FAZ Warum wir gemein sind, wenn wir lieben

Beziehungen: Was sich liebt, das beleidigt sich?

In ihrer Kolumne «Liebes Leben, wir müssen reden» schreibt Social-Media-Redaktorin Maria Brehmer über alles, was das Leben schöner macht – und manchmal auch schwieriger. Heute: Warum wir zu Menschen, die wir besonders mögen, manchmal besonders gemein sind.

Maria Brehmer 11.12.2021, 09.07 Uhr

Der Puls steigt, die Nasenflügel zittern, im Bauch grummelt die Wut. Dann passierts: Ich verletze meinen Freund mit einem einzigen Satz, spitz formuliert, aus geschürzten Lippen gepresst. «#%&O@!» Was ich sage, gehört nicht zur Kategorie schonungslose Ehrlichkeit, sondern ist fies, unwahr, und ich sage es absichtlich.

Im Nachhinein überrollt mich eine Welle an Selbstkritik: Kann ich einfach nicht anders, als hin und wieder gemein zu sein?

Warum machen wir uns das Leben unnötig schwer?

In einer echten Liebesbeziehung – so glauben wir – sollten wir stets gut zu unserem Partner oder unserer Partnerin sein. Schliesslich haben wir uns freiwillig dazu entschieden, das Leben gemeinsam zu verbringen. Und das wollen wir uns nicht unnötig schwerer machen, als es ohnehin schon ist.

Was sich liebt, das neckt sich? Lassen wir gerade noch durchgehen. Doch was sich liebt, das beleidigt sich? Lieber nicht. Mit einem Gefühl von Überlegenheit schauen Frischverliebte auf Langzeitpaare, die mit giftigen Pfeilen schiessen. Das wird uns nicht passieren!

Ich bin sicher, dass am verliebten Anfang jeder neuen Beziehung ein Leitsatz jeweils aufs Neue motiviert und mit Nachdruck zu sich selbst und in der noch jungen Partnerschaft formuliert wird:

Mit ihm (oder ihr) streite ich mich nicht (optional: weniger). Und falls es doch mal Streit geben sollte, so streiten wir wie Erwachsene (optional: wir versöhnen uns schneller wieder).

Tatsächlich fühle ich mich in meiner jetzigen Beziehung so reif wie noch in keiner zuvor. Doch bin ich deswegen immer gelassen und sachlich, wenns mal unangenehm wird zwischen uns? Nein. Diese Eigenschaften hebe ich mir für meinen nächsten Steuerberatungstermin auf.

Zu meiner Freundin würde ich das nie sagen

Provokationen und Sticheleien gehörten zu einer Beziehung dazu, sagen Beziehungstherapeutinnen. Sie würden zeigen, dass die Partnerschaft auch Belastungen aushalten könne. Reibung schafft Wärme!

Doch das beantwortet nicht die Frage nach der Ursache, warum ich zu meiner besten Freundin kaum je ähnliche Schimpftiraden loslassen würde. Liesse sie im Hotelzimmer das nasse Badetuch auf dem Bett liegen, würde mir das vermutlich kaum auffallen. Täte es mein Freund, könnte es passieren, dass ich giftpfeilmässig reagiere.

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Erstaunlicherweise hat das auch mit Sicherheit zu tun: Wenn ich mich in einer Liebesbeziehung wohlfühle, kann ich auch mal gereizt, ja eklig sein, ohne Angst davor haben zu müssen, verlassen zu werden. Meine Freundin hingegen wäre irgendwann weg, würde ich wiederholt gegen sie ins Feld ziehen.

Hier kann ich sein, wer ich bin

Um einen geliebten Menschen anzubrüllen, in den Schrank zu kicken und ihn einen Tubel zu nennen, muss er einem ungemein wichtig sein. Gleichzeitig muss man wissen oder zumindest spüren, dass das umgekehrt genauso ist. Das ist versöhnlich!

Die Liebe gibt uns die nötige Geborgenheit, der anderen Person zeigen zu können, wer wir wirklich sind – ein Privileg, das ich mit meinem nächsten gemeinen Kommentar hoffentlich nicht überstrapaziere.

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Weitersagen abbrechen E s muss schon vor einiger Zeit gewesen sein, jedenfalls saßen wir draußen in einer kleinen Gruppe zusammen. Ein Freund hatte Geburtstag. Für einen Tag befreit von allem, was ihm das Lebensjahr aufgebürdet hatte, erzählte er drauflos, und wir sorgten, berauscht von der Geselligkeit, dafür, dass er im Zentrum der Aufmerksamkeit blieb. Seine Freundin kam ein wenig später dazu. Sie wirkte angestrengt, als sie sich neben uns niederließ. Gleich darauf begann sie, Bemerkungen einzuwerfen: Unser Freund habe einen zu kleinen Tisch reserviert, zu wenig Essen bestellt. Sie raunte mir, für ihn gut hörbar, zu: Ob mir schon aufgefallen wäre, dass er seit Wochen keinen Sport mache. Noch vor Mitternacht nahm sie ihn am Arm und führte ihn davon. Schwankend drehte er sich nach uns um. Er rief, wie gern er eigentlich noch bleiben würde.

Erstellt: 15.04.2021, 09:06 Uhr

Von: Juliane Gutmann

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Ihr engster Vertrauter bekommt häufig sein Fett weg? Eine Soziologin erklärt, weshalb vor allem der Partner Gefahr läuft, Opfer von Kränkungen zu werden.

Wahrscheinlich jeder kennt das Phänomen: In der Kennenlernphase zeigt man sich von der Schokoladenseite, will dem Gegenüber immer und überall imponieren. Doch schaut man sich Paare an, die bereits seit vielen Jahren zusammen sind, zeichnet sich in einigen Fällen ein anderes Bild. Da wird auch mal gestichelt und der andere wird gekränkt – manchmal sogar in Gesellschaft, vor Freunden und Kollegen. Doch was steckt hinter diesem Phänomen, das manchmal an der Qualität der Beziehung* zweifeln lässt?

Soziologin Andrea Newerla erinnert der Frankfurter Allgemeinen Zeitung FAZ zufolge an das romantische Ideal, das noch immer die Vorstellungen von Liebesbeziehungen prägt. In dem Zug werden dem Partner unzählige Erwartungen auferlegt und auch der Drang wird geweckt, miteinander zu verschmelzen. Im Wiederspruch dazu stehe die meist anerzogene Einstellung, sich als Individuum in der Welt zu behaupten. Man selbst sein und ein Paar sein: Dies könne Newerla zufolge zu einem inneren Konflikt führen, vor allem in Phasen mangelnder Distanz, in denen es zunehmend schwer wird, sich selbst treu zu bleiben. „Manchmal werden dann rabiat Grenzen gezogen“, zitiert die FAZ Newerla. Kleine Gemeinheiten seien hier als Akt der Abgrenzung zu werten. Die eigenen Grenzen würden so aufgezeigt werden, und auch die Grenzen in der Partnerschaft.

Den Partner provozieren und so emotionale Verbundenheit fördern?

Provokation und Streit können zudem dabei helfen, Momente der Distanz zu überwinden – vorübergehend. Denn wo neckische Bemerkungen zu Beginn einer Beziehung oft als charmant und lustig eingestuft werden, können sie im Verlauf zu Irritationen beim Partner sorgen, so die FAZ-Kolumnistin Elena Witzeck.

„Ein wenig Boshaftigkeit gehört zum Beziehungsleben“, so das Fazit von Witzeck. Sie vergleicht Promi-Paare, die ihre Streitigkeiten in der Öffentlichkeit austragen mit welchen, die nur glückselige Momente teilen. Für erstere interessieren sich deutlich mehr Menschen – auch, weil sie sich in ihnen wiedererkennen, so Witzeck. Also austeilen erlaubt, so lange man weiß, dass man sich liebt? Das muss wohl jedes Paar für sich selbst beantworten. (jg) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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