Wer sind die bekanntesten Forscher in Sachen Kommunikation?

Der Hirnforscher Niels Birbaumer wollte mit komplett gelähmten Menschen kommunizieren. Seine Forschung war jedoch überschattet von einem Rechtsstreit, der nun im Vergleich endete. Nun beendet der Forscher seine Karriere.

Audio herunterladen (1,9 MB | MP3)

In seinen Studien wollte Niels Birbaumer mit Patienten kommunizieren, die sich im Completely-Locked-in state befanden, also in einem völlig eingeschlossenen Zustand. Das bedeutet: Das Gehirn dieser Patienten war zwar funktionstüchtig, doch ihr Körper war komplett bewegungslos. Die Patienten sind sich also der Situation bewusst, haben aber keine Möglichkeit mit der Außenwelt in Kontakt zu treten. Und genau dort setzte Birbaumers Forschung an.

Er setzte Patienten mit dem Locked-in-Syndrom eine Haube mit Sensoren auf den Kopf. Über eine Gehirn-Computer-Schnittstelle versuchte man mit dem Gehirn in Kontakt zu treten und über neuronale Netze herauszufinden, ob die Person beispielsweise “Ja” oder “Nein” denkt. Nach einer Zeit bekomme man mit, welche Areale des Gehirns bei bestimmten Antworten arbeiten und welche nicht, sagt Marco Wehr, Leiter des Philosophischen Labors in Tübingen im Gespräch mit dem SWR.

Das Prinzip des Elektroenzephalogramms (EEG) ist vom Neurologen Hans Berger entwickelt worden. Auch heute noch ist es ein wichtiges Verfahren der medizinischen Diagnostik, um Gehirnaktivitäten zu messen. picture-alliance / Reportdienste Nadio Verlyck/Wyss Center/dpa

Das Locked-in-Syndrom kommt zum Beispiel bei der Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose, kurz ALS, vor. Mit fortschreitender Krankheit nehmen hier die Muskelfunktionen ab, bis schlussendlich der ganze Körper betroffen ist. Irgendwann sitzen Betroffene also im Rollstuhl und auch die Gesichtsmuskulatur kann irgendwann nicht mehr bewegt werden.

Der letzte Muskel, der meistens noch einigermaßen funktioniert, sind die Augenlider, die zum Kommunizieren verwendet werden können. Wenn aber auch dieser Muskel nicht mehr gesteuert werden kann, war eine Kommunikation bisher ausgeschlossen.

Forschung von Skandal überschattet

2019 wurde diese Forschung zu einem Wissenschafts-Skandal. Der Vorwurf: Birbaumer soll fehlerhafte und lückenhafte Daten in seinen Studien mit komplett gelähmten Menschen verwendet haben. Die Universität Tübingen warf Birbaumer nach einer Untersuchung wissenschaftliches Fehlverhalten vor.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft schloss ihn daraufhin aus und forderte Fördergelder zurück. Im Zentrum der Untersuchung und Feststellungen stand dabei der methodische Umgang mit Daten und nicht die Überprüfung der aufgestellten Thesen.

Mit diesem Rechtsstreit sei er in einer gewissen Art und Weise gezwungen worden, sich zu privatisieren, so Marco Wehr, Leiter des Philosophischen Labors in Tübingen und Bekannter von Birbaumer. Birbaumers Reputation hat großen Schaden erlitten und ohne Forschungsgelder war es ihm fast unmöglich, weiterzuarbeiten.

Audio herunterladen (9,5 MB | MP3)

Den jahrelangen Streit haben Niels Birbaumer und die Deutsche Forschungsgemeinschaft nun per Vergleich beendet. In der Pressemitteilung heißt es dazu: „Zur Vermeidung eines langwierigen Rechtsstreits haben sich die Parteien auf eine gütliche Einigung verständigt. Im Rahmen der gefundenen Einigung enden die durch den Hauptausschuss der DFG gegen Professor Dr. Dr. h.c. mult. Birbaumer beschlossenen Maßnahmen am 01.01.2023.“

Die Frage, ob Birbaumer wissenschaftlich korrekt gearbeitet hat, wurde dabei offen gelassen.

Jetzt hat Niels Birbaumer neue Ergebnisse veröffentlicht und nach langer Zeit einen öffentlichen Auftritt im philosophischen Labor in Tübingen gehabt.

Elektroden im Gehirn anstatt EEG oder Infrarotspektroskopie

In der neuen Studie geht es bei Birbaumer immer noch um das gleiche Thema, jedoch benutzte er eine neue Methode: Er arbeitete nicht mit EEG oder mit einer Nahfeld Infrarotspektroskopie, stattdessen wurden Elektroden in das Gehirn eingebaut. Dies habe laut Birbaumers Bekannten Marco Wehr, Leiter des Philosophischen Labors in Tübingen, wirklich revolutionäre Resultate erbracht: „Weil der Patient jetzt über ein sogenanntes Speller-Board Buchstaben aussuchen kann und auf diese Art und Weise ganze Sätze artikulieren kann. Also der Patient war bei den Befragungen tatsächlich bewusst und konnte auf die ihm gestellten Fragen Antworten geben und auch Wünsche äußern.“

Da seien ganz erstaunliche Sachen herausgekommen. Zum Beispiel der Wunsch, mit Gulaschsuppe gefüttert zu werden, eine Kopfmassage haben zu wollen oder die Frage, ob er mit seinem Kind zusammen einen Film angucken möchte.

Auch der britische Physiker Stephen Hawking litt an ALS. Motoneuronen senden keine Signale mehr. Die Muskeln werden nicht mehr beantsprucht und schwinden mit der Zeit. picture-alliance / Reportdienste / Stefan Zaklin/EPA/dpa

Allerdings ist dieses Experiment mit nur einem Patienten erfolgt, der auch reagiert hat. Auf die Frage, ob die Datenlage für eine wissenschaftliche Aussage nicht zu gering sei, antwortete Marco Wehr: „Wenn man sagt, es ist unmöglich, mit einem Locked-in Patienten zu kommunizieren und es gelingt einem dann doch, dann sieht man, dass die anfängliche Aussage in der Form nicht haltbar ist. Das hat Birbaumer jetzt eindeutig bewiesen.“

Trotzdem erklärte Birbaumer jetzt, dass er seine Forschungen nicht fortsetzen wolle. Sein Name habe in Deutschland so gelitten, dass dies nicht mehr möglich sei.

Wer sind die bekanntesten Forscher in Sachen Kommunikation?

Zurück

Teilen: 

14.10.2016 11:36

Wenn die Schwiegermutter auf dem Beifahrersitz „Die Ampel ist grün“ sagt, dann gibt es mehrere Möglichkeiten, wie wir diesen Satz verstehen. Sachinhalt, Selbstoffenbarung, Beziehung und Appell: Generationen von Schüler/innen haben gelernt, was die vier Ohren einer Nachricht sind. Modelle wie das Kommunikationsquadrat oder das Innere Team haben Friedemann Schulz von Thun so berühmt wie keinen zweiten Kommunikationswissenschaftler in Deutschland gemacht. Seine Theorien sind inzwischen in fast allen Deutsch- und Pädagogikbüchern vertreten. Nun kommt Schulz von Thun für eine Veranstaltung an die Universität zu Köln.

Friedemann Schulz von Thun an der Universität zu Köln Tagung mit dem berühmtesten Kommunikationswissenschaftler Deutschlands Wenn die Schwiegermutter auf dem Beifahrersitz „Die Ampel ist grün“ sagt, dann gibt es mehrere Möglichkeiten, wie wir diesen Satz verstehen. Sachinhalt, Selbstoffenbarung, Beziehung und Appell: Generationen von Schüler/innen haben gelernt, was die vier Ohren einer Nachricht sind. Modelle wie das Kommunikationsquadrat oder das Innere Team haben Friedemann Schulz von Thun so berühmt wie keinen zweiten Kommunikationswissenschaftler in Deutschland gemacht. Seine Theorien sind inzwischen in fast allen Deutsch- und Pädagogikbüchern vertreten. Nun kommt Schulz von Thun für eine Veranstaltung an die Universität zu Köln. Rund 1.300 Teilnehmer/innen haben sich für die Tagung „Gelingende Kommunikation mithilfe von systemisch-humanistischen (Beratungs-)Ansätzen“ angemeldet, die die Humanwissenschaftliche Fakultät am 21. und 22. Oktober ausrichtet. Schulz von Thun wird seine Kommunikationsmodelle in einem Vortrag mit Workshop-Charakter vorstellen und anschließend in einem dialogischen Teil auf die Fragen der Teilnehmenden eingehen. Zwei weitere systemisch-humanistische Ansätze stellen Dr. Bernd Schmid (Institut für systemische Beratung in Wiesloch) und Prof. emeritus Dr. Jürgen Kriz (Universität Osnabrück) vor. Wann: 21. und 22. Oktober 2016 Wo: Universität zu Köln Aula im Hauptgebäude Albertus-Magnus-Platz 50923 Köln Weitere Informationen:

https://www.hf.uni-koeln.de/37979

Bei Rückfragen: Dr. Dirk Rohr Tel.: 0221 470-4076

E-Mail:

Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Pädagogik / Bildung, Psychologie überregional Wissenschaftliche Tagungen

Deutsch

Zurück

Wer sind die bekanntesten Forscher in Sachen Kommunikation?