationsstärke und Empathie zu begegnen, ohne den Auftrag zu gefährden, kann manchmal ein schwieriger Balanceakt werden.

Gerichtsvollzieher beauftragen

Gläubiger können einen Gerichtsvollzieher beauftragen, wenn ein Schuldner nicht auf außergerichtliche Mahnungen reagiert.

Der erste Schritt ist, dass sie einen Schuldtitel erwirken. Ein Vollstreckungsbescheid ergeht und wird dem Schuldner zugestellt.

Wenn der Schuldner keine Reaktion zeigt, wird der Gerichtsvollzieher beauftragt. Dazu muss der Gläubiger die Zwangsvollstreckung mit einem speziellen Formular (Vollstreckungsantrag an den Gerichtsvollzieher) beantragen.

JuraForum.de-Tipp: Wenn die nachweisliche Zustellung eines wichtigen Schriftstückes, bspw. für eine spätere Beweisführung vor Gericht, erforderlich ist, kann der Gerichtsvollzieher mit der Zustellung beauftragt werden. Eine Zustellungsurkunde, die er dabei ausfertigt, erbringt den Nachweis der Zustellung der Unterlagen.


Was ist der unterschied zwischen gerichtsvollzieher und obergerichtsvollzieher

Mitwirkende/Autoren:
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