Wann wurde die 5 prozent hürde eingeführt

Bei der Bundestagswahl muss eine Partei mindestens fünf Prozent aller Stimmen auf sich vereinen, damit sie bei der Sitzverteilung berücksichtig wird.

Mit CDU, CSU, SPD, AfD, FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen sind derzeit sieben Parteien im Deutschen Bundestag vertreten. Auf dem Stimmzettel zur kommenden Bundestagswahl am 26. September 2021 werden viel mehr Parteien aufgelistet sein. Die meisten von ihnen scheitern jedoch an der Fünf-Prozent-Hürde, ziehen deshalb nicht ins Parlament ein. Wie funktioniert die Sperrklausel und warum gibt es sie überhaupt?

Fünf-Prozent-Hürde bei Bundestagswahlen seit 1953

Die Fünf-Prozent-Hürde gibt es in Deutschland auf Bundesebene seit 68 Jahren. 1953 verabschiedete der Bundestag ein neues Bundeswahlgesetz und führte sie für Bundestagswahlen ein. Seitdem müssen Parteien mindestens fünf Prozent der gültigen Zweitstimmen erhalten, um ins Parlament einzuziehen. Liegt das Zweitstimmenergebnis einer Partei darunter, werden ihr keine Sitze zugeteilt.

Es gibt allerdings Ausnahmen: Gewinnt ein Kandidat einer Partei in einem Wahlkreis die meisten Erststimmen, kann er trotzdem in den Bundestag einziehen. Dies war 2002 der Fall, als die PDS an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert war, die PDS-Politikerinnen Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau aber trotzdem in den Bundestag einziehen konnten. Beide hatten in ihren Berliner Wahlkreisen die Direktmandate errungen.

Dreimal wurde die Grundmandatsklausel wirksam

Hat eine Partei sogar drei Wahlkreise gewonnen, kommt sie in den Bundestag und darf ihre Abgeordnetenzahl sogar entsprechend ihres Zweitstimmenergebnisses aufstocken. Diese sogenannte Grundmandatsklausel kam in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland drei Mal zum Tragen: 1953 profitierte davon die Deutsche Partei, 1957 die Deutsche Zentrumspartei und schließlich nach der Wiedervereinigung auch die PDS: 1994 hatte sie nur 4,4 Prozent der gültigen Zweitstimmen gewonnen – aber vier Direktmandate. Ihr wurden daraufhin 26 Landeslistensitze zugeteilt.

Ausgenommen von der Sperrklausel sind Parteien nationaler Minderheiten. Das betrifft zum Beispiel den Südschleswigschen Wählerverband (SSW) der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein.

Sperrklauseln in den Ländern und Kommunen

Auch die meisten Landtagswahlverfahren orientieren sich am Bundeswahlrecht und damit auch an der Fünf-Prozent-Hürde. Auf kommunaler Ebene haben aber fast alle Bundesländer entsprechende Regelungen abgeschafft. Nur bei den Bezirksverordnetenversammlungen in Berlin gibt es noch eine Sperrklausel in Höhe von drei Prozent.

In Bremen gilt für die Wahl der Stadtbürgerschaft eine Fünf-Prozent-Hürde – eine Ausnahmeregelung, weil sie nicht in einem eigenen Wahlgang stattfindet.

Weimarer Erfahrungen

Ziel der Fünf-Prozent-Hürde ist es, eine zu starke Fragmentierung des Parlaments zu verhindern. Mit der 1953 eingeführten bundesweiten Regelung sollte verhindert werden, dass sehr kleine Parteien im Bundestag vertreten sind. Stattdessen sollten stabile, regierungsfähige Mehrheiten unterstützt werden.

Hintergrund waren die Erfahrungen aus der Weimarer Republik, in der eine zersplitterte Parteienlandschaft die Zusammenarbeit im Parlament massiv beeinträchtigt hatte. Die Folge waren schwierige Regierungsbildungen, politische Instabilität und häufige Neuwahlen.

Kritik an der Fünf-Prozent-Hürde

Trotzdem war die Fünf-Prozent-Hürde in ihrer Geschichte stets umstritten: Kritiker vertreten die Meinung, dass die Sperrklausel etablierte Parteien begünstige und kleineren Parteien den Einzug in das Parlament zu stark erschwere. Diese würden seltener gewählt, da viele Bürger nicht riskieren wollen, dass ihre Stimme wegen der Sperrklausel verloren geht.

Die Fünf-Prozent-Hürde widerspreche zudem dem grundgesetzlich verankerten Gebot, nach dem jede Stimme gleich viel wert sein müsse.

Karlsruhe kippt Sperrklausel bei Europawahlen

Intensiv geführt wurde diese Debatte um die Fünf-Prozent-Hürde zuletzt 2014: Das Verfassungsgericht hatte gerade im Februar die deutsche Drei-Prozent-Hürde bei den Wahlen zum Europäischen Parlament für verfassungswidrig erklärt. Die Karlsruher Richter sahen es als erwiesen an, dass eine solche Sperrklausel gegen die Chancengleichheit der Parteien verstößt. Sie entsprachen damit einer Klage von 19 kleineren Parteien, darunter die NPD, die Piratenpartei und die Freien Wähler, sowie von mehr als tausend Bürgern.

Eine Sperrklausel sei weiterhin noch nicht nötig, „um die Funktionsfähigkeit des Europäischen Parlaments zu erhalten“. Das Europäische Parlament sei auch nicht mit dem Bundestag zu vergleichen, „wo die Bildung einer stabilen Mehrheit für die Wahl einer handlungsfähigen Regierung und deren fortlaufende Unterstützung nötig ist“, so die Begründung des Bundesverfassungsgerichts. Bereits 2011 hatte es die zuvor gültige Fünf-Prozent-Hürde bei den Wahlen zum Europaparlament gekippt. Damit gab es bei der Europawahl im Mai 2014 erstmals keinerlei Sperrklausel mehr in Deutschland.

Unterschiedlich hohe Hürden in Europa

Die Sperrklausel bei Parlamentswahlen besteht jedoch weiter – und das nicht nur in Deutschland: In Europa kennen viele Staaten ähnliche Regelungen, wobei die Höhe der Zugangsbarriere von Land zu Land sehr unterschiedlich ist. So hat beispielsweise Dänemark eine Sperrklausel in Höhe von zwei Prozent, Österreich eine in Höhe von vier Prozent.

Die niedrigste Hürde existiert in den Niederlanden und liegt bei rund 0,67 Prozent. Eine der höchsten Barrieren hingehen gibt es in der Türkei: Hier müssen Parteien mindestens zehn Prozent der Stimmen erreichen, um ins Parlament einzuziehen. (sas/08.02.2021)

Die Fünf-Prozent-Hürde, auch genannt Fünf-Prozent-Klausel, ist die bekannteste und am meisten verbreitete Sperrklausel für Wahlen in Deutschland. Ähnliche Regelungen gibt es in zahlreichen anderen Ländern mit Verhältniswahlrecht. In Österreich gibt es eine Vier-Prozent-Hürde.

In Staaten mit Mehrheitswahlrecht ist sie dagegen meist unbekannt, weil sich durch das Wahlsystem meist klare Mehrheiten ergeben.

In Bayern gilt auch für die nach dem Mehrheitswahlrecht organisierte Erststimme, dass in den Landtag nur Kandidaten der Parteien einziehen können, die mehr als fünf Prozent der Stimmen bekommen.

Die Regelung im Einzelnen

Bei der Wahl zum Deutschen Bundestag gilt Folgendes: Damit eine Partei gemäß der Stimmverteilung Sitze zugeteilt bekommt, muss sie mindestens fünf Prozent der abgegebenen gültigen Zweitstimmen auf sich vereinen. Ansonsten verfallen die für diese Partei abgegebenen Stimmen. Die Fünf-Prozent-Hürde betrifft jedoch nicht die Sitze, die einer Partei durch Direktwahl einzelner Kandidaten (Erststimme) zugefallen sind: Vereinigt ein Direktkandidat in einem Wahlkreis die Mehrheit der gültigen Erststimmen auf sich, erhält er ein Mandat, auch wenn seine Partei an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert. Außerdem kann eine Partei bei der Bundestagswahl unter Berücksichtigung ihrer Ergebnisse aus der Verhältniswahl in den Bundestag einziehen, wenn sie mindestens drei Direktmandate erringt (Grundmandatsklausel).

Ausgenommen von der Fünf-Prozent-Hürde sind teilweise die Parteien nationaler Minderheiten. So wird der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) in Schleswig-Holstein, der die dort ansässige dänische und friesische nationale Minderheit repräsentiert, davon ausgenommen. Im Gegensatz zum schleswig-holsteinischen Wahlgesetz, das nach § 3 I Satz 2 explizit (aufgrund der Bonn-Kopenhagener Erklärung) nur Parteien der dänischen Minderheit von der Sperrklausel befreit, erstreckt sich gemäß § 6 VI Satz 2 des Bundeswahlgesetzes inzwischen die Befreiung von der Fünf-Prozent-Hürde auf alle Parteien nationaler Minderheiten in Deutschland. Neben dem SSW existiert derzeit nur die Wendische Volkspartei als Partei einer nationalen Minderheit, nämlich der Sorben in Brandenburg und Sachsen.

Für den ersten Bundestag 1949 galt nur eine Fünf-Prozent-Hürde je Bundesland. Am 25. Juni 1953 verabschiedete dann der Deutsche Bundestag ein neues Bundeswahlgesetz, nachdem Parteien nur dann ins Parlament Einzug halten, wenn sie mindestens fünf Prozent der bundesweit abgegebenen Stimmen erlangt haben. Für die Bundestagswahl 1990 galt die Fünf-Prozent-Hürde wegen der besonderen Situation direkt nach der deutschen Wiedervereinigung getrennt für West- und Ostdeutschland.

Würdigung und Kritik

Sinn einer Sperrklausel dieser Art ist es, eine Konzentration der Sitzverteilung herbeizuführen, um stabile Mehrheiten zu fördern. Kritiker meinen, dies widerspräche dem Gedanken der Demokratie und dem Grundgesetz (Art 38 Abs. 1 GG), nach dem das Volk bestimmt und jede Stimme den gleichen Wert haben muss. Eingeführt wurde sie in Deutschland nicht nach den Erfahrungen der Weimarer Republik, wie oft angenommen, sondern von Konrad Adenauer, der, auf Grund der Splitterparteien, um die Mehrheit der CDU bei den Wahlen 1949 und 1953 bangen musste.

Die Fünf-Prozent-Hürde ist nicht unumstritten. Sie kollidiert mit dem aus dem Grundgesetz hervorgehenden Demokratieprinzip. Das Bundesverfassungsgericht hat die Sperrklausel auf Bundesebene in seiner bisherigen Rechtsprechung jedoch für verfassungsgemäß erklärt, da es ein funktionsfähiges Parlament als ein höheres Gut ansah als die exakte Widerspiegelung des politischen Willens der Wähler. Garantiert ist ein gleicher Zählwert der abgegebenen Stimmen, nicht jedoch zwingend ein gleicher Erfolgswert, vgl. auch Überhangmandate. Bei Kommunalwahlen wurde die Fünf-Prozent-Hürde von einigen Verfassungsgerichten der Länder dagegen für unzulässig bzw. überprüfungspflichtig erklärt. Bereits kurz nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde vom Bundesverfassungsgericht eine Sperrklausel von 7,5 % in Schleswig-Holstein für verfassungswidrig erklärt (BVerfGE 1, 208).

Kritisiert wird außerdem die Minderheitenregelung: Dass nicht jede Minderheit gleich behandelt wird, widerspricht dem demokratischen Grundgedanken, dass jede Minderheit sich demokratisch beteiligen darf und jede Stimme den gleichen Wert haben soll.

Eine negative Folge der Fünf-Prozent-Hürde ist das dadurch provozierte taktische Verhalten der Wähler: Sie wählen nicht notwendigerweise diejenige Partei, die ihre Interessen am besten vertritt. Zum einen werden neue und kleine Parteien weniger gewählt, als es ihrem Anteil an den Wählerinteressen entspricht, da die Gefahr besteht, dass eine Stimme für sie wie eine ungültige Stimme gewertet wird. Zum anderen erhalten Parteien, die in Umfragen größenordnungsmäßig 5 % der Stimmen erhalten, auf Grund von „Leihstimmen“ regelmäßig deutlich mehr Gewicht, als es dem tatsächlichen Wählerwillen entspricht.

Es gibt die Möglichkeit für Regelungen, mit denen sowohl das Ziel der Stimmenkonzentration als auch das Ziel der Widerspiegelung des Wählerwillens erreicht würde. Zum Beispiel könnte der Wähler durch die Angabe einer oder mehrerer Alternativstimmen festlegen, welche Partei seine Stimme bekommen soll, falls die von ihm bevorzugte Partei an der Sperrklausel scheitert (Stimmweitergabe-Option). Dies würde den Wählerwillen genau widerspiegeln und jede Stimme zum gleichen Erfolgswert führen.

Eine weitere Möglichkeit wäre, dass Parteien die Möglichkeit erhalten, vor der Wahl (z. B. auf Parteitagen) durch einen Beschluss festzulegen, welcher anderen Partei ihre Stimmen zufallen sollen, falls ein eigener Einzug ins Parlament an der Sperrklausel scheitert. Eine Festlegung vor der Wahl ist dabei sinnvoll, da damit ein schnelles und klares Wahlergebnis erreicht wird und eine "Versteigerung" von "freien" Stimmen vermieden werden kann.

Kleinen Parteien, die keine Chance haben, die Sperrhürde zu überspringen, bietet sich die Möglichkeit, durch außerparlamentarische Arbeit und das Ergreifen von Initiative im Rahmen der direkten Demokratie am politischen Willensbildungsprozess mitzuarbeiten.

In anderen Staaten gelten andere Regelungen; in Israel zum Beispiel bestand bis zum 17. Mai 2004 nur eine 1,5-Prozent-Hürde. Dadurch müssen die meisten Regierungen radikale bis fundamentalistische Kleinparteien mit aufnehmen, um die nötige Mehrheit im Parlament zu erreichen. Bei der Wahl der 17. Knesset am 28. März 2006 kam die neue Regelung, 2%, zur Anwendung.

Rechtliche Grundlagen

§6 (Wahl nach Landeslisten), Absatz 6 des Bundeswahlgesetzes in der Fassung vom 23. Juli 1999:

Gesetzlich nicht geregelt ist die Frage was passieren würde, wenn aufgrund einer starken Zersplitterung des Parteiensystems sämtliche Parteien bei einer Bundestagswahl nicht über 5% der Stimmen kämen.

siehe: Bundestagswahlrecht

Für die Landtagswahlen ist die Fünf-Prozent-Hürde in den jeweiligen Landeswahlgesetzen verankert. In den meisten Bundesländern bezieht sich die Fünf-Prozent-Hürde auf die gültigen Stimmen. Nur in Hamburg und Berlin bezieht sie sich auf die abgegebenen Stimmen, so dass die Hürde effektiv etwas höher wird. In Bremen wird die Fünf-Prozent-Hürde in den zwei Wahlbereichen Bremen und Bremerhaven getrennt angewendet. Dies hatte bei Bürgerschaftswahl 2003 zur Folge, dass die DVU und die FDP in Bremerhaven in die Bürgerschaft einziehen konnten, obwohl landesweit keine fünf Prozent der Stimmen erreicht wurden.

Kommunalwahlen

In den meisten Bundesländern wird die Fünf-Prozent-Hürde bei Kommunalwahlen nicht mehr angewandt; in die Kreis- und Gemeinderäte können somit alle Parteien und Gruppierungen einziehen, die – in Abhängigkeit vom Sitzzuteilungsverfahren – genug Stimmen erhalten, um die faktische Sperrklausel zu überwinden. Bei den üblichen Größen von Kreis- und Gemeinderäten von ca. 20 bis 50 Personen sind dies zwischen ca. zweieinhalb und einem Prozent. In Bremen, dem Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen gilt die Fünf-Prozent-Hürde allerdings auch bei Kommunalwahlen; in Rheinland-Pfalz und Berlin (Bezirksverordnetenversammlungen) gibt es eine Drei-Prozent-Hürde.

Siehe auch

  • Mehrheitswahl
  • Verhältniswahl
  • Bundestagswahlrecht
  • Wahlgleichheit
  • Wahlsystem
  • Quorum
  • Für die Parteienfinanzierung gibt es eine 0,5-%- und eine 1-%-Hürde
  • Alternativstimmen-Wahlverfahren oder Stimmweitergabe-Option

Wann wurde die 5 prozent hürde eingeführt