Was passiert wenn man den erbschein nicht beantragt

Auf einen Blick

  • Ein Erbschein ist ein beglaubigter Nachweis für die Erbberechtigung einer oder mehrerer Personen.
  • Erben können damit über das geerbte Vermögen verfügen.
  • Erben müssen keinen Erbschein beantragen, wenn Testamente, Erbverträge oder Generalvollmachten existieren.
  • Bei der Ausstellung durch Gericht oder Notar fallen Gebühren an, deren Höhe sich nach dem Nachlasswert richten.
  • Wenn Sie einen Erbschein beantragen, treten Sie offiziell die Erbschaft an und übernehmen auch etwaige Schulden.
  • Um die Erbschaft nicht im Nachhinein zu bereuen, können Sie das Erbe durch einen Anwalt auf Überschuldung prüfen lassen.

Ein Erbschein ist ein amtliches Zeugnis, welches das Erbrecht eines Erben bestätigt. Bei mehreren erbberechtigten Personen gibt er Auskunft über die Höhe der Erbteile.

Er dient als Ausweispapier gegenüber Dritten wie z. B. Banken, Versicherungen oder Ämtern. Dadurch können die aufgeführten Personen über geerbte Vermögen verfügen.

Je nach Bedarf kommt einer der folgenden Erbscheine infrage:

  • Der Alleinerbschein bestätigt eine einzige Person als Alleinerben.
  • Der Teilerbschein weist den Anspruch eines einzelnen Erben nach. Alle Erbberechtigten können ihn beantragen.
  • Eine Erbengemeinschaft kann einen gemeinschaftlichen Erbschein beantragen und damit die Vollmacht für alle eingetragenen Miterben erhalten.
  • Weniger häufig sind: gegenständlich beschränkter sowie gemischter Erbschein, gemeinschaftlicher Teilerbschein, Eigenrechtserbschein, Fremdrechtserbschein und europäischer Erbschein.

Wichtig: Es gibt zwar keine Frist für einen Erbscheinsantrag, aber durch die Beantragung treten Sie die Erbschaft an. Eine spätere Erbausschlagung ist dann im Falle eines überschuldeten Erbes nicht mehr möglich.

Wenn Sie die Schulden nicht binnen 3 Monaten durch den Nachlass begleichen können, haften Sie außerdem mit Ihrem Privatvermögen.

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Nur Erben können einen Erbscheinsantrag stellen. Dabei ist unwichtig, ob Sie Erbe durch gesetzliche Erbfolge oder letztwillige Verfügung wie ein Testament sind.

Möchte ein Minderjähriger einen Erbschein beantragen, muss er sich von einem Elternteil oder Sorgeberechtigten vertreten lassen. Auch Nachlassverwalter oder Testamentsvollstrecker können einen Erbscheinsantrag übernehmen.

Sie dürfen keinen Erbschein beantragen, wenn Sie vom Erblasser durch ein Testament oder einen Erbvertrag enterbt wurden und pflichtteilsberechtigt sind.

2. Wann muss ich einen Erbschein beantragen?

Es gibt keine gesetzliche Pflicht für die Beantragung. Einige Institutionen wie Banken und Versicherungen fordern ihn aber zur rechtlichen Absicherung.

Erst mit beglaubigtem Nachweis können Erben über den Nachlass verfügen und Finanzgeschäfte tätigen: Daueraufträge einstellen, Rechnungen begleichen, Verträge kündigen, Konten auflösen und Vermögen übertragen.

Ein Erbschein kann auch in diesen Fällen notwendig sein:

  • Bei einer Grundbuchänderung für ein Grundstück oder eine Immobilie, sofern kein notarielles Testament bzw. Erbvertrag den Eigentumsübergang nachweist.
  • Bei einem Gesellschafterwechsel in einer oHG oder KG durch Erbfall.
  • Wenn der Nachlass gegenüber Dritten (z. B. Mieter bzw. Vermieter) empfangen, verwaltet oder umgeschrieben werden soll.

Hinweis: Ist die Suche nach Erben nicht abgeschlossen oder ein Testament (noch) nicht verifiziert, können Sie i. d. R. keinen Erbschein beantragen.

Der Besitz folgender Dokumente macht einen Erbschein zudem überflüssig und Sie können sich die Kosten eines Erbscheinsantrags sparen:

Sie können einen Erbschein jederzeit beim Nachlassgericht am letzten Wohnort des Verstorbenen beantragen. Sie müssen den Antrag nicht selbst beim Gericht stellen.

Diese Alternativen haben Sie:

  • Sie können eine mündliche Erklärung abgeben, die gerichtlich protokolliert wird.
  • Sie können einen Juristen oder Notar beauftragen, der sich mit dem Gericht in Verbindung setzt.

Erbscheinsantrag: Was brauche ich?

Beim Erbscheinsantrag müssen Sie zu folgenden Sachverhalten wesentliche Angaben machen:

  • Daten von Erblasser und Erben
  • Nachlasswert und damit verbundene Schulden

Zur Überprüfung Ihrer Angaben müssen mehrere Dokumente im Original oder in amtlich beglaubigter Kopie eingereicht werden. Am wichtigsten sind:

  • Personalausweis
  • Anschrift aller Erben
  • Sterbeurkunde des Erblassers

Im Falle einer Erbschaft durch gesetzliche Erbfolge benötigt das Gericht zusätzlich folgende Unterlagen zur Überprüfung Ihrer Angaben:

  • Familienstammbuch, Geburts- und Heiratsurkunden
  • Eidesstattliche Versicherung, dass kein Testament oder Erbvertrag bekannt ist
  • Eidesstattliche Versicherung über den Güterstand, in welchem der Erblasser verheiratet war
  • Verträge zum Erbverzicht oder Sterbeurkunden von theoretisch erbberechtigten Personen

Da jeder Erbfall einer individuellen Beurteilung bedarf, kann das Muster jedoch lediglich als Grundlage genutzt werden und muss auf Ihre Situation zugeschnitten werden. Achten Sie darauf, dem Antrag alle notwendigen Unterlagen beizulegen. Nur so kann eine Zurückweisung des Antrags aufgrund von Unvollständigkeit vermieden werden.

Unser Muster zum Erbscheinsantrag können Sie hier herunterladen.

4. Dauer, Fristen & Kosten eines Erbscheinsantrags

Wenn Sie einen Erbschein beantragen und alle benötigten Unterlagen beifügen, erhalten Sie das Dokument innerhalb weniger Wochen per Post.

Je nach Auslastung der zuständigen Nachlassgerichte kann die Durchführung des Erbscheinsverfahrens länger dauern. Auch Urlaubs- und Ferienzeiten wirken verzögernd.

Fristen

Es gibt keine Frist für einen Erbscheinsantrag. Sie können ihn jederzeit beantragen. Weitere erbrechtliche Ansprüche wie der Pflichtteilsanspruch verjähren nach 3 Jahren.

Allerdings kann es besser sein, sich nicht allzu viel Zeit zu lassen, denn:

  • Möchten Sie die Erbschaft ausschlagen, haben Sie dafür grundsätzlich 6 Wochen Zeit.
  • Treten Sie eine überschuldete Erbschaft an, bleiben Ihnen 12 Wochen zur Schuldentilgung, ansonsten zahlen Sie diese mit Ihrem Privatvermögen zurück.
  • Lehnt das Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins ab, haben Sie eine Frist von 1 Monat, um Beschwerde einzulegen.

Es fallen 2 Gebühren an, wenn Sie einen Erbschein beantragen:

  • Die eidesstattliche Versicherung über die Richtigkeit Ihrer Angaben muss durch Notar oder Gericht beglaubigt werden.
  • Auch für die Erteilung des Erbscheins ist eine einfache Gebühr zu entrichten.

Die Höhe der Gebühren richtet sich nach dem Nachlasswert: Je höher das Erbe, desto teurer der Erbscheinsantrag. Wer einen Erbschein beantragt, trägt die Kosten.

Beantragen mehrere Erben als sogenannte Erbengemeinschaft einen gemeinsamen Erbschein, müssen sich alle aufgeführten Personen (also Erben) an den Kosten beteiligen.

Erbscheinsantrag: Kostentabelle (bei Ausstellung durch Nachlassgericht)

Kontaktieren Erben bei Erbangelegenheiten einen Anwalt, um Ihre Erbschaft rechtlich abzusichern und unnötige Risiken zu vermeiden, entstehen Anwaltskosten. Diese richten sich ebenfalls nach dem Streitwert. Eine Rechtsschutzversicherung übernimmt diese in der Regel.

Durch Falschangaben im Erbscheinsantrag, die Zurückhaltung letztwilliger Verfügungen oder die Vorlage gefälschter Dokumente können Sie Ihren rechtmäßigen Erbanspruch gefährden. Erbunwürdigkeit und strafrechtliche Konsequenzen wären die Folge.

Wenn Sie einen Erbschein beantragen, können weitere Risiken damit verbunden sein:

  • Auftauchen verschollener Dokumente: Durch nachträglich gefundene Testamente oder postmortale Vollmachten kann ein bereits ausgestellter Erbschein angefochten und im Nachhinein für ungültig erklärt werden. Machen Sie dennoch Gebrauch vom Nachlass, droht Ihnen Strafverfolgung.
  • Erbstreitigkeiten: Miterben können einen Erbschein zurückweisen, wenn Sie Ihren Erbanspruch oder die Wirksamkeit eines Testaments bzw. Erbvertrages anzweifeln. Ein Erbstreit kann in einem langwierigen und kostenintensiven Rechtsstreit münden. Bis zur Urteilsverkündung können Sie zudem nicht über den Nachlass verfügen.
  • Haftung für Schulden des Erblassers oder der Erblasserin: Mit einem Erbscheinsantrag treten Sie eine überschuldete Erbschaft an. Können Sie die Forderungen nicht binnen 3 Monaten durch den Nachlass begleichen, haften Sie mit Ihrem Privatvermögen.

Sollte ich zur Absicherung einen Anwalt hinzuziehen?

Wenn Sie einen Anwalt kontaktieren, können Sie in vielfacher Hinsicht von seiner Expertise profitieren und sich gegen Risiken im Erbscheinsverfahren absichern:

  • Ein Anwalt kann Ihren Erbanspruch zweifelsfrei nachweisen und diesen gegenüber Miterben verteidigen.
  • Er kann bei der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses helfen. Das erleichtert die korrekte Berechnung des Nachlasswertes, aus welchem sich auch Ihr Erbanteil ergibt.
  • Er kann die Erbschaft auf Überschuldung prüfen und ggf. die richtigen Schritte einleiten, damit Sie nicht mit Ihrem Privatvermögen haften oder ein wertvolles Erbe ausschlagen.
  • Ein Anwalt kann Streitigkeiten in einer Erbengemeinschaft schlichten.
  • Bei Konflikten mit Pflichtteilsberechtigten und Testamentsvollstreckern kann er eine außergerichtliche Einigung anstreben. Damit kann er einen langen, teuren Rechtsstreit vermeiden.

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Wer erbt, muss sich auch als Erbe ausweisen. Ein Erbschein dient als Ausweispapier gegenüber Banken, Versicherungen und Ämtern. Mit dem Erbschein kann der Erbe nicht nur seine Erbenstellung nachweisen, sondern erlangt dadurch auch das Recht, Konten und Verträge des Verstorbenen zu kündigen.

Um einen Erbschein zu beantragen, sind dem Nachlassgericht bestimmte Dokumente vorzulegen wie z. B.: Personalausweis bzw. Reisepass, Sterbeurkunde des Erblassers, Familienstammbuch zur Dokumentation der Verwandtschaft, Namen und Anschriften der Miterben, Nachweise, weshalb andere Erben keine mehr sind (z. B. Sterbeurkunden, Verzichtserklärungen) sowie gegebenenfalls Testamente oder Erbverträge.

Ein Erbschein ist nicht notwendig, wenn: Sie eine Konto- bzw. Vorsorgevollmacht des Erblassers haben, dieser ein notarielles Testament hinterlassen hat, es einen Erbvertrag mit gerichtlichem Eröffnungsprotokoll gibt oder eine beglaubigte Abschrift des Testaments existiert.

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Als Mitglied der juristischen Redaktion von advocado widmet sich Jasmin Leßmöllmann komplexen Fragestellungen aus dem Arbeits-, Medizin- und Erbrecht. Dabei ist sie bestrebt, dem Leser schwierige juristische Sachverhalte verständlich aufzubereiten und die beste Lösung anzubieten.

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