Anders als andere Länder halten sich Deutschland und die meisten europäischen Staaten mit Kritik an China zurück. Es geht ums Geld. Show
Am Freitag werden die Winterspiele in Peking eröffnet. Da bleibt den Europäern und den Deutschen wenig Zeit, sich im Hinblick auf die Verstöße gegen die Menschenrechte in China und die Machtgebaren des Staates deutlich zu positionieren. Diese Länder boykottieren Olympia 2022Die USA, Australien, Kanada, Großbritannien, Japan und andere Länder haben bereits frühzeitig einen diplomatischen Boykott angekündigt, wonach keine Politiker und Würdenträger nach Peking reisen werden, um gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Wie ist die deutsche Haltung?In Deutschland wird dagegen noch diskutiert. Zuerst hatte die deutsche Politik immerhin einen Miniboykott zustande gebracht. So wird die Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nicht nach China reisen, weil es ihre „wertebasierte Außenpolitik“ nicht zulässt. Vom Auswärtigen Amt werde kein Vertreter bei der Eröffnungsfeier anwesend sein, hieß es jetzt auch dieser Tage, erst langsam kommen die Politiker zaghaft aus der Deckung – ohne aber offen von Boykott zu sprechen. Auch das für Sport zuständige Bundesinnenministerium wird in China nicht vertreten sein. Ebenso bleibt der deutsche Botschafter der Eröffnungszeremonie fern. Lesen Sie aus unserem Angebot: Erster deutscher Athlet positiv auf Corona getestet Wie auf den letzten Drücker sickern immer mehr boykottähnliche Nachrichten durch – aber bisher hat sich kein Politiker so recht getraut, dem wichtigen Handelspartner China die Zähne zu zeigen und unangenehme Fragen zu stellen. Die Diskussion über einen diplomatischen Boykott der Winterspiele hält die DOSB-Vizepräsidentin Verena Bentele für verspätet. „Ob Olympische Spiele in einem Land politisch unterstützenswert wären, sollte doch eher im Vorfeld der Vergaben solcher Spiele besprochen werden“, sagte sie dem „Weserkurier“. Da hätten die Staaten mit dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) in ernsthafte Gespräche gehen können, meinte die frühere Paralympicssiegerin im Hinblick auf das Problem. Stattdessen würde man alle paar Jahre kurz vor der Eröffnungsfeier vor diesen Fragen stehen. Der neue Grünen-Parteichef Omid Nouripour hatte am Dienstagabend in der Talkrunde von Markus Lanz deutlich Position bezogen. „Ich finde nicht, dass man als Politik hingehen muss, um sich das anzugucken“, sagte er, und das sei faktisch schon ein politischer Boykott. Klare Worte hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) derweil nie an China gerichtet. Deutschen Politikern fällt es aufgrund der wirtschaftlichen Interessen offenbar schwer, deutliche Kritik an China zu äußern. Auch bei hiesigen Unternehmen, die im Reich der Mitte produzieren, ist solch eine Zurückhaltung zu beobachten. Deswegen wird China kritisiertChina steht wegen Menschenrechtsverletzungen im Umgang mit Uiguren und Tibetern, Drohungen gegen Taiwan und der Unterdrückung der Demokratiebewegung in Hongkong in der Kritik. Zwar hatte das Land der Metropole Hongkong ein hohes Maß an Autonomie und Demokratie zugesichert – doch das ist nicht erkennbar. Nouripour erzählt indes von uigurischen Mädchen, die verschleppt und anschließend zwangsverheiratet werden. „Es ist grauenvoll, was da passiert“, sagt der Grünen-Chef. Die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte ebenso wie Baerbock bereits mitgeteilt, nicht nach Peking reisen zu wollen. Doch anders als zahlreiche westliche Länder hat Deutschland offiziell keinen diplomatischen Boykott der Spiele verkündet. So hatte Faeser unter anderem auf die Pandemielage verwiesen und Baerbock auf den Umstand, dass die Teilnahme für Außenminister in der Vergangenheit ohnehin nicht üblich gewesen sei. Druck auf China sieht anders aus.
Russland droht der Ausschluss von den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro (5. bis 21. August). In der olympischen Geschichte kam es mehrmals zu Ausschlüssen - allerdings immer aus politischen Gründen. Eine Verbannung wegen eines staatlichen Dopingsystems wäre ein Novum.
1920 Zwei Jahre nach dem 1. Weltkrieg werden die Kriegsverlierer bzw. ihre Nachfolgestaaten nicht zu den Spielen in Antwerpen eingeladen. Neben Deutschland betrifft dies Österreich, Ungarn, Bulgarien und die Türkei. Bereits im April 1919 hatte das IOC Budapest die Ausrichterrolle entzogen.
1924 Deutschland wird wegen der Nachwirkungen des 1. Weltkriegs erneut nicht eingeladen. Die anderen vier Länder, die 1920 aussetzen mussten, sind in Paris wieder dabei.
1948 Dieses Mal wirkt der 2. Weltkrieg nach - die Achsenmächte Deutschland und Japan werden von den Spielen in St. Moritz (Winter) und London (Sommer) ausgeschlossen.
1964 Als Folge seiner Apartheids-Politik wird Südafrika ausgeschlossen und feiert erst nach fast drei Jahrzehnten (nach der Befreiung Nelson Mandelas und der Demokratisierung des Landes) bei den Sommerspielen 1992 in Barcelona sein Comeback.
1972 Vier Tage vor der Eröffnungsfeier der Sommerspiele schließt das IOC in einer knappen Entscheidung Rhodesien, das spätere Simbabwe, aus. Das IOC beugt sich damit dem Druck anderer afrikanischer Staaten, die Rhodesien nicht anerkannten und mit einem Boykott gedroht hatten.
1992 Als Auswirkung des Kriegs auf dem Balkan und der damit verbundenen UN-Sanktionen durfte (Rest-)Jugoslawien nicht als Land bei den Sommerspielen in Barcelona antreten. Die jugoslawischen Sportler erhielten aber die Gelegenheit, als Unabhängige Olympische Teilnehmer (IOP) zu starten, gewannen dabei einmal Silber und zweimal Bronze.
2016 Nicht nur Russland droht das Aus für die Spiele in Rio de Janeiro. Kuwait ist derzeit aus der olympischen Familie wegen politischer Einflussnahme in sportliche Belange ausgeschlossen. Allerdings hat das IOC festgelegt, dass kuwaitische Athleten am Zuckerhut unter neutraler Flagge teilnehmen können, sollten sie von ihren jeweiligen internationalen Fachverbänden eine Startberechtigung erhalten. Auch interessant
Das ist Sonya Kraus |