Derzeit befinden sich die drei Spitzenkandidaten Armin Laschet (CDU), Olaf Scholz (SPD) und Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) in der entscheidenden Phase ihres Kampfes um die Nachfolge von Angela Merkel. Show
Um die Gunst der Wähler zu gewinnen, haben alle Parteien umfangreiche Wahlprogramme ausgetüftelt. Doch wer hat schon Zeit (und Lust), das alles zu lesen? Um herauszufinden „Wie viel bleibt mir künftig von meinem Geld übrig, wenn Kandidat XY die Wahl gewinnt?", muss man nicht seitenweise Zahlenkolonnen studieren. Der „Steuer-O-Mat“gibt darauf schnell und genau Antwort. Steuerprogramme der Parteien flossen in VergleichsrechnerDas Programm errechnet nach der Eingabe des betreffenden Bruttoeinkommens, wie viel mehr oder weniger man nach der Bundestagswahl netto im Geldbeutel hat – je nachdem, welche Partei sich durchsetzt. Entwickelt wurde der Rechenkünstler vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) und Smartsteuer, einem Anbieter von Online-Steuererklärungen. Um die Ergebnisse im Detail zeigen, hat FOCUS Online drei Beispiele durchgerechnet.
Jeweils für Singles beziehungsweise Paare mit einem Kind. Bei den Paaren wurde angenommen, dass beide jeweils genau die Hälfte des Gesamteinkommens verdienen. 50.000 Euro Jahresbruttoeinkommen - Mit welchem Wahlsieger fahre ich am besten?1. Beispielrechnung: 50.000 Euro Jahresbruttoeinkommen, Single, keine Kinder Das Programm will gleich zum Start wissen: „Wie hoch ist Ihr Jahresbruttoeinkommen?“ Die 50.000 Euro sind schnell eingetippt. Bei den beiden folgenden Fragen „Verheiratet?“ und „Kinder?“ lautet die Antwort jeweils nein. Das Ergebnis: Wer als kinderloser Single ein Bruttojahreseinkommen von 50.000 Euro hat, steht sich am besten, wenn die FDP die Bundestagswahl gewinnt. Denn dann könnte er mit einem zusätzlichen Nettoeinkommen von 2479 Euro rechnen. Die anderen Parteien liegen mehr oder weniger weit hinter diesem Wert - aber keine knöpft dem Bürger in diesem Beispiel mehr Geld ab. Die Rangliste der Parteien, die das Nettoeinkommen am meisten erhöhen:
Fehlt nur die AfD – das hat einen Grund. „Die AfD hat keine konkreten Angaben zur Einkommensteuer gemacht, daher ist keine Berechnung möglich“, heißt es lapidar von den Machern des Rechners. Hinweis zu den Ergebnissen: Die Ergebnisse basieren auf den Wahlprogrammen der Parteien und – natürlich – den Daten der User. Dazu kommen einige Annahmen des IW Köln, weil zum Zeitpunkt der Programmierung des Rechners nicht alle Steuerkonzepte komplett fertig waren. Eine der Annahmen des IW bezieht sich auf die SPD. Zum Zeitpunkt der Tool-Programmierung war unklar, um wie viel Prozentpunkte die Partei den Spitzensteuersatz genau anheben will. Das IW ging bei der Berechnung davon aus, dass die Sozialdemokraten die Idee ihres Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans von 2020 aufgreifen: Walter-Borjans hatte vorgeschlagen, dass der Spitzensteuersatz um drei Prozentpunkte steigt, dafür aber erst bei höheren Einkommen als derzeit greift. Dazu finden sich weiter unten Berechnungsbeispiele. Aktuell gilt übrigens: Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent fällt bei Singles für ein zu versteuerndes Einkommen von mehr als 57.918 Euro an. Paare müssen über 115.838 Euro verdienen, bevor dieser Steuersatz fällig wird. 2. Beispielrechnung: 50.000 Euro Jahresbrutto-Haushaltseinkommen, verheiratet, ein Kind Bei verheirateten Doppelverdienern mit einem Kind und einer 50 zu 50-Aufteilung des Bruttoeinkommens sieht das Ergebnis so aus: Die Rangliste:
Den „Steuer-O-Mat" finden Sie hier online. 80.000 Euro Jahresbrutto - Welche Partei will mir am wenigsten Steuern abknöpfen?3. Beispielrechnung: 80.000 Euro Jahresbrutto, Single ohne Kinder Die Rangliste:
4. Beispielrechnung: 80.000 Euro Jahresbrutto-Haushaltseinkommen, verheiratet, ein Kind Die Rangliste:
150.000 Jahresbrutto - Welche Partei kassiert am meisten Steuern?Die Linke, SPD und auch Bündnis 90/Die Grünen sprechen sich für höhere Spitzensteuern aus. Die greifen bei sogenannten Gutverdienern. Das zeigt sich bei Top-Einkommen. 5. Beispielrechnung: 150.000 Euro Jahresbrutto, Single ohne Kinder Auch in dieser Gehaltsklasse sind je nach Partei hohe Steuersenkungen möglich. Doch nicht alle wollen die Bürger entlasten. Die Rangliste:
6. Beispielrechnung: 150.000 Euro Jahresbrutto-Haushaltseinkommen, verheiratet, ein Kind Die Rangliste:
Wie sich bei den Rechenbeispielen zeigt, können die meisten in Zukunft mit niedrigeren Steuern als derzeit rechnen. Allerdings garantiert niemand, dass nicht vielleicht die Rentenbeiträge in Zukunft klettern werden. Denn zur Rentenpolitik findet sich nicht allzu viel in den Parteiprogrammen. Die oben gezeigten Werte sind idealtypisch. Denn aller Voraussicht nach kommt es nach der Bundestagswahl zu einer Mehr-Parteien-Koalition. Ob „Jamaika“, „Ampel“ oder „Deutschland-Koalition“ steht in den Sternen. Klar ist aber jetzt schon: Keine der an der künftigen Bundesregierung beteiligten Parteien wird ihre (steuer-)politischen Vorstellungen zu 100 Prozent durchsetzen können. Deshalb wäre es naiv zu glauben, dass ab Januar 2022 die vom „Steuer-O-Mat“ ausgerechneten Werte die aktuellen Steuersätze ablösen werden.
Nicht nur das Geld sollte über die eigene Wahlstimme entscheidenUnd wie meist im Leben gilt auch bei einer politischen Wahl: „Geld ist nicht alles“. Natürlich ist es für die eigene Wahlentscheidung wichtig, was ein möglicher Wahlausgang für die eigenen privaten Finanzen bedeutet. Aber daneben gibt es weitere wichtige Kriterien für die Stimmabgabe – etwa: Wie macht eine Partei Deutschland fit für die Zukunft? Wer kann am besten Digitalisierung? Oder auch: Was tut eine Partei für die Sicherung der Arbeitsplätze? Und wer schafft wohl am meisten Jobs in Zukunftsbranchen? Leider gibt es noch kein Rechentool, das solch komplexe Fragen mit klaren Ergebnissen beantwortet. Ein Grund mehr, mit dem „Steuer-O-Mat“ zu spielen und davon zu träumen, was man mit dem Extra-Geld anstellen könnte – wenn es denn fließt. mbe
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