Wo steht der älteste Baum der Welt

Der älteste Baum der Welt steht in ... ja, wo denn nun? Ganz klar ist das nicht. Denn der älteste Baum der Welt ist entweder 5000, 9500 oder sogar 80.000 Jahre alt. Tatsächlich kommt es ganz auf die Definition an. TRAVELBOOK stellt drei Pflanzengreise vor, die für den umstrittenen Titel in Frage kommen.

Wenn es um den ältesten Baum der Welt geht, streiten sich die Gelehrten. Die einen vermuten den Baum in Schweden, andere in Kalifornien und dann gibt es auch noch ein ganz besonders Gewächs, das eher einem Wald als einem klassischen Baum gleicht. TRAVELBOOK hat mit einem Forstwissenschaftler gesprochen und stellt die Titelanwärter vor, von denen einer derzeit akut bedroht ist.

Pando, ca. 80.000 Jahre alt

Wo steht der älteste Baum der Welt
Das älteste und schwerste Lebewesen ist „Pando“, eine Klonkolonie der ZitterpapelFoto: Getty Images

Nicht wirklich ein Baum, sondern eher ein ganzer Wald ist die Klonkolonie „Pando“ im Fishlake National Forest in Utah, USA. Die Amerikanische Zitterpappel wächst seit geschätzten 80.000 Jahren und beansprucht inzwischen einen Raum von 43,6 Hektar für sich. „Pando“ ist damit das älteste Lebewesen der Welt und bricht nebenbei noch einen ganz anderen Rekord: Mit 6000 Tonnen ist die Zitterpappel zudem das schwerste Lebewesen der Welt.

Die Zitterpappel ist dafür bekannt, dass aus ihren ausgebreiteten Wurzeln immer wieder neue Stämme wachsen. Zu „Pando“ gehören inzwischen ungefähr 47.000 Stämme, die aber unterirdisch durch ein gemeinsames Wurzelsystem verbunden sind und sich dieselbe DNA teilen. Umso dramatischer, dass Pando akut bedroht ist. Denn seit einigen Jahren geht das Wachstum des Riesen zurück, immer weniger junge Stämme kommen nach. Dafür gibt es mehrere Ursachen, wie unter anderem „CNN“ berichtet. Neben den sich ändernden Bedingungen des Klimawandels und Pilzerkrankungen der Hauptstämme sind vor allem andere Lebewesen die größte Bedrohung: Rehe, Hirsche und Elche. Da deren natürliche Feinde, Wölfe und Pumas, in der Region ausgerottet sind, nagen die Pflanzenfresser nun die nachkommenden, jungen Triebe Pandos an. Das bedeutet, dass in großen Teilen von Pando kaum neues Wachstum stattfindet. Der Baum ist also akut vom Aussterben bedroht.

Wo steht der älteste Baum der Welt
Dieses Foto zeigt Pandos Problem: Junge Triebe werden von Wild aus der Umgebung angefressenFoto: dpa picture alliance

Die Sorge um Pando ist zwar berechtigt – um den ältesten Baum der Welt muss man sich aber keine Sorgen machen. Denn laut Forstwissenschaftler Prof. Dr. Roloff handelt es sich eben um ein Lebewesen, nicht aber um einen einzigen Baum. „Die ersten Bäume ‚Pandos‘ sind längst tot, da diese Baumart nur 200 Jahre alt wird. Die heutigen Vertreter sind sozusagen die Ur-ur-ur-ur-ur-Enkel, die aber alle von demselben Baum abstammen“, erklärt Roloff TRAVELBOOK. Pando scheidet also aus um das Rennen um den Titel. Wer bleibt noch?

Old Tjikko, ca. 9550 Jahre alt

Wo steht der älteste Baum der Welt
Auf den ersten Blick ist wenig Beeindruckendes an Old Tjikko, doch der Baum, bzw. sein Wurzelsystem, ist fast 10.000 Jahre alt. Foto: Wikipedia/Karl Brodowsky / CC BY 3.0

Geht es um den ältesten Baum der Welt, wird oftmals dieser Kandidat genannt. Es handelt sich um eine Gemeine Fichte, genannt „Old Tjikko“, die im Nationalpark Fulufjället in Schweden steht. Das auf den ersten Blick unscheinbare Bäumchen soll stolze 9550 Jahre alt sein. Das hätten Untersuchungen durch eine Radiokohlenstoffdatierung des Wurzelsystems ergeben. Entdeckt wurde der Baum und sein außergewöhnliches Alter von Leif Kullmann, Professor für Physische Geographie, der den Baum kurzerhand nach seinem Hund, dem Husky Old Tjikko benannte.

Der fünf Meter hohe Stamm ist dabei lediglich ein paar hundert Jahre alt – der wirklich beeindruckend alte Teil des Baums befindet sich, wie auch bei Pando, unter der Erde: sein Wurzelsystem. Denn „Old Tjikko“ ist ein individueller Klonbaum. Der Stamm selbst werde nur um die 600 Jahre alt, das Wurzelsystem aber überlebe den Stamm und bilde einen neuen, sobald der alte sterbe, zitiert „National Geographic“ Kullmann.

Doch so beeindruckend das auch klingt, Prof. Dr. Roloff zweifelt dieses Ergebnis an. Vor fast 10.000 Jahren sei es in den schwedischen Gebirgen wegen der Eiszeit noch zu kalt gewesen, erklärt er TRAVELBOOK. Deshalb sei das Wurzelalter unglaubwürdig. Bezieht man sich nicht nur auf das Wurzelsystem, sondern auf das ganze Gewächs inklusive Stamm, steht der älteste Baum der Welt mehr als 8000 Kilometer von „Old Tjikko“ entfernt.

Wo steht der älteste Baum der Welt

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Langlebige Kiefer in Kalifornien, ca. 5070 Jahre alt

Wo steht der älteste Baum der Welt
Methuselah galt lange als der älteste Baum der WeltFoto: Getty Images

Der vermutlich älteste Baum befindet sich nämlich in den White Mountains in Kalifornien. Vor der Messung 2012 galt die Langlebige Kiefer „Methuselah“ als ältester Baum der Welt, sie ist mehr als 4300 Jahre alt. Eine weitere, erstaunlich alte Langlebige Kiefer wurde 1964 gefällt, bevor ihr Alter bekannt wurde. Zum Zeitpunkt der Fällung war „Prometheus“, so der Name des Baumes, 4862 Jahre alt.

Besonders spannend ist, dass Pflanzen nicht durch eine Sterblichkeit limitiert sind, wie wir es von Menschen und anderen Tieren kennen. Vielmehr ist es in ihrem Erbmaterial festgelegt, wie alt eine Pflanze wird. Und bei Bäumen wie der Langlebigen Kiefer muss dem nicht zwangsläufig ein Ende gesetzt sein, da der Baum sich immer wieder selbst erneuern kann. „Denn ein Baum erneuert jedes Jahr an fast allen seinen Organen einen Teil der Gewebe: Er treibt neue Blätter und Zweige, bildet einen neuen Jahrring im Holz und neue Bastzellen in der Rinde sowie neue Wurzeln, sodass die jüngsten Organe und Organbereiche in der Regel maximal ein Jahr alt sind“, erklärt Prof. Dr. Roloff das Phänomen in seinem Buch „Handbuch Baumdiagnostik“, wobei es sich bei genannten Organen um Blätter, Zweige, dem Stamm und die Wurzeln handelt. Neue Äste und Wurzeln können das Überleben des Baumes sichern, während gewisse Teile absterben.

Langlebige Baumarten müssten eine Vielzahl an Mechanismen entwickelt haben, die sie vor Umwelteinflüssen wie Schädlingen, Krankheiten und Beschädigungen über einen langen Zeitraum schützten, sagt Prof. Dr. Roloff. „Dazu trägt zum Beispiel das Klima des Standorts der Langlebigen Grannenkiefer bei: Es ist kalt und die Vegetationszeit beträgt nur drei Monate – das wiederum hält die Schädlinge in Schach“, sagt der Forstwissenschaftler zu TRAVELBOOK. Hinzu komme, dass die Langlebige Kiefer durch die harten Winter das Wachstum selbst verlangsame und so auch weniger schnell altern würde.

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Die Selbsterneuerung ist jedoch auch der Grund für das Ableben der alten Geschöpfe: Ist der Weg von der Wurzeln in die Astspitze zu weit, können Nährstoffe und Wasser nicht bis in die letzten Enden des Baumes gelangen. Das „System Baum“ funktioniere als Ganzes nicht mehr, da der Nährstoffaustausch zwischen Wurzel und Krone nicht mehr im ausreichenden Maß stattfinden könne, erklärt Prof. Dr. Roloff.