Kinder zocken am Computer Wie Eltern am besten reagieren

Kinder zocken am Computer Wie Eltern am besten reagieren

© Adobe Stock

"Jetzt hör doch endlich auf in den Computer zu starren. Lies mal was, geh raus zum Spielen. Du hockst immer nur stundenlang vor dem Bildschirm." Die Antwort lautet meist: "Lass mich in Ruhe. Ich bin schon auf Level vier. Da muss ich noch fünf schaffen." Und das Klicken der Tasten geht weiter und aus dem Computer tönt weiter die Stimme der Animation. Ihr Kind ist computersüchtig. Es kommt nicht mehr los von den Angeboten des Internets, von den Spielen, den Chats, dem elektronischen Austausch mit Gleichgesinnten. Das betrifft inzwischen Millionen von Kindern und Jugendlichen, das ist inzwischen schon ein feststehender Begriff, mit dem sich Eltern, Lehrer und sogar Mediziner auseinandersetzen müssen. Denn die krankhafte Computernutzung wird inzwischen schon als Krankheit anerkannt. 

Für viele Eltern ein Problem, mit dem sie nicht fertig werden, vor dem sie kapitulieren. Sie müssen erkennen: Den Computer kann man nutzen, um sein Wissen zu verbessern, um Fragen zu erklären - man kann mit ihm aber auch in eine Scheinwelt entfliehen. Und man kann im Internet auch an den Falschen geraten: An Menschen die Kinder und Jugendliche skrupellos ausnutzen und sie übers Internet kriminalisieren. Computersucht ist gefährlich – für das Lebensgefühl von Kindern und Jugendlichen und für Ihre Gesundheit. Deshalb hier das für alle Eltern wichtige Thema: "Computersucht: So kriegen Sie Ihr Kind vom Computer weg."

So erkennen Sie: Mein Kind ist süchtig nach Computerspielen

Die Sucht entwickelt sich bei Kindern und Jugendlichen langsam. Aber sie gleiten unweigerlich nach und nach in das Stadium eines Süchtigen hinein. Bis schließlich die Sucht ihr Leben bestimmt. Um das zu verhindern brauchen Sie ein Frühwarnsystem: Sie müssen bemerken, wenn aus dem Spiel eine Sucht wird. Dazu diese Tipps:

  • Die Betroffenen entwickeln einen inneren Zwang, sich an den Rechner zu setzen und zu spielen. Wenn Sie merken, das Ihr Kind Essen und Trinken vergisst, noch spätabends nicht vom Computer loskommt und auf Mahnungen immer ärgerlicher reagiert, seine sozialen Kontakte vernachlässigt und seine Freunde verliert – dann ist es höchste Zeit einzuschreiten. Und wenn Ihnen dann noch die Schule oder der auszubildende Betrieb mitteilt, das es immer öfter fehlt, dann ist Ihr Kind süchtig nach Computerspielen.
  • Wenn Betroffenen erst einmal vor dem Computer sitzen, dann kennen Sie keine Grenzen und finden kein Ende. Auch, wenn sie selbst sich vorgenommen haben nur eine bestimmte Zeit zu spielen können sie nicht aufhören. Ihre Einwände und Aufforderungen werden einfach ignoriert.
  • Erhöhen Sie den Druck oder bringen Ihr Kind soweit, das es selbst sagt: "Ok, ich schränke die Zeit am Bildschirm ein," dann merken Sie nach einiger Zeit: Es kann sein Versprechen nicht halten, es scheitert und hockt nach kurzer Zeit wieder vor der Tastatur – dann ist die Leidenschaft für Computerspiele schon lägst in eine gefährliche Sucht ungeschlagen.
  • Auch wenn Ihr Kind wegen seiner Leidenschaft für Computerspiele seine Freunde und sogar den Sport vernachlässigt, können Sie eine lange Zeit keine körperlichen Entzugserscheinungen wie bei einer Drogensucht feststellen. Aber achten Sie auf diese Erscheinungen: Es wird reizbar, ängstlich, nervös und ist oft deprimiert. Es verliert seine Lebenslust, wenn es längere Zeit vom Zugang zum Bildschirm ausgeschlossen wird oder sogar aus eigener Kraft darauf verzichtet. Es zeigt eindeutige Entzugserscheinungen.
  • Je länger Kinder und Jugendliche in dieser abgeschotteten Welt leben, desto mehr stumpft ihr Gehirn ab. Die Dosis der Droge "Computerspiel" muss gesteigert werden, um den ersehnten inneren Kick zu erleben. Das bedeutet, das immer häufiger und immer länger gespielt werden muss. Wenn Ihr Kind immer öfter davon spricht, dass es jetzt noch einen höheren Level erreichen will – dann ist die Sucht da.
  • Ein ganz eindeutiges Anzeichen für ein Abgleiten in die Computerspielsucht ist es, wenn selbst Strafandrohungen wie Hausarrest oder der Entzug von Taschengeld nicht helfen und der oder die Süchtige dem Thema konsequent ausweichen.
  • Die von der Sucht Betroffenen wissen meisten sehr genau, das sie sich falsch verhalten. Deshalb versuchen sie ihre Familie oder die Freunde zu täuschen. Sie nehmen Lügen zu Hilfe, sie vertuschen ihre Sucht, sie täuschen wichtige Arbeit im Internet vor – nur um weiter Ihre Computersucht auszuleben.

Ursachen der Computersucht

Wenn in eine Familie das Problem Computersucht bei Kindern oder Jugendlichen auftaucht, dann fragen sich die Eltern natürlich: "Warum ist da bei meinem Kind so. Andere Kinder haben damit doch auch keine Probleme." Für die Ursachen und das Entstehen der Computersucht oder der Abhängigkeit von facebook gibt es viele Erklärungen.

  • Wenn durch die Tätigkeit am Computer ein Erfolgserlebnis zustande kommt oder eine Anerkennung durch Mitspieler, dann will Ihr Kind diese Erlebnisse immer wieder haben. Das intensiviert die Tätigkeit am Bildschirm. Oder die Teilnahme im Chat oder im facebook.
  • Sehr oft sind negative Gefühle und Erfahrungen die Gründe, warum Kinder und Jugendliche am Computer spielen. Dabei können Sie Kummer, Frustrationen und Ängste abbauen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass im Gehirn der Abhängigen psychologische Prozesse ablaufen, die denen von Alkohol- oder Drogensüchtigen ähneln.
  • Diese Spielsucht Ihrer Kinder schaukelt sich immer weiter auf wenn Sie nicht einschreiten. Das Leben in der Familie leidet, die Psyche und Gesundheit Ihrer Kinder auch. Denn natürlich schadet ein solch intensives Hocken vor dem Bildschirm auch der Gesundheit. Es geht auf die Augen, Wirbelsäule und Gelenke werden durch die meist falsche Haltung vor dem Computer geschädigt. Weil das so ist, dürfen in diesem Artikel auch Tipps zum Thema: "So kriegen Sie Ihre Kinder vom Computer weg" nicht fehlen.

Tipps wie Sie Ihren Computersüchtigen Kindern helfen können

Wenn Eltern bemerken, dass ihr Kind fast seine gesamte Zeit vor dem Computer verbringt, dass es an dem allgemeinen Familienleben kaum noch teilnehmen, das sie sich abkapseln, das die Kontakte zu Freunden abbrechen und die schulischen Leistungen abfallen und die Ausbildung gefährdet ist, dann ist es höchste Zeit zu handeln. Noch ist es nicht zu spät, denn nicht jeder der zu viel spielt ist auch schon süchtig. Aber Sie sollten Maßnahmen ergreifen, Ihrem Kind Hilfe anbieten. Dafür in diesem Artikel einige Tipps:

  1. Versuchen Sie, es zum Sport zu bewegen. Mögllchst zu einem Sport in dem Ihr Kind schnell Erfolgserlebnisse hat. Denn dann muss es seine Erfolgserlebnisse nicht am Bildschirm suchen. Wenn es mit anderen Kindern beim Sport Erfolgserlebnisse hat, dann stärkt das sein Selbstbewusstsein, die Scheinwelt der Computerspiele ist als Hilfe für sein Ego überflüssig geworden.
  2. Sie werden das Spiel am Computer nicht generell verbieten können. Aber stellen Sie im Gespräch fest: Warum spielt mein Kind, warum ist das so wichtig? Zeigen Sie Interesse, lassen Sie sich das Spiel erklären.
  3. Versuchen Sie zu ergründen, warum das Spielen am Computer für Ihr Kind zur Sucht geworden ist. Spielt es aus Langeweile, ist es unterfordert? Oder flieht es in eine Parallelwelt, weil es mit Problemen in seiner tatsächlichen Welt nicht fertig wird.
  4. Stellen Sie mit Ihrem Kind zusammen feste Regeln auf: Wann und wie lange darf gespielt werden? Es muss Ihnen sagen, wer seine Mitspieler sind, in welchen Gruppen oder Foren es mitspielt.
  5. Bieten Sie ihm Hilfe an, bieten Sie ihm andere Möglichkeiten der Freizeitgestaltung an, finden Sie die Gemeinsamkeiten die Sie mit Ihrem Kind haben. Die beste Hilfe sind gemeinsame Erlebnisse und Interessen.
  6. Machen Sie ihm klar, das Erlebnisse und Erfolge im echten Leben besser als die virtuellen Erfolge im Internet sind.
  7. Ist der Betroffene aus Ihrer Familie schon sehr stark in seine Sucht verstrickt, dann wird es mit der Hilfe schwer, dann werden Sie ihn auch nicht zum Sport begeistern können. Er wird mit Lügen oder Ärger auf Ihre Bemühungen reagieren. Sie brauchen also Zeit und müssen das Gespräch immer wieder aufs Neue suchen. Vor allem brauchen Sie professionelle Hilfe, Tipps von Fachleuten. Die gibt es bei Beratungsstellen für Computerspielsucht. Beispiel: Der Fachverband Medienabhängigkeit der Medizinischen Hochschule Hannover bietet unter www.fv-medienabhaengigkeit.de Hilfe an und gibt Tipps. Die Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Tübingen kann ebenfalls zur Hilfe herbeigezogen werden: www.erstehilfe-internetsucht.de. Außerdem bietet die Caritas Tipps und Hilfe übers Internet an.

Kinder zocken am Computer Wie Eltern am besten reagieren

Zocken ohne Unterlass

Kinder zocken am Computer Wie Eltern am besten reagieren

Am häufigsten nutzen die Jugendlichen das „Immer-dabei-Gerät“ Smartphone zum Spielen.

„Ständig hockst du nur vor dem Bildschirm!“ – Diesen Vorwurf haben schon viele Kinder und Jugendliche zu hören bekommen. Zocken gehört gerade für viele Jüngere zum Alltagsprogramm, sei es am Computer, am Handy oder an einer Konsole. Schnell kann das den Eltern Sorgen bereiten.

Stuhr - Am Donnerstag, 27. Februar, spricht der Medienpädagoge Markus Gerstmann im Rahmen der Reihe „Werkstatt Erziehung“ über digitale Spielewelten im Spannungsfeld von Jugendkultur, Schule und Erziehung. Sein kostenfreier Vortrag beginnt um 19.30 Uhr im Lesecafé der Bibliothek an der Jupiterstraße 1 in Brinkum. Wir haben ihm vorab ein paar Fragen zu dem Thema gestellt.

Herr Gerstmann, wie viel zocken Kinder eigentlich? Verbringen sie heute mehr Zeit mit Computer-, Konsolen- und Handyspielen als noch vor fünf oder zehn Jahren?

Die Nutzungszeiten von digitalen Geräten steigen in den letzten Jahren in allen Altersstufen kontinuierlich an. Junge Menschen nutzen laut der JIM Studie 2018 (Jugend, Information, Medien, die Red.) ungefähr zwei Stunden am Tag digitale Spiele.

Welche Geräte nutzten Kinder und Jugendliche am häufigsten für digitale Spiele?

Werbung

Werbung

Am häufigsten wird für Games das „Immer-dabei-Gerät“ Smartphone benutzt. Zu Hause wird auch an Laptops und Konsolen mit einer besseren Grafik und einfacherer Steuerung gerne gespielt.

Ist es schädlich, wenn Kinder und Jugendliche zu viel zocken? Wenn ja, inwiefern?

Schädlich würde ich nie sagen. Alle Studien zeigen auf, dass junge Menschen zwischen 10 und 15 Jahren gerne und viel digitale Spiele spielen, danach nimmt die Nutzung ab. Daher ist und bleibt es Aufgabe von Eltern und Fachkräften, den Kindern und Jugendlichen Angebote für ein „gutes Leben zu machen“. Dazu zähle ich unter anderem Freundschaften, Sport, Musik und unterwegs sein.

Was würden Sie sagen, wie viel Zeit dürfen Kinder und Jugendliche mit digitalen Spielen verbringen, und wann wird es kritisch?

Ausgehend davon, dass pubertäre Jugendliche in der Regel einige verrückte und nicht nachvollziehbare Dinge tun, ist es uns wichtig, dass sie sich am Ende der Pubertät den Aufgaben des „Erwachsenen-Lebens“ stellen und sich auf ein eigenständiges Leben mit eigenem Einkommen und eventuell in einer Partnerschaft vorbereiten. Wenn diese Lebensaufgabe nicht angenommen wird und digitale Spiele weiterhin wichtiger sind, dann kann es kritisch werden.

Was können Eltern tun, wenn zum Beispiel die schulischen Leistungen nachlassen, weil das Kind lieber am Computer, Smartphone oder einer Konsole spielt, anstatt zu lernen? Sind strikte Verbote eine Lösung?

Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass Eltern gerne diese „Symbole des Problems“ am liebsten verbieten würden, aber das Kernproblem ist die Pubertät und die damit einhergehende Unsicherheit. Aus diesem Grund sind Auseinandersetzungen, Diskussionen und Perspektiven entwickeln die Lösung.

Wie ist Ihre Meinung zu „Ballerspielen“ und Egoshootern? Sollten Jugendliche so etwas spielen dürfen?

Die USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle, die Red.) hat alle Spiele mit Alterskennzeichen versehen. Diese Kennzeichen sind eine gute Orientierung für Eltern, mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen, aber auch Grenzen des Spielbaren – also Spiele ab 16 und 18 Jahren – zu Hause durchzusetzen.

Sollte E-Sport als Sport anerkannt werden?

E-Sport hat sehr viel mit Training, gesunder Lebensweise und Konzentration zu tun. Ob es als Sport anerkannt werden soll, weiß ich nicht. Aber ich finde, wenn wir diese Botschaft jungen Menschen vermitteln können, ist es doch klasse.

Viele Erwachsene schwärmen, dass die Kindheit früher besser war – man habe draußen mit Gleichaltrigen gespielt, anstatt alleine vor einem Bildschirm zu sitzen, hört man oft. Wie würden Sie das einschätzen, ist eine Kindheit ohne digitale Spiele besser?

Das mag ja alles sein, aber wir haben heute andere Zeiten. Wir leben in einer digitalisierten Lebenswelt, und diese wird in den nächsten Jahren noch zunehmen. Dieser nostalgische Rückblick bringt uns nicht weiter, daher müssen wir mit jungen Menschen über eine lebenswerte Zukunft sprechen, und sie diskutieren untereinander viel über eine gute Zukunft.

Was erwartet die Gäste Ihres Vortrags?

Ich möchte mit dem Vortrag und der anschließenden Diskussion andere Ideen und Gedanken einbringen, damit Familien eine gute Zeit haben – inklusive der Hobbys der Kinder und den Wünschen der Eltern.