Muss eine patientenverfügung vom arzt unterschrieben werden

Stand: 18.11.2021 17:35 Uhr

Eine Patientenverfügung regelt, was Ärzte tun dürfen, wenn der Patient nicht selbst entscheiden kann. Fertige Textbausteine mit konkreten Formulierungen helfen, rechtliche Fallstricke zu vermeiden.

Ein Unfall, ein Schlaganfall oder eine schwere Erkrankung: Die Vorstellung, nicht mehr über die eigene medizinische Behandlung entscheiden zu können, macht vielen Menschen Angst. Eine Patientenverfügung und eine Vorsorgevollmacht können auf diesen Ernstfall vorbereiten. Beides ist wichtig, damit eine Person des Vertrauens für einen handeln kann, wenn man dazu selbst nicht mehr in der Lage ist. Gesetzlich ist die Patientenverfügung in Paragraf 1901a des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelt.

Was ist eine Patientenverfügung?

Eine Patientenverfügung ist eine vorsorgliche Erklärung des eigenen Willens. Wenn der Patient nicht mehr in der Lage ist, seine Zustimmung oder Ablehnung zu bestimmten medizinischen Maßnahmen zu geben, wird das Dokument wirksam. In der Patientenverfügung beschreibt der potenziell Betroffene mögliche Situationen und die dann gewünschten oder nicht gewünschten Behandlungen. Er legt damit fest, ob er in bestimmte Untersuchungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt. Für Ärzte ist eine solche Verfügung unmittelbar verbindlich - wenn sie konkret genug und eindeutig formuliert ist.

BGH: Konkrete Anweisungen für Wirksamkeit entscheidet

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Jahr 2016 entschieden, dass pauschale Formulierungen wie "keine lebenserhaltenden Maßnahmen" nicht ausreichen. Die Ausführungen in der Patientenverfügung sollten möglichst konkrete Anweisungen zu den Themen künstliche Ernährung, künstliche Beatmung, Schmerzbehandlung, Wiederbelebung, Organspende sowie zu weiteren medizinischen Fragen enthalten. Um die eigenen Wünsche nachvollziehbarer zu machen, sollte jeder ein paar zusätzliche Zeilen zu seiner persönlichen Situation aufschreiben.

Empfohlen werden Basissätze:

  • wenn ich mich unabwendbar im unmittelbaren Sterbeprozess befinde
  • oder im Endstadium einer unheilbaren, tödlich verlaufenden  Krankheit,
  • oder für den Fall direkter Gehirnschädigung zum Beispiel durch Unfall
wünsche ich dass ...
  • ... eine künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr begonnen oder weitergeführt wird, damit mein Leben verlängert wird.
  • ... eine künstliche Ernährung und/oder eine künstliche Flüssigkeitszufuhr nur bei palliativmedizinischer Indikation zur Beschwerdelinderung erfolgen.
  • ... keine künstliche Ernährung unabhängig von der Form der künstlichen Zuführung der Nahrung (z. B. Magensonde durch Mund, Nase oder Bauchdecke, venöse Zugänge) und keine künstliche Flüssigkeitszufuhr erfolgen.
(Textbausteine des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz als PDF-Download)

Patientenverfügung ist wirksam ohne notarielle Beglaubigung

Grundsätzlich muss eine Patientenverfügung nicht notariell beglaubigt sein. Wirksam wird sie mit der eigenhändigen Unterschrift. Die bestehende Patientenverfügung kann jederzeit geändert, ergänzt oder widerrufen werden. Detaillierte rechtliche und praktische Tipps zum Verfassen bietet die PDF-Broschüre "Patientenverfügung" des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz.

Wer bietet persönliche Beratung an?

Bei diesem rechtlich und medizinisch komplizierten Thema empfiehlt sich auch eine ausführliche persönliche Beratung. Anlaufstellen sind Verbraucherzentralen mit ihren Beratungsstellen, Kirchen, Wohlfahrtsverbände, Hospize oder ein Arzt. Er kann erklären, welche medizinischen Folgen bestimmte Wünsche und Entscheidungen haben. Für eine persönliche Beratung muss generell mit Kosten gerechnet werden - je nach Aufwand und Länge der Beratung.

Verbraucherzentrale: Online-Tool kostenlos nutzen

Eine individuell abgestimmte Patientenverfügung lässt sich kostenlos Schritt für Schritt mit dem neuen Online-Tool der Verbraucherzentrale erstellen. Der Service "Selbstbestimmt - die Online-Patientenverfügung der Verbraucherzentralen" nutzt dabei Textbausteine des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz. Erklärtexte verdeutlichen die Tragweite getroffener Entscheidungen.

Vorsorgevollmacht: Person des Vertrauens benennen

Ebenso wichtig wie eine Patientenverfügung ist eine Vorsorgevollmacht. Sie bevollmächtigt eine Person des Vertrauens, Medizinern im Ernstfall die Wünsche des Patienten zu verdeutlichen und darauf zu achten, dass sie berücksichtigt werden. Die bevollmächtigte Person hat dann die Aufgabe, rechtlich den Willen des Patienten durchzusetzen.

Ohne entsprechende Vollmacht bekommen Vertrauenspersonen von Ärzten keine Auskünfte über Gesundheitszustand und Behandlung. Es ist wichtig, alle Aspekte der Patientenverfügung rechtzeitig mit der in der Vorsorgevollmacht festgelegten Person zu besprechen.

Unterschiede zur Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung

Oft herrscht Unsicherheit, wie sich eine Patientenverfügung von einer Vorsorgevollmacht und einer Betreuungsverfügung unterscheidet:

  • Eine Vorsorgevollmacht erlaubt einer Person, im Namen des Vollmachtgebenden zu handeln und zu entscheiden. Es handelt sich um eine privatrechtliche Vereinbarung. Sie wird von keiner Institution geprüft oder kontrolliert.
  • Mit der Betreuungsverfügung lässt sich alternativ bestimmen, wer als rechtlicher Betreuer eingesetzt und wie die Betreuung inhaltlich gestaltet werden soll. Vorteil: Bei der rechtlichen Betreuung nimmt das Betreuungsgericht Kontrollfunktionen war und prüft beispielsweise auch vermögensrelevante Entscheidungen des Betreuers. Für besonders wichtige Angelegenheiten - wie Unterbringung - ist sogar die Zustimmung des Gerichts erforderlich. Bei der Vorsorgevollmacht hingegen besteht die Gefahr des unkontrollierten Missbrauchs.

Dokumente sollten im Ernstfall schnell auffindbar sein

Wer Vorsorge getroffen hat, sollte Ärzten und Angehörigen den Zugang zu entsprechenden Dokumenten so einfach und schnell wie möglich machen. Diese Tipps können dabei helfen:

  • Wichtige Unterlagen wie Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, Testament in einem Notfall-Ordner zu Hause auffindbar hinterlegen
  • Kopien für Angehörige, Bevollmächtige oder auch für den Hausarzt (nach Rücksprache) anfertigen und aushändigen
  • Hinweis auf Patientenverfügung, die Vorsorgevollmacht oder Ansprechpartner bei sich tragen, zum Beispiel auf einem Kärtchen im Portemonnaie

Neues Gesetz: Notvertretungsrecht für Ehegatten

Ab 1. Januar 2023 tritt eine Gesetzesnovelle in Kraft, die Ehegatten das sogenannte Notvertretungsrecht ermöglicht. Auch wenn keine Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht vorliegt, können Verheiratete dann Entscheidungen über die Behandlung des erkrankten Ehepartners treffen, sofern er bewusstlos oder krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, diese Entscheidungen selbst zu treffen. Das Recht zur Gesundheitsfürsorge ist auf einen Zeitraum von drei Monaten begrenzt. Nach Fristablauf wird ein gerichtlich bestellter Betreuer eingesetzt.

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Plötzlich nicht mehr geschäftsfähig: Eine Vorsorgevollmacht legt fest, wer stellvertretend handeln und entscheiden darf. mehr

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DAS! | 01.04.2021 | 18:45 Uhr

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Recht

IRRTUM 6

Ich habe schon oft genau gesagt, was ich will, das reicht 

Nein. Richtig ist: Die Patientenverfügung muss schriftlich verfasst sein. Seit dem Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Regelung 2009 kommt der mündlichen Äußerung keine Verbindlichkeit mehr zu. Schon allein zu Beweiszwecken und zur Vermeidung von Unklarheiten und Auseinandersetzungen unter den Angehörigen über Ihre tatsächlichen Wünsche und Vorstellungen sollte eine schriftliche Niederlegung in Ihrem Interesse liegen.

IRRTUM 7

Habe ich eine Patientenverfügung, werde ich im Notfall nicht behandelt

Verbreitet ist auch die Angst davor, wegen einer Patientenverfügung bei einem Notfall im Krankenhaus erst gar nicht behandelt zu werden. Das stimmt nicht. Das alleinige Vorhandensein einer Patientenverfügung verhindert keine Notfallbehandlung. Denn im Notfall wird sich der Arzt für die unmittelbare Hilfe des Patienten entscheiden und seine Behandlung nicht erst nach ausführlichem Durchlesen der Patientenverfügung beginnen. Die Patientenverfügung kommt bei der Abstimmung über die weitere Behandlung ins Spiel.

IRRTUM 8

Der Arzt muss auch mit unterschreiben

Nein. Richtig ist: Die Patientenverfügung wird allein mit Ihrer Unterschrift gültig. Weitere Unterschriften wie z.B. der eines Arztes oder sonstiger Personen sind nicht erforderlich. Eine vorherige ärztliche Beratung ist nicht erforderlich. Zudem ist auch ohne Vorliegen besonderer Umstände nicht erforderlich, die Geschäftsfähigkeit im Zeitpunkt der Erstellung Ihrer Vorsorgedokumente feststellen zu lassen. Unabhängig davon kann es selbstverständlich hilfreich sein, im Gespräch mit einem Arzt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten erklärt zu bekommen sowie über medizinisch gewünschte oder nicht gewünschte Behandlungsmethoden zu sprechen.

IRRTUM 9

Ich muss jedes Jahr meine Patientenverfügung erneuern

Nein. Richtig ist: Es besteht keine gesetzliche Vorschrift, die Patientenverfügung regelmäßig zu erneuern (z.B. durch jährliche erneute Unterschrift). Ein einmal erklärter Wille hat auch für die Zukunft bestand, wenn keine gegenteiligen Äußerungen vorliegen. Tatsächlich ist es jedoch ratsam, die Patientenverfügung von Zeit zu Zeit (2-3 Jahre bzw. wenn Änderungen der persönlichen Situation entstehen) zu überprüfen, aktualisieren und anzupassen und den darin zum Ausdruck gebrachten eigenen Willen mit der eigenen Unterschrift zu unterstreichen.

Tipp: Sorgen Sie selbst vor: einfach online Dokumente ausfüllen, PDF Download starten und kostenlos ausdrucken und unterschreiben. Fertig ist Ihre perfekte Vorsorge nach ca. 30 Minuten. Machen Sie es wie viele andere Kunden und überzeugen Sie sich selbst, es besteht kein Risiko. Nach erfolgreichem Abschluss bekommen Sie ein gutes Gewissen geschenkt. Jetzt Vorsorgedokumente erstellen leicht gemacht.

IRRTUM 10

Ich verwende einfach einen kostenlosen Vordruck

Nein. Kostenlose Dokumente einfach nur downloaden und ausfüllen ist zu kurz gegriffen. Schließlich geht es um elementare Dinge Ihres Lebens. Dazu braucht es Zeit und Gelegenheit, die eigenen Behandlungsvorstellungen zu durch- und zu überdenken. Die Dokumente müssen die Situationen zudem ganz genau regeln, wenn sie im Ernstfall Wirksamkeit entfalten sollen. Wenn man seinen Willen nicht mehr äußern kann, muss man sich darauf verlassen können, dass gemacht wird, was man selbst vorher geregelt hat. Zu einer Klarstellung oder Änderung ist es dann zu spät. Wer sich hier leichtfertig auf die falschen Dokumente verlässt, ist schnell verlassen. Ungeprüft übernommene Dokumente sind kostenlos - im entscheidenden Moment aber auch umsonst. Und im Nachhinein kommen sie Sie teuer zu stehen.

IRRTUM 11

In meinem Alter braucht man keine Patientenverfügung

Nein. Richtig ist: Eine Patientenverfügung können alle Personen ab 18 Jahren wirksam erstellen. Man ist ab dann nie zu jung für eine Patientenverfügung. Keiner ist auch im besten Alter davor gefeit, plötzlich schwer zu erkranken (z.B. Schlaganfall) oder durch einen (Sport-)Unfall schwer zu verunglücken (man denke nur an den tragischen Fall des Formel 1 Rekordweltmeisters Michael Schuhmacher), so dass man keinen eigenen Willen mehr äußern kann. Insbesondere wenn man als junger Mensch Verantwortung für eine Familie trägt, sind Vorsorgeregelungen wirklich elementar. Ärzte und Angehörige müssen wissen, welche Behandlung vorzunehmen ist.

IRRTUM 12

Ich weiß nicht, was ich entscheiden soll

Eine genaue Vorstellung darüber zu haben, welche Behandlungen bei einer schweren Krankheit vorgenommen werden sollen oder nicht, ist abstrakt sicher nicht leicht. Denn manche Maßnahmen können lebensverlängernd und andere lebensverkürzend sein.

Dennoch ist es möglich und wichtig in solch einer Situation eine Patientenverfügung zu erstellen. Nur so können eigene Vorstellungen für Ärzte und Angehörige dargelegt werden, an denen sie sich für die Behandlung orientieren können. Hierzu gehören z.B. die eigenen Wertvorstellungen, religiöse Überzeugungen, Lebensansichten, welche grundsätzliche Einstellung zu Leben, Krankheit und Tod bestehen. Solche Ausführungen sind dann von unschätzbarem Wert, wenn es darum geht, Ihren mutmaßlichen Willen für eine Behandlung zu ermitteln, die nicht explizit in der Patientenverfügung aufgeführt ist. Es ist also im Ergebnis besser Orientierungshilfen zu geben als sich gar nicht zu äußern.

IRRTUM 13

Ich erzähle niemandem von meiner Patientenverfügung  

Nein. Richtig ist: Wenn keiner weiß, dass Sie eine Patientenverfügung erstellt haben oder die Beschaffung viel Zeit in Anspruch nimmt, ist ihr Nutzen stark vermindert. Sie können Ihre Patientenverfügung privat halten (z.B. in einem verschlossenen Umschlag). Ratsam ist es jedoch, in jedem Fall die bevollmächtigte(n) Person(en) über Ihre Auswahl als Vertreter und über den Aufbewahrungsort der Vorsorgedokumente zu informieren. Darüber hinaus erleichtert es dem Vertreter ein gutes Stück, Entscheidungen für Sie in Ihrem Sinne vorzunehmen, wenn er über Ihre Vorstellungen und Wünsche auch gut informiert ist bzw. wurde.

IRRTUM 14

Alles möglichst allgemein halten, damit es immer stimmt

Nein. Richtig ist: Allgemein gehaltene Formulierungen machen die Patientenverfügung unbrauchbar. Eine Patientenverfügung muss die Situationen, für die sie gelten soll, genau bezeichnen. Allgemeingültige Formulierungen ohne konkreten Bezug (z.B. "wenn das Leben keinen Sinn mehr ergibt" oder "um unnötiges Leiden zu verhindern") erfüllen diese Voraussetzung nicht. Ein Arzt kann damit nicht erkennen, was genau gemeint ist.

IRRTUM 15

Ich kann zur Abfassung einer Patientenverfügung gezwungen werden

Nein. Richtig ist: Der Gesetzgeber hat explizit geregelt, dass niemand zur Erstellung einer Patientenverfügung verpflichtet werden kann. Darüber hinaus ist es auch verboten, die Erstellung oder die Vorlage einer Patientenverfügung als Bedingung für den Abschluss eines Vertrages (z.B. Alters- oder Pflegeheim) zu machen. So sinnvoll die Erstellung einer Patientenverfügung ist, niemand ist zu ihr gezwungen. Und schon gar nicht sollte man überstürzt und leichtfertig von Dritten vorgelegte Dokumente unterschreiben, die man nicht selbst verstanden hat. Wenden Sie sich in solch einem Fall an einen Vertrauten oder einen Rechtsanwalt. Dieser kann Ihre Rechte wahren. Schließlich geht es hier um die höchsten Rechtsgüter Leben, Gesundheit und Freiheit.

IRRTUM 16

Eine Kopie reicht für alles aus

Nein. Richtig ist: Die Patientenverfügung ist nur im Original unterschrieben gültig. Eine Kopie genügt nicht. Auch jeder Vertreter benötigt ein von Ihnen unterschriebenes Original seiner Vollmacht, das ihn als Ihren Vertreter legitimiert. Ohne eine solche Legitimation kann er nicht wirksam für Sie handeln.