Was braucht man um Tätowierer zu werden

1. Wenn man nicht gerade in einer Großstadt lebt gibt es in der Regel sehr wenige gute Tattoo Studios die überhaupt ausbilden. Wie sollst du richtig tätowieren lernen wenn dein Mentor sein Handwerk selbst nicht richtig beherrscht?

2. Dein Mentor muss trotzdem weiterhin seinem Tagesgeschäft nachgehen und sich um andere Dinge die mit der Selbstständigkeit verbunden sind kümmern. Hierdurch wird dieser selten Zeit haben um wirklich in Ruhe mit dir ins Detail zu gehen. Deshalb bist Du also auch hier die aller meiste Zeit auf dich allein gestellt.

3. Zunächst solltest du wissen, dass es sich bei einer Ausbildung immer um eine Art Tausch Geschäft (Trade-Off) handelt, sodass beide Seiten profitieren. In der Regel bindest du dich vertraglich an ein Studio und verdienst in dem ersten Jahr nichts und gibst anschließend für ein oder mehrere Jahre einen Großteil deiner Einnahmen ab um die investierte Zeit zu begleichen. Alternativ bezahlst du einen monatlichen Betrag an deinen Mentor damit sich dieser die Zeit für dich nimmt. Üblicherweise werden hier die gleichen Stundenraten wie für das Tätowieren berechnet. Dadurch zahlst du schnell mal 500€ im Monat für ein paar wenige Stunden, über zu mehreren zehntausend Euro für einen bestimmten Zeitraum. In allen Fällen findet der Trade-Off auf kurz oder lang statt.

Es gibt aber auch andere Modelle in denen du zum Mädchen für alles degradiert wirst und erstmals nur Putzen, Kaffee kochen etc. darfst und dadurch die meiste Zeit deiner Anwesenheit nichts wirklich lernst. In allen Fällen wirst du dich finanziell zusätzlich absichern müssen bis du dein eigenes Geld verdienst.

Der klassische Weg hat seine Daseins Berechtigung und ich will diesen hier auch nicht schlecht reden. Er ist allerdings verdammt schwer und in meinen Augen einfach nicht mehr Up to Date.

Die verpflichtende Prüfung für Tätowierer besteht aus vier Modulen, die du örtlich und zeitlich unabhängig voneinander absolvieren kannst. Möglicherweise entfallen einzelne Gegenstände aus den Modulen aufgrund der Ausbildung, das stellt die Meisterprüfungsstelle von Fall zu Fall fest. Die Prüfungsgebühren betragen insgesamt 659€, die sich verringern, wenn eben einzelne Gegenstände entfallen. Die Voraussetzung für die Prüfung ist der oben genannte Lehrgang und das vollendete 18. Lebensjahr. 

Die vier Module der Tätowierer Prüfung in Österreich: 

Fachlich praktische Prüfung 

Stechen eines bunten Tattoos inkl. Konturen und Schattierungen mit mind. 15cm Durchmesser. Dabei machst du alle Schritte angefangen bei der Herstellung von Tätowiernadeln über die Vorbereitung, Beratung und Aufklärung des Kunden und natürlich das Stechen des Tattoos. Danach folgt noch die Wundversorgung und die Pflegeanleitung. 

Fachlich mündliche Prüfung

Das ist ein Gespräch zwischen 30 und 40 Minuten, indem du von deiner praktischen Erfahrung erzählen und Fragen beantworten sollst zu den Themen Planung, Sicherheit, Hygiene und Qualitätsmanagement. 

Fachlich schriftliche Prüfung

Die schriftliche Prüfung dauert 5 bis 7 Stunden und behandelt die Themen Anatomie, Somatologie, Dermatologie, Erste Hilfe, Histologie, Geschlechtskrankheiten, Unfallverhütung, Hygiene, Virologie und Tätowiertechnik. Weitere Bestandteile der Prüfung sind die Vorlagenerstellung von Tattoos, Motiv-Erstellung und Cover-up Entwicklung. Die WKO das Fragenpool zur Tätowierer Prüfung veröffentlicht. 

Das vierte Modul besteht in der Unternehmerprüfung gemäß der Unternehmerprüfungsordnung.

28.11.2018, 13:30 Uhr

Traumjob gefunden: Andreas arbeitet seit zehn Jahren als Tätowierer in Hamburg. Aber wie wird man das eigentlich? Und wie sieht so ein Arbeitsalltag aus? Mit NEON hat er über die Vorzüge seines Jobs gesprochen – aber auch über nervige Kunden.

Andreas Eichholt ist 33 Jahre alt und seit zehn Jahren professioneller Tätowierer. Er arbeitet in der "Ältesten Tätowierstube in Deutschland" auf der Hamburger Reeperbahn.

Was machst du den ganzen Tag?

Erstmal schlafe ich aus. Und dann tätowiere ich im besten Fall von Ladenöffnung bis Feierabend – also fünf bis sieben Stunden. Im Schnitt habe ich zwei Kunden am Tag. Dazu kommt dann noch meine Nachbereitungsphase: aufräumen, putzen, um den Laden kümmern. Wenn alles gut läuft, habe ich danach noch ein bisschen Zeit, um für die nächsten Tage die Zeichnungen vorzubereiten.

Convention-Tage können auch mal länger dauern. Wenn man da voll ausgebucht ist, kommt man schon so auf zwölf Stunden Arbeit am Tag.

Wie wird man das?

Ich habe Kunst studiert. Oder besser gesagt: Ich habe versucht, Kunst zu studieren. In den Semesterferien habe ich mich ein wenig gelangweilt und wollte mich in einem künstlerischen Umfeld weiterbilden, also habe ich ein Praktikum in einer Tätowierstube gemacht. Dabei habe ich festgestellt, dass mir das mehr liegt als das Studieren. Also: Studium abgebrochen und eine Ausbildung in dem Laden angefangen. Wobei man sagen muss, dass das keine offizielle Ausbildung ist, sondern quasi ein verlängertes unbezahltes Praktikum, in dem man sich über mehrere Jahre die Fähigkeiten eines Tätowierers angeeignet.

Wie lange die Ausbildung dauert, hängt ganz davon ab: Da es keine offiziellen Richtlinien gibt, entscheidet man selbst oder der ausbildende Tätowierer, ob man so weit ist. Mittlerweile gibt es auch Privatschulen, die das Grundwissen vermitteln. Das ist aber auch nur als Vorbereitung auf eine Ausbildung gedacht. Es gibt Leute, die sind nach einem Jahr bereit – andere sind es nach zehn Jahren nicht.

Ich habe von Anfang an auf Menschen geübt. Wenn man jung ist, viele Freunde hat, die pleite sind, und man Tattoos umsonst anbietet, dann wird nicht so sehr nach der Qualität gefragt. Meine erste Tätowierung habe ich nach einem halben Jahr gemacht, ein fertiger Tätowierer war ich nach zweieinhalb Jahren.

Welchen Satz kannst du nicht mehr hören?

Auf Partys: "Ich hab da auch mal ein Tattoo in Thailand machen lassen. Willst du's mal sehen?" Oder: "Ich wollte mich ja auch schon immer mal tätowieren lassen." Aber das passiert tatsächlich nicht mehr so häufig. Mittlerweile gibt's so viele Tätowierer, da hat jeder einen im Freundeskreis.

Wie ist die Bezahlung?

Beschissen. Nee, jetzt mal ernsthaft. Das klingt alles immer so schön, dass man so und so viel Euro pro Stunde bekommt. Und die ganzen Kunden denken, dass man tierisch reich sein müsste. Ist aber nicht der Fall. Ich habe mal ausgerechnet, was ich netto rausbekomme: Das sind weniger als zehn Euro pro Stunde. Das variiert auch noch, weil manchmal ein schwächerer Monat darunter ist, zum Beispiel während der Urlaubszeit. Finanziell gesehen ist das also kein guter Job, zumindest nicht für alle. Es gibt Leute, die damit richtig viel Geld verdienen. Was die anders machen als ich, weiß ich aber auch nicht.

Andreas arbeitet seit zehn Jahren als professioneller Tätowierer

Außerdem bin ich selbständig. Der Vermieter des Tattoo-Studios stellt den Arbeitsplatz zur Verfügung, je nach Absprache mit mehr oder weniger Interieur und Materialien. Man muss dann entweder einen prozentualen Anteil am Gewinn oder eine Studiomiete zahlen. Als Selbstständiger muss man sich selbst versichern. Das sehen viele Leute nicht bei den 100 Euro pro Stunde.

Was ist das Beste an deinem Job?

Das Beste ist, dass ich mein eigener Chef bin und mir meine Arbeit selbst einteilen kann. Arbeite ich mehr, verdiene ich mehr. Arbeite ich weniger, verdiene ich weniger. Gebe ich mir mehr Mühe, wird’s besser und es fällt direkt auf mich zurück und ich arbeite nicht in die Tasche eines anderen.

Was ist das Nervigste?

Es gibt unglaublich viele schöne Begegnungen, unglaublich viele wirklich interessante Geschichten, die diesen Job ausmachen und die ich wirklich nicht missen möchte. Aber es gibt natürlich auch viele nervige Kunden. Die Leute kommen halt mit mehr oder weniger festen Vorstellungen von ihrem Tattoo und manchmal ist das  gut und manchmal ist das schlecht. Die nervigsten Kunden sind jenem, die sich nicht professionell beraten lassen wollen und auf ihrem Willen beharren, obwohl er aus professioneller Sicht nicht gut ist.

Dein Tipp für Newcomer?

Es ist auf jeden Fall ratsam, eine gewisse Vorbildung zu haben, was kreatives und selbständiges Arbeiten betrifft. Im Studium oder bei irgendeiner Form von Praktikum sollte man das schon mal erlebt haben.

Bevor man sich in ein Tattoo-Studio setzt und die Grundtechniken des Tätowierens erlernt, muss man außerdem zeichnen können. Und man sollte sich die Lehrstelle danach aussuchen, wer dort arbeitet und von wem man was lernen möchte. Wenn man gar nicht zeichnen kann, kann man immer noch Fotorealist werden. Es gibt in jedem Genre auch herausragende Tätowierer. Wenn man nicht mit dem Anspruch rangeht, herausragend zu sein, dann kann man es auch gleich lassen.