Was ist der unterschied zwischen evangelisch und katholisch

Eine große Frage, die Sie da haben, lieber Sascha Mees: der Unterschied zwischen katholisch und evangelisch. Dazu lässt sich viel sagen, ich versuche es mal so und fange bei den Gemeinsamkeiten an:

Katholische und Evangelische sind beides Christ/innen. Menschen, die durch die Taufe ganz eng mit Gott und Christus verbunden sind. Die Taufe wird auch wechselsseitig anerkannt. Beide glauben wir gemeinsam an Gott, den Vater, Sohn und Heiligen Geist. Wir glauben an Gott, der uns liebt, und deshalb Jesus Christus als seinen Sohn auf die Erde geschickt hat. Im Heiligen Geist sind wir verbunden - mit Gott und untereinander.

Früher gehörten bei uns alle Christ/innen einer einzigen Kirche an. Aber vor ungefähr 500 Jahren gab es einen Mönch mit Namen Martin Luther. Er übte Kritik an dem, was damals in der Kirche passierte – vor allem am sog. "Ablasshandel": dass man sich von seinen Sünden freikaufen konnte mit einem Brief - und das Geld bekam die Kirche. Damals gab es reiche Menschen, die  besser behandelt wurden als die Armen und Bibel und Predigt gab es nur auf Latein und es wurde den Menschen viel Angst gemacht.

Dagegen hat er protestiert - und mit ihm auch andere. Deswegen nennt man evangelische Christ/innen auch "Protestanten". Am Ende wurden neben der katholischen Kirche mehrere Kirchen gegründet: die Kirchen der Reformation. "Katholisch" und "evangelisch" - das sind also Bezeichnungen für unterschiedliche Richtungen innerhalb der christlichen Religion. Diese verschiedenen Richtungen nennt man auch Konfessionen, auf deutsch: Bekenntnisse.

Jetzt fragen Sie, lieber Sascha Mees, speziell nach Unterschieden:

Zum Beispiel: Wir evangelische Christ/innen haben keinen Papst. Bei uns dürfen auch Frauen Pfarrerinnen werden und die Pfarrer dürfen heiraten  – beides geht bei den Katholik/innen nicht. Katholische Pfarrer nennt man auch Priester. Wir Evangelische sprechen vom "Priestertum aller Gläubigen" - das heißt, wir glauben, dass jeder Mensch einen direkten Zugang zu Gott hat und es keinen Mittler (Priester) dazwischen braucht.

Ein großer Unterschied ist das Verständnis der Kirche an sich. Für die Katholik/innen ist sie ein Sakrament, die Priester gehen in apostolischer Sukzession (Handauflegung) auf Petrus, den Jünger Jesu, selbst zurück. (Darauf reagieren evang.-luth. Kirchen zum Teil, dass jemand aus Schweden mit einsetzt bei Ordination - damit diese Reihenfolge da auch gegeben.) Ein wichtiger Unterscheidungspunkt dabei, wo das spürbar ist, ist  die Abendmahlsfeier. Katholik/innen sprechen von Eucharistie und wollen nicht, dass Evangelische daran teil haben, weil wir ihrer Meinung nach keine "richtige Kirche" sind.

Katholik/innen glauben, dass bei der Abendmahlsfeier Brot und Wein zum Leib und Blut Christi werden und verwandelt bleiben durch den Priester.

Was uns als Konfessionen verbindet ist aber größer, als das was uns trennt. Deshalb suchen wir die Verbindung untereinander, dies nennt man "Ökumene". Das ist Griechisch und bedeutet: "die ganze bewohnte Erde". Damit wollen wir Christ/innen zeigen: eigentlich gehören wir alle zusammen. Dazu sagt der ehem. ekd-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber "Unterschiede müssen nicht trennen" und wirbt für eine Ökumene der Profile (siehe Link hier).

Herzliche Grüße und Gottes Segen,

Ihre Sabine Löw

Sie sind in Deutschland ungefähr gleich groß (ca. 23 Mio. Mitglieder) und übernehmen im Gesundheitswesen und im Erziehungsbereich zum Teil staatliche Aufgaben: die evangelische und die römisch-katholische Kirche. In vielen Bereichen arbeiten die beiden großen Kirchen heute gut zusammen, vor allem auf der Ebene der Ortsgemeinden.

Die Gemeinsamkeiten

Diese Arbeit baut darauf auf, dass Christen beider Konfessionen grundsätzlich an dasselbe glauben:

  • Sie glauben an Gott den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist
  • Sie glauben, dass die Bibel das Wort Gottes ist
  • Sie glauben, dass die Taufe sowohl die Mitgliedschaft in der Kirche begründet als auch die Verbindung zu allen anderen Christen 
  • Sie feiern das Abendmahl und glauben, dass Christus gegenwärtig ist
  • Sie beten das apostolische Glaubensbekenntnis
  • Sie feiern sonntags Gottesdienst und viele Feste im Kirchenjahr
  • Sie singen etliche gemeinsame Kirchenlieder
  • Sie setzen sich für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung ein

Trotzdem bemerken ökumenisch engagierte Menschen, dass auf der Ebene der kirchlichen Theologie und Dogmatik große Unterschiede zwischen evangelisch und katholisch bestehen. Einige Punkte haben schon die ersten Reformatoren nach Luther kritisiert. Andere „Bremsklötze“ der Ökumene zeigten sich erst in späteren Jahrhunderten.

Die Unterschiede

DER PAPST

Eines der zentralen Probleme aus evangelischer Sicht ist das Papstamt. Im katholischen Kirchenverständnis ist der Papst der legitime Nachfolger des Apostels Petrus und als solcher zum obersten Hirten der Kirche bestimmt, als „das sichtbare Zeichen und Garanten der Einheit“ des Christentums. Doch von Beginn an wurde die Position des Papstes von Protestanten bestritten. Weder seine Überordnung über die Bibel noch sein Rückbezug auf ein göttliches Recht könnten seine herausgehobene Stellung begründen, so die Reformatoren. Bis heute bleibt das Papstamt in der ökumenischen Diskussion eine offene Frage. „Gemeinschaft mit, aber nicht unter dem Papst“ (Reinhard Frieling) – so kann die Position der evangelischen Kirche beschrieben werden. Bestritten wird, dass der Papst unfehlbar in Glaubensdingen sei und dass er die Macht haben dürfe, in jedes Bistum unmittelbar hineinzuregieren. Diese beiden „Papstdogmen“ aus dem 19. Jahrhundert stellen zentrale Probleme des Papstamtes dar.

WAS IST DIE „KIRCHE“?

Für die evangelischen Kirchen ist „Kirche“ ein Ereignis. Kirche ist überall da, wo das Evangelium in Wort und Sakrament verkündigt wird. Dort ist laut biblischem Zeugnis Christus gegenwärtig. Wie die Kirche verwaltet und organisiert wird, wird nach funktionalen Kriterien geregelt. Das erklärt die protestantische Offenheit für unterschiedliche Kirchenordnungen und die Offenheit gegenüber anderen Traditionen. Wesentlich bestimmter ist die Definition der katholischen Kirche: Keine andere Glaubensgemeinschaft weist die Heilsmittel in der Fülle der katholischen Kirche auf. Konstituiert durch das geweihte Amt (Diakon, Priester, Bischof) verwirklicht sich Kirche im eigentlichen Sinn nur in der römisch-katholischen Kirche. Dieses Amt führt sich durch die sogenannte „apostolische Sukzession“ auf die ersten Jünger Jesu zurück. Ohne geweihte Priester und diese Traditionslinie gibt es keine Kirche.

UNTERSCHIEDLICHES AMTSVERSTÄNDNIS

Nach evangelischem Verständnis ist jeder getaufte Christ „Priester“. Das heißt, alle sind beauftragt, ihren Glauben weiterzugeben und sich um Menschen in Not zu kümmern. Bei evangelischen Pfarrern und Pfarrerinnen ist das Predigtamt an die Ordination gebunden. Zusätzlich werden Lektorinnen und Lektoren sowie Prädikantinnen und Prädikanten für den Predigtdienst ausgebildet und berufen.

Auch die katholische Kirche kennt ein gemeinsames Priestertum der Getauften. Allerdings betont sie deutlich den Unterschied zum geweihten Stand der Geistlichen. Nach katholischer Überzeugung erhalten die Geistlichen im Weihe-Sakrament eine besondere Prägung. Bei ihrer Amtseinführung legt ein Bischof die Hand auf. Das führt eine Tradition weiter, die nach katholischer Ansicht die von Jesus erwählten Apostel begründet haben („apostolische Sukzession“). Geweiht werden – also Priester werden – können bisher nur Männer. Frauen können auf andere Weise in der katholischen Gemeinde Verantwortung übernehmen, eine Gemeinde leiten dürfen sie bisher nicht. Gegen diese Praxis wehren sich vor allem in Europa und Nordamerika zahlreiche engagierte Christinnen.

DIE SAKRAMENTE

Die evangelische Kirche kennt nur zwei Sakramente: Die Taufe und das Abendmahl. Denn nur sie sind in den biblischen Überlieferungen als solche bezeugt. Die katholische Kirche feiert sieben Sakramente, die sich im Lauf der Geschichte entwickelten. Auch Firmung, Buße, das Weihesakrament und die Krankensalbung sind Sakramente. Und die Ehe! Weil eine katholische Trauung ein heiliger Akt ist, sind eine Ehescheidung und eine kirchliche Wiederheirat bisher ausgeschlossen. Gegen diese Praxis richtet sich vor allem in Europa und den USA aber starker Protest.

Annäherung beim Abendmahl

Das Abendmahl wird von nahezu allen Kirchen als Sakrament – als heilige Handlung – verstanden, durch das die Gläubigen Gemeinschaft untereinander und mit Gott erfahren. Aus diesem Grund spielt es in der modernen ökumenischen Diskussion seit jeher eine zentrale Rolle: An keinem anderen Ort war die Spaltung und Einheit der Christinnen und Christen deutlicher als bei der Feier des Abendmahls. 

Bisher waren evangelische Christen vom katholischen Abendmahl, der Eucharistie, in der Regel ausgeschlossen. Und die katholische Kirche erkennt das Abendmahl, das evangelische Geistliche austeilen, nicht als gültig an. Denn evangelische Pfarrerinnen und Pfarrer sind nicht geweiht. Der verstorbene Papst Johannes Paul II. hat 2003 noch einmal verdeutlicht: Katholische Christen sollen sich von Brot und Wein anderer Konfessionen fernhalten.

Eine neue Wendung hat die Abendmahlsfrage durch Papst Franziskus bekommen. Am 15. November 2015 sagte er vor italienischen Lutheranern: „Ein Glaube, eine Taufe, ein Herr, so sagt uns Paulus, und daraus ziehen Sie dann die Konsequenzen [...] Wenn wir dieselbe Taufe haben, müssen wir gemeinsam gehen.“ Dass Papst Franziskus dem persönlichen Gewissen eine größere Bedeutung gibt als der herrschenden Lehrmeinung der katholischen Kirche, beurteilt das Konfessionskundliche Institut in Bensheim als päpstlichen Aufruf zum „konfessionellen Ungehorsam“.

Nach evangelischer Lesart ist es nicht die Kirche oder ihre Würdenträger, die zum Heiligen Mahl einladen, sondern Christus selbst. Deshalb dürfen alle Christen am Abendmahl teilnehmen, auch Katholiken sind eingeladen. In evangelischen Kirchen bekommen die Gläubigen sowohl Brot als auch Wein. Der Wein ist in der katholischen Kirche seit dem späten Mittelalter meist den Priestern vorbehalten. Ein weiterer Unterschied: Brot und Wein sind für viele Evangelische während des Abendmahls zwar „Leib Christi“, nach der Feier aber wieder normales Brot und Wein. Für Katholiken bleiben sie aber geheimnisvoll gewandelt und müssen daher in der Kirche aufbewahrt, verehrt und Kranken in die Wohnung gebracht werden.

Seit 2019 ist aber einiges in Bewegung gekommen. Der Ökumenische Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen(ÖAK) hat sich in dem Dokument „Gemeinsam am Tisch des Herrn“ für eine mögliche Teilnahme von Protestantinnen und Protestanten an der katholischen Eucharistie und von Katholikinnen und Katholiken am evangelischen Abendmahl ausgesprochen, ohne dass konfessionelle Unterschiede geleugnet werden. Der Vatikan hatte gegenüber dem Papier theologische Zweifel geäußert. Während des Ökumenischen Kirchentages 2021 in Frankfurt wurden dennoch das evangelische Abendmahl sowie die katholische Eucharistie „ökumenisch sensibel“ gefeiert. Das heißt: Getaufte Mitglieder anderer Konfessionen können am jeweils anderen Abendmahl nach eigener Gewissensprüfung teilnehmen. 

GIBT ES FORTSCHRITTE HIN ZUR KIRCHLICHEN EINHEIT?

Was Protestanten und Katholiken vor 500 Jahre trennte, ist interessanterweise heute kein Problem mehr. Luther richtete seine Kritik vor 500 Jahren weder gegen das Amtsverständnis der römischen Kirche noch gegen die katholische Auffassung der Sakramente. Seine 95 Thesen richteten sich stattdessen gegen den kirchlichen Ablasshandel. Dass Menschen sich mit Geld oder Leistungen aus Strafen für ihre Sünden herauskaufen konnten, verstieß in seinen Augen fundamental gegen die Gnade Gottes „allein aus Glauben“, wie er das Neue Testament las. Die Katholische Kirche vertritt in dieser Frage heute Luthers Position: „Allein aus Gnade im Glauben an die Heilstat Christi, nicht auf Grund unseres Verdienstes, werden wir von Gott angenommen“. Das zeigt, dass die Kirchen durch ihre ökumenischen Kontakte und jahrelange theologische Gespräche durchaus in der Lage sind, ihre Positionen neu zu formulieren – auch gemeinsam.