Wo finden sich menschenrechte dokumentiert

DER MENSCHENRECHTSANSATZ DER DEZA

Keine technischen Antworten
auf politische Probleme

(sch) Inanna Göbel-Bösch sagt es so: «Es bringt nichts, Brunnen zu bauen, wenn sich die Menschen nicht auf die Strasse trauen.» Laut der Programmveranwortlichen des DEZA-Kompetenzzentrums «Konfliktprävention und Menschenrechte» ist die Stärkung der Menschenrechte essenziell für jegliche Art von Entwicklungszusammenarbeit. Dieses Grundverständnis ist im «Menschenrechtsansatz» der DEZA festgehalten. Dieser übersetzt Entwicklungsbedürfnisse in menschenrechtsbasierte Ansprüche. Der Mensch und seine Rechte stehen dabei im Zentrum. «Ausgangspunkt des Menschenrechtsansatzes sind die rechtlich verbindlichen internationalen Kern-Menschenrechtsabkommen», sagt Göbel-Bösch. «Es geht darum, staatliche und private Akteure dabei zu unterstützen, ihre menschenrechtlichen Verpflichtungen umzusetzen. Gleichzeitig werden diskriminierte Gruppen unterstützt, ihre Rechte zu kennen und diese einzufordern.»

Ein funktionierendes Rechtssystem inklusive Zugang für alle zu einer fairen, transparenten Justiz sind zentral für das Leben jedes Einzelnen in Würde und Sicherheit. Dementsprechend unterstützt die DEZA ihre Partnerländer beim Aufbau von funktionierenden Justizsystemen. Sie arbeitet vor allem in drei Bereichen: die Unterstützung von Justizreformen, die Entwicklung neuer Gesetzgebungen und der erleichterte Zugang zum Justizsystem. In Bolivien zum Beispiel hat sie mitgeholfen, die in der Verfassung verbrieften Rechte für Indigene und Frauen in konkrete Gesetzgebungen zu übertragen (siehe Kasten). In Pakistan wird die Beteiligung von Frauen im Parlament der Provinz Khyber Pakhtunkhwa gefördert, damit sie die Gesetzgebung gleich in die eigenen Hände nehmen können. In Tadschikistan wiederum baut die DEZA ein Netzwerk von kostenloser Rechtsberatung auf, mit dem der Zugang zur Justiz nachhaltig gestärkt werden soll.

Stärkung von Schlüsselakteuren

Weiter unterstützt die Schweiz nationale Menschenrechtsinfrastrukturen und multilaterale Menschenrechtsorganisationen wie die «Afghanistan Independent Human Rights Commission» (AIHRC) (siehe Haupttext). In Afghanistan finanziert sie ein vom UNDP implementiertes Projekt mit, das die Gerichtsinstitutionen bei der Durchsetzung von in der Verfassung festgeschriebenen Menschenrechten unterstützt. In Honduras war die Schweiz massgeblich daran beteiligt, dass ein Landesbüro des Hochkommissariats für Menschenrechte (siehe Interview unten) eröffnet wurde.

«Die Schweiz hat bezüglich der Förderung von Menschenrechen einen sehr guten Ruf», ist Göbel-Bösch überzeugt. «Sie hat langjährige Expertise, einen guten Leistungsausweis und geniesst viel Glaubwürdigkeit bei den Partnerländern. Dies bildet eine gute Basis, um mit diesen gemeinsam die Menschenrechte zu fördern.» Das gelte besonders für fragile Staaten, in welchen sich die DEZA laut «Botschaft zur Internationalen Zusammenarbeit 2017-20» des Bundes in Zukunft stärker einsetzen soll.

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (Resolution 217 A (III) vom 10.12.1948) besteht aus 30 Artikeln, beschlossen von den Vereinten Nationen. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ist ein dynamisches Dokument, das den größtmöglichen Schutz aller Menschen im Hier und Jetzt gewährleisten soll.

Daher muss 70 Jahre nach Verabschiedung dieses weltweiten Handlungsmaßstabs für staatliches Handeln auch die sprachliche Fassung der 30 Artikel angepasst werden. Amnesty verwendet daher eine diskriminierungssensibel überarbeitete deutsche Übersetzung der Allgemeinen Erklärung.

Die ursprüngliche deutsche Übersetzung der Vereinten Nationen von 1948 finden Sie auf der Seite des UN-Kommissariats für Menschenrechte. Dort finden Sie die Allgemeine Erklärung auch in zahlreichen anderen Übersetzungen, unter anderem in Gebärdensprache. 

Da die Anerkennung der angeborenen Würde und der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen die Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bildet,

da die Nichtanerkennung und Verachtung der Menschenrechte zu Akten der Barbarei geführt haben, die das Gewissen der Menschheit mit Empörung erfüllen, und da verkündet worden ist, dass einer Welt, in der die Menschen Rede- und Glaubensfreiheit und Freiheit von Furcht und Not genießen, das höchste Streben des Menschen gilt,

da es notwendig ist, die Menschenrechte durch die Herrschaft des Rechtes zu schützen, damit der Mensch nicht gezwungen wird, als letztes Mittel zum Aufstand gegen Tyrannei und Unterdrückung zu greifen,

da es notwendig ist, die Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Nationen zu fördern,

da die Völker der Vereinten Nationen in der Charta ihren Glauben an die grundlegenden Menschenrechte, an die Würde und den Wert der menschlichen Person und an die Gleichberechtigung aller Menschen erneut bekräftigt und beschlossen haben, den sozialen Fortschritt und bessere Lebensbedingungen in größerer Freiheit zu fördern,

da die Mitgliedstaaten sich verpflichtet haben, in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen auf die allgemeine Achtung und Einhaltung der Menschenrechte und Grundfreiheiten hinzuwirken,

da ein gemeinsames Verständnis dieser Rechte und Freiheiten von größter Wichtigkeit für die volle Erfüllung dieser Verpflichtung ist,

verkündet die Generalversammlung

diese Allgemeine Erklärung der Menschenrechte als das von allen Völkern und Nationen zu erreichende gemeinsame Ideal, damit jeder einzelne Mensch und alle Organe der Gesellschaft sich diese Erklärung stets gegenwärtig halten und sich bemühen, durch Unterricht und Erziehung die Achtung vor diesen Rechten und Freiheiten zu fördern und durch fortschreitende nationale und internationale Maßnahmen ihre allgemeine und tatsächliche Anerkennung und Einhaltung durch die Bevölkerung der Mitgliedstaaten selbst wie auch durch die Bevölkerung der ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Gebiete zu gewährleisten.

Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Solidarität begegnen.

Jeder Mensch hat Anspruch auf die in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten ohne irgendeinen Unterschied, etwa aufgrund rassistischer Zuschreibungen, nach Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand.

Des Weiteren darf kein Unterschied gemacht werden aufgrund der politischen, rechtlichen oder internationalen Stellung des Landes oder Gebiets, dem eine Person angehört, gleichgültig ob dieses unabhängig ist, unter Treuhandschaft steht, keine Selbstregierung besitzt oder sonst in seiner Souveränität eingeschränkt ist.

Jeder Mensch hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.

Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei und Sklavenhandel sind in allen ihren Formen verboten.

Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.

Jeder Mensch hat das Recht, überall als rechtsfähig anerkannt zu werden.

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich und haben ohne Unterschied Anspruch auf gleichen Schutz durch das Gesetz. Alle haben Anspruch auf gleichen Schutz gegen jede Diskriminierung, die gegen diese Erklärung verstößt, und gegen jede Aufhetzung zu einer derartigen Diskriminierung.

Jeder Mensch hat Anspruch auf einen wirksamen Rechtsbehelf bei den zuständigen innerstaatlichen Gerichten gegen Handlungen, durch die die ihm nach der Verfassung oder nach dem Gesetz zustehenden Grundrechte verletzt werden.

Niemand darf willkürlich festgenommen, in Haft gehalten oder des Landes verwiesen werden.

Jeder Mensch hat bei der Feststellung der eigenen Rechte und Pflichten sowie bei einer gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Beschuldigung in voller Gleichheit Anspruch auf ein gerechtes und öffentliches Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht.

  1. Jeder Mensch, der wegen einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, hat das Recht, als unschuldig zu gelten, solange seine Schuld nicht in einem öffentlichen Verfahren, in dem er alle für seine Verteidigung notwendigen Garantien gehabt hat, gemäß dem Gesetz nachgewiesen ist.

  2. Niemand darf wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Ebenso darf keine schwerere Strafe als die zum Zeitpunkt der Begehung der strafbaren Handlung angedrohte Strafe verhängt werden.

Niemand darf willkürlichen Eingriffen in das eigene Privatleben, die eigene Familie, die eigene Wohnung und den eigenen Schriftverkehr oder Beeinträchtigungen der eigenen Ehre und des eigenen Rufes ausgesetzt werden. Jeder Mensch hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen.

  1. Jeder Mensch hat das Recht, sich innerhalb eines Staates frei zu bewegen und den Aufenthaltsort frei zu wählen.

  2. Jeder Mensch hat das Recht, jedes Land, einschließlich des eigenen, zu verlassen und in das eigene Land zurückzukehren.

  1. Jeder Mensch hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen.

  2. Dieses Recht kann nicht in Anspruch genommen werden im Falle einer Strafverfolgung, die tatsächlich aufgrund von Verbrechen nichtpolitischer Art oder aufgrund von Handlungen erfolgt, die gegen die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen verstoßen.

  1. Jeder Mensch hat das Recht auf eine Staatsangehörigkeit.

  2. Niemandem darf die eigene Staatsangehörigkeit willkürlich entzogen noch das Recht versagt werden, die Staatsangehörigkeit zu wechseln.

  1. Heiratsfähige Menschen haben ohne Beschränkung aufgrund von rassistischen Zuschreibungen, aufgrund der Staatsangehörigkeit oder der Religion das Recht, zu heiraten und eine Familie zu gründen. Sie haben bei der Eheschließung, während der Ehe und bei deren Auflösung gleiche Rechte.

  2. Eine Ehe darf nur bei freier und uneingeschränkter Willenseinigung der künftigen Ehegatt_innen geschlossen werden.

  3. Die Familie ist die natürliche Grundeinheit der Gesellschaft und hat Anspruch auf Schutz durch Gesellschaft und Staat.

  1. Jeder Mensch hat das Recht, sowohl allein als auch in Gemeinschaft mit anderen Eigentum innezuhaben.

  2. Niemand darf willkürlich des Eigentums beraubt werden.

Jeder Mensch hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein, die Religion oder Überzeugung zu wechseln, sowie die Freiheit, die eigene Religion oder Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen zu bekennen.

Jeder Mensch hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.

  1. Alle Menschen haben das Recht, sich friedlich zu versammeln und zu Vereinigungen zusammenzuschließen.

  2. Niemand darf gezwungen werden, einer Vereinigung anzugehören.

  1. Jeder Mensch hat das Recht, an der Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten des eigenen Landes unmittelbar oder durch frei gewählte Vertreter_innen mitzuwirken.

  2. Jeder Mensch hat das Recht auf gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern im eigenen Lande.
     
  3. Der Wille des Volkes bildet die Grundlage für die Autorität der öffentlichen Gewalt; dieser Wille muss durch regelmäßige, unverfälschte, allgemeine und gleiche Wahlen mit geheimer Stimmabgabe oder in einem gleichwertigen freien Wahlverfahren zum Ausdruck kommen.

Jeder Mensch hat als Mitglied der Gesellschaft das Recht auf soziale Sicherheit und Anspruch darauf, durch innerstaatliche Maßnahmen und internationale Zusammenarbeit sowie unter Berücksichtigung der Organisation und der Mittel jedes Staates in den Genuss der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu gelangen, die für die eigene Würde und die freie Entwicklung der eigenen Persönlichkeit unentbehrlich sind.

  1. Jeder Mensch hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit.

  2. Jeder Mensch, ohne Unterschied, hat das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit.

  3. Jeder Mensch, der arbeitet, hat das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und der eigenen Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, gegebenenfalls ergänzt durch andere soziale Schutzmaßnahmen.

  4. Jeder Mensch hat das Recht, zum Schutz der eigenen Interessen Gewerkschaften zu bilden und solchen beizutreten.

Jeder Mensch hat das Recht auf Erholung und Freizeit und insbesondere auf eine vernünftige Begrenzung der Arbeitszeit und regelmäßigen bezahlten Urlaub.

  1. Jeder Mensch hat das Recht auf einen Lebensstandard, der Gesundheit und Wohl für sich selbst und die eigene Familie gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen, sowie das Recht auf Sicherheit im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität oder Verwitwung, im Alter sowie bei anderweitigem Verlust der eigenen Unterhaltsmittel durch unverschuldete Umstände.

  2. Mütter und Kinder haben Anspruch auf besondere Fürsorge und Unterstützung. Alle Kinder, eheliche wie außereheliche, genießen den gleichen sozialen Schutz.

  1. Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung. Die Bildung ist unentgeltlich, zumindest der Grundschulunterricht und die grundlegende Bildung. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch. Fach- und Berufsschulunterricht müssen allgemein verfügbar gemacht werden, und der Hochschulunterricht muss allen gleichermaßen entsprechend ihren Fähigkeiten offenstehen.

  2. Die Bildung muss auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und auf die Stärkung der Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten gerichtet sein. Sie muss zu Verständnis, Toleranz und Freundschaft zwischen allen Nationen und allen Gruppen, unabhängig von Herkunft und Religion, beitragen und der Tätigkeit der Vereinten Nationen für die Wahrung des Friedens förderlich sein.

  3. Die Eltern haben ein vorrangiges Recht, die Art der Bildung zu wählen, die ihren Kindern zuteilwerden soll.

  1. Jeder Mensch hat das Recht, am kulturellen Leben der Gemeinschaft frei teilzunehmen, sich an den Künsten zu erfreuen und am wissenschaftlichen Fortschritt und dessen Errungenschaften teilzuhaben.

  2. Alle Menschen haben das Recht auf Schutz der geistigen und materiellen Interessen, die ihnen als Urheber_innen von Werken der Wissenschaft, Literatur oder Kunst erwachsen.

Jeder Mensch hat Anspruch auf eine soziale und internationale Ordnung, in der die in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten voll verwirklicht werden können.

  1. Jeder Mensch hat Pflichten gegenüber der Gemeinschaft, in der allein die freie und volle Entfaltung der eigenen Persönlichkeit möglich ist.

  2. Jeder Mensch ist bei der Ausübung der eigenen Rechte und Freiheiten nur den Beschränkungen unterworfen, die das Gesetz ausschließlich zu dem Zweck vorsieht, die Anerkennung und Achtung der Rechte und Freiheiten anderer zu sichern und den gerechten Anforderungen der Moral, der öffentlichen Ordnung und des allgemeinen Wohles in einer demokratischen Gesellschaft zu genügen.

  3. Diese Rechte und Freiheiten dürfen in keinem Fall im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen ausgeübt werden.

Keine Bestimmung dieser Erklärung darf dahin ausgelegt werden, dass sie für einen Staat, eine Gruppe oder eine Person irgendein Recht begründet, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung zu begehen, welche die Beseitigung der in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten zum Ziel hat.

Hier erfährst du mehr über die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte.