Gewerbesteuer ug vorsätzlicher oder grob fahrlässig was heißt das

Die allgemeine Antwort darauf lautet: Der Geschäftsführer haftet, wenn er die "Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns" (§ 43 GmbHG, § 347 HGB) vorsätzlich oder fahrlässig verletzt.

Er haftet dabei gegenüber

  • der GmbH
  • den Gesellschaftern
  • sowie gegenüber Dritten

Im Fall der Ein-Personen-GmbH, bei der Gesellschafter und Geschäftsführer ein und dieselbe Person sind, können Haftungsansprüche gegenüber dem Geschäftsführer natürlich nur von Seiten Dritter entstehen. Geschäftsführer haften übrigens auch für Pflichtverletzungen von Mitarbeitern, denen sie Aufgaben übertragen haben (Erfüllungsgehilfen).

Ein Beispiel: Der Geschäftsführer eines Bauunternehmens plant die Erweiterung einer Schule. Unter anderem bestellt er Einbauschränke für Lehrer- und Klassenzimmer. Nach dem Einbau stellt sich heraus, dass das Material der Schränke nicht den Brandschutzvorschriften entspricht. Die Folge ist: Für den Ausbau der alten und Einbau der neuen Schränke haftet der Geschäftsführer mit seinem persönlichen Vermögen gegenüber der GmbH. Er hätte im Rahmen der Auftragsvergabe darauf achten müssen, dass die Brandschutzvorschriften eingehalten werden.

Das Beispiel zeigt: In der betrieblichen Praxis kann schnell ein Schaden entstehen, für den nicht selten der Geschäftsführer mit seinem persönlichem Vermögen "gerade stehen" muss. Bewegt sich die Schadenssumme in sechs- oder gar siebenstelliger Höhe, ist zweifellos die persönliche Existenz des Geschäftsführers gefährdet. Umso wichtiger ist es daher, sich als angehender Geschäftsführer über die Haftungsrisiken und deren Vermeidung im Klaren zu sein.

Typische Haftungssituationen gegenüber der GmbH

Die GmbH kann Ansprüche geltend machen, wenn der Geschäftsführer beispielsweise

  • unangemessene Risiken eingeht, zum Beispiel Gesellschaftsmittel in risikoreichen Wertpapieren anlegt,
  • Entscheidungen trifft, die ohne fachkundigen Berater nicht getroffen werden dürfen,
  • Gesellschafter, Aufsicht oder Beirat nicht berät, was schadensträchtige Entscheidungen zur Folge hat,
  • Führungsaufgaben/Vorgesetztenpflichten vernachlässigt,
  • die Tätigkeit von Mitarbeitern oder Mitgeschäftsführern nicht überwacht,
  • Darlehensauszahlungen an Gesellschafter zu Lasten des gebundenen Vermögens der GmbH duldet.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Geschäftsführer einen Anstellungsvertrag mit der GmbH geschlossen hat oder eine Vergütung für seine Tätigkeit erhält. Die Ansprüche werden in diesen Fällen von der Gesellschafterversammlung und nicht von einzelnen Gesellschafter geltend gemacht.

Typische Haftungssituationen gegenüber den Gesellschaftern der GmbH

Auch einzelne Gesellschafter können Schadenersatz geltend machen, wenn der Geschäftsführer beispielsweise

  • die Einberufung der Gesellschafterversammlung unterlässt, obwohl die Hälfte des Stammkapitals verloren ist (Unterbilanzhaftung)
  • bei "verfrühtem" Antrag auf Insolvenzeröffnung wegen Kreditgefährdung und Rufschaden.

Typische Haftungssituationen gegenüber Dritten

Hat der Geschäftsführer in besonderem Maße gegenüber Kunde, Lieferant oder Bank Vertrauen für sich in Anspruch genommen und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst, kann er persönlich haften, wenn er dabei "die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils" nicht berücksichtigt.

Beispiele:

  • Falsche Prospektangaben (Prospekthaftung)
  • Aufnahme neuer Kredite ohne die völlige Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der GmbH zu offenbaren
  • Unklarheit bei Vertragsschluss, ob das Geschäft für ihn oder die GmbH gelten soll (Rechtsschein/Durchgriffshaftung).
  • In Produkthaftungsfällen haften Geschäftsführer persönlich wegen Verletzung eines Schutzgesetzes, etwa bei Körperverletzungen von Dritten.
  • Das Umwelthaftungsgesetz allein zählt 96 umweltgefährdende Anlagen auf, für die der Geschäftsführer persönlich mit seinem privaten Vermögen einstehen muss, wenn diese einen Schaden verursachen.
  • Für Verstöße der GmbH gegen Wettbewerbsrecht müssen deren Geschäftsführer gegenüber den Wettbewerbern einstehen. Deshalb ergehen einstweilige Verfügungen auch gegen sie persönlich. Dasselbe gilt für das Kartellrecht.
  • Im Steuerrecht haften Geschäftsführer, wenn durch sie vorsätzlich oder grob fahrlässig Steuern der GmbH (Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer) nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Dasselbe gilt, wenn durch das Verhalten des Geschäftsführers zu Unrecht Steuervergünstigungen gewährt oder Steuererstattungen zu Unrecht gezahlt wurden. Die Nichtabführung von Lohnsteuer ist eine Verletzung der Treuhandpflicht gegenüber den Mitarbeitern.
  • Die Nichtabführung von Sozialversicherungsabgaben führt zur Haftung in Höhe des Arbeitnehmeranteils. Wegen des Arbeitgeberanteils begeht er eine Ordnungswidrigkeit.
  • Der Geschäftsführer haftet auch für die verspätete Beantragung der Insolvenzeröffnung mit seinem persönlichen Vermögen (Insolvenzverschleppung). Und zwar dann, wenn er keine stichprobenartige Kontrolle des Leiters Finanz- und Rechnungswesen oder des Steuerberaters vorgenommen oder Privatgläubiger befriedigt hat und deswegen der Fiskus leer ausgeht.
  • Ist der Geschäftsführer zugleich Gesellschafter, kann er haften, wenn er Firmen- und Privatkonten nicht hinreichend trennt (Durchgriffshaftung).
  • Für die Ein-Personen-GmbH gilt außerdem: Beim Verkauf von Geschäftsanteilen besteht für den Geschäftsführer eine fünfjährige Nachhaftung.

Beweislast liegt beim Geschäftsführer

Erleidet die GmbH einen Schaden (z.B. Fehlbestand bei Waren, Verlust von Vermögen), der nach Einschätzung der Gesellschafter auf ein Fehlverhalten des Geschäftsführers zurückzuführen ist, liegt die Beweislast bei ihm. Er muss beweisen, dass er

  • nicht gegen allgemein anerkannte betriebswirtschaftliche Erkenntnisse und Erfahrungen verstoßen hat
  • kein Organisations-, Auswahl-, Informations- oder Kontrollverschulden vorliegt und/oder
  • der Schaden trotz aller Sorgfalt nicht zu vermeiden war

Genauso verhält es sich auch bei Verstößen gegen das allgemeine Zivilrecht. Der Geschäftsführer haftet bei Verletzung so genannter absoluter Rechte (Beispiel: Der Neubau einer Lagerhalle führt zum Überbau beim Nachbargrundstück). Dasselbe gilt für die Verletzung von Gesetzen, deren Zweck der Schutz Dritter ist. Einige Gesetze verpflichten in jedem Fall zum Schadensersatz, etwa bei besonders gefährlichen Anlagen, beim Einsturz eines Gebäudes oder dem Abbrechen von Gebäudeteilen. Im Außenverhältnis haftet hierfür zwar die Firmenhaftpflichtversicherung, im Innenverhältnis muss der Geschäftsführer allerdings damit rechnen, dass das Versicherungsunternehmen Regress von ihm fordert.

Mehrere Geschäftsführer: Einer für Alle - Alle für Einen!

Haben mehrere Geschäftsführer ihre Arbeit unter sich aufgeteilt, bleibt dennoch jeder für alles verantwortlich (solidarische Haftung)! Der Vertriebsgeschäftsführer haftet also unvermindert für Fehler des Finanzgeschäftsführers. Unerfahrenheit, Alter oder fehlende Fachkenntnisse entlasten ihn nicht! Nur wenn eine schriftliche Ressortverteilung vorgelegt werden kann, ändert sich der Haftungsmaßstab. In diesem Fall haftet der Ressortverantwortliche voll, der Ressortfremde aber nur, wenn er seinen Überwachungspflichten nicht nachkommt. Hier kann eine Plausibilitätsprüfung genügen.

Hinweise dazu, wie GmbH-Geschäftsführer ihre Haftungsrisiken beschränken können, finden Sie in unserer Über­sicht: Haf­tung des GmbH-Ge­schäfts­füh­rers (PDF, 38 KB).

Quelle: Rechtsanwalt Wolfgang H. Riederer, Kanzlei Eggesiecker und Partner, Köln

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Gewerbesteuer ug vorsätzlicher oder grob fahrlässig was heißt das


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GmbH

Steuer(straf)rechtliche Verantwortlichkeit und Haftung des GmbH-Geschäftsführers

von RAin Ingeborg M. Meyer, FAin Steuerrecht, München

Der Beitrag geht auf die Möglichkeiten derHaftungsinanspruchnahme des GmbH-Geschäftsführers fürSteuern der Gesellschaft und dessen steuerstraf- undbußgeldrechtliche Verantwortlichkeit ein.

1. Steuerliche Verantwortlichkeit

Zu den Pflichten desGmbH-Geschäftsführers gehört auch, für dieordnungsgemäße Erfüllung der steuerlichen Pflichten derGmbH zu sorgen (§ 34 Abs. 1 AO).

1.1 Beginn und Ende der steuerlichen Verantwortlichkeit

Die steuerliche Verantwortlichkeit desGeschäftsführers einer GmbH beginnt bereits mit seinerBestellung als Geschäftsführer und nicht erst mit seinerEintragung ins Handelsregister. Es genügt, wenn derGeschäftsführer in einem Gesellschaftsvertrag oder in einerGesellschafterversammlung wirksam bestellt worden ist, wobei sogar einmündlich gefasster Gesellschafterbeschluss ausreicht (BFH/NV 88,683).

Bei Gründung einer GmbH ist derGeschäftsführer bereits verantwortlich für diesteuerliche Pflichterfüllung, wenn der Gesellschaftsvertrag, indem er als Geschäftsführer bezeichnet wird, unterzeichnetist. Unerheblich ist, ob die GmbH bereits zu diesem Zeitpunkt in dasHandelsregister eingetragen ist, da auch Geschäftsführer vonnicht rechtsfähigen Personenvereinigungen nach § 34 Abs. 1 AOderen steuerliche Pflichten zu erfüllen haben.

Maßgebend ist also stets, ab wann derGeschäftsführer für die GmbH alsGeschäftsführer tätig ist. Auch der faktischeGeschäftsführer ist für die ordnungsgemäßeErfüllung der steuerlichen Angelegenheiten verantwortlich (BFHGmbH-Stpr. 01, 96).

Die steuerliche Verantwortlichkeit desGmbH-Geschäftsführers endet mit der Beendigung derGeschäftsführertätigkeit, z.B. bei einem Wechsel derGeschäftsführung, mit Abberufung durchGesellschafterbeschluss oder mit Niederlegung seines Amtes oder mit derEröffnung des Insolvenzverfahrens. Auch hier ist der Zeitpunkt derEintragung ins Handelsregister unerheblich. Ebenso wenig spielt diearbeitsrechtliche Beendigung des Geschäftsführervertrageseine Rolle.

Die steuerlichen Pflichten können auch nicht rückwirkend durch Anfechtung des Gesellschaftsvertrages beseitigt werden.

1.2 Umfang der steuerlichen Verantwortlichkeit

Zu den steuerlichen Pflichten gehörenBuchführungs- und Aufzeichnungspflichten, Erklärungs-,Auskunfts-, Vorlage- und Duldungspflichten sowie die Pflicht zurEinbehaltung und Entrichtung der Steuern. Der GmbH-Geschäftsführer muss bei der Erledigung der steuerlichenPflichten die gesetzlichen Bestimmungen beachten. Er muss sich mit densteuerlichen Pflichten vertraut machen (BFH/NV 95, 941) und ggf. einenFachmann konsultieren.

Insbesondere hat der Geschäftsführerauch dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den verwalteten Mittelnentrichtet werden. Dabei darf der Fiskus mit seinen Steuerforderungen,auch wenn sie noch nicht festgesetzt sind, nicht schlechter behandeltwerden als andere GmbH-Gläubiger (BFH BStBl II 73, 465).

Sind Steuerschulden der GmbH bereits absehbar, somuss auch Sorge dafür getragen werden, dass sie im Zeitpunkt derFälligkeit erfüllt werden können (BFH BStBl II 90, 767).Die Ansprüche gegen die GmbH müssen aber dem Grunde und derHöhe nach feststehen, d.h. bereits entstanden sein und nochfortbestehen. Eine Festsetzung ist nicht erforderlich. Nur wennunerwartete Zahlungsschwierigkeiten auftreten, können diese demGeschäftsführer nicht angelastet werden.

2. Haftungsinanspruchnahme des Geschäftsführers

Nach § 69 AO haftet derGeschäftsführer einer GmbH als deren gesetzlicher Vertreter,soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzungder ihm auferlegten Pflichten nicht bzw. nicht rechtzeitig festgesetztoder nicht bzw. nicht rechtzeitig erfüllt werden oderSteuervergütungen/-erstattungen (z.B. Vorsteuer-Guthaben) ohnerechtlichen Grund erfolgen. Die Haftung umfasst auch die wegen derPflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge (§ 69 S.2 AO).

2.1 Vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung

Vorsätzlich handelt, wer seine Pflichtenkennt und deren Verletzung in seinen Handlungswillen einbezieht oderzumindest billigend in Kauf nimmt (BFH BStBl 83, 655). Grobfahrlässig handelt, wer die Sorgfalt, zu der er nach denUmständen und seinen persönlichen Kenntnissen in der Lagewar, in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassenhat (BFH BStBl 89, 491). Man unterscheidet bewusste und unbewussteFahrlässigkeit. Unbewusste Fahrlässigkeit liegt vor, wennjemand den Erfolg, d.h. die zum Schaden führendePflichtverletzung, bei Anwendung der pflichtgemäßen Sorgfalthätte voraussehen können, aber nicht vorausgesehen hat.Bewusste Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn jemand den Erfolg zwarfür möglich gehalten, aber darauf vertraut hat, er werdenicht eintreten. Für leichte Fahrlässigkeit haftet derGeschäftsführer nicht.

Für den Grad des Verschuldens ist auf diesubjektiven Fähigkeiten des Geschäftsführersabzustellen. Allerdings soll sich nach Auffassung des BFH (BFH/NV 98,1325) niemand auf eigenes Unvermögen berufen können. Wer denAnforderungen nicht gerecht werden kann, darf das Amt desGeschäftsführers nicht übernehmen, muss es niederlegenoder durch geeignete Maßnahmen dafür sorgen, dass eineordnungsgemäße Geschäftsführung gesichert ist. DerBFH hat deshalb eine haftungsbegründende Verantwortlichkeit desGeschäftsführers auch dann angenommen, wenn dieser derAufgabe intellektuell nicht gewachsen war oder seinepflichtgemäße Geschäftsführung gegenüber denMitgeschäftsführern nicht durchsetzen konnte oder an einerlangwierigen, schweren Krankheit litt.

2.2 Besonderheiten bei den verschiedenen Steuern

Für die einzelnen Steuern gelten folgende Besonderheiten:

2.2.1 Lohnsteuer

Nach der BFH-Rspr. darf der Arbeitgeberunabhängig von der Befriedigung der übrigen Gläubigerdas FA hinsichtlich der Lohnsteuer nicht schlechter behandeln als dieArbeitnehmer hinsichtlich der ausgezahlten Nettolöhne (BFH/NV 88,764). Die Löhne sind vielmehr in einem Umfang zu kürzen, dereine gleichmäßige Befriedigung der Arbeitnehmer und des FAhinsichtlich der auf die gekürzten Löhne entfallendenLohnsteuer sicherstellt (BFH BStBl II 88, 859). Denn dieabzuführende Lohnsteuer ist nach Auffassung des BFH ein Teil desgeschuldeten Bruttoarbeitslohns, den der Arbeitgebertreuhänderisch für den Arbeitnehmer und den Fiskus einziehenmuss. Der GmbH-Geschäftsführer als Vertreter des Arbeitgeberskann sich auch nicht darauf berufen, andernfalls hätte die Gefahreiner Arbeitsniederlegung durch die Arbeitnehmer bestanden (BFH/NV 86,378). Er kann sich nicht damit entschuldigen, dass die Banken dieKreditmittel ausdrücklich nur zur Zahlung der Nettolöhne zurVerfügung gestellt haben (so wohl BFH BStBl II 83, 655). Der GmbH-Geschäftsführer darf deshalb keiner Vereinbarung mit einerBank zustimmen, die einseitig den Fiskus schlechter als dieArbeitnehmer stellt (BFH/NV 92, 575). Dies gilt im Übrigen auchfür die Auszahlung des eigenen Arbeitslohns alsGeschäftsführer.

Die grob fahrlässige bzw. vorsätzlichePflichtverletzung besteht in diesem Fall darin, dass derGeschäftsführer die Nettolöhne ungekürzt ausgezahltund nicht zur Befriedigung des FA um die anteilig in ihnen enthalteneLohnsteuer gekürzt hat. Aus der Tatsache, dass über mehrereMonate hinweg ungekürzt die Nettolöhne ausgezahlt wordensind, folgert der BFH, dass ausreichend Mittel vorhanden waren, umjeweils die für den vorangegangenen Monat angemeldete Lohnsteuerzu entrichten. Wer in Kenntnis der für den Vormonat entstandenen,nicht abgeführten Lohnsteuern die Löhne im nächstenMonat in vollem Umfang auszahlt, handelt seiner Verpflichtung zuwiderund haftet deshalb unbeschränkt (BFH BStBl II 88, 859). Denn dieBerechnung der Haftungssumme richtet sich – so der BFH –nicht nach den Umständen der einzelnen Lohnzahlungszeitpunkte,sondern nach den Verhältnissen während des gesamtenHaftungszeitraums, während dessen der Arbeitgeber seineArbeitnehmer und das FA gleichmäßig befriedigen muss.

Für die pauschale Lohnsteuer nach§§ 40 bis 40b EStG gilt die verschärfteLohnsteuerhaftung nicht, weil es sich hierbei um eine Steuer handelt,die der Arbeitgeber schuldet (BFH BStBl II 90, 767).

2.2.2 Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer

Nach der BFH-Rspr. (z.B. BStBl II 93, 8 und BFH/NV92, 785) haftet der GmbH-Geschäftsführer bei unterlasseneroder nicht rechtzeitiger Anmeldung bzw. Erklärung und/oderEntrichtung der Umsatz- und Körperschaftsteuer nur insoweitfür eine vorsätzliche oder grob fahrlässigePflichtverletzung, als er die Steuerschulden aus den ihm zurVerfügung stehenden Mitteln hätte tilgen können. Beiinsgesamt nicht ausreichenden Zahlungsmitteln liegt eine schuldhaftePflichtverletzung des GmbH- Geschäftsführers nur insoweitvor, als er die vorhandenen Mittel nicht zu einer in etwa anteiligenBefriedigung der privaten Gläubiger und des FA verwendet.

Die Haftung erstreckt sich deshalb auf den Betrag,um den der Fiskus im Verhältnis zu den anderen Gläubigernbenachteiligt wurde. Die Berechnung der Haftungssumme erfolgt, indemman die im Haftungszeitraum aufgelaufenen gesamten Verbindlichkeiteneinschließlich Bankschulden und Personalkosten sowie derUSt-Schulden den insgesamt erbrachten Zahlungen gegenüberstelltund deren prozentualen Anteil an den Gesamtverbindlichkeitenquotenmäßig ermittelt. Wurden USt-Zahlungen in Höhedieser Quote oder mehr geleistet, ergibt sich keine Haftung desGeschäftsführers. Erreichten die Zahlungen fürUmsatzsteuer jedoch nicht die Quote, so entspricht die Differenz demHaftungsbetrag.

Nach der BFH-Rspr. (BStBl II 95, 230) ist derGrundsatz der anteiligen Tilgung in folgendem Fall nicht anzuwenden:Der Umsatzsteuer, für welche die Haftung in Frage steht, liegenkeine unternehmerischen Geschäftsvorfälle oder die Verwertungvon Gegenständen der Konkursmasse zu Grunde. Es handelt sichvielmehr um eine vorsätzliche und pflichtwidrigherbeigeführte USt-Schuld nach § 14 Abs. 3 UStG, von welcherder Rechnungsaussteller weiß, dass sie aus den vorhandenenMitteln des Steuerschuldners nicht getilgt werden kann.

2.2.3 Eingangsabgaben und Verbrauchsteuern

Dagegen gilt der Grundsatz der anteiligen Tilgungnicht für die Anmeldung und Entrichtung von Einfuhrabgaben(Zöllen). Hier besteht die Pflicht, die Abgaben imFälligkeitszeitpunkt (vorrangig) zu entrichten (BFH BStBl II 89,491).

2.3 Haftungsinanspruchnahme bei mehreren Geschäftsführern

Bei mehreren GmbH-Geschäftsführerntrifft grundsätzlich jeden von ihnen die Verantwortung fürdie steuerlichen Pflichten. Die Haftung von mehrerenGeschäftsführern kann aber durch Verteilung derGeschäfte begrenzt werden. Erforderlich für eineHaftungsbegrenzung ist eine eindeutige schriftliche Regelung derGeschäftsverteilung (BFH BStBl 86, 384). Die Begrenzung derHaftung gilt insoweit und so lange, wie kein Anlass besteht, an derexakten Erfüllung der steuerlichen Pflichten durch denhierfür zuständigen Geschäftsführer zu zweifeln,oder solange allgemein die wirtschaftliche Lage der Gesellschaftfür eine Überprüfung der ordnungsgemäßenErfüllung der steuerlichen Pflichten keinen Anlass gibt (BFH BStBlII 84, 776; 86, 384).

Aber auch wenn die Aufgabenverteilung nichtschriftlich vorgenommen wurde, sind die anderenGeschäftsführer bei Geschäften des allgemeinenGeschäftsverkehrs (z.B. Einbehalten und Abführen derLohnsteuer) nicht zur Nachprüfung verpflichtet, wenn dieseGeschäfte regelmäßig von einem bestimmtenGeschäftsführer wahrgenommen werden und die wirtschaftlicheLage oder die Person des handelnden Geschäftsführers keineVeranlassung zu einer Überprüfung geben (BFH BStBl II 86,384).

Auch derjenige, der nur „pro forma“nach außen das Amt als GmbH-Geschäftsführer innehat,kann unter Umständen in Haftung genommen werden. Dabei kommt esnicht darauf an, ob er die Geschäftsführung tatsächlichausüben kann (BFH/NV 95, 941). Er und der im Handelsregistereingetragene Geschäftsführer müssen durch geeigneteAufsichtsmaßnahmen dafür sorgen, dass der faktischeGeschäftsführer die steuerlichen Pflichten tatsächlicherfüllt (BFH/NV 88, 6). Im Rahmen der Ermessensausübungfür die Inanspruchnahme eines von mehrerenGeschäftsführern kann es aber eine erhebliche Rolle spielen,wer faktisch intern in der Geschäftsführung für denkaufmännischen Bereich und die steuerlichen Angelegenheitenzuständig ist (BFH/NV 95, 941).

2.4 Haftung des Geschäftsführers bei Beauftragung Dritter

Beauftragt der GmbH-GeschäftsführerDritte, z.B. Angestellte des Betriebs, mit der Erfüllung dersteuerlichen Aufgaben, so muss er diese Personen sorgfältigauswählen und überwachen (BFH/NV 89, 72). Er hat sichüber den Geschäftsgang so eingehend zu unterrichten, dass erunter normalen Umständen mit der ordnungsgemäßenErledigung der steuerlichen Angelegenheiten und der Steuerzahlungenrechnen kann. Werden die steuerlichen Angelegenheiten durch denbeauftragten Dritten nicht ordnungsgemäß erledigt, muss derGeschäftsführer einschreiten, sonst verhält er sich grobfahrlässig.

Ein Verschulden des steuerlichen Beraters bei derFertigung der Steuererklärungen braucht sich derGmbH-Geschäftsführer aber nicht zurechnen zu lassen. Trifftihn kein Auswahl- und Überwachungsverschulden und hat er keinenAnlass, die inhaltliche Richtigkeit der vom Berater gefertigtenSteuererklärung zu überprüfen, so haftet er nichtfür die auf der fehlerhaften Steuererklärung beruhendeSteuerverkürzung.

2.5 Ursächlichkeit der Pflichtverletzung

Die Pflichtverletzung muss für deneingetretenen Schaden, d.h. die Nichtfestsetzung oder die nichtrechtzeitige Festsetzung, die Nichterfüllung oder nichtrechtzeitige Erfüllung des Anspruchs aus demSteuerschuldverhältnis ursächlich sein. Daran fehlt es z.B.,wenn zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung keine Zahlungsmittel oder keinvollstreckbares Betriebsvermögen mehr vorhanden ist und deshalbauch bei fristgerechter Abgabe der Steuererklärung die geschuldeteSteuer nicht mehr hätte getilgt werden können (BFH BStBl 91,678). Eine zu späte oder unzutreffende Erfüllung derSteuererklärungspflicht kann allerdings zu einer Haftungführen, wenn dadurch aussichtsreicheVollstreckungsmöglichkeiten des FAs vereitelt worden sind (BFHBStBl 91, 678).

2.6 Grundsatz der Akzessorietät

Für die Haftung gilt der Grundsatz derAkzessorietät, d.h. der Geschäftsführer haftet nur dannfür Steuerschulden der GmbH, wenn diese im Zeitpunkt derInanspruchnahme durch Haftungsbescheid noch bestehen. Nichterforderlich für die Haftungsinanspruchnahme desGeschäftsführers ist, dass die Steuer bei der GmbH bereitsfestgesetzt ist (BFH BStBl 95, 817).

2.7 Inanspruchnahme durch Haftungsbescheid

Liegen die Voraussetzungen des § 69 AO vor,kann das FA den GmbH-Geschäftsführer nach § 191 AO mitHaftungsbescheid als Haftungsschuldner in Anspruch nehmen. In denFällen des § 69 AO beträgt die Festsetzungsfrist vierJahre. Sie beginnt mit dem Ablauf des Kalenderjahres der Verwirklichungdes Haftungstatbestandes, d.h. mit der Pflichtverletzung.

§ 191 Abs 1 S.1 AO räumt dabei dem FAein Entschließungs- und ein Auswahlermessen ein. Das FA mussdeshalb nach pflichtgemäßen Ermessen entscheiden, ob esgegen den Geschäftsführers überhaupt einenHaftungsbescheid erlässt. Dabei ist grundsätzlich dieInanspruchnahme des Steuerschuldners vorrangig (BFH BStBl 95, 300).Besteht ein Haftungsanspruch gegenüber mehreren Personen, so liegteine Gesamtschuldnerschaft nach § 44 Abs. 1 AO vor. Das FA kannunter sachgerechter Ermessensausübung wählen, welche/nGesamtschuldner es in Anspruch nehmen will (BFH BStBl II 90, 1008).

2.8 Zahlungsaufforderung bei Haftungsbescheid

Grundsätzlich darf der nach § 69 AOverantwortliche Haftungsschuldner nur auf Zahlung in Anspruch genommenwerden, soweit die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen desSteuerschuldners ohne Erfolg blieb oder anzunehmen ist, dass dieVollstreckung aussichtslos wäre (§ 219 Abs. 1 S. 1 AO). DieseEinschränkung gilt allerdings nicht für Abzugssteuern undwenn der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlereibegangen hat.

2.9 Mögliche Einwendungen gegen den Haftungsbescheid

Hat der Geschäftsführer als gesetzlicherVertreter der GmbH die Steuerfestsetzung gegenüber derGesellschaft rechtskräftig werden lassen, so kann er alsHaftungsschuldner keine Einwendungen mehr gegen die Steuerfestsetzungvorbringen (BFH/NV 95, 282).

2.10 Finanzgerichtliche Überprüfung des Haftungsbescheides

Ob § 69 AO erfüllt ist, unterliegt eineruneingeschränkten Überprüfung des FG. Soweit allerdingsErmessensentscheidungen betroffen sind, sind diese nach § 102 FGOnur eingeschränkt überprüfbar. Das FG kann sein Ermessennicht an die Stelle des Ermessens des FA setzen.Ermessensentscheidungen des FA sind deshalb nur anfechtbar, wenn das FAdie Grenzen des Ermessens überschritten oder in einer Weise vonseinem Ermessen Gebrauch gemacht hat, die dem Zweck derErmächtigung nicht entspricht, oder wenn die Begründung desHaftungsbescheids nicht erkennen lässt, von welchenÜberlegungen sich das FA leiten ließ (BFH BStBl II 90,1008). Allerdings kann das FA nun seit StÄndG 2001 (BGBl I 01,3794, 3806) seine Ermessenserwägungen bis zum Abschluss derTatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.Wird der Haftungsbescheid wegen eines Ermessensfehlers aufgehoben undist noch keine Festsetzungsverjährung (§§ 191 Abs. 3,171 Abs. 3a S. 3 AO) eingetreten, so kann das FA einen neuen,regelmäßig vom Tenor her unveränderten, aber besserbegründeten Haftungsbescheid erlassen (BFH BStBl II 93, 581).

3. Steuerstraf- und bußgeldrechtliche Verantwortlichkeit

Voraussetzung für die steuerstrafrechtlicheVerantwortlichkeit eines Geschäftsführers ist, dass er(zumindest bedingt) vorsätzlich gegenüber Finanzbehördenfalsche Angaben macht (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) oder espflichtwidrig unterlässt, Angaben zu steuerlichen Sachverhalten zumachen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO).

3.1 Verantwortlichkeit bei mehreren Geschäftsführern

Sind bei einer GmbH mehrereGeschäftsführer bestellt, so ist nur derjenige für dieSteuerhinterziehung gemäß § 370 AO zu Gunsten derGesellschaft strafrechtlich zu belangen, der zumindest bedingtvorsätzlich handelt. Dies ist der Fall, wenn einGeschäftsführer weiß (direkter Vorsatz) oder esfür möglich hält (bedingter Vorsatz), dass durch seinoder das Verhalten des anderen Geschäftsführers Steuernhinterzogen werden und es billigend in Kauf nimmt oder sich damitabfindet (BGH NJW 99, 2563).

Gewerbesteuer ug vorsätzlicher oder grob fahrlässig was heißt das

3.2 Berichtigungspflicht nach § 153 AO

Der GmbH-Geschäftsführer istgemäß § 153 Abs. 1 AO verpflichtet, eineSteuerverkürzung unverzüglich anzuzeigen und dieerforderliche Richtigstellung vorzunehmen, sonst begeht er eineSteuerhinterziehung nach § 370 AO.

Gewerbesteuer ug vorsätzlicher oder grob fahrlässig was heißt das

4. Haftungsinanspruchnahme nach § 71 AO

Ein GmbH-Geschäftsführer kann nach§ 71 AO für die Steuern einer GmbH haften, soweit er diesevorsätzlich verkürzt hat. (Mit-)Geschäftsführer,denen eine nur leichtfertige Steuerverkürzung angelastet werdenkann, haften dagegen nicht nach § 71 AO, allerdings kann fürsie eine Haftung nach §§ 34, 69 AO in Betracht kommen. Zubeachten ist, dass auch hier bei der Umsatzsteuer und bei derKörperschaftsteuer ebenfalls der Grundsatz der anteiligen Tilgunggilt, wenn die Anmeldungen oder Erklärungen nicht oder nichtrechtzeitig abgegeben werden und dadurch eine Steuerverkürzungeintritt (BFH BStBl II 93, 8).

Eine wirksame Selbstanzeige (§ 371 AO)schließt nicht aus, dass der GmbH-Geschäftsführer nach§ 71 AO in Anspruch genommen wird, da die Selbstanzeige nur imStrafverfahren, nicht aber im Besteuerungsverfahren gilt.

Die Haftung nach § 71 AO umfasst dieverkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährtenSteuervorteile sowie die Hinterziehungszinsen. Allerdings reicht dieHaftung nur soweit, wie der Vorsatz des Täters gereicht hat. DasFA ist bei dem Erlass eines Haftungsbescheides nicht an dieEntscheidung des Strafgerichts gebunden, sondern prüfteigenständig die Tatbestandsvoraussetzungen. Gegen einenGmbH-Geschäftsführer kann deshalb auch dann einHaftungsbescheid nach § 71 AO ergehen, wenn das gegen ihngerichtete Strafverfahren mit einem Freispruch oder einer Einstellungdes Verfahrens geendet hat. Die Festsetzungsfrist für einenHaftungsbescheid nach § 71 AO beträgt bei vorsätzlicherSteuerverkürzung zehn Jahre, bei leichtfertigerSteuerverkürzung fünf Jahre.

Quelle: Praxis Steuerstrafrecht - Ausgabe 08/2003, Seite 185