Was gibt es alles für Wahlen in Deutschland?

Platzhalter Lexikon W blau (© Stefan Eling)

Im Grundgesetz ist festgelegt, dass die Wahlen der Abgeordneten zum Deutschen Bundestag in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt werden.

Allgemein, unmittelbar, frei, gleich, geheim - das bedeuten die Wahlgrundsätze

  • Allgemein bedeutet, dass grundsätzlich jeder Bürger und jede Bürgerin, der/die das 18. Lebensjahr vollendet haben, wählen darf.

  • Unmittelbar heißt, dass die Wählerinnen und Wähler die Kandidaten direkt wählen, es gibt in Deutschland keine "Wahlmänner" oder "Wahlfrauen", auf die man seine Stimme überträgt.

  • Frei bedeutet, dass die Wähler frei sein müssen in ihrer Wahlentscheidung, niemand darf auf sie Druck ausüben.

  • Gleich heißt, dass jede Stimme das gleiche Gewicht hat, egal ob jemand arm oder reich ist, ob jemand eine wichtige Position hat oder in der Ausbildung ist.

  • Geheim bedeutet, dass man niemandem erzählen muss, wen man gewählt hat. Deswegen gibt es auch Wahlurnen und eine Wahlkabine.

Für alle Parlamentswahlen in Deutschland

Diese Grundsätze gelten auch bei allen anderen Parlamentswahlen in Deutschland, also auch bei Landtagswahlen oder Kommunalwahlen. Im "Spezial" hier bei HanisauLand findet ihr einige Geschichten, die das erklären.

Quelle: Gerd Schneider / Christiane Toyka-Seid: Das junge Politik-Lexikon von www.hanisauland.de, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2022.

Das aktive Wahlrecht ab 16 Jahren ist in der Bundesrepublik Deutschland noch relativ jung. 1996 führte es Niedersachsen als erstes Bundesland auf Kommunalebene ein. Bis heute zogen zehn weitere Länder nach. Auch in Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen kannst du ab deinem 16. Geburtstag deine Stimme bei Kommunalwahlen abgeben.

Auf Landesebene ist das bisher nur in Brandenburg, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein möglich. In Hessen gab es seit 1998 kurzzeitig das Wahlrecht ab 16. Die Änderung wurde 1999 durch die Regierung unter Roland Koch wieder rückgängig gemacht.

In keinem der Länder besitzen 16-Jährige das passive Wahlrecht, das heißt, dass sie zwar wählen dürfen, aber nicht gewählt werden können, z. B. als Gemeinderatsmitglied.

Was gibt es alles für Wahlen in Deutschland?

Bundestagswahlen

Die Wahl zum Deutschen Bundestag findet alle vier Jahre statt. Wahlberechtigt sind alle Bürger*innen mit deutscher Staatsbürgerschaft, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und seit 1949 mindestens drei Monate ununterbrochen in der Bundesrepublik Deutschland oder der Deutschen Demokratischen Republik gelebt haben. Neben diesem aktiven Wahlrecht gibt es noch das passive Wahlrecht, was bedeutet, dass man sich selbst zur Wahl stellt (Wählbarkeit). Das passive Wahlrecht schließt alle volljährigen Deutschen ein. Jüngere Mitbürger*innen sind in jedem Fall von der Wählbarkeit in ein Amt ausgeschlossen. Das aktive sowie passive Wahlrecht kann unter bestimmten Bedingungen aberkannt werden.

Die Bundesrepublik Deutschland ist in 299 Wahlkreise unterteilt. Jede Wählerin und jeder Wähler hat zwei Stimmen. Die Erststimme ist für den Direktkandidaten oder eine Direktkandidatin im Wahlkreis bestimmt, die Zweitstimme für eine Partei und deren Landesliste. Bundestagswahlen vereinen damit sowohl Elemente der Mehrheitswahl, auch Personenwahl genannt, bei der die Kandidat*innen direkt in den Bundestag gewählt werden als auch Elemente der Verhältniswahl (Stimmen für die Parteien). Neben den 299 direkt gewählten Abgeordneten ziehen weitere 299 über die Landeslisten in das Parlament ein. Der Deutsche Bundestag besteht somit aus mindestens 598 Mitgliedern. Hat eine Partei mehr Direktmandate errungen, als ihr nach den Zweitstimmen eigentlich zustehen, so behält sie diese als Überhangmandate. Die Zahl der Bundestagsabgeordneten erhöht sich dann entsprechend. Im momentanen 19. Bundestag gibt es 709 Abgeordnete. Der Frauenanteil liegt bei 31 Prozent. Zusätzlich gibt es eine 5 Prozent-Klausel, nach der nur diejenigen Parteien bei der Vergabe von Parlamentssitzen berücksichtigt werden, die mindestens 5 Prozent der abgegebenen Stimmen erhalten haben.

Jedes Schulkind lernt: Die Wahlen zum Deutschen Bundestag sind allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim. Doch was bedeutet das? Szene in einem Wahllokal: Ein Wahlhelfer nimmt Personalausweis und Wahlbenachrichtigung eines Teenies mit Punkfrisur entgegen und nickt, als er seinen Namen in der Wählerliste gefunden hat. Ein Herr im Anzug steht in der Wahlkabine und macht sein Kreuz hinter dem Namen einer großen Volkspartei, für die Wartenden sind nur seine Beine sichtbar. Eine Frau in Nonnentracht wirft ihren ausgefüllten und gefalteten Stimmzettel in die dafür vorgesehene Wahlurne.

Artikel 38 des Grundgesetzes

Solche oder ähnliche Situationen spielen sich bei Bundestagswahlen millionenfach ab in Deutschland. Gemäß Artikel 38 des Grundgesetzes: „Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt.“

Diese Wahlrechtsgrundsätze gelten in Deutschland übrigens nicht nur bei Wahlen auf Bundes-, sondern auch auf Landes- und Kommunalebene. Gehen wir sie nacheinander durch, um zu verstehen, was genau sich dahinter verbirgt:  

Unbeschränktes Wahlrecht für Auslandsdeutsche

Allgemein ist die Wahl, weil alle Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland das Stimmrecht besitzen – und zwar unabhängig von Geschlecht, Einkommen, Konfession, Beruf oder politischer Überzeugung. Allerdings müssen sie zum Zeitpunkt der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet haben.

Auch Auslandsdeutsche sind wahlberechtigt, wenn sie entweder nach dem vollendeten 14. Lebensjahr mindestens drei Monate ununterbrochen in Deutschland gelebt haben und dieser Aufenthalt nicht länger als 25 Jahre zurückliegt oder wenn sie aus anderen Gründen persönlich und unmittelbar mit den politischen Verhältnissen in der Bundesrepublik vertraut geworden und von ihnen betroffen sind.

Unmittelbar ist die Wahl, weil die Wählerinnen und Wähler die Abgeordneten direkt (unmittelbar) wählen. Es gibt keine Zwischeninstanz wie zum Beispiel in den USA, wo die Bürgerinnen und Bürger in ihrem Bundesstaat so genannte Wahlmänner wählen, die wiederum den Präsidenten wählen. 

Frei ist die Wahl, wenn die Bürgerinnen und Bürger in ihrer Wahlentscheidung nicht beeinflusst oder unter Druck gesetzt werden. Der Grundsatz der Freiheit der Wahl gewährleistet, dass der Wähler seinen wirklichen Willen unverfälscht zum Ausdruck bringen, vor allem sein Wahlrecht ohne Zwang oder sonstige unzulässige Beeinflussung von außen ausüben kann. Hierzu gehört auch das Recht, nicht zu wählen. 

Jede Stimme zählt gleichermaßen

Gleich ist die Wahl, weil jede Stimme gleich viel zählt, und jede Art von Gewichtung unzulässig ist. Oder wie es im Englischen so treffend heißt: One man – one vote.

Eine Einschränkung erfährt der Grundsatz der Gleichheit durch die Fünf-Prozent-Klausel. Sie besagt, dass Parteien, die bei der Bundestagswahl weniger als fünf Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinigen, nicht in den Bundestag einziehen. Dadurch soll eine Parteienzersplitterung vermieden werden, wie sie der Weimarer Republik zum Verhängnis wurde. Allerdings bedeutet das zugleich, dass die Stimmen derjenigen, die diese Kleinstparteien gewählt haben, nicht im Parlament repräsentiert werden. 

Geheim ist die Wahl, wenn sichergestellt ist, dass der Wähler den Stimmzettel unbeobachtet ankreuzen kann. Die Stimmabgabe erfolgt in Wahlkabinen, die von außen nicht einsehbar sind, und die ausgefüllten Stimmzettel werden gefaltet in die Wahlurnen geworfen, sodass niemand erkennen kann, welche Wahlentscheidung der Wähler oder die Wählerin getroffen hat.    

Wahlanfechtung möglich

Übrigens hat jeder Wahlberechtigte die Möglichkeit, die Wahl anzufechten, wenn er meint, dass gegen einen oder mehrere dieser Wahlrechtsgrundsätze verstoßen wurde.

Eingaben richten sich an den Bundestag, dessen Wahlprüfungsausschuss den Einspruch prüft und eine Entscheidung des Bundestages vorbereitet. Gegen diese Entscheidung ist eine Beschwerde an das Bundesverfassungsgericht möglich. (nal/05.02.2021)

Die Landeszentrale erstellt zu den wichtigsten Wahlen eigene Portale, die vielfältige Informationen rund um die Wahlen bieten. Außerdem finden Sie unter dem Punkt "Wahlen Archiv" einen Rückblick auf die Wahlen ab 2005.