Der Aufpäppeltrank wurde aus einem Heilmittel von welchem Zauberer

Seite 1

Tagesprophet vom 13.10.2000

+ Tatha fordert vier neue Opfer + Übertragung auf Muggel nachweislich nicht möglich + St. Mungo’s macht Fortschritte in der Behandlung + Ministerium überlegt Restriktionen für die magische Bevölkerung +

London.

Tatha hat vier weiteren Personen das Leben gekostet, damit liegt die Gesamtzahl der Todesfälle bei vierzehn. Im Gegensatz zu den vorherigen Opfern gibt es drei Hexen und zwei Zauberer mittleren Alters, die ohne bekannte Vorerkrankungen verstorben sind. Die Heiler sind noch dabei, die Fälle zu erforschen, um andere mögliche Gefährdete rechtzeitig warnen zu können. Für Mitglieder der magischen Gesellschaft, die täglich in Kontakt mit der Muggelwelt stehen oder deren Angehörige Muggel sind, gibt es eine Entwarnung: Die neuesten Tests der Heiler zeigen, dass Tatha nicht auf Muggel übergreifen kann, da ihnen das „Magie-Gen“ fehlt. Dieses sorgt für einen zusätzlichen Zellbestandteil, der sich bei heranwachsenden Zauberern ab dem sechsten Lebensjahr entwickelt und unter anderem für die willkürlichen Magieschübe der Vorschüler verantwortlich ist. Mittlerweile sind rund 250 Personen infiziert worden, die sich alle in ihnen zugewiesenen Räumlichkeiten aufhalten und nur Kontakt zu einer ihnen nahestehenden Person sowie dem zuständigen Heiler-Personal haben. Die meisten Fälle beschränken sich auf hohes Fieber, das mit einem leicht modifizierten Aufpäppeltrank unter Kontrolle gehalten wird. Jedoch lässt ein Heiltrank weiterhin auf sich warten, auch wenn die Heiler dem Trank laut Insider-Berichten ein Stück nähergekommen sind. Mittlerweile sind alle dreiunddreißig frisch errichteten Betten im Tatha-Stockwerk des St. Mungo’s belegt und die Abteilung wird um ein weiteres Stockwerk erweitert. Dieses Mal von einem anonymen Sponsor, da sich die Mehrheit des Personals von Bricks & Walls mit Tatha infiziert hat. Jedoch versicherte man uns aus vertraulicher Quelle, dass die eingesprungenen Hauselfen scheinbar ebenfalls gegen das Virus immun sind, da ihre Magie auf einer anderen biologischen Grundlage beruht als die von menschlichen Magiefähigen. Acht der St.-Mungo-Patienten befinden sich in kritischer Fassung, doch den restlichen 25 geht es den Umständen entsprechend gut, so eine der Lernheiler bei der Pressekonferenz, die für den aus unbekannten Gründen verhinderten Smethwyck eingesprungen sind. Auf die Frage, ob er sich ebenfalls mit Tatha angesteckt hat, gaben sie keinerlei Auskunft.Derweil gab Minister Shacklebolt bekannt, an einem Plan für die verminderte Ausbreitung des Virus zu arbeiten, der in den nächsten Tagen der Öffentlichkeit präsentiert wird. Gleichzeitig merkte er an, parallel an Sanktionen bei Nichtbefolgung zu arbeiten.„Tatha ist eine neue, unbekannte Bedrohung für die magische Welt und ich als Minister werde alles dafür tun, ihr mit Entschlossenheit entgegenzutreten. Die magische Bevölkerung in Großbritannien und Nordirland hat sich vergangene Woche vom Rest der Welt abgeschottet und bis ein Heilmittel gefunden wurde, wird das auch so bleiben. Tatha wird die Grenze zu den anderen Ländern nicht überschreiten, dafür stehe ich zusammen mit dem gesamten Ministerium ein. Deshalb wird es für jede Nichtbeachtung der Restriktionen enorme Bußgelder geben, deren Höhe abhängig vom gesamten Familienvermögen der jeweiligen Person gemacht wird. Als Familie gelten alle Vor- und Nachfahren direkter Linie, die denselben Familiennamen tragen.“ Wann und wie die Restriktionen in Kraft treten, wird der Krisenstab der Regierung im Laufe dieses Tages entscheiden.

Es berichtete für Sie: A. Fenetre, Reporter beim

Tagespropheten

***

Harry stieß unauffällig den Atem aus, den er unbewusst angehalten hatte und legte seinen Zwei-Wege-Spiegel aus der Hand. Seit Ginny zwangsweise unter Quarantäne gestellt wurde, hatte er ihr dieses Überbleibsel des Black-Familienerbes gegeben, damit sie ihn im Fall von Symptomen benachrichtigen konnte. Er hatte dabei keine Bedenken bezüglich ihrer körperlichen Kondition – als Quidditch-Spielerin war sie wahrscheinlich am besten gegen Tatha gewappnet – sondern er wollte ein paar zusätzliche Stunden haben, sich nach einer übergangsweisen Unterkunft umzublicken. Ginny ging es gut, wenn man einmal von ihrer Langeweile absah, die sich in ihrer generellen Gereiztheit äußerte. Wie er selbst war sie eine Person, die es nicht allzu lange ohne Frischluft aushielt und die letzten fünf Tage waren für sie alles andere als angenehm gewesen. Bei der Aussicht, noch eine weitere Woche in ihrem Haus zu verbringen, auch wenn das Black-Anwesen nach den umfangreichen Renovierungsarbeiten komplett bewohnbar und entsprechend geräumig für zwei Personen war, durfte Ginny in Harrys Augen etwas gereizt sein. Immerhin hatte sie ihm eröffnet, dass sie sich um den völlig vernachlässigten Garten hinter dem Haus kümmern wollte, der scheinbar seit etlichen Jahrzehnten keiner menschlichen Kontrolle mehr unterworfen war. Zwar hatten sie Kreacher gefragt, doch auch der alte Hauself, der mittlerweile nur noch im oberen Stockwerk anzutreffen war, konnte keine genaueren Angaben machen. Mit einem lautlosen Seufzen riss sich Harry aus seinen Gedankengängen und beugte sich wieder über den Papierstapel, der einmal mehr bedrohliche Ausmaße angenommen hatte. Wenn ihm irgendjemand erzählt hätte, dass das Auror-Dasein diese Menge an Papierkram mit sich brachte, hätte er sich die nervenaufreibende Ausbildung vielleicht gründlicher überlegt. Deshalb war er wirklich froh, als ein kleiner Papierflieger durch die Türspalte schwebte und sanft vor ihm auf dem Schreibtisch landete. Ron, der seit zwei Stunden gegen den Schlaf ankämpfte, riss den Kopf hoch und blickte das Stück Papier, zu dem sich der Flieger entfaltet hatte mit Begeisterung an.„Vielleicht ist das ein Feldauftrag für uns!“ Doch Harry schüttelte nur den Kopf. „Kingsley will mich sehen. Scheinbar sind die Reporter mittlerweile so aufdringlich, dass ich doch an die Öffentlichkeit treten muss.“ Er rollte mit den Augen und Ron prustete los. Seit der Schlacht von Hogwarts und den Merlin Orden Erster Klasse, die sie und alle überlebenden Teilnehmer der Schlacht bekommen hatten, sah er das Verlangen der Presse nach Harry lockerer als damals beim Trimagischen Turnier. Er amüsierte sich eher darüber, denn nach den ersten drei Tagen Presserummel direkt nach der Schlacht hatte er die Schattenseiten des Berühmt-Seins kennengelernt. Deshalb war er heilfroh gewesen, als die Todesser-Prozesse angefangen und die Aufmerksamkeit der Reporter auf sich gezogen hatten. „Ich vermute mal, dass du heute nicht davonkommen wirst. Mein herzliches Beileid.“ Rons Stimme klang mitfühlend und Harry grunzte unbestimmt. Dann stand er seufzend auf, packte seinen Zauberstab in die dafür gedachte Tasche seines Umhangs und machte sich auf den Weg zu Kingsleys Büro. Während er durch das Ministerium lief, fiel ihm vor allem die generelle Anspannung auf, die in der Luft lag. Normalerweise standen auf den Fluren und Korridoren Angestellte, die während ihrer Pause miteinander den neuesten Klatsch und Tratsch austauschten. In dieser Hinsicht waren Zauberer genauso gestrickt wie Muggel, hatte Harry innerhalb der ersten Woche als angehender Auror festgestellt. Doch nun waren alle Korridore verlassen und fast schon gespenstig still, die einzigen Geräusche kamen von hastigen Schritten, wenn ein Mitarbeiter über den Gang in ein anderes Büro huschte und sich dabei so ängstlich umsah, als ob ihn das Virus gleich in Gestalt eines Letifolds befallen könnte. Wenn die Situation eine andere gewesen wäre, hätte Harry darüber gelacht. So aber befiel ihn wieder das mulmige Gefühl in der Magengegend, das ihn in den letzten Tagen immer häufiger heimsuchte. Selbst vor Kingsleys Büro befand sich niemand, abgesehen von der Sicherheitsstaffel an Auroren, die vor dem Tür des Zaubereiministers stets zu zweit postiert waren. Da die Staffel aus insgesamt acht Auroren bestand, die sich alle vier Stunden abwechselten und sogar ihr eigenes Büro direkt neben dem Ministerbüro hatten, waren sie eine Spezialeinheit, die jeder Auror mit Namen kannte. Deshalb nickte Harry Proudfoot und Trevors zu, die ihrerseits nickten. „Sie können eintreten, Mr Potter. Minister Shacklebolt hat uns über Ihren Besuch bereits informiert“, sagte Proudfoot mit emotionsloser Stimme, gefolgt von einem Augenzwinkern. Harry unterdrückte ein Grinsen: Wenn er eines über Proudfoot gelernt hatte, dann war das die Tatsache, dass er liebend gern den emotionslosen Auror spielte, obwohl er privat nie um einen Scherz verlegen war. Bis heute wusste er es nicht, wie Proudfoot es schaffte, wie auf ein Zauberstabschnippen in seine Rolle zu schlüpfen. Immerhin war es der einzige Auror, der zu dieser Leistung in der Lage war, was Harry beruhigte. Er selbst hatte trotz allem noch immer Probleme mit seinem Temperament, auch wenn er mittlerweile geduldiger geworden war.„Harry“, begrüßte ihn Kingsley erfreut und stand von seinem Bürosessel auf, um hinter dem Tisch hervorzukommen und Harry in eine kurze, aber herzliche Umarmung zu ziehen. „Wie geht es Ginny? Ich habe gehört, sie wurde von den Harpies in Quarantäne versetzt?“ Harry schnitt nur eine Grimasse, was Kingsley ein wissendes Grinsen entlockte. „Ich habe es mir fast gedacht. Ihr fällt die Decke auf den Kopf – diese Muggelsprichwörter sind wirklich gut. Fast wünsche ich mir, ich würde den Muggel-Premierminister weiterhin schützen, so viel wie ich dort über Muggel und ihre eigenen Sprichwörter gelernt habe.“ Dann erlosch sein Grinsen und er räusperte sich. „Aber weshalb ich dich eigentlich gerufen habe, auch wenn es mir wirklich unangenehm ist: Ich brauche deine offensichtliche Unterstützung.“ Harry runzelte die Stirn.„Wieso offensichtlich?“ Kingsley seufzte.„Die Reporter sind in den letzten Tagen immer aufdringlicher geworden. Ich habe die Restriktionen für die Zaubereigemeinschaft zusammen mit meinem Krisenstab heute Nacht fertiggestellt.“ Erst jetzt bemerkte Harry die schwarzen Schatten unter Kingsleys Augen, die sich noch eine Spur tiefer eingegraben hatten als bei der letzten Versammlung. Harry spürte Mitleid in sich aufsteigen. Er wusste, dass Kingsley den Posten als Minister nie gewollt hatte und lieber ein normaler Auror geblieben wäre. Doch seine Errungenschaften während des Kriegs, unter anderem die versteckte Kommunikation unter den Auroren nach deren Freistellung durch Minister Thicknesse am 1. September 1997, waren mit ausschlaggebend für den Sieg über Voldemorts Truppen gewesen. Abgesehen davon gab es keinen anderen Kandidaten, der ähnlichen Respekt in allen Gesellschaftsschichten genoss und sich während des Kriegs auch nichts zuschulden hatte kommen lassen. Durch seinen Status als Reinblut waren die alteingesessenen Familien zufrieden und seine Einstellung, der Blutstatus spiele keine Rolle, brachte ihm den Respekt der restlichen Gesellschaft ein. „Was soll ich tun?“ Kingsley schenkte ihm ein dankbares Lächeln, doch zu einer Erwiderung fehlte ihm die Lust. Allein der Gedanke, sich höchstwahrscheinlich den gierigen Nifflern von Reportern stellen zu müssen, verursachte ihm Übelkeit. „Ich weiß, wie sehr du öffentliche Auftritte hasst. Heute um 12 Uhr Mittag werde ich die neuen Restriktionen verkünden, du hast nur hinter mir zu stehen und anschließend mit mir gemeinsam die Fragen der Reporter zu beantworten. Damit du weißt, worum es genau geht, habe ich dich herberufen: Du solltest im Voraus über deren Inhalt Bescheid wissen. Keine Angst, es sind ganz normale, die auch in der Muggelwelt in solchen Situationen angewandt werden. Hermine hat die meisten davon eigenständig ausgearbeitet und wir haben nur Kleinigkeiten in Bezug auf die magischen Besonderheiten bei uns ergänzt.“ Harrys aufsteigende Nervosität war bei der Erwähnung von Hermines Namen erloschen. Wenn er einer Person vertraute, das hier alles sinnvoll unter Kontrolle zu halten, dann war das seine beste Freundin. Außerdem hatte Hermine bei ihrem letzten Besuch erwähnt, dass in der Muggelwelt in den letzten Jahrzehnten immer mal wieder einzelne Länder von einer Krankheit so sehr betroffen waren, dass sie strengere Regelungen für ihre Bevölkerung treffen mussten, vor allem was die zwischenmenschlichen Kontakte betraf.

***

So kam es, dass Harry um Punkt zwölf zusammen mit Robards als offizielle Vertreter der Aurorenabteilung hinter Kingsley stand, der die insgesamt zehn Punkte ruhig und monoton, aber bestimmt vorlas. Als Kingsley geendet hatte, herrschte einige Sekunden Schweigen, wenn man von dem kratzenden Geräusch der Federn auf den Pergamenten der Reporter absah. Doch als Kingsley offiziell die Fragerunde eröffnete, hoben nahezu alle anwesenden Reporter fast gleichzeitig die Hand. „Mr Potter, was hat Sie dazu bewegt, sich jetzt in Anwesenheit des Ministers zu zeigen?“ Harry schloss ergeben die Augen und rief sich ins Gedächtnis, dass er das hier für Kingsley tat. „Es gab Gerüchte.“ Dabei sah er gewollt scharf in die Menge und bemerkte zufrieden, wie ein paar Reporter zusammenzuckten. „Deshalb möchte ich meine Worte von vor nahezu zwei Jahren erneut wiederholen: Ich habe nicht vor, in der nächsten Zeit irgendetwas an meinem Beruf zu ändern. Kingsley ist der Beste, wenn es um den Ministerposten geht, so einfach ist das. Derweil will ich mich voll und ganz darauf konzentrieren, meinen Job als Auror auszuüben und brauche keinerlei Ablenkungen durch ständige Presseartikel über meine Person.“„Keinerlei Ablenkungen? Auch nicht durch Ginevra Weasley, die seit letzter Woche von ihrer Position als Jägerin der Holyhead Harpies beurlaubt wurde?“ Harry schenkte der jungen Reporterin einen eisigen Blick, rief sich direkt danach aber zur Ruhe. „Mein Privatleben ist privat. Ginny wurde durch ihren Kontakt zu Ministeriumsangestellten zum Schutz des Teams unter ein Ausgangsverbot gestellt, genau wie jeder andere Spieler mit Ministeriums-Verwandtschaft.“ „Wir möchten darauf hinweisen, dass diese Pressekonferenz nicht dazu dient, Mr Potter über seine privaten Belange auszufragen. Deshalb werden alle Fragen, die nicht unmittelbar mit den eben verkündeten Restriktionen zu tun haben, übergangen.“ Kingsleys Tonfall traft perfekt die Mitte zwischen Neutralität und Schärfe und Harry beneidete ihn darum. Er wusste, dass Kingsley nur eingegriffen hatte, weil er an Harrys Tonfall das Entgleiten seiner Höflichkeit erkannt hatte.„Was sagt Mr Potter zu den verkündeten Restriktionen? Sind sie zu hart? Oder zu lasch?“

Natürlich schaffen es diese Aasgeier, das alles erneut in meine Richtung zu drehen, schoss es Harry entnervt durch den Kopf. Doch er atmete tief ein und rief sich abermals zur Ruhe.

„Die Restriktionen wurden von Mrs Hermine Granger ausgearbeitet und vom Minister verfeinert. Beide genießen mein uneingeschränktes Vertrauen und nach dem Lesen der Liste bin auch ich voll und ganz von der Notwendigkeit und Erforderlichkeit sowie der Angemessenheit der einzelnen Punkte überzeugt. Mehr werde ich zu diesem Thema nicht sagen, da sich der Krisenstab um einiges besser mit dem Thema auskennt als ich.“ Mit diesen Worten trat Harry vom Rednerpult zurück und stellte sich neben Robards zurück in die Reihe.„Potter, Sie werden immer besser im Umgang mit der Presse“, murmelte Robards aus dem Mundwinkel und drehte den Kopf dabei leicht, damit die Reporter das nicht bemerkten. Doch diese hatten ihre Aufmerksamkeit wieder voll und ganz Kingsley geschenkt, nachdem sie Harrys Zurücktreten als Zeichen seines Auskunftsendes erkannt hatten.

***


Die Vorkehrungen des Ministeriums werden allmählich konkreter, was die Ausbreitung des Virus betrifft. Ich weiß, dass Harry und Co. noch nicht wirklich in Kontakt mit Tatha gekommen sind, weil es irgendwo ungreifbar herumschwirrt, aber das wird sich in den nächsten Kapiteln ändern, versprochen. Es war mir nur wichtig, die allmähliche, unbekannte Bedrohung greifbar zu machen. Die Restriktionen haben von der Länge her nicht mehr in dieses Kapitel gepasst, dafür kommen sie im nächsten direkt.

Lasst gerne Rückmeldungen da, ich freue mich immer über jede einzelne!