Mein schönes fräulein darf ich wagen meinen arm und geleit ihr anzutragen

Mein schönes Fräulein, darf ich wagen,
Meinen Arm und Geleit Ihr anzutragen?

Goethe; Faust I, Vers 2605 f.; Faust


Objektbezeichnung:

Objektbeschreibung:

Faust I, Strasse. Faust Margarete vorüber gehend., Vers 2605 f. Faust (r.) und Gretchen auf der Straße, Gretchen in langem Kleid, wendet sich im Gehen zu Faust um, das Gebetbuch in den Händen vor sich haltend. Faust lehnt sich leicht nach vorne, den linken Arm nach vorne gestreckt, während er ihr anbietet, sie zu begleiten. Bei Faust relativ enge Federführung, Schatten z.T. mit Pinsel flächig schwarz. Bezeichnet: In Bleistift unten rechts: "Heisig"; rechts daneben bezeichnet: "mein schönes Fräulein". Illustrierte Textstelle: Faust - Der Tragödie erster Teil, Straße. Faust Margarete

Material/Technik:

Feder in Schwarz, Pinsel in Schwarz

Maße:

29,6 x 42,0 cm [Blatt]

Ereignis:

Hergestellt

(wer):

Bernhard Heisig (1925-2011)

(wann):

Bezug (was):

Faust. Eine Tragödie. Zeichnung (Kunst) Drama

Beschriftung:

In Bleistift unten rechts: "Heisig"; rechts daneben bezeichnet: "mein schönes Fräulein".

Standort:

Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum, Frankfurt am Main

Inventarnummer:

III-15728/012

Sammlung:

Kunstsammlung

Rechteinformation:

Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum

Mein schönes fräulein darf ich wagen meinen arm und geleit ihr anzutragen
Rechte vorbehalten - Freier Zugang

Mein schönes Fräulein, darf ich wagen,

Meinen Arm und Geleit Ihr anzutragen?

Bin weder Fräulein, weder schön,

Kann ungeleitet nach Hause gehn.

(Sie macht sich los und ab.)

Beim Himmel, dieses Kind ist schön!

So etwas hab ich nie gesehn.

Sie ist so sitt- und tugendreich,

Und etwas schnippisch doch zugleich.

Der Lippe Rot, der Wange Licht,

Die Tage der Welt vergeß ich’s nicht!

Wie sie die Augen niederschlägt,

Hat tief sich in mein Herz geprägt;

Wie sie kurz angebunden war,

Das ist nun zum Entzücken gar!

Mephistopheles tritt auf.

Hör, du mußt mir die Dirne schaffen!

Da die? Sie kam von ihrem Pfaffen,

Der sprach sie aller Sünden frei

Ich schlich mich hart am Stuhl vorbei,

Es ist ein gar unschuldig Ding,

Das eben für nichts zur Beichte ging;

Über die hab ich keine Gewalt!

Ist über vierzehn Jahr doch alt.

Du sprichst ja wie Hans Liederlich,

Der begehrt jede liebe Blum für sich,

Und dünkelt ihm, es wär kein Ehr

Und Gunst, die nicht zu pflücken wär;

Geht aber doch nicht immer an.

Mein Herr Magister Lobesan,

Laß Er mich mit dem Gesetz in Frieden!

Und das sag ich Ihm kurz und gut:

Wenn nicht das süße junge Blut

Heut Nacht in meinen Armen ruht,

So sind wir um Mitternacht geschieden.

Bedenkt, was gehn und stehen mag!

Ich brauche wenigstens vierzehn Tag,

Nur die Gelegenheit auszuspüren.

Hätt ich nur sieben Stunden Ruh,

Brauchte den Teufel nicht dazu

So ein Geschöpfchen zu verführen.

Ihr sprecht schon fast wie ein Franzos;

Doch bitt ich, laßt’s Euch nicht verdrießen:

Was hilft’s, nur grade zu genießen?

Die Freud ist lange nicht so groß,

Als wenn Ihr erst herauf, herum

Durch allerlei Brimborium,

Das Püppchen geknetet und zugericht’t

Wie’s lehret manche welsche Geschicht.

Hab Appetit auch ohne das.

Jetzt ohne Schimpf und ohne Spaß:

Ich sag Euch, mit dem schönen Kind

Geht’s ein für allemal nicht geschwind.

Mit Sturm ist da nichts einzunehmen;

Wir müssen uns zur List bequemen.

Schaff mir etwas vom Engelsschatz!

Führ mich an ihren Ruheplatz!

Schaff mir ein Halstuch von ihrer Brust,

Ein Strumpfband meiner Liebeslust!

Damit Ihr seht, daß ich Eurer Pein

Will förderlich und dienstlich sein’

Wollen wir keinen Augenblick verlieren,

Will Euch noch heut in ihr Zimmer führen.

Und soll sie sehn? sie haben?

Nein! Sie wird bei einer Nachbarin sein.

Indessen könnt Ihr ganz allein

An aller Hoffnung künft’ger Freuden

In ihrem Dunstkreis satt Euch weiden.

Sorg du mir für ein Geschenk für sie!

Gleich schenken? Das ist brav! Da wird er reüssieren!

Ich kenne manchen schönen Platz

Und manchen altvergrabnen Schatz;

Ich muß ein bißchen revidieren.