Die isländer fürchten sich an weihnachten vor „jólakötturinn. was ist das?

Wenn Sie mit einer furchterregenden Trollfrau als Mutter und einem faulen Troll als Vater in einer kalten und verdreckten Höhle hoch in den Bergen leben würden, denken Sie, dass Sie sehr nett wären? Nun ja, die isländischen Weihnachtsgesellen sind nicht besonders nett. Es gibt 13 dieser Plagegeister-Brüder. Jeder taucht in einer der 13 Nächte vor Weihnachten auf, um Chaos in isländischen Häusern anzurichten. Zum Glück haben sich sie im Lauf der Zeit durch den Besuch in isländischen Häusern ein paar Manieren angeeignet. Heutzutage hinterlassen sie kleine Geschenke in den Schuhen von artigen Kindern. 

Das hier sind Weihnachtsgesellen und Co.

Die isländer fürchten sich an weihnachten vor „jólakötturinn. was ist das?

GRÝLA Eine furchtbare Trollfrau, die unartige Kinder frisst. Warum sie nicht schon vor langer Zeit ihre eigenen aufsässigen Söhne aufgegessen hat, ist ein Rätsel.

LEPPALÚÐI (Lepperludi) Grýlas Tunichtgut von Ehemann frisst weder Menschen noch stellt er irgendeinen Unfug an. Er ist offensichtlich das schwarze Schaf in der Familie.

GLUGGAGÆGIR (Fensterglotzer) Wenn Sie denken, dass Sie ein hässliches Gesicht an Ihrem Fenster sehen, dann ist das vermutlich er. Ziehen Sie einfach die Vorhänge zu. Er ist harmlos.

ÞVÖRUSLEIKIR (Löffellecker) An Löffeln bleibt nicht viel Essen hängen. Wenn Sie es also vorziehen, sich mit Löffelablecken zu begnügen, dann werden Sie genauso dünn wie dieser Bruder.

GÁTTAÞEFUR (Türschlitzschnüffler) Eine große Nase ist praktisch, um Essen zu erschnüffeln. Besonders wenn es um das isländische Laubbrot geht, das vor Weihnachten gebacken wird.

BJÚGNAKRÆKIR (Wurststibitzer) Passen Sie besser auf Ihre Hotdogs und Salamis auf. Ausgenommen vielleicht, wenn es vegane Varianten sind.

POTTASLEIKIR (Topfschaber) Er hasst Lebensmittelverschwendung und liebt es, Töpfe auszuschaben und das zu essen, was an den Topfwänden und am Boden festklebt.

GILJAGAUR (Schluchtenkobold) Er versteckt sich gerne in Schluchten und erschreckt Leute, wenn sie vorbeikommen. BUH!

SKYRGÁMUR (Quark-Gierschlund) Dieser Bruder kann gar nicht genug vom Magermilchquark Skyr bekommen. Nun ja, Skyr ist ja auch ein sehr gesundes isländisches Lebensmittel. Haben Sie ihn schon probiert?

KERTASNÍKIR (Kerzenschnorrer) In alten Zeiten wurden Kerzen aus Fett hergestellt und waren essbar. Wir haben keine Ahnung, was dieser komische Geselle heute isst. 

STÚFUR (Knirps) Der winzigste Bruder hat einen riesigen Appetit. Am liebsten stiehlt er angebrannte Reste aus Pfannen.

KJÖTKRÓKUR (Fleischangler) Geräuchertes Lamm ist eine Delikatesse, die zu Weihnachten in Island verspeist wird. Es sei denn, dieser Bruder ist schneller als Sie in der Speisekammer.

HURÐASKELLIR (Türenknaller) BAMM! Sie denken, das war der Wind? Falsch gedacht. Der Türenknaller geht vermutlich um.

JÓLAKÖTTURINN (die Weihnachtskatze) Das ist kein flauschiges Kätzchen, das man streicheln möchte. Sie frisst jeden auf, der sich für Weihnachten nicht mindestens ein neues Kleidungsstück kauft.

ASKASLEIKIR (Essnapflecker) Er ist berüchtigt dafür, die Holzschalen zu stehlen, aus denen die Isländer in alten Zeiten gegessen haben. Heute tut es auch jede alte IKEA-Schale.

STEKKJASTAUR (Schafsschreck) Der erste der Weihnachtsgesellen, der aus den Bergen herab kommt, hat eine Lieblingsbeschäftigung: Schafe ärgern. Zum Glück für ihn hat Island viele davon.

Lesen Sie mehr über die Weihnachtsgesellen und wie Sie sie auf einer Reise nach Nordisland treffen können.

Text von Sigríður Ásta Árnadóttir.

Illustrationen von Björn Þór Björnsson.

Dieser Artikel ist im Herbst 2019 im Icelandair Stopover-Bordmagazin erschienen.

Banner-Foto: Leuchtfigur von Jólakötturinn (der Jul- oder Weihnachtskatze) in der Innenstadt von Reykjavík.

Die isländer fürchten sich an weihnachten vor „jólakötturinn. was ist das?
Die isländer fürchten sich an weihnachten vor „jólakötturinn. was ist das?

Jolakötturinn, die Weihnachtskatze am Flughafen Keflavik. 16.11.2017

Heute kommt der erste der 13 Jolasveinar (Weihnachtskobolde) aus den Bergen. Es ist Stekkjastaur, der Pferchpfosten. Aber zu Gryla und ihren Söhnen gehört auch ein Haustier, die Weihnachtskatze Jolakötturin. Vor dieser Katze sollte man sich wirklich in Acht nehmen. Sie wird als riesengross, mottenzerfressen, grausam, gemein, hinterhältig und wenn hungrig von extrem schlechter Laune beschrieben. Gryla schickt ihre Katze normalerweise erst in der Weihnachtsnacht los und die isländischen Kinder, aber auch die erwachsenen Menschen fürchten dieses Monster. Zum einen soll sie faule Menschen auffressen und gemeint sind all jene, welche die Wolle der Schafe vom Herbst bis zum Winter noch nicht gesponnen und zu neuer Kleidung verarbeitet haben. In der Weihnachtsnacht gilt es deshalb immer neue Kleider (Jolaföt) zu tragen! Am liebsten mag Jolakötturinn junges, saftiges Kinderfleisch. Die isländischen Kinder sind deshalb sehr darauf bedacht, dass sie für Weihnachten etwas Neues zum Anziehen kriegen. Die Eltern hingegen haben die lauernde Gefahr der Weihnachtskatze auch ab und zu ausgenutzt um faule Kinder zu Fleiss anzutreiben. Die Weihnachtstrolle verabschieden sich bereits ab dem 25. Dezember wieder einer nach dem anderen, aber die Weihnachtskatze streunt auch nach dem Fest um die Häuser.

Über die Weihnachtskatze gibt es in der isländischen Kultur auch ein Lied, hier von Björk gesungen.

Die isländer fürchten sich an weihnachten vor „jólakötturinn. was ist das?

Die isländer fürchten sich an weihnachten vor „jólakötturinn. was ist das?
Jolakötturinn und Thvörusleikir, der Kochlöffellecker am Flughafen Keflavik. 16.11.2017
Die isländer fürchten sich an weihnachten vor „jólakötturinn. was ist das?
Die böse Trollmutter Gryla mit der Weihnachtskatze Jolakötturinn, ausgestellt im Spa Fontana. 01.01.2017

Die isländer fürchten sich an weihnachten vor „jólakötturinn. was ist das?
Quelle ist mir unbekannt, habe es im Netz an mehreren stellen gefunden. Alle Rechte bleiben gewahrt!

Jólasveinar [joulasvejnar] kann man eigentlich mit „Weihnachtsgesellen“ übersetzen. Dreizehn recht raue Gesellen sind das, die in einer Höhle im Hochland leben. Ihre Mutter ist die Trollfrau Grýla [Griela], selbst Tochter von Trollen und Menschenfressern. Deshalb ist sie selbst eine ziemliche Schreckgestalt, die angeblich unartige Kinder fressen soll. Der Vater, Lepperlúði [Lepperludi], ist furchtbar faul. Außerdem gibt es noch die Weihnachtskatze. Ein Riesentier, man braucht sich also nicht vor jeder Katze auf der Straße zu fürchten. Dafür sollte man dringend für Weihnachten neue Sachen bereithalten. Jólakötturinn wartet nämlich nur darauf, dass alle Päckchen ausgepackt sind. Und sind bei einem keine neuen Anziehsachen dabei, dann stiehlt sie dieses Kind und frisst es auf…

Grýla ist hässlich und unleidig, mit riesigen Händen, hinkend, eine ziemliche Rabenmutter, sie schimpft und mault die ganze Zeit an ihren Söhnen herum. Ihre Höhle ist ein heilloses, schmutziges Durcheinander, und kochen kann Grýla wohl auch nicht. Am meisten ärgert sie sich aber über ihren faulen Mann, der die ganze Zeit schläft und laut schnarcht. Ihre Söhne lässt sie nur in der Weihnachtszeit aus der Höhle, dann, wenn die Nahrung knapp wird, sollen sie sich auf den Weg machen und etwas Essbares nach Hause bringen (am besten Kinder!). Nachts, wenn es dunkel ist, kommt so jeweils einer der Kerle zu den Menschen, denn Trolle erstarren in der Sonne zu Stein, wie jeder weiß. In der dunklen Jahreszeit ist die Gefahr aber relativ gering.

Ab dem 12. Dezember kommen sie also aus den Bergen. Jeden Tag kommt ein weiterer, bis am Aðfangadag („Anfangstag“ = 24.12.) alle zusammen sind. Danach kehrt jeden Tag wieder einer zurück, bis an þrettándinn (dem 13. Weihnachtstag =  6. Januar) alle wieder bei Grýla sind.

Die Namen der dreizehn Brüder kennt jedes Kind. Früher waren es wohl nur neun, wie ein bekanntes Weihnachtslied („Jólasveinar einn og átta“ – Ein und acht Weihnachtskerle) besingt. Auch hatten sie früher teilweise andere Namen. Erst Jóhannes úr Kötlum hat Anfang des letzten Jahrhunderts mit einem Weihnachtsgedicht die Namen der Weihnachtskerle und ihrer Untaten bekanntgemacht. Die Vergehen waren in früherer Zeit natürlich wirklich existenziell für die bitterarmen Isländer, die oft großen Hunger litten.

Anscheinend ist die alte Grýla inzwischen gestorben und es gibt eine neue, die nicht mehr so böse ist. Das habe ich jedenfalls im Kindergarten gelernt. Die Kinder sollen sich auf die Weihnachtsmänner freuen und so sind sie auch nicht mehr die schlimmen Unholde, auch wenn sie weiterhin ihren Charakteren treu bleiben. Aber ab dem 12.12. stellen die Kinder jeden Tag ihre Stiefel auf das Fensterbrett ihres Zimmers und können dann oft vor Aufregung nur schlecht einschlafen. Denn nachts kommt je ein Jólasveinn und bringt ein kleines Geschenk. Allerdings kann es passieren, dass freche Kinder eine alte Kartoffel im Schuh vorfinden… Um den Weihnachtskerl gut zu stimmen, stellen manche Kinder neben den Stiefel eine Kleinigkeit zu Naschen, denn schließlich hatte der einen weiten Weg!

Hier stelle ich euch nun alle Dreizehn vor (Bilder könnt ihr z.B. hier sehen):

Der erste ist Skekkjastaur [S-tekkjasöjr], Schafsschreck oder auch Pferchpfahl genannt. Er kommt am 12.12. und geht am 25.12. Er ist dürr und steif, hat extrem lange Füße. Er liebt Schafe und deren Milch. Und so kommt er in den Stall und lässt den Tieren keine Ruhe, er will gern die Milch der Mutterschafe saugen. Aber mit seinen steifen Knochen hat dabei nicht viel Glück.

Als zweites kommt Giljagaur [Giljagöjr], Schaumschuft oder Schluchtenkobold, am 13.12. und geht am 26.12. Er ist groß und sehr stark, so lässt er sich auch von grausigsten Wetter nicht abhalten. Am liebsten läuft er durch tiefe Schluchten, denn er will nicht gesehen werden, und wegen seiner Größe macht ihm das nichts aus. Er liebt Tiere, aber besonders den Milchschaum der frisch gemolkenen Kuhmilch. Wenn Knecht und Magd abgelenkt waren, dann stiehlt er ihn.

Stúfur [S-tufür] ist der dritte, er heißt der Kurze oder auch Knirps. Er kommt am 14.12. und geht am 27.12. Weil er so klein ist, muss er sich große Mühe geben, rechtzeitig zu kommen, denn durch den tiefen Schnee zu stapfen ist gar nicht so einfach… Der fröhliche Kerl liebt es, wenn keiner schaut, die Pfanne mit den Essensresten zu stehlen und dann in einer ruhigen Ecke des Hauses die angebrannten Reste aus der Pfanne herauszukratzen.

Nummer vier ist Þvörusleikir [Thörüslejkir], der Löffellecker, der am 15.12. kommt und am 28.12. wieder geht. Früher hat er liebend gern am Daumen gelutscht, heute schnappt er sich im Nu jeden Kochlöffel und schleckt ihn blitzeblank ab. Kaum zu glauben, dass er ungewöhnlich schlank bleibt. Er gilt als etwas dämlich, ist aber liebenswürdig.

Pottaskefill [Potta-Skefidl], genannt Kesselkratzer oder Topfschaber, kommt als fünfter am 16. und geht am 29.12. Mit seiner langen Zunge und großer Gewandtheit leckt er die Kochtöpfe leer. Besonders Milchreis liebt er sehr. Die Kinder rennen vor die Tür um zu schauen, wer zu Besuch kommt, und schwups hat er sich den Topf geschnappt und ausgeschleckt.

Auch Askasleikir [Askalejkir], Schüssellecker oder Essnapflecker, ist ein Schleckermaul. Er kommt am 17. und geht am 30.12. Er wartet darauf, dass jemand seinen Askur kurz beiseite stellt. So nannte man früher die Essnäpfe – jeder hatte einen eigenen aus Holz mit dem eigenen Namen drauf, manchmal schön verziert, mit einem Deckel, damit das Essen warm blieb. „Der Sechste, Schüsselschlecker, saß gerne unterm Bett. Wenn nachts die Leute schliefen, aß er sich dick und fett.“

Der siebte, Hurðaskellir [Hürdaskedlir], ist der Türknaller. Vom 18. bis 31.12. macht er sich einen großen Spaß daraus, die Leute zu erschrecken und mit dem Lärm von zuknallenden Türe zu ärgern. Besonders wenn die Leute schlafen, schleicht er mit einem dicken Grinsen im Gesicht im Haus herum, um mit den Türen zu knallen.

Skyrgámur [Skirgaumür] – der Skyrschlund – ist Nummer acht. Er kommt am 19.12. und geht am 01.01. Skyr ist etwas typisch Isländisches, erst seit Kurzem gibt es Skyr (oder was man eben so nennt) in Deutschland auch zu kaufen. Es ist eine Mischung aus Joghurt und Quark, fettarm und proteinreich. Skyrgámur giert nach Skyr, und wenn er welchen findet, dann schöpft er mit den Händen direkt in den Mund. Er kann einfach nicht aufhören damit! Bis er sich schließlich vor Bauchschmerzen windet…

Bjúgnakrækir [Bjugnakraikir] kommt am 20.12. und geht am 02.01. Rauchwursträuber oder Wurststibitzer wird er genannt. Er ist sehr wenidg, so kann er sich die geräucherten Würste direkt aus dem Rauchfang angeln und tut sich gütlich daran.

Gluggagægir [Glüggagaigir] kommt am 21. und geht am 03.01. Als „Fensterglotzer“ späht er mit großen Augen in die warmen Stuben und liebt es, die Leute ganz fruchtbar damit zu erschrecken. Er liebt alles was glitzert und glänzt und kommt oft später noch einmal zurück, um es sich zu holen.

Gáttaþefur [Gauhta-thefür] kommt am 22. und geht am 04.01. Sein Name bedeutet Türschlitzschnüffler, ihn erkennt man an seiner langen Nase. Damit schnüffelt er durch die Türschlitze, besonders das frisch gebackene Laufabrauð [Löjwabröjd] hat es ihm angetan. Laufabrauð zu backen ist eine alte Tradition in Island, die noch heute lebt. Ein einfacher wird Teig ganz dünn ausgewalzt. Die kreisrunden Platten werden kunstvoll verziert, indem man sie einritzt. Dann wird das Ganze in Schmalz ausgebacken. Hier kann man einer Familie über die Schulter schauen bei diesem Brauch.

Ketkrókur [Ketkrouker] kommt am 23. und geht am 05.01. Der Keulenklauer oder Fleischangler, holt sich seinen Teil vom Weihnachtsbraten, denn er ist ein Feinschmecker. Er angelt sich das Hangikjöt, den geräucherten Lammbraten, der traditionell am 23.12. zubereitet wird, und verspeist ihn genüsslich.

Kertasníkir [Kertasnieker] kommt am 24. und geht am 06.01. Kerzenschnorrer, wird er genannt, denn er hat es auf die Talgkerzen abgesehen. Er hat eine Schwäche für sie und will sie am liebsten verspeisen. In älteren Quellen wird er auch Kerzenspieler genannt, weil er mit der der Kerzenflamme spielen mag. Kerzen waren sehr wertvoll in den alten Zeiten, und „Kerti og Spil“ (eine Talgkerze und ein Kartenspiel) waren gebräuchliche Weihnachtsgeschenke für die Kinder.

Das sind sie nun also, die dreizehn Jólasveinar. Wenn sich irgendetwas eigenartiges ereignet in der Weihnachtszeit, wer weiß, vielleicht war es einer der Weihnachtsmänner 🙂

Als Quellen verwendet:

https://de.wikipedia.org/wiki/Jólasveinar
http://www.inreykjavik.is
http://www.jolamjolk.is/jolasveinarnir
Buch: „Jólin koma“ von Jóhannes úr Kötlum