Purpur - die Farbe aus dem Meer Von Norbert Grotjohann, Zu den wertvollsten Textilien und damit als Symbol der sozialen Stellung, des Reichtums und der Vornehmheit galt im Altertum der Purpur. In Rom stand nur den Senatoren das Recht zu, einen breiten Purpurstreifen, latus clavus, um den Ausschnitt ihrer Tunika zu tragen. Die Ritter hatten einen schm�leren Streifen, bei den h�heren Staats- und st�dtischen Beamten war die Toga praetexta mit Purpur ums�umt. Nur der im Triumph einziehende Feldherr durfte sich in ein ganz mit Purpur gef�rbtes und mit Gold gewirktes Gewand kleiden. Sp�ter, insbesondere unter Nero und dann unter Theodosius, wurde durch Gesetze daf�r gesorgt, dass lediglich die geheiligte Person des Kaisers vollkommen purpurne Gew�nder tragen durfte. Im byzantinischen Reich wurden sie erneut Abzeichen der Majest�t und deren n�chster Umgebung; wichtige kaiserliche Dekrete wurden mit Purpurtinte geschrieben und noch im 15. Jh. wurden Purpurh�te und Purpurschleppen erw�hnt. Die Scharlachgew�nder der Kardin�le, zwischen 1484 bis 1471 von Papst PauI II eingef�hrt, erinnern noch an die alte Sitte. Das F�rben von Stoffen geh�rt somit zweifellos zu den �ltesten Techniken der Menschheit, denn schon die �ltesten �berlieferungen (z. B. 1. Buch Mose 37, 32; 2. Buch Mose 26,1 und 39,1) berichten von gef�rbten Kleidern, die zum Teil ausf�hrlich beschrieben werden. Allerdings kennt das Alte Testament nur drei Farbstoffe, den Krapp, den Kermes und den Purpur. Letzterer wurde aus dem eingekochten Saft bestimmter Schnecken hergestellt. Da nun der F�rberei von Stoffen unbedingt die Bereitung der Farbstoffe vorhergehen musste, so d�rfte auch dieser Zweig der chemischen Technik auf ein au�erordentlich hohes Alter zur�ckblicken. Denn auch in den �ltesten �gyptischen Gr�bern hat man gef�rbte Stoffe gefunden. Die Ph�nizier waren ber�hmt wegen ihrer F�rbekunst, und insbesondere in ihrer Hauptstadt Tyrus wurden prachtvoll gef�rbte Stoffe und Teppiche hergestellt, die als vielbegehrte Handelsprodukte in alle Welt verfrachtet wurden. Chemisch ist der Farbstoff bromiertes Indigo. Der echte Purpur ist eine lichtbest�ndige, dunkle, aus Seeschnecken des Mittelmeeres gewonnene und wahrscheinlich von den Ph�niziern erfundene Farbe, von welcher man mehrere Nuancen unterschied Amethystfarbenen, veilchenfarbenen und blauen Purpur. Der vorz�glichste Purpur wurde in Tyrus bereitet, von wo auch Salomon einen Arbeiter kommen lie� und wo dieser Industriezweig noch zur Zeit der r�mischen Kaiser wie auch auf der Insel Djerba im Gebiet von Tunis bl�hte. Sp�ter ging die Purpurfabrikation auch auf Griechen und R�mer �ber. Hier sind die St�dte Tarent und Aquileja genannt. Einen besonderen Ruf hatte in der antiken Welt auch der aus Sardes, der Hauptstadt des Lydierreiches, stammende so genannte "Sardische Purpur". Obwohl wir �ber die kultur- und sittengeschichtliche Bedeutung des Purpurs sowie auch �ber die hohen Preise f�r Purpurstoffe, die in Rom zur Zeit des Kaisers Augustus f�r ein Kilogramm mit Purpur gef�rbter Wolle aus Tyrus bis auf 1200 Mark stiegen, sehr genau unterrichtet sind, wusste man doch bis vor verh�ltnism��ig kurzer Zeit nicht, wie denn eigentlich die Purpurf�rbung aussah, noch wie die Technik ihrer Herstellung gehandhabt wurde. Was wir wissen, dass der Farbstoff bzw. seine Vorstufe aus Meeresschnecken hergestellt wurde. Nun liefern viele Seeschnecken einen roten Saft. Die eigentlichen Purpurschnecken des Altertums sind aber die so genannte "Herkuleskeule" (Bolinus brandaris), die "Purpurschnecke" (Hexaplex trunculus) und vielleicht auch die Purpura haemastoma, die noch bis zum Anfang unseres Jahrhunderts an einzelnen Stellen des Mittelmeeres �hnlich benutzt wurden. Diese Schnecken sondern in einer Dr�se, die in der Decke der Atemh�hle neben der Mitteldarmdr�se liegt, einen gelblichen Schleim ab, welcher an der Luft und im Sonnenlicht gr�n, dann blau, endlich purpur und scharlachrot wird und dabei einen ekelhaften, lange anhaltenden Geruch erzeugt. Die Nucella lapillus, die von den alten Bretonen zum F�rben benutzt wurde, enth�lt drei Farbstoff bildende Dr�senstoffe: einen gelben, am Licht unver�nderlichen, einen apfelgr�nen, der am Licht tiefblau wird, und einen graugr�nen, der am Licht violett bis karminrot wird. Den blauen Purpur scheinen die Alten mit Purpura-Arten allein erzeugt zu haben. Man modifizierte ihn durch Anwendung von anderen Arten und anderen Farbstoffen. Jedenfalls verstand man im Altertum, sehr abweichende Nuancen zu erzielen. Im Allgemeinen war der Purpur umso teurer, je dunkler er war, und das erreichte man wiederum mit einer Doppelf�rbung. Hellere F�rbungen erhielt man dann durch Verd�nnen des Farbbades mit Wasser oder Urin sowie durch Zusatz anderer roter Farbstoffe, wie beispielsweise dem Kermes. Auf diese Weise entstand dann violette bis r�tliche F�rbung, f�r die man auch besondere Bezeichnungen, z. B. Hyazinthpurpur hatte. Es ist sicherlich schon deutlich geworden, dass es beim Purpur nicht nur strukturchemische �hnlichkeiten mit dem Indigo gibt, sondern dass auch das F�rbeverfahren letztlich bei beiden gleich ist: Es handelt sich in beiden F�llen um K�penf�rbungen. Und so war der Arbeitsablauf: Durch zeitgen�ssische Beschreibungen sowie durch diese Schalenberge sind wir auch �ber das "Wo" der damals verwendeten Purpurschnecken genau unterrichtet. In Tyrus wurde vorzugsweise mit dem Saft der Schnecke Bolinus brandaris, in Sidon mit dem von Hexaplex trunculus, gef�rbt. Die letztere Art wurde auch Amethyst-Purpur genannt. An der K�ste Norwegens und Irlands benutzte man noch im vorigen Jahrhundert Saft der "Nordischen Purpurschnecke" (Nucella lapillus) zum Zeichnen der W�sche; an der Westk�ste Zentral-Amerikas f�rbten die Eingeborenen Baumwolle gleichfalls mit dem Saft einer Meeresschnecke, der "Weitmaul-Purpurschnecke" (Purpura patula). F�r eigene Experimente: Eine Schnecke reicht aus, um Farbe zu gewinnen, mit der man Papier oder Stoffe anf�rben kann. Nat�rlich nur im bescheidenen Ausma�. Die Schnecken k�nnen am Mittelmeer gesammelt oder auch auf dem Hamburger Fischmarkt als Lebensmittel gekauft werden. Meist wird dort Murex (Bolinus) brandaris angeboten. Die Schnecken werden bis zum Experiment eingefroren und dadurch zugleich schonend abget�tet. Zur Farbstoffextraktion wird die Schnecke aufgetaut und das Geh�use mit einem Hammer zerkleinert. Deckel und Mitteldarmdr�se (das "Endst�ck") werden entfernt. Die verbleibenden Weichteile werden mit dem Messer grob zerkleinert und in eine Reibschale gegeben. Zum Zerkleinern werden ein Essl�ffel Kochsalz und eine Prise Seesand zugesetzt. Man zerreibt das Ganze mit dem Pistill nach Zugabe von wenig Wasser, bis ein homogener Brei entsteht; je feiner je besser. Zur Gewinnung der Farbl�sung wird das Homogenat durch ein Taschentuch filtriert. Die L�sung wird dunkel aufbewahrt und kann mit dem Pinsel auf Papier oder Stoff aufgetragen werden. Die blau-rote Farbe entsteht erst an der Luft und im intensiven Licht (m�glichst Sonne). Falls die Sch�ler die Geh�use behalten wollen, kann die Schnecke auch gekocht werden. Das dauert allerdings l�nger, oft bleibt auch die Mitteldarmdr�se drin stecken, mit den �blichen Geruchsfolgen nach wenigen Tagen. Drei Minuten Mikrowellenbehandlung reicht auch aus; dabei hat man oft das Gl�ck, dass das ganze Tier durch die Volumenzunahme regelrecht aus dem Geh�use "fliegt". Herkuleskeule
Herkuleskeule (Foto: Blume) Purpurschnecke
Nordische Purpurschnecke
Weitmaul-Purpurschnecke
Rotmund-Leistenschnecke
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