Das arabische Wort Saum (arabisch صوم, DMG ṣaum) oder Siyam (صيام, DMG ṣiyām ‚Fasten‘, persisch روزه, DMG rūze, türkisch oruç) bezeichnet das religiöse Fasten im Islam.
Das Fasten während des Ramadan gehört zu den fünf Säulen (Grundpflichten) des Islams. Für alle erwachsenen und gesunden Muslime ist das Fasten während des gesamten Monates Ramadan im Normalfall verpflichtend. Hierbei nehmen die Fastenden täglich zwischen Morgendämmerung und Sonnenuntergang[1][2] keine Nahrungs- oder Genussmittel zu sich und dürfen keinen Geschlechtsverkehr haben. Das Mahl zum Fastenbrechen am Abend wird Iftar (arabisch إفطار, DMG ifṭār) genannt. Die letzte Mahlzeit am Morgen nennt man Sahūr. Neben dem Pflichtfasten im Ramadan gibt es im Islam noch verschiedene Arten des Sühnefastens sowie des supererogatorischen Fastens. Zu dem supererogatorischen Fasten gehören zum Beispiel das Fasten am Aschura-Tag[3] und das Fasten im Monat Schaʿbān.[4] Daneben gibt es auch ein freiwilliges Fasten, das auf bestimmte Wochentage beschränkt ist.[5] An den beiden islamischen Festen, dem Opferfest und den drei nachfolgenden Tagen und dem Fest des Fastenbrechens sowie in Nächten ist das Fasten verboten.[6]
Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Zu Personen dieses Namens siehe Ramadan (Begriffsklärung).
Der Ramadan (arabisch رمضان, DMG ramaḍān ‚heißer Monat‘) ist der Fastenmonat der Muslime und neunter Monat des islamischen Mondkalenders. In ihm wurde nach islamischer Auffassung der Koran herabgesandt. Die Sultan-Ahmed-Moschee in Istanbul mit der traditionellen Ramadan-Beleuchtung MahyaVideo: Hochfeste der Religionen (Pessach, Karwoche und Ramadan) Das Fest des Fastenbrechens (arabisch عيد الفطر id al-fitr / türkisch Ramazan bayramı) im unmittelbaren Anschluss an den Fastenmonat zu Beginn des Folgemonats Schawwal ist nach dem Opferfest der zweithöchste islamische Feiertag. Einen besonderen Stellenwert erhält der Fastenmonat Ramadan durch die koranische Aussage, wonach es gerade dieser Monat gewesen ist, in dem der
– Koran: Sure 2, Vers 185 Dem Gedenken an die Offenbarung des Korans ist auch Sure 97 gewidmet, in der es heißt:
– Koran: Sure 97 Aufgrund der vorhergehenden koranischen Aussage gilt es als ausgemacht, dass die Nacht der göttlichen Bestimmung (lailat al-qadr / ليلة القدر / lailatu ʾl-qadr) eine Nacht im Monat Ramadan ist. Da man sich also über die genaue Nacht der Offenbarung des Korans nicht im Klaren war, feiert man diese Nacht überwiegend in der Nacht zum 27. Ramadan, aber auch an anderen ungeraden Tagen der letzten zehn Tage des Fastenmonats. Dem letzten Drittel des Ramadan kommt außerdem deswegen eine besondere Bedeutung zu, weil in dieser Zeit die fromme Übung des Iʿtikāf, der „Absonderung“ in der Moschee, stattfindet. FastenpflichtAus dem bereits genannten Koranvers:
– Koran: Sure 2, Vers 185 und in Zusammenhang mit der ebenfalls erwähnten prophetischen Anweisung „Fastet erst, wenn ihr sie (die Mondsichel – Hilal) seht, und brecht das Fasten erst, wenn ihr sie (wieder) seht…“ usw. ergibt sich das einmonatige Fasten vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang; der erste Versteil in der Sure 2, Vers 184: „(Das Fasten ist) eine bestimmte Anzahl von Tagen (einzuhalten)“ ist nach einstimmigen Interpretationen der Koranexegese (Tafsīr) somit Gegenstand der Abrogation und verlor somit seine Bedeutung zugunsten des darauf folgenden Verses: „Wer nun von euch während des Monats anwesend (d. h. nicht unterwegs) ist, soll in ihm fasten …“. Nach dem Gesetz wird Fasten als Enthaltung (imsak) von bestimmten Tätigkeiten definiert: Verzehr von irdischen Substanzen und Speisen sowie Getränken, Rauchen und Geschlechtsverkehr. Zum Fasten ist jeder Muslim verpflichtet, der in vollem Besitz seiner Geisteskräfte ('aqil), volljährig (baligh) und körperlich dazu imstande (qadir) ist. Das Fasten eines Minderjährigen mit Unterscheidungsvermögen (mumayyiz) ist ebenfalls gültig. Neben diesen praktischen Aspekten der Fastenpflicht gibt es mehrere ethisch-moralische Komponenten, die der Muslim im Ramadan zu beachten hat. Unbedingt zu vermeiden sind üble Nachrede, Verleumdung, Lügen und Beleidigungen aller Art. Das Fasten (saum, siyam / صيام , صوم / ṣaum, ṣiyām) im Fastenmonat Ramadan / رمضان / Ramaḍān ist eine der im Koran verankerten religiösen Pflichten der Muslime. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Saum“ leitet sich aus dem Verb s-w-m in der Bedeutung von „stillstehen“, „ruhen“ und in übertragenem Sinne „sich enthalten“, „fasten“ ab. In den in Mekka entstandenen Koranversen kommt der Begriff nur einmal vor; hier wird Maria durch die Offenbarung befohlen, wie folgt zu sprechen:
– Sure 19, Vers 26: Übersetzung: Rudi Paret Entsprechend wird der Begriff saum (Fasten) von den Koranexegeten an dieser Stelle mit „Schweigen“ (samt) verbunden – als Zeichen der Enthaltsamkeit, die im islamischen Fasten in allen Bereichen des täglichen Lebens charakteristisch ist. Staatliche Zwangsmaßnahmen gegenüber NichtfastendenIn einer Reihe islamischer Staaten ist das Nichteinhalten der Fastenpflicht von staatlicher Seite verboten. In Saudi-Arabien werden sogar Nichtmuslime bestraft, die im Ramadan während des Tages in der Öffentlichkeit essen, trinken oder rauchen.[1] In Marokko machten staatliche Razzien und Verhaftungen von Jugendlichen, die im Ramadan Picknicks veranstalteten, Schlagzeilen.[2][3] Im Jahre 2013 musste, wer in Marokko öffentlich gegen das Fastengebot verstieß, mit einer Verhaftung rechnen.[4] Im algerischen Biskra wurden im Jahre 2008 sechs Männer zu vier Jahren Haft und 1000 Euro Strafe verurteilt, weil sie das Fastengebot nicht eingehalten hatten.[5] In Malaysia mussten Fastenbrecher im Jahr 2015 mit einer Gefängnisstrafe von bis zu sechs Monaten, umgerechnet 236 Euro Geldstrafe oder beidem rechnen.[6] Ausnahmen von der FastenpflichtEs war die Aufgabe der islamischen Jurisprudenz in ihren unterschiedlichen Richtungen, die praktischen Regelungen des Fastens festzulegen. Aber schon der Koran ließ Ausnahmen zu:
– Koran: Sure 2, am Ende des Verses 185 Schwangere, Stillende und Kranke sowie Kinder (= Menschen vor der Pubertät) sind zum Fasten nicht verpflichtet. Schwangere, Stillende und Kranke sollen die versäumten Tage nach Wegfall der Gründe nachholen. Menschen, denen aufgrund von Alter oder Krankheit ein Fasten nicht möglich ist, sollen dafür eine Fastenersatzleistung erbringen, die Fidya oder Fidyah. Schwangere und menstruierende Frauen sind von der Fastenpflicht befreit. Es ist statistisch nachgewiesen, dass die Mehrheit der schwangeren Muslimas trotzdem fastet und dass dies bei arabischen Frauen das Geburtsgewicht des Neugeborenen sowie die Länge der Schwangerschaft reduziert. Die Wahrscheinlichkeit körperlicher und insbesondere geistiger Behinderungen erhöht sich, wenn während der Schwangerschaft gefastet wird (siehe auch Hungerstoffwechsel sowie Hungern und Fasten).[7] Während das tägliche Gebet (salat / صلاة / ṣalāt) und die islamische Pilgerfahrt (haddsch / حجّ / ḥaǧǧ) auf festgelegten Zeiten beruhen, sind der Beginn und das Ende des Fastenmonats Ramadan im islamischen Überlieferungswesen stets widersprüchlich überliefert und diskutiert worden. Den Anfang des Ramadans zeigt die Sichtung (ru’ya / رؤية / ruʾya) der neuen Mondsichel (hilal) am Ende des letzten Tages / in der letzten Nacht des Vormonats Scha’ban an. Der Grundtypus dieser Traditionen in den kanonischen Hadithsammlungen als Direktive des Propheten lautet:
– Hadith Abu Dawud, Buch 13, Nr. 2312; al-Bukhari, Buch 31,Nr. 130-131. Ausschlaggebend für den Beginn bzw. für das Ende des Ramadans ist jeweils die Sichtung der Mondsichel ru’yat al-hilal / رؤية الهلال / ruʾyatu ʾl-hilāl durch einen oder durch mehrere Zeugen. Umstritten bei der Festlegung des Monatsbeginns ist die Rolle der Astronomen (munadschdschim) und der Mathematiker (ahl al-ma’rifa bil-hisab), die es in der frühislamischen Gesellschaft noch nicht gab und die später allein durch Berechnungen (hisab) ohne Sichtung der Mondsichel den Monatsanfang festzulegen bestrebt waren. Die Anweisungen im KoranDie Anweisungen im Koran:
– Koran: Sure 2, Vers 183 haben zur Klärung des im späten 7. Jahrhundert diskutierten Sachverhalts über den Beginn und das Ende des Fastenmonats nichts beigetragen. Die Festlegung des Ramadanbeginns gibt in der arabisch-islamischen Welt bis in die Gegenwart hinein jedes Jahr Anlass zu kontroversen Diskussionen. Denn der Verzicht auf die Sichtung der neuen Mondsichel als Anfang des Ramadans und die stattdessen geführte astronomische Berechnung führen zwangsläufig zur Ignorierung des prophetischen Gebots „fastet erst, wenn ihr sie (die Mondsichel) seht“. In Ägypten bestimmt das erste Neulicht in Assuan den Beginn des Ramadans, wobei das gesichtete Neulicht telefonisch nach Kairo gemeldet wird und anschließend die Ausrufung des Ramadans erfolgt.[8] Das Fest des FastenbrechensMit dem Beginn des zehnten Monats Schawwal, den man ebenfalls durch die Sichtung der neuen Mondsichel festlegt oder im Zweifelsfalle den Ramadan auf dreißig Tage verlängert, feiert man das Fest des Fastenbrechens ('id al-fitr / عيد الفطر / ʿīdu ʾl-fiṭr), auch das „kleine Fest“ genannt (al-'id as-saghir / العيد الصغير / al-ʿīdu ṣ-ṣaġīr; im Türkischen küçük bayram, ramazan bayramı oder Zuckerfest şeker bayramı). Die Festlichkeiten beginnen mit dem obligatorischen Gemeinschaftsgebet, nachdem man die pflichtmäßige Spende, die Almosensteuer des Fastenbrechens (zakat al-fitr / زكاة الفطر / zakātu ʾl-fiṭr) spätestens am 1. Schawwal an Bedürftige entrichtet hat. Da dieses Fest der Fastenzeit ein Ende bereitet, wird es über drei Tage fröhlicher und festlicher begangen als das „große“ Opferfest am 10. Tag des Pilgerfahrtmonats. Daten des Ramadan im gregorianischen KalenderDie berechneten Start- und Enddaten für Ramadan zwischen 2015 und 2025 waren und sind wie folgt:[9]
Das Fasten wird dem Tag, das Fastenbrechen (fitr/iftar) der Nacht zugerechnet, wobei die koranische Direktive:
– Koran: Sure 2, Vers 187 ebenfalls einer näheren Klärung bedurfte. Der Koranvers verlangt unmissverständlich den Fastenbeginn bei Morgendämmerung (fadschr), und zwar dann, wenn die ersten Hell- bzw. Dunkelwerte voneinander zu unterscheiden sind. Eine genauere Klärung erzielte man durch das Heranziehen miteinander vergleichbarer Hadithe in der Traditionsliteratur z. B. mit folgendem Wortlaut: „esst und trinkt, bis Ibn Umm Maktum (zum Gebet – zum salat al-fadschr) ruft“. In der unmittelbaren Fortsetzung dieses Koranverses wird dann das Ende des täglichen Fastens beschrieben:
– Koran: Sure 2, Vers 187 Die Diktion der Offenbarung „bis zur Nacht“ ist auch in diesem Fall sowohl von der Koranexegese als auch vom Hadithmaterial näher erörtert worden, weil offensichtlicher Klärungsbedarf bestand. Dass man darunter nicht unbedingt nur den Sonnenuntergang und das Erlöschen des Sonnenlichts verstand, zeigt die überlieferte Sunna des zweiten Kalifen Umar ibn al-Chattab, der erst bei Anbruch der dunklen Nacht das Abendgebet (salat al-maghrib) verrichtete und erst im Anschluss daran das Fasten brach. Gegen diese Auffassung lässt die Tradition Mohammed wie folgt sprechen: „Gott hat gesagt: Am liebsten unter meinen Dienern ist mir, wer am schnellsten das Fasten bricht.“ Die Rechtslehre hatte angesichts der vagen Formulierungen des Korans in Sure 2, Vers 187 einen mehr oder weniger tragfähigen Konsens hinsichtlich des täglichen Fastenbeginns bzw. Fastenendes getroffen. Bei der Schaffung eines einheitlichen Ritualvollzuges war der Zeitpunkt des Sonnenaufgangs bzw. Sonnenuntergangs maßgebend, wobei man die Morgendämmerung – Fastenbeginn – zeitlich aufzuteilen bestrebt war: Morgendämmerung (fadschr) gemäß Koran mit dem ersten aufsteigenden Licht und die „zweite Morgendämmerung“ (al-fadschr ath-thani / الفجر الثاني / al-faǧr aṯ-ṯānī oder al-fadschr al-achir / الفجر الآخر / al-faǧr al-āḫir) die Morgendämmerung, die sich als feiner Streifen über den Horizont ausbreitet. Letztere ist dann als Zeitpunkt des täglichen Fastenanfangs kanonisiert worden; sie ist die Morgendämmerung, deren Licht – wie es in der Hadithliteratur heißt – „Häuser und Wege mit Licht erfüllt“. Mit dieser Festlegung des Fastenbeginns hängt auch die Fixierung des sogenannten sahūr (سحور / saḥūr /‚die letzte Mahlzeit vor dem täglichen Fastenbeginn‘) im letzten Drittel der Nacht zusammen. Diese Mahlzeit gilt nicht nur als eine gute Überbrückung der bevorstehenden Fastenperiode des kommenden Tages, sondern auch als eine Segenskraft (baraka). Die Engel – so heißt es in vielen Traditionen – werden für einen, der bei Eintritt der ersten Morgendämmerung bei Gott um Verzeihung bittet, genauso Fürbitten einlegen, wie für einen, der den sahur, die letzte Mahlzeit bei Morgendämmerung, einnimmt. Sie ist sogar das Unterscheidungsmerkmal zwischen islamischem Fasten und dem Fasten der „Schriftbesitzer“ – Juden und Christen –, somit ein Erkennungszeichen für einen Muslim und eines der Kriterien seiner Religionszugehörigkeit. Folglich gilt diese letzte Mahlzeit in der Rechtslehre als „empfehlenswert“, oder sogar als sunna, die zu befolgen ist. In der Hadithliteratur sind sogar Tendenzen verzeichnet, die das Einnehmen dieser Mahlzeit zur Pflicht zu machen scheinen: „euch ist die Speise des suhur vorgeschrieben“. In einigen Gegenden ist es üblich, dass ein Wecktrommler (musaḥḥir) vor Sonnenaufgang trommelnd und rufend durch die Straßen zieht, um die Muslime aufzuwecken, so dass sie ihr Sahur einnehmen können. Für Muslime, die in Gebieten nördlich oder südlich des Polarkreises leben, und somit in der Mitternachtssonne (bzw. Polarnacht) keinen Wechsel von Tag zu Nacht erleben, gibt es unterschiedliche Empfehlungen. „Die eher liberalen ägyptischen Theologen sagen: dauern die Tage länger als 18 Stunden, dürfen sich die Gläubigen im Ramadan nach den Zeiten der Heiligen Städte Mekka oder Medina richten. […] Die orthodoxen Saudi-Araber hingegen urteilen: So lange es Sonnenauf- und Sonnenuntergang gibt, müssen diese Zeiten streng eingehalten werden. Alles andere verstoße gegen das Fastengebot, heißt es in ihrer Fatwa. Jene Tage könnten aber später nachgeholt werden.“[12] Der European Council for Fatwa and Research empfahl den Muslimen in Kiruna, sich an den Zeiten in Stockholm zu orientieren.[13] Das Fasten dürfte Mohammed schon in der mekkanischen Periode der Prophetie bekannt gewesen sein, zumal den zu seiner Zeit auf der Arabischen Halbinsel ansässigen Juden und Christen das Fasten als religiöse Institution schon vertraut war. Allerdings lassen weder die Beschreibungen vorislamischer Kulte noch Inschriften und Graffiti aus dem Kulturraum, in dem der Islam entstanden ist, auf arabische Ursprünge des Fastens schließen. Die ersten, im Koran belegbaren Bestimmungen über die Art des Fastens sind in denjenigen Koranversen nachweisbar, die in Yathrib / Medina nach der Auswanderung Mohammeds (Hidschra) entstanden sind. Jedoch sind die Formulierungen dieser Verse neben ihrem imperativen Charakter ziemlich vage:
– Koran: Sure 2, Vers 183–184
– Koran: Sure 2, Vers 184–185 Mohammed schloss sich mit seinen Gefährten in Medina zunächst dem 'aschura-Fest, dem Versöhnungstag der in Medina und dessen Umgebung sesshaften Juden an; man fastet an diesem Tag vom Sonnenuntergang bis zum Sonnenuntergang des nächsten Tages und nicht, wie im Ramadan, nur den Tag über. Nach dem islamischen Mondkalender fiel dieser Tag, an dem das Fasten auch im Islam eine empfehlenswerte Handlung geblieben ist, auf den 10. Muharram; denn an diesem Tag des ersten islamischen Monats soll Noach die Arche verlassen haben. In Mekka wurden an diesem Tag – bis zum letzten Jahrhundert – die Tore des Heiligtums der Kaaba geöffnet. Im zweiten Jahr (623–624) nach der Auswanderung Mohammeds aus Mekka nach Medina waren die Koranverse in Sure 2, Verse 183–185 und 189 der erste Schritt, eine eigenständige, für die islamische Gemeinschaft neue Institution des Fastens einzurichten, deren Vollendung und ritualrechtliche Regelung allerdings der Rechtslehre vorbehalten werden sollte. Die Struktur und inhaltliche Abfolge dieser Verse zeigen, dass sie nicht gleichzeitig, sondern in einzelnen Teilen offenbart worden sind; der berühmte Gelehrte al-Baidawi († 1286 oder 1292/93), Kadi in Schiras, steht mit dieser Auffassung in der Korangelehrsamkeit nicht allein. Somit ist die Entstehung des Ramadanfastens und der damit verbundenen Verpflichtungen in einem kurzen historischen Prozess zu sehen; die einzelnen Offenbarungsabschnitte samt ihren inhaltlichen Widersprüchen, die teils vom Koran selbst, teils vom Hadith erklärend aufgehoben wurden, stammen – wie angedeutet – aus der frühmedinensischen Zeit der Prophetie aus dem 2. Jahr der Auswanderung (623–624). Die Festlegung der Zeitaspekte des Fastens oblag somit der religiösen Jurisprudenz. Durch die Fiqh wurden die z. T. unverbindlichen Aussagen des Korans präzisiert und mit Inhalt befüllt.
Wiktionary: Ramadan – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Wiktionary: Fastenmonat – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Monate des Islamischen Kalenders
1. Muharram | 2. Safar | 3. Rabīʿ al-awwal | 4. Rabīʿ ath-thānī | 5. Dschumādā l-ūlā | 6. Dschumādā th-thāniya | 7. Radschab | 8. Schaʿbān | 9. Ramadān | 10. Schauwāl | 11. Dhū l-Qaʿda | 12. Dhū l-Hiddscha Normdaten (Sachbegriff): GND: 4176910-7 | LCCN: sh85111271 Page 2Aschura (arabisch عاشوراء ʿāschūrāʾ, DMG ʿāšūrāʾ von عَشَرَة aschara, DMG ʿašara ‚zehn‘; auf Urdu und persisch عاشورا, in englischsprachigen Texten auch Ashura) wird der zehnte Tag des Monats Muharram genannt, des ersten Monats im islamischen Kalender. Dieser Tag ist für viele Muslime weltweit bedeutsam.
An diesem Tag gedenken die Schiiten des Todes des für sie dritten Imams Husain in der Schlacht von Kerbela. Er gilt als Märtyrer, dessen Ermordung sowohl für Schiiten und Aleviten als auch generell in der Geschichte des Islams ein besonderes Ereignis darstellt, dessen sie mit verschiedenen Trauerfeiern gedenken. Husain war der Sohn von Ali ibn Abi Talib (dem ersten Imam der Schiiten und vierten Khalif der Sunniten) und Enkel des Propheten Mohammed. In der Zeit der Unwissenheit vor der Verkündung des Islams sollen nach sunnitischen Gelehrten die Juden und einige Araber den Tag von Aschura geehrt und gefeiert haben, indem sie gefastet haben. Anlass soll unter anderem folgende Ereignisse gewesen sein:
Aschura-Zeremonie in Syrien, 2017 Araber haben das Fasten möglicherweise vom jüdischen Jom Kippur übernommen.[2] Der Prophet Mohammed soll selber an diesem Tag gefastet haben. Mit der Verkündung des Islams soll er auch das Fasten an diesem Tag zur Pflicht erklärt haben, aber nachdem das Fasten im Monat Ramadan für die Muslime zur Pflicht wurde, hob er diese Regel wieder auf. Sunniten betrachten daher heute noch das Fasten an diesem Tag als empfohlen.[3][4] In einigen Haushalten wird auch heute noch traditionell eine Süßspeise mit demselben Namen (Aşure oder Aschure) gekocht und verteilt, um sich an die Geschichten der Propheten und der damaligen Ereignisse zu erinnern. Nach der Schlacht von Kerbela→ Hauptartikel: Schlacht von Kerbela Die Schlacht von Kerbela fand am 10. Muharram 61 Jahre nach der Auswanderung des Propheten Mohammed (10. Oktober 680 n. Chr.) statt, in der der Enkelsohn des islamischen Propheten Mohammed und dritter Imam der Schiiten Husain ibn Ali mit seinen 72 Gefährten von der Armee Yazids I. getötet worden sind, weil Husain ihm nicht die Treue schwören wollte. Die Umayyaden betrachteten daher diesen Tag als einen gesegneten Tag und feierten diesen Tag, indem sie fasteten. Die Schiiten sehen das Fasten an diesem Tag als nicht empfohlen an. Schiiten und Aleviten trauern um und gedenken heute noch Husain.[5] Aleviten bringen aber auch in der heutigen Zeit mit Aşure ihren Dank zum Ausdruck, dass Zain al-Abidin, der Sohn von Husain ibn Ali (und somit Urenkel von Mohammed) aufgrund seiner Krankheit die Schlacht von Kerbela überlebte.[6] → Hauptartikel: Trauerzeremonien zu Muharram Szene aus einem Trauerschauspiel zu Aschura im Iran Schiiten, Aleviten und einige Anhänger anderer Religionen trauern an dem Tag von Aschura um Husain und seine Gefährten. Anfangs war das Lesen von Gedichten über die Märtyrer von Kerbela und Weinen der einzige Teil der Trauersitzungen; aber allmählich kamen andere Traditionen hinzu, darunter das leichte Schlagen auf die Brust (Sīnazanī), Trauerschauspiele (Ta’ziya) und das Vortragen von den Wehklagen Husains und anderen (Rawḍa-khwānī) und weitere hinzu, welche in der Zeit der Buyiden und in der Herrschaft der Safawiden entstanden und bekannt wurden. Die Mehrheit der schiitischen Gelehrten lehnt die Selbstgeißelung (Tatbir), die zu Verletzungen führt, ab. Meistens beginnen die Trauerzeremonien schon am 1. Muharram mit der Ankunft Husains in Karbala und können bis zum 12. Muharram mit der Vertreibung der Hinterbliebenen gehen. Das deutsche Bundesland Hamburg erklärte 2012 Aschura – und gleichzeitig das Opferfest und das Fest des Fastenbrechens zum Ende des Ramadan – zu Feiertagen. Damit waren diese Feiertage dem Reformationstag, Fronleichnam und dem Buß- und Bettag gleichgestellt.[7][8] Der Senat der Freien Hansestadt Bremen beschloss 2013 die Gleichstellung der islamischen Feiertage mit den christlichen und jüdischen Feiertagen. Nach einer Änderung des Sonn- und Feiertagsgesetzes haben Angehörige der islamischen Religionsgemeinschaften an Ashura, am Opferfest und am Fest des Fastenbrechens die Gelegenheit zur Teilnahme am Gottesdienst; Schüler haben unterrichtsfrei.[9] In der jüngeren Geschichte Irans wurden die Aschura-Feierlichkeiten mehrfach für politische Protestveranstaltungen benutzt. Im Rückgriff auf die historischen Ereignisse der Schlacht von Kerbela wird dabei die herrschende Regierung mit dem Kalifen Yazid verglichen, während dem iranischen Volk die Rolle der Gefolgsleute Hosseins zufällt, die gegen die herrschende Unterdrückung ankämpfen. 1963Anti-Schah-Demonstration am Aschurafest 1978 Am 3. Juni 1963 griff der schiitische Geistliche Ruhollah Chomeini während der Aschura-Feierlichkeiten Schah Mohammad Reza Pahlavi anlässlich dessen Reformprogramms der Weißen Revolution in einer Rede in Ghoms Faizieh-Schule persönlich an, indem er sich mit folgenden Worten „gegen den Tyrannen unserer Zeit“ wandte: „Diese Regierung ist gegen den Islam gerichtet. Israel ist dagegen, dass im Iran die Gesetze des Korans gelten. Israel ist gegen die erleuchtete Geistlichkeit … Israel benutzt seine Agenten in diesem Land, um den gegen Israel gerichteten Widerstand zu beseitigen … der Koran, die Geistlichkeit … Oh Mr. Schah, oh erhabener Schah, ich gebe Ihnen den guten Rat nachzugeben und (von diesen Reformen) abzulassen. Ich will keine Freudentänze der Bevölkerung sehen, an dem Tag, an dem Sie das Land auf Befehl Eurer Meister verlassen werden, so wie alle jubelten, als Ihr Vater das Land einst verlassen hat.“[10]Nach dieser Rede wurde Chomeini am 5. Juni 1963 verhaftet. In der Folge kam es noch am selben Tag zu gewalttätigen Demonstrationen, bei denen 32 Demonstranten zu Tode kamen. Führende iranische Politiker erklärten später, dass die Proteste im Juni 1963 die Geburtsstunde der islamischen Revolution gewesen sei.[11] 1978Die sogenannten Muharram-Proteste des Jahres 1978 gipfelten am 2. Dezember 1978, dem Tag der Aschurafeierlichkeiten in einer Massendemonstration mit über zwei Millionen Teilnehmern rund um den Teheraner Freiheitsturm. Die aufgebrachte Menge forderte die Abdankung des Schahs und die Rückkehr Chomeinis aus dem französischen Exil in den Iran. Am 16. Januar 1979 verließ der Schah Iran. Chomeini kehrte am 1. Februar 1979 in den Iran zurück und wurde von Millionen Iranern begeistert empfangen. Die Islamische Revolution war in ihre entscheidende Phase getreten. 2009Am 26. Dezember 2009, am Vorabend des Aschura-Festes, kam es vom frühen Morgen bis in die Nacht zu Demonstrationen in allen größeren Städten Irans gegen die Regierung des Landes. In Irans Hauptstadt Teheran spielten sich brutale Szenen ab. Den ganzen Tag über lieferten sich regierungskritische Demonstranten und Basidsch-Milizen erbitterte Gefechte, bei denen es zum Einsatz von Schlagstöcken und Tränengas kam. Berichte belegen, dass die Polizei bzw. die Basidsch-Milizien mit scharfer Munition auf Demonstranten geschossen haben, wobei viele Demonstranten ums Leben kamen.[12] Die Demonstranten riefen unter anderem „Tod dem Diktator“ und „Habt keine Angst, wir halten alle zusammen“.[13] Der ehemalige Präsident Chatemi musste seine Ansprache in einer Moschee im Norden Teherans aus Sicherheitsgründen nach wenigen Minuten abbrechen. Erstmals waren auch Rufe nach einem Ende des Velayat-e faqih zu hören. Tags darauf eskalierte die Situation weiter, und es wurde von mindestens acht Todesopfern berichtet.[14] Demonstrationen und teilweise gewalttätige Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften wurden aus 21 Städten Irans berichtet. Ziel der Protestaktionen war nun nicht mehr eine Reform des bestehenden Systems, sondern ein Regimewechsel. In Sprechchören, die am Tag des Aschura-Festes am 27. Dezember 2009 in den Straßen zu hören waren, riefen Demonstranten: „Wir werden kämpfen, wir werden sterben, wir werden unser Land zurückerobern.“[15] Regierung, Justiz und Polizei reagierten am Tag nach dem Aschura-Fest mit einer großen Verhaftungswelle. Mehr als 300 Personen aus dem politischen Umfeld von Mir Hossein Mussawi und Mehdi Karroubi, der Anführer der Oppositionsbewegung, wurden verhaftet, darunter auch Ebrahim Yazdi, der Generalsekretär der Iranischen Freiheitsbewegung und die Medizinprofessorin Noushin Ebadi, Schwester der Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi.[16] Der Geistliche Abbas Waes Tabasi, Vertreter des obersten Führers Ajatollah Ali Chamenei, des Nachfolgers Chomeinis, bezeichnete laut staatlichem iranischen Fernsehen diejenigen, die hinter den derzeitigen Protestaktionen steckten, als „Feinde Gottes“ (mohareb ba choda), die nach den Gesetzen der Scharia hingerichtet werden müssten.[17] 2011Am 6. Dezember 2011 ereignete sich in Kabul, Kandahar und Masar-i-Scharif eine Anschlagserie, die vor allem in Kabul einer Prozession von Schiiten galt. Es war der größte Anschlag auf die schiitische Minderheit im gesamten Afghanistankrieg. 50 Menschen wurden insgesamt ermordet.[18] Der 10. Muharram fällt auf folgende Tage des gregorianischen Kalenders
Wie bei islamischen Festen allgemein üblich, gehört der Vorabend mit zum Fest, da die Tage mit Sonnenuntergang beginnen.
Commons: Aschura – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
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