Das Blut übernimmt zahlreiche lebensnotwendige Funktionen und ist Dreh- und Angelpunkt des gesamten Organismus. Um sich in der Vielfalt leichter zurecht zu finden, liefert dieser Artikel die wichtigen Fakten im Überblick. Show Zentrifugiert man eine Blutprobe, so lässt sich eine mehr oder weniger trübe Flüssigkeit (abhängig vom Fettgehalt des Blutes) erkennen, von der sich ein rotes Sediment abgesetzt hat. Die flüssige Komponente stellt das Blutplasma dar, das Sediment den Blutkuchen der Blutzellen. Das Verhältnis von Plasma zu Blutzellen wird durch den Hämatokrit angegeben. Dieser liegt physiologisch bei 42 % für Frauen beziehungsweise bei 45 % für Männer. BlutplasmaDas Plasma macht circa 55% des Blutes aus. Es enthält Wasser, Proteine, Ionen, Hormone und physikalisch gelöste Gase. Aus dem Blutplasma kann außerdem das Serum gewonnen werden, welches frei von Gerinnungsfaktoren ist. Normalwerte der Plasmaelektrolyte:
Damit ergibt sich für das Plasma ein osmotischer Druck von 5.600 mmHg und eine Osmolarität von 290 mOsm/L. Der größte Bestandteil des Plasmas mit 75 g/L sind Plasmaproteine. Sie tragen kaum zur Osmolarität bei, spielen jedoch eine wichtige Rolle für den kolloidosmotischen (auch: onkotischen) Druck, also dem osmotischen Druck zwischen Plasma und Interstitium. Dieser liegt bei 25 mmHg und ist damit deutlich höher als der des Interstitiums (5 mm Hg), was dafür sorgt, dass nicht zu viel Plasmawasser aus den Gefäßen ins Gewebe diffundiert. Das häufigste Plasmaprotein ist Albumin (54-60%). Daher ist es für den onkotischen Druck essentiell. Albumin wird in der Leber produziert und ist eines der kleinsten Plasmaproteine. Es dient als Transporter für Kationen, Bilirubin, Fettsäuren und Cholate. Weitere wichtige Plasmaproteine sind Globuline. Diese werden in α, β und γ eingeteilt. α und β Globuline fungieren wie auch Albumin als Vehikel. So sind zum Beispiel die fetttransportierenden LDL (low density lipoproteins) und HDL (high density lipoproteins) bedeutende Vertreter der Globuline. γ Globuline hingegen haben eine immunologische Funktion und enthalten Immunglobuline (Ig). Sie können in fünf chemisch unterschiedlich aufgebaute Ig Klassen unterteilt werden, wobei im Plasma jedoch vor allem die Immunglobuline IgG, IgA und IgM vorhanden sind.
BlutzellenErythrozyten Im Blutausstrich sind die roten Blutkörperchen durch ihre bikonkave Form leicht zu erkennen. Sie haben einen Durchmesser von 7,5 μm und sind mit einer Anzahl von 4,5 x 106 / μL bei Frauen beziehungsweise 5,2 x 106/μL bei Männern die häufigsten Zellen im Blut. Erythrozyten enthalten Hämoglobin. Sie haben weder Zellkern noch Zellorganellen und haben daher nur eine Lebensdauer von circa 120 Tagen, bevor sie in der Milz abgebaut werden. Die Bildung von Erythrozyten findet im roten Knochenmark statt und wird durch das in der Niere ausgeschüttete Erythropoetin stimuliert. Die letzte Vorstufe des Erythrozyten ist der ebenfalls kernlose Retikulozyt, welcher bei gesteigerter Neusynthese (beispielsweise nach starkem Blutverlust) im Blutausstrich zu finden ist. Erythrozyten haben einen größeren Durchmesser als manche Kapillaren. Deshalb ist die Verformbarkeit der roten Blutkörperchen äußerst wichtig. Diese wird durch ihr besonderes Membranskelett aus Ankyrin, Spektrin und Aktin sichergestellt. Thrombozyten Die Blutplättchen sind in ihrer frei flotierenden Form bikonvex und mit einem Durchmesser von nur 2,5 μm wesentlich kleiner als ein Erythrozyt. Das Blut eines gesunden Menschen enthält 150.000 – 400.000 Thrombozyten/μL Blut. Diese kernlosen Zellfragmente entstehen durch Abschnürung aus den Megakaryozyten des Knochenmarks und zirkulieren etwa zehn Tage im Blut, falls sie nicht vorher zur Blutgerinnung aktiviert werden. Leukozyten Leukozyten sind die Abwehrzellen des Blutes. Ihre Anzahl schwankt zwischen 4.000 und 10.000/μL Blut. Sie werden in Monozyten, Granulozyten und Lymphozyten unterteilt.
Aufgaben des BlutesErythrozyten sind für den Gastransport zuständigDer Sauerstoffgehalt im arteriellen Blut beträgt beim Gesunden circa 200 mL O2 / L Blut. Hämoglobin (Hb) bindet 85% des Sauerstoffs. Der Rest ist physikalisch im Plasma gelöst. Hämoglobin ist im Erythrozyt lokalisiert und besteht beim adulten Hb aus 2α- und 2β-Untereinheiten. Jede Untereinheit hat ein Fe2+-Ion, welches O2 bindet. Somit kann ein Hb vier Sauerstoffmoleküle transportieren. Die Hb-Konzentration liegt bei Männern bei 16 g/dL, bei Frauen bei 14 g/dL. In der Peripherie gibt Hb den Sauerstoff ans Gewebe ab und nimmt einen Teil des Kohlenstoffdioxids auf. Der Hauptanteil des CO2 wird jedoch im Erythrozyten in Form von Bikarbonat transportiert und in der Lunge abgeatmet. Thrombozyten sorgen für die BlutgerinnungDie Blutgerinnung wird Hämostase genannt und teilt sich in primäre und sekundäre Hämostase auf. Die primäre Hämostase wird ausgelöst, wenn das Gefäßendothel beschädigt ist und so Thrombozyten mit dem außerhalb des Gefäßes lokalisierten Kollagen in Kontakt kommen. Dabei bindet der von-Willebrandt-Faktor im Kollagen an seinen Rezeptor, dem Glykoprotein Ib der Thrombozyten, und es kommt zur Adhäsion von Thrombozyten am beschädigten Endothel. Gleichzeitig aktiviert Ca2+ die Blutplättchen. Das bedeutet, dass sich der Tubuli-Ring innerhalb der Thrombozyten zusammenzieht und so Pseudopodien entstehen. Zusammen mit Adenosindiphosphat (ADP), das aus den verletzten Zellen frei geworden ist, findet nun eine Thrombozytenaggregation statt. Es bildet sich ein Blutpfropf. Die aktivierten Thrombozyten sezernieren außerdem Serotonin, Fibrinogen und Thromboxan A2. Letzteres bewirkt unter anderem eine Vasokonstriktion und unterstützt damit den Verschluss der Gefäßöffnung. Damit der Pfropf nicht das ganze Gefäß verstopft, setzt das Endothel Prostacyclin frei, welches die Thrombozytenaggregation hemmt. So ist eine gezielte Pfropfbildung am beschädigten Endothel gewährleistet. Die sekundäre Hämostase teilt sich in das extrinsische und intrinsische System auf. Das extrinsische System greift bei Gewebezerstörung ein und ist mit ca 14 Sekunden Thromboblastinzeit (Quicktest) sehr schnell. Der Tissue Faktor aus den Gefäßmuskelzellen bildet einen Komplex mit Phospholipiden. Dieser wird Gewebethromboblastin genannt und bindet den Gerinnungsfaktor VII, welcher dann unter Ca2+ Anwesenheit den Faktor X aktiviert. Beim intrinsischen System kommt Faktor XII mit negativ geladenen Oberflächen wie Kollagen (oder Glas) in Kontakt und wird dadurch aktiviert. Darauf folgend werden Faktor XI und dann IX aktiviert. Faktor IX bildet mit Phospholipiden und Ca2+-Ionen einen enzymatischen Komplex, welcher Faktor X (Thrombokinase) durch limitierte Proteolyse aktiviert. Dieser Vorgang kann durch den von Thrombin aktivierten Faktor VIII stark beschleunigt werden. Die partielle Thromboblastinzeit liegt hier bei 40-50 Sekunden. Mit der Aktivierung des Faktors X laufen intrinsisches und extrinsisches System zusammen. Faktor X bildet mit Faktor V, Phospholipiden und Ca2+-Ionen den Prothrombinaktivator, welcher Faktor II (Prothrombin) zu Thrombin spaltet. Thrombin wiederum spaltet Faktor I (Fibrinogen) zu löslichem Fibrin, welches mittels Faktor XIII und Ca2+-Ionen fest wird und so einen roten Thrombus bildet. Der Prozess der Gerinnungsauflösung heißt Fibrinolyse. Hierbei wird Plasminogen durch Blutfaktoren zu Plasmin aktiviert. Dieses spaltet Fibrin in einzelne Peptide. Außerdem spaltet es die Gerinnungsfaktoren I, II, V, VIII, IX, XI und XII und senkt somit die Gerinnungsfähigkeit des Blutes. Leukozyten sorgen für die Abwehr von FremdkörpernNeutrophile Granulozyten fungieren als schnelle Einsatztruppe bei Entzündungen und gehören damit zur unspezifischen Abwehr des Immunsystems. Bei einer Infektion erhöht sich die Zahl der Neutrophilen schnell, indem die Reserven aus dem marginalen Pool (am Endothel großer Venen) oder dem Knochenmark herangezogen werden. Sie bekämpfen Bakterien und können Trümmer körpereigener Zellen abbauen. Die Suspension aus toten Neutrophilen und Gewebetrümmern in Gewebsflüssigkeit nennt man Eiter. Eosinophile Granulozyten dienen der Abwehr von Wurmparasiten. Lymphozyten, natürliche Killerzellen ausgenommen, gehören zum spezifischen Immunsystem. Im Thymus werden T-Lymphozyten dazu ausgebildet, Fremdantigene von körpereigenen Antigenen zu unterscheiden und dementsprechend zu reagieren. Dabei entwickeln sich T-Helfer-Zellen, welche die Mechanismen der spezifischen und unspezifischen Abwehr unterstützen, und zytotoxische Lymphozyten, die virusinfizierte oder entartete Zellen anhand ihrer Antigene erkennen und abtöten. B-Lymphozyten können zu Plasmazellen aktiviert werden, welche freie Antikörper herstellen, die die fremden Antigene binden und unschädlich machen. Damit gehören B-Lymphozyten zur humoralen Komponente der spezifischen Abwehr. Bei der Aktivierung differenziert sich ein Teil der B-Lymphozyten zu Gedächtniszellen, welche viele Jahre im Körper verbleiben. Bei einem erneuten Antigenkontakt wissen sie, welche Antikörper benötigt werden. Natürliche Killerzellen zählen zum unspezifischen Immunsystem und können durch ihre zytolytischen Granula bei entarteten Zellen Apoptose hervorrufen.
BlutkrankheitenEntzündungswerte im BlutEntzündungswerte spielen eine große Rolle in der Diagnostik. Man erhält sie durch die Analyse einer Blutprobe. Hierbei wird meist die Blutsenkungsgeschwindigkeit, das C-reaktive Protein und die Leukozytenzahl bestimmt. Außerdem kann noch ein Differentialblutbild gemacht werden. Zur Bestimmung der Blutsenkungsgeschwindigkeit wird das Blut in einer Sedivette zwei Stunden senkrecht gelagert. Nach jeweils einer Stunde wird die Höhe der Erythrozytensäule abgelesen. Normalwerte nach einer Stunde liegen bei Männern unter 15 mm und bei Frauen unter 20 mm. Eine Veränderung dieser Werte kann auf Anämien, Entzündungen und sogar Krebs hindeuten. Das C-reaktive Protein gehört zum Immunsystem und gilt als Marker für akute Entzündungen. Seine Konzentration im Blut liegt beim Gesunden unter 10 mg/L. Die Zahl der Leukozyten wird maschinell bestimmt. Bei einer zu hohen Zahl spricht man von Leukzytose. Ist der Wert hingegen erniedrigt, so wird das Leukopenie genannt. Zur Anfertigung eines Differentialblutbildes werden die Leukozyten im Blutausstrich nach Unterformen identifiziert. Bei 100 Leukozyten findet man normal vier Monozyten, 58 neutrophile Granulozyten (davon nur 3 segmentkernig), ein eosiner Granulozyt, bis zu einem basophilen Granulozyt und 35 Lymphozyten. Ist die Zahl der stabkernigen Granulozyten deutlich erhöht, so spricht man von einer Linksverschiebung. Sie weist auf eine bakterielle Infektion hin. Sind zu viele Granulozyten übersegmentiert, ist das eine Rechtsverschiebung. Ihr kann ein Vitamin-B12-Mangel zu Grunde liegen. Anämien
LeukämieLeukämie zeichnet sich durch eine stark erhöhte Anzahl an Leukozyten, insbesondere derer Vorstufen, aus. Diese Leukozytenvorstufen haben noch keine Abwehrfunktion und breiten sich im Knochenmark, im Blut sowie in den lymphatischen Organen aus und reduzieren dadurch deren Funktionen. Das stört die Bildung der anderen Blutzellen. Es kommt zur aplastischen Anämie, einer verringerten Blutgerinnung und einer dramatisch geschwächten Abwehr. GerinnungsstörungenGerinnungsstörungen sind entweder angeboren oder erworben. Eine erhöhte Blutungsneigung basiert meist auf der Störung oder dem Fehlen eines der Gerinnungsfaktoren:
Beliebte Prüfungsfragen zum BlutDie Lösungen befinden sich unterhalb der Quellenangaben. 1. Als Blutplasma bezeichnet man:
2. Welche Substanz dient der Thrombozytenaggregation am besten?
3. Eine Eisenmangelanämie wird am häufigsten Verursacht durch:
QuellenLüllmann-Rauch: Taschenlehrbuch Histologie, 4. Auflage – Thieme Speckmann, Hescheler, Köhling: Physiologie, 6. Auflage – Urban & Fischer Schmidt, Lang, Heckmann: Physiologie des Menschen mit Pathophysiologie, 31. Auflage – Springer Lösungen zu den Prüfungsfragen: 1D, 2C, 3A |