Der unterschied zwischen paradontose und paradontitis

So viel vorweg: Während eine Gingivitis und eine Parodontitis für Patienten kaum zu unterscheiden sind, liegen aus zahnmedizinischer Sicht Welten zwischen diesen beiden Krankheitsbildern.

Sowohl die Gingivitis als auch die Parodontitis gehen mit Rötung und Schwellung des Zahnfleisches einher. Bei einer fortgeschrittenen Parodontitis kommen zwar häufig ein komischer Geschmack und Mundgeruch hinzu, die durch krankmachende (pathologische) Keime im Mundraum hervorgerufen werden. Im Anfangsstadium können Patienten jedoch nicht feststellen, ob bei ihnen noch eine Gingivitis oder bereits eine Parodontitis vorliegt.

Der entscheidende Unterschied ist jedoch, dass bei einer Gingivitis nur das Zahnfleisch entzündet ist, während bei einer Parodontitis der gesamte Zahnhalteapparat (Parodontium) betroffen ist (siehe Abb.). Entsprechend droht bei einer Parodontitis im Gegensatz zur Gingivitis langfristig ein Zahnverlust.

Um den gravierenden Unterschied zwischen einer Gingivitis und einer Parodontitis zu verstehen, muss man wissen, dass das gesunde Zahnfleisch fest am Zahn haftet. Auf diese Weise wird verhindert, dass Bakterien außen am Zahn entlang vom Mundraum Richtung Zahnwurzel in die Tiefe wandern und dort Entzündungen und Karies verursachen. Während diese Abdichtung bei der Gingivitis noch intakt ist, ist sie bei der Parodontitis bereits zerstört. Ist die wichtige Haftung des Zahnfleischs am Zahn erst einmal verloren gegangen, kann sie jedoch nie wieder erneuert werden!

Daher kann man sagen: Eine Gingivitis ist noch komplett reversibel. Eine Parodontitis dagegen ist irreversibel und lässt sich im günstigsten Fall höchstens noch stabilisieren. Das macht eine frühzeitig Erkennung und Behandlung einer Gingivitis so wichtig. Zumal eine chronische Gingivitis schleichend und oft unbemerkt in eine – dann nicht mehr heilbare – Parodontitis übergehen kann.

Die Parodontitis selbst ist im Normalfall ein ganz langsamer Prozess, der den Zahnhalteapparat schon lange schädigt, bevor er für den Patienten sichtbar wird. Meist dauert es viele Jahre, ja sogar Jahrzehnte, bis sich eine mittelschwere oder schwere Parodontitis mit drohendem Zahnverlust entwickelt.

Ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen Gingivitis und Parodontitis ist: Die Gingivitis ist ein örtlich begrenztes (lokales) Geschehen. Die Parodontitis hat Folgen für den ganzen Körper!

Wenn Parodontitis-bedingte Schäden wie lockere Zähne und eiternde Taschen im Mundraum sichtbar werden, sind schon längst andere Schäden im gesamten Körper vorhanden. Bekannt sind unter anderem Zusammenhänge zwischen einer unbehandelten Parodontitis und Arteriosklerose sowie einem erhöhtem Risiko von Herzinfarkt und Schlaganfall. Ein gravierendes Problem, wenn man bedenkt, dass 30 Millionen Bundesbürger eine mittlere bis schwere Parodontitis haben und zugleich Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste Todesursache hierzulande sind.

Das hat auch Konsequenzen für die Therapie. Während bei der Gingivitis meist eine gründliche Zahnreinigung ausreicht, sollte die Behandlung einer Parodontitis unbedingt die Verbesserung der Abwehr (Ernährung, Orthomolekulare Therapie, Stressabbau ...) und der körpereigenen Regulation mit im Blick haben.

Um eine Parodontitis zu diagnostizieren verwenden Zahnärzte oft Messsonden. Dabei wird an jedem einzelnen Zahn die Taschentiefe gemessen und der Blutindex (Parodontaler Screening-Index PSI) ermittelt. Über dieses Messverfahren wird der Zustand der Zähne und der Grad der möglichen Entzündung genauestens bestimmt. Bei einer zahnärztlichen Untersuchung werden die Zähne, das Zahnfleisch und die gesamte Mundhöhle inspiziert. So kann festgestellt werden, wie weit die Krankheit fortgeschritten ist und welche Art von Behandlung angestrebt werden sollte. Für weitere Behandlungsmaßnahmen werden weitere Röntgenaufnahmen oft erforderlich, um den Knochenabbau zu erkennen und andere Ursachen für die auftretenden Zahnlockerungen auszuschließen.

Wie verläuft eine Behandlung?

Um eine Parodontitis zu behandeln und die Schädigung von Zahnfleisch und dem darunter liegendem Gewebe aufzuhalten, ist es wichtig die Bakterien, die für die Entstehung von Parodontitis verantwortlich sind, zu eliminieren und die Entzündung somit zu bekämpfen. Der Zahnarzt reinigt unter örtlicher Betäubung die Zahnoberfläche und beseitigt die schädigenden Bakterien. Wenn die Entzündung nicht aufgehalten werden kann, muss chirurgisch eingegriffen werden. Dabei werden die Zahnfleischränder von Zahn und Knochen gelöst, um eine bessere Sicht in das Innere der Zahnfleischtaschen zu erhalten. Beläge und krankes Gewebe können dann entfernt werden.

Welche Behandlungsart ist die Richtige für Sie?

Da sich die Behandlungsart nach dem jeweiligen Stadium der Parodontitisbehandlung richtet, werden diese in dem folgenden Abschnitt einzeln erläutert.

Die Behandlung freiliegender Zahnhälse

Durch Zahnfleischschwund freiliegende Zahnhälse können bereits vom Zahnarzt mikrochirurgisch mit Hilfe eines OP-Mikroskop behandelt werden. Dabei können ästhetische Rehabilitationen am Zahnhals mittels eigener Gewebe des Patienten vorgenommen werden. Der Eingriff erfolgt meistens durch eine Lokalanästhesie und ist somit als schneller Eingriff zu betrachten.

Der Einsatz von Emdogain

Wenn eine Parodontitis rechtzeitig erkannt wird, kann Emdogain zur Stabilisierung des Zahnbettes eingesetzt werden. Emdogain kann die Wiederherstellung des Zahnhalteapparates fördern. Dabei handelt es sich um ein künstlich hergestelltes Material, dass auf die Oberfläche der Zahnwurzel aufgebracht wird und somit zur Neubildung von Zahnzement, Fasern und Kieferknochen beitragen kann. Das künstliche Material besteht aus Proteinen, die vom Körper resorbiert werden können. Bei der Behandlung von Parodontitis wird Emdogain oft in Form von Gel eingesetzt. Durch die frühe Stabilisierung des Zahnbettes kann somit der typische Zahnausfall bei fortgeschrittener Parodontitis vorgebeugt werden.

Entzündungen vorbeugen

Im Anschluss an die Parodontitisbehandlung verabreichen viele Zahnärzte Arzneimittel, die das Bakterienwachstum stoppen und so Entzündungen vorbeugen können. Zur Bekämpfung der Bakterien werden meist Spüllösungen mit dem Wirkstoff Chlorhexidin verwendet. In schweren Fällen und fortgeschrittener Erkrankung erhalten die Patienten zudem auch oft Antibiotika.

Was passiert nach der Behandlung?

Eine Parodontitis erfordert regelmäßige Kontrollen beim Zahnarzt, sowie regelmäßige vorbeugende Prophylaxen. Symptome wie Zahnfleischbluten oder Lockerung des Zahnfleisches sollten sehr ernst genommen und mit dem Zahnarzt abgesprochen werden. Zahnstein und Zahnbeläge sollten regelmäßig entfernt werden.

Ist eine Behandlung schmerzhaft?

Das Ziel der Parodontitisbehandlung ist die Entfernung der Zahnbeläge und der Bakterien. Nachdem die Zahnfleischtaschen gereinigt wurden, wird die Wurzelglättung durchgeführt. Bei dieser tiefergehenden Reinigung werden die Wurzeln gesäubert, geglättet und abschließend poliert. Heutzutage ist dies dank einer örtlichen Betäubung für die Patienten schmerzfrei. Im Anschluss an die Säuberung der Zahnfleischtaschen werden zusätzliche Maßnahmen zur Desinfektion eingesetzt.

Wie hoch ist die Gefahr einer Infektion?

Die Rückkehr einer Parodontitis ist für einmal erkrankte Patienten dauerhaft gegeben. Daher ist die Reinigung von Zwischenräumen mit Zahnseide und geeigneter Zahnpasta besonders wichtig. Die Krankheitserreger siedeln sich häufig auf Zahnbelägen an. Diese werden bei einer Behandlung zwar vom Zahnarzt beseitigt, jedoch sollte sich ebenfalls der Partner behandeln lassen, um nicht erneut zu erkranken. Eine Wiederansteckung kann sonst z.B. beim Küssen erfolgen, da der Partner noch immer ansteckende Keime in sich trägt.

Für die Entzündung des Zahnhalteapparats gibt es drei Bezeichnungen: am gebräuchlichsten ist die "Parodontitis" daneben gibt es die "Periodontitis" und seltener gebraucht und lt. Duden veraltet: die "Paradentitis". Alle drei bezeichnen dieselbe Erkrankung.

Daneben wurde für einen Verlust des Zahnhalteapparats, der ohne Entzündung vonstatten geht, die Bezeichnung "Parodontose"von Zahnärzten verwendet. Wenn überhaupt, dann gibt es diesen Zustand sehr selten oder er ist das Produkt einer nachhaltig behandelten Parodontitis.

Die Bezeichnung "Parodontose" oder seltener "Paradentose" ist umgangssprachlich für jeden Zahnfleischrückgang oder korrekter Atachmentverlust (Verlust des Zahnhalteapparats) unabhängig von Ausprägung und Entzündungsgrad in Gebrauch.

Der unterschied zwischen paradontose und paradontitis

Dass Parodontose oder im englischen Sprachgebrauch Periodontosis heute im wissenschaftlichen Sprachgebrauch für die "juvenile Parodontitis" stehen, verwirrt den Nicht-Zahnmediziner sicher vollends. Hintergrund für diese Bezeichnung ist dass bei dieser oft aggressiven Form der Parodontitis häufig ein lokalisiertes Entzündungsgeschehen den Knochen massiv zerstört, während das übrige Zahnfleisch und der ganze Zahnhalteapparat keine Entzündung aufweisen.