Warum gibt es Unterschiede zwischen der Lutherbibel und der katholischen Einheitsübersetzung?

Liebe Susanne,

tatsächlich erscheint im Dezember diesen Jahres – nur zwei Monate nach der neu revidierten Lutherbibel eine Revision der sogenannten Einheitsübersetzung erscheinen. Und es stimmt auch, dass die bisherige Einheitsübersetzung unter evangelischer Beteiligung entstanden ist – zumindest die Psalmen und das Neue Testament. Als die Einheitsübersetzung 1979 veröffentlicht wurde, war man sowohl auf evangelischer, vor allem aber auf katholischer Seite ausgesprochen froh gestimmt, dass es gelungen war, eine solche Bibel herauszugeben. Allerdings war auch damals schon die Einheit, die im Namen Einheitsübersetzung enthalten ist, nur eine katholische Einheit. Der Name entstammt der Tatsache, dass hier eine "einheitliche" Bibelübersetzung für alle deutschsprachigen (katholischen) Diözesen entstand. Für die evangelische Kirche war weiterhin die Lutherbibel maßgeblich.

Der eigentliche Bruch erfolgte allerdings erst bei der Arbeit an der Revision, die jetzt im Dezember auf den Markt kommen wird. Ein großes Problem für die Mitwirkung der evangelischen Kirche war, dass sich Anfang diesen Jahrhunderts das ökumenische Klima sehr deutlich abkühlte. Die Erklärung der römischen Kongregation für Glaubenslehre "Dominus Jesus", die 2000 maßgeblich von dem späteren Papst Joseph Ratzinger verfasst wurde, bezeichnete die evangelischen Kirchen nicht als Kirchen, sondern lediglich als kirchliche Gemeinschaften. Das führte natürlich zu Spannungen im gesamten ökumenischen Prozess. 2003 veröffentlichte die (katholische) Deutsche Bischofskonferenz nun eine Pressemitteilung über die begonnene Revision der Einheitsübersetzung. In dieser Pressemitteilung hieß es: "Seit rund 25 Jahren gibt es die deutsche Einheitsübersetzung der Bibel. Wir haben jetzt eine Überarbeitung beschlossen ... Die Psalmen und das Neue Testament werden in bewährter ökumenischer Zusammenarbeit von evangelischen und katholischen Experten überarbeitet... Bei der Überarbeitung gelten die Normen für die Übersetzung der Heiligen Schrift und für die Erstellung der Lektionaro (Liturgiam authenticam 34-45)." Die hier genannten Normen waren es, die das gemeinsame Projekt der Revision der Einheitsübersetzung scheitern lassen mussten, denn sie besagen, dass jegliche von den Experten verfasste Übersetzung durch den Vatikan anerkannt werden muss. Da wollte die EKD nicht mehr mitgehen und brach die Zusammenarbeit 2005 schließlich ab.

Sie sehen also: Es war in der Tat, ökumenisch gesehen, ein Rückwärtsgang, der eingelegt wurde. Man muss freilich auch sagen, dass die Übersetzung der Bibel ins Deutsche durch Martin Luther auch immer schon evangelische Identität gestiftet hat. "Unsere" Lutherbibel gilt nach wie vor als das, was die evangelische Kirche vereint. Protestantinnen und Protestanten haben darum insgesamt ein geringeres Interesse daran, eine ökumenische Bibel zu nutzen, als das die katholische Kirche hätte, die ja schon das Wort "allgemein" (eben "katholisch") im Namen trägt.

Vermutlich werden wir auch künftig zwei Bibeln für den gottesdienstlichen Gebrauch haben: Die Lutherbibel für die evangelische und die Einheitsübersetzung für die katholische Kirche. Übrigens gibt es eine Bibelübersetzung, die tatsächlich ökumenisch ist: Die Gute Nachricht – Bibel, die 1982 veröffentlicht und 1997 neu überarbeitet wurde, ist in einer evangelischen, katholischen und auch freikirchlichen Zusammenarbeit entstanden. Sie ist also sozusagen die einzige wirklich ökumenische Bibelübersetzung. Nur wird sie eben kaum im Gottesdienst genutzt.

Herzliche Grüße

Frank Muchlinsky

Die Katholiken im gesamten deutschsprachigen Raum haben mit der neuen Einheitsübersetzung eine neue und zeitgemäße Ausgabe der Bibel bekommen. Am 20. September 2016 hat der emeritierte Erfurter Bischof Joachim Wanke die Neufassung der Heiligen Schrift auf der Vollversammlung der Bischöfe in Fulda vorgestellt.

Zehn Jahre lang haben zahlreiche Theologen und Bibelwissenschaftler an der Revision der Einheitsübersetzung von 1979 gearbeitet. Sie haben sich bei der Revision eng am Urtext der Bibel orientiert und auch neue Ergebnisse der Sprachwissenschaft und Archäologie in die Übersetzung einfließen lassen.

Entstanden ist dabei keine komplette Neuübersetzung, sondern eine »moderate Revision«, wie Altbischof Wanke die neue Einheitsübersetzung nennt. Die Revisoren haben bei ihrer Arbeit besonders darauf geachtet, dass der Charakter der bisherigen Bibelausgabe so weit wie möglich gewahrt wurde. Dennoch wurde bei der Überarbeitung des gesamten Bibeltextes jeder Satz auf den Prüfstand gestellt und dabei die Anforderungen einer sowohl kommunikativen als auch liturgischen Übersetzung berücksichtigt:

  • Die Einheitsübersetzung als kommunikativer Text soll bei den Lesern die Wirkung erzielen, die auch die Urtexte erreichen wollten.
  • Die Bibelfassung muss auch für die Liturgie passen, gut les- und hörbar sein.
  • Feste und und beliebte Bibeltexte sowie Gebete sollen nicht verändert werden.

Die Neuausgabe der Einheitsübersetzung gibt es in folgenden Formaten:

  • Standardausgabe im Format 15 x 21,5 cm
  • Kompaktausgabe im Format 12 x 18 cm
  • Taschenausgabe im Format 8 x 16,7 cm
  • Großdruckausgabe im Format 17 x 24 cm
  • Teilausgaben in unterschiedlichen Formaten

Alle Bibeln mit Ausnahme der Teilausgaben enthalten Einführungen in jedes biblische Buch, Zwischenüberschriften, Anmerkungen, Verweisstellen, einen Anhang mit Stichwort- und Personenregister, eine Zeittafel mit Sacherläuterungen sowie 9 Karten. Die Ausgaben sind entweder in schwarz-weiß oder zweifarbig mit der Schmuckfarbe Rot gestaltet.

Darüberhinaus gibt es verschiedene Sonderausstattungen wie z. B. Ausgaben mit Reißverschluss, Bibeln mit Familienchronik, eine illustrierte Bibel mit Motiven der von Marc Chagall gestalteten Glasfenstern, verschiedenfarbige Einbände und unterschiedliche Einbandmaterialien.

Wer die Bibel auch mobil griffbereit haben möchte, der kann sich die kostenfreie BibelApp mit neuer Einheitsübersetzung auf sein Tablet oder Smartphone laden. Die App ist für die Betriebssysteme Android und iOS verfügbar, hier wird allerdings mindestens die iOS-Version 10.10 vorausgesetzt.

Als Einheitsübersetzung wird die katholische Bibelausgabe bezeichnet, die in den deutschsprachigen Bistümern in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Luxemburg, Lüttich und Bozen-Brixen in Liturgie, Seelsorge, Familie und Schule gebräuchlich ist.

Die erste Fassung der Einheitsübersetzung entstand aus den Impulsen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965). Es sollte eine offizielle, praxistaugliche Bibelübersetzung für das gesamte deutsche Sprachgebiet erarbeitet werden. Als Grundlage diente dabei nicht mehr wie bisher üblich der lateinische Bibeltext, die Vulgata, sondern die hebräischen, aramäischen und griechischen Urtexte.

Mitunter wird irrtümlich angenommen, dass es sich bei der Einheitsübersetzung um eine einheitliche Bibel für katholische und protestantische Christen handelt. Die Psalmen und das Neue Testament der Bibelfassung von 1979 entstanden unter der Beteiligung evangelischer Exegeten. Die Texte fanden auch in ökumenischen Gottesdiensten Anwendung. Bei der Revision der Einheitsübersetzung hat sich die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) aus verschiedenen Gründen jedoch dazu entschieden, sich nicht mehr an der Überarbeitung zu beteiligen.

Für die Überarbeitung der Bibeltexte wurden genaue Kriterien formuliert. Die Einheitsübersetzung als Textgrundlage sollte anhand der aktuellen Erkenntnissen der Forschung zu den Urtexten überprüft werden. Falsche Übersetzungen und sachliche Fehler wurden korrigiert, hinzugefügte Textstellen, die nicht in den Urtexten stehen, wurden entfernt sowie ausgelassene Texte wieder hinzugefügt. Außerdem wurden bestimmte Begriffe und Euphemismen dem aktuellen Sprachgebrauch angepasst, biblische Sprachbilder und Metaphern deutlicher formuliert.

So gibt es Textstellen, die gar nicht oder nur gering geändert werden mussten, oder auch vollständig neu formuliert wurden. In manchen Büchern der Heiligen Schrift fallen die Änderungen kaum auf, an anderen Stellen wie im Buch der Psalmen sind sie auf den ersten Blick zu erkennen. Die Orientierung am Urtext führte teilweise zur kompletten Neuübersetzung ganzer Bücher wie z. B. dem Buch Jesus Sirach.

  • Bisher war in der Einheitsübersetzung der Gottesname »Jahwe« gebräuchlich. Er wurde in allen Büchern durch das Ersatzwort »HERR« ersetzt. Dieses Wort wird in der kirchlichen Tradition schon immer als Gottesname verwendet. Dies ist auch ein wichtiges Zeichen für den jüdisch-christlichen Dialog, da Juden den Namen »JHWH« nicht aussprechen dürfen.
  • Zu den neuen Erkenntnissen der Bibelforschung gehört beispielsweise eine Änderung im Römerbrief (Röm 16,7). Hier grüßt Paulus nicht mehr wie bisher den Junias, sondern die Apostelin Junia, die er als herausragend bezeichnet.
  • Eine modernere Sprache zeigt sich in Formulierungen wie der »ebenbürtigen Hilfe«, welche Adam mit Eva hat, oder Elisabeth und Maria, die »schwanger werden« und nicht mehr »empfangen«. Auch das Wort »betroffen« wird dem Kontext entsprechend neu mit »staunen« übersetzt.
  • Die stärkere Berücksichtigung der Lebenswelt, in welcher die biblischen Texte entstanden sind, wird in den Apostelbriefen deutlich. Die griechische Anrede »adelphoi« wurde bislang mit »Brüder« übersetzt. Die Revisoren interpretierten diese Anrede an den Stellen, an denen sowohl Männer als auch Frauen angesprochen werden, als »Brüder und Schwestern«.