Welche medikamente gibt es bei ads

Die medikamentöse Therapie von ADHS hat sich auch im Erwachsenenalter bewährt. Um Betroffene medikamentös behandeln zu können, sind viele Fragen abzuklären. Wir möchten Sie hier über die wichtigsten Themen im Zusammenhang mit der medikamentösen Behandlung einer ADHS aufklären.

Dazu gehen wir folgenden Fragen nach:

Wann wird eine medikamentöse Therapie empfohlen?

Ob und wann eine medikamentöse Therapie erforderlich ist, ist abhängig vom Schweregrad der ADHS. Damit ist entscheidend, inwieweit die betroffene Person durch die ADHS beeinträchtigt ist und Einschränkungen in ihrem Alltag erlebt.

Manchmal ist die medikamentöse Therapie eine wichtige Voraussetzung für eine Psychotherapie. Ist das der Fall, kann der Betroffene nur durch die Einnahme der Medikamente eine Psychotherapie regelmäßig in Anspruch nehmen und dort Erlerntes in seinen Alltag umsetzen.

Welche Medikamente gibt es zur Behandlung der ADHS im Erwachsenenalter?

Welche Medikamente sind am besten untersucht?

In der medikamentösen Therapie von ADHS bei Erwachsenen sind sogenannte Psychostimulanzien und Atomoxetin am besten untersucht. Beide Substanzen haben sich in Studien als wirkungsvoll bewährt. Bei den Psychostimulanzien wird in Deutschland am häufigsten Methylphenidat verordnet.

Welche Unterscheidungen gibt es unter den Methylphenidat-Medikamenten?

Man unterscheidet Methylphenidat-Medikamente mit kurzer Tageswirkdauer (Handelsnamen: Medikinet®, Ritalin®, Methylphenidat TAD®, Methylphenidat ratiopharm®, Methylphenidat Hexal®) und Medikamente mit längerer Tageswirkdauer (Handelsnamen: Concerta®, Equasym®retard, Medikinet®adult , Medikinet®retard, Ritalin®LA und Ritalin adultLA).

Welche Medikamente sind zur Behandlung der ADHS im Erwachsenenalter zugelassen?

Seit 2011 ist in Deutschland die pharmakologische Behandlung von ADHS bei Erwachsenen möglich. Bei den heute zugelassenen Präparaten handelt es sich um Methylphenidat mit verzögertem Wirkungseintrittes und um Atomoxetin. Für die Erstbehandlung von ADHS im Erwachsenenalter sind aus dem Bereich der Stimulanzien ausschließlich Medikinet adult und Ritalin adult zugelassen. Eine Neueinstellung von Erwachsenen mit ADHS ist auch mit dem Noradrenalin Wiederaufnahmehemmer Atomoxetin (Strattera®) möglich.

Für einige Methylphenidat Präparate besteht die Möglichkeit eine in der Kindheit oder Jugend begonnen Behandlung über das 18. Lebensjahr hinaus fortzuführen. Ob eine derartige Option gegeben ist, muss den Produktinformationen des jeweiligen Präparates entnommen werden.

Eine Behandlung von Erwachsenen mit den genannten Präparaten ist bis zum Beginn des Seniorenalters durchführbar. Danach ist nur eine off-label Verschreibung möglich.

Für die Behandlung von ADHS bei Kindern und Jugendlichen sind heute ferner Guanfacin und Lisdexamfetamin zugelassen. Zur Erstbehandlung von Erwachsenen mit ADHS hat Lisdexamfetamin (Elvanse Adult®) seit Anfang 2019 eine Zulassung.

Neben den erwähnten Substanzen gibt es eine Reihe anderer Medikamente, die zur Behandlung von ADHS eingesetzt werden können, obwohl sie nicht zur Behandlung von ADHS zugelassen sind. Manchmal werden diese Medikamente auch zur Behandlung von Begleitstörungen, beispielsweise Depression verwendet und können dann auch Effekte auf die ADHS-Symptomatik haben.

Welche Wirkungen haben die Medikamente und wie wirken sie?

Die Wirkung der Medikamente, die Methylphenidat enthalten, tritt etwa 30 bis 45 Minuten nach Einnahme der Tabletten oder Kapseln ein. Bei den Medikamenten mit kurzer Wirkdauer bleibt sie dann zwei bis vier Stunden auf maximalem Niveau. Nach drei bis sieben Stunden ist eine deutliche Verminderung der Wirkung zu beobachten. Deshalb ist eine mehrfache Gabe dieser Medikamente am Tag oft notwendig.

Anstatt einer mehrfachen Gabe von Medikamenten mit kurzer Wirkdauer kann auch ein Medikament mit längerer Wirkdauer gegeben werden. Die längere Wirkdauer wird erzielt, indem der Wirkstoff in den Tabletten oder Kapseln im Körper verzögert freigesetzt wird. Die verschiedenen Medikamente mit längerer Wirkdauer unterscheiden sich in der Art der Freisetzung. Deshalb muss der Arzt im Einzelfall überprüfen, welches Medikament mit verzögerter Freisetzung er verschreibt.

Psychostimulanzien werden auf einem speziellen Rezept verordnet, um den Missbrauch dieser Medikamente auszuschließen. Die Medikamente machen aber nicht körperlich abhängig. 

Allerdings hält die Wirkung der Medikamente in der Regel nur solange an, wie das Medikament gegeben wird. Deshalb ist in der Regel eine langfristige medikamentöse Behandlung (siehe unten) notwendig.

Bei Atomoxetin (Strattera®) tritt die Wirkung nicht schon am ersten Tag ein, sondern meist erst nach etwa sechs Wochen. Bei diesem Medikament muss in einem Behandlungsversuch schrittweise aufdosiert werden. Seine Wirksamkeit entfaltet Atomoxetin meist über den ganzen Tag. Atomoxetin muss nicht auf einem besonderen Rezept verordnet werden, weil keine Missbrauchsgefahr besteht. Auch bei  Atomoxetin ist eine Dauertherapie mit regelmäßigen Auslassversuchen notwendig.

Was sind die häufigsten Nebenwirkungen und was kann man dagegen tun?

Bei vielen Betroffenen treten keine Nebenwirkungen unter der Einnahme von Methylphenidat oder Atomoxetin auf. Treten doch Nebenwirkungen auf, sind diese meist nur von kurzer Dauer.

Die häufigsten Nebenwirkungen sind:

  • Appetitsminderun
  • Herzfrequenzanstieg
  • Blutdruckanstieg
  • Dysphorische (herabgesetzte) Verstimmung
  • Kopfschmerzen
  • Magenschmerzen
  • Schlafstörungen

Unter Atomoxetin Behandlung kann es zu sexueller Dysfunktion kommen. Derartige Phänomene sollten stets gezielt erfragt werden.

Wie verläuft ein Behandlungsversuch und wie werden Medikamente optimal eingestellt?

Die medikamentöse Behandlung ist  bei vielen Erwachsenen mit ausgeprägter ADHS wirkungsvoll, es gibt jedoch auch Patienten, die nicht von einer medikamentösen Behandlung profitieren und bei manchen können auch unerwünschte Nebenwirkungen auftreten.

Eine genaue Überprüfung der Wirksamkeit  und möglicher Nebenwirkungen in einem kontrollierten Behandlungsversuch ist daher unbedingt erforderlich. Die medikamentöse Behandlung lässt sich nur dann rechtfertigen, wenn Effekte eindeutig nachgewiesen werden können.

Darüber hinaus reagieren Patienten sehr unterschiedlich auf die Medikamente und die jeweils individuell notwendige Dosis muss deshalb genau bestimmt werden.

Da sich bei Methylphenidat die Wirkung schon mit der ersten Gabe einstellt, kann der Behandlungsversuch und die optimale Dosiseinstellung innerhalb weniger Wochen erfolgen. Bei Atomoxetin ist ein längerer Behandlungsversuch von mindestens sechs bis acht Wochen notwendig, da sich die Wirkung erst nach dieser Zeit voll entfaltet. 

Wenn sich die medikamentöse Behandlung als wirkungsvoll erwiesen hat, dann sollte die Behandlung zunächst für einen längeren Zeitraum als Dauertherapie durchgeführt werden. In dieser Zeit sind regelmäßige Kontrollen und Beratungsgespräche auf jeden Fall nötig. Danach kann die Notwendigkeit zur Weiterführung der Behandlung in einem Auslassversuch überprüft werden.

Wie lange müssen Medikamente eingenommen werden und welche Kontrollen sind notwendig?

Wenn sich die medikamentöse Behandlung in einem Behandlungsversuch als wirkungsvoll erwiesen hat, dann sollte die Behandlung zunächst für einen Zeitraum über sechs bis zwölf Monate als Dauertherapie durchgeführt werden.

In dieser Zeit sind regelmäßige Kontrollen durch den Arzt und Beratungsgespräche auf jeden Fall nötig. In diesen Kontrolluntersuchungen überprüft der Arzt die weitere Wirksamkeit der medikamentösen Therapie und klärt mögliche Nebenwirkungen ab und passt bei Bedarf die Medikation an.

Obwohl es auch bei der Langzeiteinnahme selten gravierende Nebenwirkungen gibt, kontrolliert der Arzt Blutdruck und Puls regelmäßig.

Nach sechs bis zwölf Monaten sollte die Notwendigkeit zur Weiterführung der Behandlung in einem Auslassversuch überprüft werden. Obwohl viele der betroffenen Erwachsenen eine mehrjährige Behandlung benötigen, kann die Besserung der Symptomatik  nach einer gewissen Behandlungszeit auch nach Absetzen der Therapie aufrechterhalten werden.

Mit diesen allgemeinen Hinweisen lassen sich allerdings nicht alle Besonderheiten in jedem Einzelfall berücksichtigen. Es kann daher durchaus vorkommen, dass Ihr Arzt aus gutem Grund eine andere als die hier beschriebene Vorgehensweise vorschlägt. Sprechen Sie Ihren Arzt an, damit er Ihnen die Gründe für ein anderes Vorgehen erklären kann. 

Der Umgang mit Medikamenten zur Behandlung von Betroffenen mit ADHS werden von Fachverbänden in Leitlinien dargelegt und empfohlen. In dem Zusammenhang ist auf die 2018 erschienene deutsche ADHS Leitlinie (AWMF 028-045) zu verweisen.

Die medikamentöse Therapie von Erwachsenen mit ADHS kann eine wichtige Ergänzung zur Beratung und Psychotherapie darstellen; manchmal ist sie sogar eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass psychotherapeutische Verfahren erfolgreich eingesetzt werden können und manche Erwachsene kommen mit den Medikamenten so gut zurecht, dass neben einer regelmäßigen Kontrolle und Beratung keine weiteren intensiven Maßnahmen notwendig sind.

Die Behandlungsleitlinien der Fachgesellschaften empfehlen einen medikamentösen Behandlungsversuch bei Erwachsenen nach einer umfassenden Beratung bei einer ADHS-Symptomatik, welche die alltäglichen Funktionen erheblich beeinträchtigt

In einem medikamentösen Behandlungsversuch wird im Einzelfall überprüft, ob das Medikament wirkungsvoll ist, ob Nebenwirkungen auftreten und welches Medikament in welcher Dosierung optimal ist.