Wann beginnt die 10 jahresfrist bei schenkung

Sehr geehrte Damen und Herren, mein Vater hat mir ein Haus zu Lebzeiten geschenkt, in dem er sich ein Wohnungsrecht, bestehend im Rechte der der alleinigen und ausschließlichen Benutzung der gesamten Erdgeschosswohnung, notariell gesichtet hat. Außerdem ist er in bevorrechtigter Weise befugt, sämtliche Ein- und Vorrichtungen des Hausanwesens, die dem gemeinsamen Gebrauch der Hausbewohner dienen , mitzubenutzen, insbesondere den Hof, den Garten und den Keller. Die Nebenkosten hat er zu tragen. Die entsprechende Fläche des Erdgeschosses stellt den Großteil der Wohnfläche des Hauses dar. Fragen: Fängt die 10-Jahres-Frist bezgl. des Ausschlusses aus der Erbmasse unter den o.g. Umständen an zu laufen oder hebelt das Wohnrecht dies aufgrund dessen, dass es sich bei der als Wohnrecht genutzte Fläche um den Großteil der Wohnfläche des Hauses handelt, aus? Wenn ja, welche Möglichkeit gibt es um einen Ausschluss aus der Erbmasse zu erreichen?

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Geschenke als vorgezogenes Erbe werden in Deutschland immer beliebter. Schon mehr als jede fünfte Schenkung in Höhe von mindestens 1000 Euro wurde bislang ausdrücklich als vorweggenommene Erbschaft vergeben. Das ergab ein bundesweit repräsentativer Vergleich aller Bundesländer durch die Quirin Privatbank und das internationale Marktforschungsinstitut YouGov.

Am häufigsten geht es demnach um Bargeld oder Überweisungen (60 Prozent). Fast jedes sechste Geschenk enthielt aber auch schon Immobilien. Während sich demnach in Rheinland-Pfalz als Spitzenreiter 49 Prozent der Befragten vorstellen könnten, eine Immobilie zu verschenken oder im Rahmen eines Nachlasses zu geben, liegt MV mit 44 Prozent auf dem dritten Rang. Im Nordosten fiel laut Schweriner Finanzministerium im vergangenen Jahr in 626 Fällen Schenkungsteuer in Höhe von insgesamt 3,41 Millionen Euro an. Zum Vergleich: 2017 waren es 482 Fälle, die insgesamt 2,05 Millionen Euro einbrachten.

Nutzen der steuerlichen Freibeträge

Die Gründe für das Verschenken der eigenen vier Wände sind vielgestaltig. So kann die Übertragung die Grundlage für den Hausbau der Nachkommen sein. Häufig wollen sich auch zahlreiche Altbesitzer im Nordosten aus Altersgründen von der Last der Bewirtschaftung befreien. Zudem spielt die Ausnutzung der steuerlichen Freibeträge eine Rolle.

Bei letzteren dreht sich vieles um die Zehn-Jahres-Frist. Der Anspruch auf den Freibetrag hinsichtlich der Schenkungsteuer (siehe Kasten) besteht nämlich grundsätzlich alle zehn Jahre. In der Praxis kann allerdings so mancher spendable Schenker in Not geraten, wenn er beispielsweise erkrankt und der Pflege bedarf. Allein in MV gibt aktuell bereits mehr als 91 000 Pflegebedürftige.

Reichen Einkünfte und Vermögen für die Finanzierung eines Pflegeplatzes nicht mehr aus und sind Sozialleistungen zu beantragen, werden postwendend auch Schenkungen aus den vergangenen Jahren unter die Lupe genommen. „Denn das Gesetz gewährt dem Schenker ein Rückforderungsrecht hinsichtlich des geschenkten Gegenstandes. Und zwar dann, wenn dieser plötzlich nicht mehr in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten oder seinen Unterhaltspflichten nachzukommen“, sagt Marcel Lehmann von der Notarkammer MV.

Rückforderungsanspruch geltend gemacht

Bei Schenkungen innerhalb der Familie wird diese Rückforderung aus familiären Gründen kaum geltend gemacht. Dazu bestehe auch keine Verpflichtung, so der Notarassessor. Gleichzeitig verweist er auf die Möglichkeiten eines Übergangs des Rückforderungsanspruchs auf staatliche Stellen hin: „Soweit ein Sozialhilfeträger später Leistungen an den Schenker erbringt, kann er den Rückforderungsanspruch auf sich überleiten“, verdeutlicht Lehmann.

Praktisch heißt das: Mit der Überleitung ist der Sozialhilfeträger der neue Gläubiger des Rückforderungsanspruchs. Er entscheidet, ob er ihn geltend macht. „Im Alltag wird sich die Behörde darum bemühen, an die entsprechenden Mittel zu gelangen“, sagt der Geschäftsführer der Notarkammer MV, Dr. Niclot von Stralendorff. Die Folge: Der Beschenkte muss dann Rückforderungen fürchten. Verliert er auch die Immobilie?

Grundsätzlich richtet sich der Rückforderungsanspruch auf die Rückübertragung der Immobilie. Im Einzelfall hat die Rechtsprechung hier aber auch Zahlungsansprüche anerkannt. Die Höhe der Rückforderung ist jedoch immer auf die Höhe des Schenkwertes begrenzt. „Tritt die Bedürftigkeit des Gönners jedoch erst zehn Jahre nach der erfolgten Schenkung ein, ist die Rückforderung ausgeschlossen“, so von Stralendorff. Maßgeblich für den Zeitpunkt sei dabei der Tag, an dem nach Abschluss der Verträge der Antrag auf Eigentumsumschreibung beim Grundbuchamt gestellt ist. Ob und in welchem Umfang dem Schenker noch Nutzungsrechte am Grundstück zustehen, sei für diese Frist unbedeutend.

„Eigentümer der Immobilie wird der Beschenkte allerdings erst, wenn der Eintrag im Grundbuch vorhanden ist“, räumt Lehmann mit einem weit verbreiteten Irrtum auf. Die Eintragung kann mitunter bis zu einem Jahr dauern.

Einfluss auf Pflichtteilsansprüche

Zu beachten ist der Einfluss einer Schenkung auf die sogenannten Pflichtteilsansprüche. Der Gesetzgeber garantiert Ehegatten, Kindern und unter Umständen sogar den Eltern eine Mindestbeteiligung am Vermögen des Verstorbenen. Die Höhe der Geldzahlung ist abhängig vom Wert des hinterlassenen Vermögens und der Erbquote. Kurz vor dem Tod alles zu verschenken, um die Pflichtteile zu reduzieren, sei nicht möglich, sagt von Stralendorff.

Durch die Schenkung wird der Nachlass geringer, was auch zu einer Reduzierung des Pflichtteilsanspruchs führt. Das Gesetz sieht daher zusätzlich einen Anspruch auf Ergänzung des Pflichtteils vor. Dabei wird der Wert des verschenkten Gegenstandes dem Nachlass fiktiv hinzugerechnet. Von Bedeutung sind alle Schenkungen innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall. Allerdings wird der Schenkwert nur im ersten Jahr nach dem Tod in voller Höhe berücksichtigt. Danach schmilzt er jedes Jahr um zehn Prozent ab.

Behält sich der Schenkende noch umfangreiche Nutzungsrechte, zum Beispiel einem Nießbrauch an der Immobilie vor, kann es ein, dass die besagte Frist überhaupt nicht zu laufen beginnt. Deshalb sollte man für den konkreten Einzelfall unbedingt Rat beim Fachmann suchen.

Volker Penne

  • Es kommt für die Berechnung der Frist auf die Durchführung der Schenkung an
  • Besonderheiten bei Schenkungen unter Eheleuten
  • Behält sich der Schenker Rechte vor, muss man eine wirtschaftliche Betrachtungsweise anstellen

Der Pflichtteilsanspruch soll dem nahen Verwandten oder Ehegatten des Erblassers, der vom Erblasser von der Erbfolge ausgeschlossenen wurde, eine Mindestbeteiligung am Nachlass garantieren.

Der Pflichtteilsberechtigte kann sich nach Eintritt des Erbfalls an den Erben wenden und von diesem eine Geldsumme fordern, die der Hälfte des Wertes seines gesetzlichen Erbteils entspricht, § 2303 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

Damit der Erblasser in Anbetracht des kaum vermeidbaren Pflichtteilsanspruchs nicht auf die Idee verfällt, sein Vermögen bereits zu Lebzeiten durch Schenkungen an Dritte derart zu schmälern, dass im Erbfall nicht mehr viel übrig ist und der Pflichtteilsanspruch entsprechend dürftig ausfällt, hat das Gesetz in § 2325 BGB für den Erblasser eine Bremse eingebaut.

Lebzeitige Schenkungen des Erblassers können zu einer Aufbesserung des Pflichtteils sorgen

Nach § 2325 BGB kann der Pflichtteilsberechtigte nämlich eine Aufbesserung seines Pflichtteils verlangen, wenn der Erblasser sein Vermögen während der letzten zehn Jahre vor dem Eintritt des Erbfalls durch eine Schenkung geschmälert hat.

Der Pflichtteilsanspruch bemisst sich in diesem Fall nicht nur nach dem im Erbfall tatsächlich vorhandenen Nachlass, sondern die Schenkungen werden nach einem in § 2325 Abs. 3 BGB beschriebenen Muster dem tatsächlich vorhandenen Nachlass fiktiv hinzugerechnet.

Dem Grunde nach gilt: Je mehr Vermögen der Erblasser während der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall verschenkt hat, desto höher fällt der Pflichtteilsanspruch aus.

Wann beginnt die Zehnjahresfrist für die Pflichtteilsergänzung?

Die Frage, wann die Zehnjahresfrist für Schenkungen des Erblassers zu laufen beginnt, ist in § 2325 Abs. 3 S. 2 BGB auf den ersten Blick deutlich geklärt. Nach dieser gesetzlichen Norm gilt nämlich folgendes:

Sind zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt.

Danach kommt es für Schenkungen demnach grundsätzlich auf die Leistung des verschenkten Gegenstandes an.

Für einfache Fälle bedeutet diese Festlegung im Gesetz: Liegen zwischen Schenkung und Erbfall mehr als zehn Jahre, bleibt die Schenkung für die Pflichtteilsergänzung unberücksichtigt.

Nachdem das Leben aber nur selten einfache Sachverhalte bietet, unterliegt diese eigentlich simple Zehn-Jahres-Regel im Einzelfall einem erheblichen Interpretationsspielraum.

Ausnahme: Schenkungen unter Eheleuten

Die Zehn-Jahres-Regel in § 2325 BGB wird bereits dann aufgehoben, wenn der Erblasser seinem Ehegatten eine Schenkung gemacht hat. Nach § 2325 Abs. 3 S. 3 BGB gilt für solche Schenkungen nämlich folgendes:

Ist die Schenkung an den Ehegatten erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe.

Schenkungen unter Eheleuten führen demnach nahezu immer zu einem Pflichtteilsergänzungsanspruch. Solange sich die Eheleute nicht scheiden lassen, kann auch eine Schenkung des Erblassers an seinen Ehegatten, die bereits zwanzig oder noch mehr Jahre zurückliegt, zu einem Pflichtteilsergänzungsanspruch führen.

Was bedeutet „Leistung“?

Wesentlich schillernder wird die Rechtslage aber, wenn man sich mit dem Begriff der „Leistung“ in § 2325 Abs. 3 S. 2 BGB näher beschäftigt. Die Zehn-Jahres-Frist für die Pflichtteilsergänzung sollen ja ab der „Leistung des verschenkten Gegenstandes“ berechnet werden.

Über die Frage, wann ein Geschenk aber im Sinne dieser Norm „geleistet“ wurde, kann man sich im Einzelfall trefflich streiten.

Der Zeitpunkt der Leistung einer Schenkung ist nämlich nicht in allen Fällen so klar, wie man dies annehmen würde.

Schenkung einer Immobilie unter Vorbehalt des Nießbrauchs

Hat der Erblasser zum Beispiel seiner Freundin ein Wohngrundstück geschenkt, sich aber an diesem Wohngrundstück ein lebenslanges Nießbrauchsrecht vorbehalten, dann gehört die Immobilie rechtlich zwar der Freundin des Erblassers, wirtschaftlich erleidet der Erblasser und Schenker aber bis zu seinem Ableben keinerlei Einschränkungen. Er kann die Immobilie bis zuletzt wirtschaftlich voll nutzen.

Oder was soll bei Lebensversicherungen gelten, bei denen der Erblasser seiner Lebensgefährtin ein Bezugsrecht eingeräumt hat? Soll man hier für die „Leistung des verschenkten Gegenstandes“ auf den Abschluss des Versicherungsvertrages, auf die Zahlung einer jeden einzelnen Versicherungsprämie durch den Erblasser oder auf die Auszahlung der Versicherungsprämie an die Lebensgefährtin im Erbfall abstellen?

Je nach Betrachtungsweise können hier im Einzelfall krass unterschiedliche Summen für die Pflichtteilsergänzung anstehen.

BGH stellt eine wirtschaftliche Betrachtungsweise an

Die Rechtsprechung hat sich bereits wiederholt mit der Frage auseinandersetzen müssen, wann eine Schenkung im Sinne von § 2325 BGB „geleistet“ ist.

Der BGH hat in einer Entscheidung aus dem Jahr 1986 (Az.: IVa ZR 13/85) die Frage, ob man bei § 2325 BGB auf die Leistungshandlung des Erblassers oder den Eintritt des Leistungserfolges beim Beschenkten abstellen muss, durch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise gelöst.

Danach sollen nach BGH bei der „Bemessung des außerordentlichen Pflichtteils nur solche Schenkungen des Erblassers (ausgenommen werden), deren Folgen er selbst längere Zeit hindurch zu tragen, in die er und seine Familie sich daher einzugewöhnen hatten und die deshalb und dadurch eine (gewisse) Sicherheit vor solchen Benachteiligungen der Pflichtteilsberechtigten bieten, die nicht von guten Gründen getragen sind.“

Im Ergebnis stellt der BGH also darauf ab, dass eine Schenkung erst dann geleistet ist und die Zehn-Jahres-Frist des § 2325 BGB auch erst dann zu laufen beginnt, wenn der verschenkte Gegenstand wirtschaftlich nicht mehr vom Erblasser und Schenker genutzt werden kann und der „Schenker den Genuss des verschenkten Gegenstandes“ tatsächlich entbehren muss.

Dass bei einer solchen eher offenen Interpretation des Leistungsbegriffs im Einzelfall ein enormer Interpretationsspielraum gegeben ist, liegt auf der Hand.

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