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Was ist der unterschied zwischen einer weiblichen und männlichen tastatur

Die Emanzipation missfällt mehr Männern, als man denkt. Ihren Frust lassen sie immer häufiger in Form von Attacken im Netz aus.

Aktualisiert: 05.03.2017, 14:58

Was ist der unterschied zwischen einer weiblichen und männlichen tastatur

Der Hass ist schnell in die Tastatur getippt: negative Kommentare gegen Frauen haben zugenommen. (Fotomontage: SoZ)

Vor ein paar Monaten versuchte eine Gruppe junger Männer an einem Samstagabend mitten in Manhattan, auf der Fifth Avenue, sechs Frauen anzuzünden. Bei einer fing der Jupe Feuer, bei einer anderen brannte die Bluse. Ansonsten gab es keine Verletzte. Weil alle Opfer weiblich waren, stufte die Polizei die Angriffe als Hate-Crimes ein. Darunter versteht man Verbrechen, die aus Hass begangen werden. Seit 2010 zählen in den USA nicht nur rassistisch oder fremdenfeindlich motivierte Taten dazu, sondern auch jene, die aus Hass auf Frauen begangen werden.

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«Misogynie» lautet der Fachbegriff dafür, und er kommt einem schrecklich verstaubt vor: Frauenhass, das ist doch so ein Siebzigerjahreding und längst vorbei. Es ist umgekehrt. Der Frauenhass nimmt zu. Er äussert sich krass – etwa dann, wenn islamistische Gruppierungen Mädchen entführen, verkaufen, vergewaltigen und zwangsverheiraten. Dann geben sich alle entsetzt. Dabei gibt es ihn auch hier, den Frauenhass. Nicht nur, wenn junge Männer in New York versuchen, Frauen anzuzünden.

Eine Umfrage der EU ergab letztes Jahr, dass rund 30 Prozent aller Befragten nicht einvernehmlichen Sex nicht so schlimm finden. Was übersetzt heisst: Rund ein Drittel aller Europäer ist der Meinung, unter gewissen Umständen sei es erlaubt, sich beim Sex über den Willen der Frau hinwegzusetzen. Nochmals anders gesagt: Ein Drittel findet, eine Vergewaltigung könne durchaus in Ordnung sein.

Noch deutlicher manifestiert sich der Frauenhass online. Weltweit nimmt die Grobheit im Netz zu, aber am meisten betroffen davon sind die Frauen. Im Internet, einst gefeiert als Ort, wo auch jene eine Stimme haben, die sonst kein Gehör finden, werden Frauen immer häufiger ebenso zu Freiwild wie in der Silvesternacht in Köln.

Der «Spiegel» berichtete vor zwei Wochen vom «erschütternden Hass», dem Politikerinnen und Journalistinnen zunehmend ausgesetzt seien. Die kaum zitierfähigen Beleidigungen und Drohungen sind allesamt darauf ausgerichtet, die Frau als Frau herabzusetzen, zu demütigen, zu verletzen. Es geht nicht um die Politikerin, deren Meinung man nicht teilt. Oder um die Journalistin, deren Argumentation in einem Kommentar man nicht gut findet. Im Vordergrund steht das Geschlecht. Und es provoziert.

«Die Reaktionen auf Artikel weiblicher Autoren sind aggres­siver, und das unabhängig vom Thema.»

Wie sehr das stimmt, zeigte der «Guardian» letztes Jahr auf. Er führte anhand von 70 Millionen Kommentaren, die seit 2006 auf der Website der Zeitung verfasst worden waren, eine detaillierte Untersuchung durch. Das Resultat war so eindeutig, dass die Redaktion festhielt: «Das, was Journalistinnen stets vermutet haben, lässt sich erstmals quantitativ belegen: Die Reaktionen auf Artikel weiblicher Autoren sind aggres­siver, und das unabhängig vom Thema.»

Konkret: Von der Top-Ten-Liste der Autoren, die am meisten Hasskommentare erhalten hatten, waren acht weiblich und zwei männlich. Und das, obschon es sich beim «Guardian» verhält wie bei den meisten Zeitungen: Die Journalistinnen sind drastisch in der Unterzahl. Auf der Top-Ten-Liste jener, die am wenigsten Hasskommentare erhielten, befanden sich nur Männer.

Seit 2010, zeigte die Untersuchung zudem, hat sich der Ton generell, aber vor allem den Autorinnen gegenüber eindeutig verschärft. Allein die Tatsache, dass da eine Frau schreibt oder politisiert, reizt gewisse Männer offenbar derart, dass sie jegliche Contenance verlieren. Da wird nicht, was mittlerweile nicht mehr ungewöhnlich ist, mit Mord gedroht – Frauen kündigt man an, sie zu Tode zu ficken. Überhaupt ist die Vergewaltigung eine beliebte Drohung, eine frauenspezifischere Drohung gibt es nicht. Mehr Hass auch nicht.

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Die Anwürfe gegen Frauen sind zum Phänomen geworden, das sich immer ungenierter zeigt, und zwar überall dort, wo erfolgreiche Frauen in die Öffentlichkeit treten.

Alice Schwarzer, die diesbezüglich so abgehärtet ist wie wohl kaum jemand sonst, sagt: «Es ist, als wären alle Schleusen offen.» Und der Autor der «Süddeutschen Zeitung» hielt in einem Essay zum Thema fest, die Anwürfe gegen Frauen seien zum Phänomen geworden, das sich immer ungenierter zeige, und zwar überall dort, wo erfolgreiche Frauen in die Öffentlichkeit träten.

Und genau darin besteht der Unterschied zwischen Frauenhass und Sexismus. Der Frauenhass richtet sich vor allem gegen unabhängige, selbstbewusste, beruflich erfolgreiche Frauen. Man nimmt ihnen übel, dass sie nicht im Hintergrund bleiben, nicht ihrer Bestimmung als Hausfrau und Mutter nachkommen, sondern ihre Stimme erheben, eine Meinung vertreten und, bewahre, gar Macht haben.

Misogynie ist die Haltung, dass Frauen in die zweite Reihe gehören und dass es gerechtfertigt ist, solche, die sich nicht «richtig», also nicht genügend unterwürfig verhalten, zu bestrafen. Ein Frauenhasser kann ein Gentleman sein – solange die Frau spurt. Sexismus hingegen manifestiert sich in einer grundsätzlich abschätzigen Haltung Frauen gegenüber; deren Berufe, Handlungen oder Äusserungen spielen dabei keine Rolle.

Auch wenn der Umgangston bei uns nicht so grob ist wie in Grossbritannien oder Deutschland, kennen hiesige Politikerinnen und Journalistinnen diese Form von Hass ebenfalls. Viele von ihnen haben längst aufgehört, die Kommentarspalten zu lesen (und begrüssen den Entscheid der NZZ, die Kommentarfunktion nicht mehr länger zuzulassen).

«Was fällt Ihnen eigentlich ein, dem Herrn Ständerat zu widersprechen!»

Die hässliche Post mit den Begriffen «Hure» und «Fotze» erreicht sie trotzdem. Und da stehen dann auch Sätze wie «Gehen Sie doch zurück in die Küche» oder «Sie dürfen froh sein, lässt man Sie überhaupt mitreden». Oder, vor allem nach Auftritten in der «Arena»: «Was fällt Ihnen eigentlich ein, dem Herrn Ständerat zu widersprechen!» Vergewaltigungsdrohungen sind nichts Ungewöhnliches, zugeschicktes Sperma übrigens auch nicht.

Die Politikerinnen sind sich Happiges gewohnt. Aber keine will ihren Namen in der Zeitung lesen; sie möchten weder als Opfer dastehen noch als Sonderfall Frau gelten. Und so legen sie halt auf dem Computer einen Giftordner an, in dem sie die Beleidigungen aufbewahren, wobei eine Nationalrätin meinte, die ganz wider­lichen Mails lösche sie sofort, nur schon der Gedanke, so etwas auf dem Laptop zu wissen, sei ekelhaft.

Die Politikerinnen betonen, auch ihre Kollegen würden vermehrt beschimpft. Aber alle räumen unabhängig von der Parteizugehörigkeit ein, dass es einen ganz bestimmten, unmissverständlichen Unterton gebe, der für sie als Frauen reserviert sei und der da laute: Sie wissen offenbar nicht, wo Ihr Platz ist.

Woher kommt dieser Hass auf Frauen, der sich – wie etwa die Untersuchung des «Guardian» zeigte – durch alle Gesellschaftsschichten hindurchzieht? Und wieso breitet er sich ausgerechnet jetzt aus, wo Deutschland eine Kanzlerin hat, Grossbritannien eine Premierministerin und die Schweiz zwei Bundesrätinnen? Es scheint, als schlage das Pendel im Rahmen der Retraditionalisierung, von der Fachleute seit längerem sprechen, heftig zurück. Das männliche Selbstverständnis ist angesichts der aufholenden Frauen so gekränkt, dass auf die zunehmende weibliche Konkurrenz mit verbalem Dreinschlagen reagiert wird.

Und dann steht der Frauenhass ja auch zwischen zwei Lagern. Er kümmert niemanden so recht. Die Konservativen sehen die Männer als Opfer; sie könnten ja kaum mehr mit einer Frau allein Lift fahren, ohne mit einem Bein im Gefängnis zu stehen (wenn es so einfach wäre, Männer auf diese Weise aus dem Weg zu räumen, müssten dann nicht längst alle Chefs, CEOs, Premiers und Präsidenten weiblich sein?).

«Rassismus sticht Feminismus.»

Und die Linke ist auch keine Hilfe: Sie verurteilt Frauenhass nur dann als solchen, wenn er aus dem richtigen Lager kommt, zum Beispiel von Donald Trump. Frauenhass mit Migrationshintergrund dagegen wird gerne beschönigt, der Aufschrei bleibt verlässlich aus, da kann die ägyptische Journalistin Mona Eltahawy an die Adresse ihrer Glaubensbrüder noch lange ein Buch schreiben mit dem ­Titel «Warum hasst ihr uns so?», es nützt alles nichts. Alice Schwarzer sagt: «Rassismus sticht Feminismus.»

Und so breitet er sich halt aus, der Frauenhass, weil er den einen entgegenkommt und ihn die anderen vom Absender abhängig machen. Damit wird er zur relativen Angelegenheit, verharmlost und letztlich legitimiert. Der Mann ­daheim vor dem Computer fühlt sich im Recht und bestärkt und verfasst sein nächstes Mail. Er vergisst in seinem Hass bloss, dass nicht die Frauen an der von ihm konstatierten Misere schuld sind – sondern Vertreter seines eigenen ­Geschlechts. Weil nach wie vor die Männer das Sagen haben.

Publiziert: 04.03.2017, 20:32