Wo der teufel seine kinder

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Wo der teufel seine kinder


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Der Teufel und seine Großmutter ist ein Märchen (ATU 812). Es steht in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm an Stelle 125 (KHM 125).

Wo der teufel seine kinder

Illustration von Otto Ubbelohde, 1909

Wo der teufel seine kinder

Illustration von Otto Ubbelohde, 1909

Wo der teufel seine kinder

Bild von Albert Weisgerber aus Kinder- und Hausmärchen nach Sammlung der Brüder Grimm (Gerlach's Jugendbücherei).[1]

Drei schlecht bezahlte Soldaten desertieren und verstecken sich im Korn. Doch das Heer umzingelt das Feld, bis sie fürchten zu verhungern. Da trägt sie ein Drache hinaus. Der Teufel gibt ihnen eine kleine Peitsche, die Geld macht. Dafür sollen sie nach sieben Jahren ihm gehören, wenn sie nicht ein Rätsel lösen können. Sie leben im Überfluss, aber tun nichts Böses. Schließlich bekommen zwei Angst, sie könnten das Rätsel nicht lösen, doch einer ist sorglos und geht auf Rat einer alten Frau zu einem Steinhaus im Wald. Dort versteckt ihn des Teufels Großmutter, während sie den Teufel über das Rätsel aushorcht: „In der großen Nordsee liegt eine tote Meerkatze, das soll ihr Braten sein; und von einem Walfisch die Rippe, das soll ihr silberner Löffel sein; und ein alter hohler Pferdefuß, das soll ihr Weinglas sein.“ Der Soldat erzählt es den anderen. Sie stehen dem Teufel Rede und Antwort und dürfen auch die Peitsche behalten.

Grimms Anmerkung notiert „Aus Zwehrn“ (von Dorothea Viehmann) und liefert eine Variante „aus Deutschböhmen“: Einer der drei Soldaten flucht unter einem Birnbaum „ich wollte, daß uns der Teufel holte!“ Der kommt und schließt den Vertrag. Sie dürfen um die Hölle spazieren gehen, bis er nach einem Jahr seine Rätsel stellt. Der Soldat, dem die zwei anderen seinen Leichtsinn vorwerfen, belauscht von einem Birnbaum aus, wie der Teufel den Luzifer beruhigt, was für schwere Rätsel er hat: Ein gutes Tuch, ein schönes Pferd und ein Goldbecher, die aber eine stinkende Bockshaut, ein Ziegenbock und ein Pechbecher sind. Der Soldat rät es, und der Teufel muss Geld an den Ort des Vertragsschlusses bringen. Die Brüder Grimm nennen dazu Pröhles „Kinderm. Nr. 19“, KHM 29 Der Teufel mit den drei goldenen Haaren, KHM 55 Rumpelstilzchen und den „Fischer in der Hervarar Saga S. 182.“ Die Peitsche sei eine bei Gold anschlagende Wünschelrute. Besonders das Rätsel scheine nordisch, das Verstecken durch die Riesin „ein alter Zug (s. Hymisquida Str. 8 Anmerk. 20).“

Als Vorbild solch unlösbarer Rätsel gilt die Legenda aurea zu St. Andreas (23–25), er soll Gottes größtes Wunder raten, und weiß: Kein Mensch gleicht dem anderen.[2]

Sehr ähnlich sind KHM 29 Der Teufel mit den drei goldenen Haaren, KHM 165 Der Vogel Greif. Vgl. in Giambattista Basiles Pentameron II,2 Verde Prato, IV,6 Die drei Kronen, IV,8 Die sieben Täublein, V,2 Die Monate, V,9 Die drei Zitronen.

Ludwig Bechstein greift Teufels Großmutter auf in Der Teufel ist los oder das Märlein, wie der Teufel den Branntwein erfand, Gevatter Tod, Die drei dummen Teufel. Von des Teufels Familie ist auch in Die Sieben Schwaben die Rede.

Laut englischer Wikipedia inspirierte das Märchen Mike Mignola zu dem Comic Hellboy in Hell.

  • Gurimu Meisaku Gekijō, japanische Zeichentrickserie 1987, Folge 21: Der Teufel und sein Großvater
  • Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen. Vollständige Ausgabe. Mit 184 Illustrationen zeitgenössischer Künstler und einem Nachwort von Heinz Rölleke. S. 593–596. Düsseldorf und Zürich, 19. Auflage 1999. (Artemis & Winkler Verlag; Patmos Verlag; ISBN 3-538-06943-3)
  • Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen. Ausgabe letzter Hand mit den Originalanmerkungen der Brüder Grimm. Mit einem Anhang sämtlicher, nicht in allen Auflagen veröffentlichter Märchen und Herkunftsnachweisen herausgegeben von Heinz Rölleke. Band 3: Originalanmerkungen, Herkunftsnachweise, Nachwort. S. 218–219, 493. Durchgesehene und bibliographisch ergänzte Ausgabe, Stuttgart 1994. (Reclam-Verlag; ISBN 3-15-003193-1)
  • Hans-Jörg Uther: Handbuch zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. de Gruyter, Berlin 2008, ISBN 978-3-11-019441-8, S. 274–276.

  1. Kinder- und Hausmärchen nach Sammlung der Brüder Grimm. In: archive.org.
  2. Hans-Jörg Uther: Handbuch zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. de Gruyter, Berlin 2008, ISBN 978-3-11-019441-8, S. 274–276.

 

Wikisource: Der Teufel und seine Großmutter – Quellen und Volltexte

  • Märchenlexikon.de zu Die Rätsel des Teufels AaTh 812
  • Märchenlexikon.de zu Der Teufel und seine Großmutter
  • Illustrationen
  • märchentruhe.de: Der Teufel und seine Großmutter, gelesen (mp3; 10:11)
  • Deutung (Internet Archive)

Abgerufen von „https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Der_Teufel_und_seine_Großmutter&oldid=217459434“

wo is da platz                                                 [Wo ist der Platz wo da teufel seine kinda kriagt                   wo der Teufel seine Kinder kriegt des is da platz                                                 das ist der Platz wo all’s z’samm rennt                                    wo alles zusammen-rennt wo is des feuer                                               wo ist das feuer hey wo geht ‘n grad a blitz nieder               hey wo geht grad ein Blitz nieder wo is ‘n da der stadl                                       wo ist denn da die Stadt

wo de hütt’n de brennt                                 wo die Hütte brennt

Wo der teufel seine kinder

Hubert von Goisern Brenna tuat‘s guat wo is da platz wo da teufel seine kinda kriagt des is da platz wo all's z'samm rennt wo is des feuer hey wo geht 'n grad a blitz nieder wo is 'n da der stadl wo de hütt'n de brennt hab'n ma pech oder an lauf fall'n ma um oder auf samma dünn oder dick hab'n an reim oder glück teil ma aus, schenka ma ein toan ma uns abi oder g'frein war'n ma christ hätt ma gwisst wo da teufel baut in mist jeder woass, dass a geld nit auf da wiesen wachst und essen kann ma's a nit aber brenna tat's guat aber hoazen toan ma woazen und de ruabn und den kukuruz wann ma lang so weiter hoazen brennt da huat wo is des geld des was überall fehlt ja hat denn koana an genierer wieso kemman allweil de viara de liagn, de die wahrheit verbieg'n und wanns nit kriagn was woll'n dann wird's g'stohln, de falotten soll der teufel hol'n da is da platz wo da teufel seine kinda kriagt wo all's z'sammrennt und da geht a in oana tour a blitz nieder und de hütt'n brennt grad in den moment jeder woass, dass a geld nit auf da wiesen wachst und essen kann ma's a nit aber brenna tat's guat aber hoazen toan ma woazen und de ruabn und den kukuruz wann ma lang so weiter hoazen brennt da huat [Hubert von Goisern: EntwederUndOder. Blankomusik 2011. Text zitiert nach: http://www.hubertvongoisern.com/entwederundoder/liedtexte.html]

Der Österreicher Hubert von Goisern hat mit seinem Lied Brenna tuat’s guat, der ersten Auskopplung aus seinem aktuellen Album EntwederUndOder, einen musikalisch-gesellschaftskritischen Kommentar zum aktuellen Weltgeschehen geliefert. Das Lied wurde als Krisensong apostrophiert und führte fünf Wochen hindurch in den Österreichischen Charts.

Im Folgenden möchte ich den Song aus interdiskursanalytischer Sicht (Jürgen Link) beleuchten: Kurz zusammengefasst geht die Interdiskurstheorie davon aus, dass moderne Gesellschaften infolge zunehmender Wissensteilung das in Spezialsektoren zerfallende Wissen reintegrieren müssen. Dies geschieht etwa in Literatur, Film, Massenmedien oder aber auch in Liedtexten. Um spezialdiskursive Komplexität allgemeinverständlich zu „übersetzen“, stehen unterschiedliche Verfahren zur Auswahl: Neben der Narrativisierung, der Verwendung von Schemata (Gut vs. Böse) usw., sind es vor allem Kollektivsymbole, die Wissen anschlussfähig machen. Durch metaphorische Begriffe wie „Bankenrettungsschirm“, „Finanzblase“ oder „Schuldenbremse“ werden hochkomplexe Sachverhalte auch im Alltag verhandelbar. Dies kann an Goiserns Krisensong besonders anschaulich dargestellt werden.

Metaphernkomplexe lassen sich jeweils nach ihrem Bild- und ihrem Bedeutungsbereich analysieren. Was den Bildbereich betrifft, so durchziehen drei Isotopien, also bedeutungstragende Strukturen mit iterativ auftretenden Elementen, den Text:

Eine erste zusammenhängende semantische Struktur stellt die volkstümliche Teufel-Motivik (gemeinsam mit zwei episodischen und rudimentär zitierten Erzählungen: Brand des Stadls durch Blitzschlag, Geburt der Kinder des Teufels) dar. Eine zweite Struktur entsteht durch das brennende Geld, das im Refrain explizit angesprochen wird. Ein dritter Symbolkomplex wird durch das Verbrennen von Lebensmitteln, ebenfalls im Refrain, angesprochen. Unschwer lassen sich, nicht zuletzt durch die Stellungnahmen des Musikers selbst, den Bildelementen Bedeutungsebenen (im Sinne der barocken Emblematik werden diese auch als subscriptio-Elemente bezeichnet) zuordnen: Die Metapher vom gut brennenden Geld steht für die ökonomischen Verluste infolge der Bank- und Finanzkrise seit 2008, das Verbrennen von Lebensmitteln für die Diskussion um Biotreibstoffe.

Als kombinationsfähig erweisen sich die Isotopien durch die Feuer-Motivik: Sowohl das Verbrennen des Biosprits („aber hoazen toan ma woazen / und de ruabn und den kukuruz“), die Erwähnung eines Sagenbestandes („in oana tour a blitz nieder / und de hütt’n brennt“) als auch die umgangssprachliche Formulierung vom Verheizen des Geldes („aber brenna tuat’s guat“) lassen sich dadurch zu einem expandierenden Symbolkomplex integrieren. All diese kollektivsymbolischen Krisensymptome werden aggregiert in der Phrase „brennt da huat“. Der „Stadl“ wird gleichsam zum Stellvertreter des Globalen („und de hütt’n brennt / grad in den moment“).

Das Kollektivsymbolsystem ist darüber hinaus auch erweiterbar: Die Feuer-Metaphorik erweist sich als an die elementar-literarische Darstellung der Klimaerwärmung ebenso anschlussfähig wie an die Vorstellung der Hölle oder des Fegefeuers. Auch das sich in heiße Luft bzw. in Asche auflösende Geld schließt metaphorisch an die Realfiktion eines im Grunde nur durch das Vertrauen seiner Benutzer besicherten Papiergeldes an.

Die diskursive Elaboriertheit des Finanzmarktgeschehens und seine Zusammenhänge werden im Lied selbst thematisiert: „wo is da platz / wo da teufel seine kinda kriagt […] / wo is des feuer / hey wo geht ’n grad a blitz nieder / wo is ’n da der stadl / wo de hütt’n de brennt“. Von den beiden volkstümlichen Sagen gerahmt, wird die Finanzkrise durch ein mythisierendes Äquivalenzdenken gefasst, das eben danach fragt, wo der Platz des durch Blitzschlag brennenden Stadls oder der, an dem der Teufel Kinder bekommt, sich verbirgt. Das Abstrakte des finanzmarktgetriebenen Kapitalismus soll in volkstümlichen Sagen seine Konkretisierung erfahren.

Mit der Kritik an fehlender christlicher Moral wird, entsprechend der elementardiskursiven Integration von Wissen, nicht nur ein bestimmter Wertekonservativismus im Lied fassbar („war’n ma christ hätt ma gwisst / wo da teufel baut in mist“), sondern auch eine leicht verständliche Krisenerklärung geboten: Die Wirtschaftskrise ist keine systemische, sondern eine moralische („wo is des geld / des was überall fehlt / ja hat denn koana an genierer / wieso kemman allweil de viara / de liagn, de die wahrheit verbieg’n / und wanns nit kriagn / was woll’n / dann wird’s g’stohln“). Die Nebensächlichkeit anderer indikativischer Eigenschaften und Zustände („hab’n ma pech oder an lauf fall’n ma um oder auf“) wird der Konjunktiv der einzig wirklich wichtigen Eigenschaft („war’n ma christ hätt ma gwisst“) gegenübergestellt. Auf die eingangs gestellte Frage, wo denn der Platz des Teufels sei, folgt dementsprechend auch die erwartbare Antwort: Dort, wo wegen des Geldes gelogen und bestohlen wird („Da is da platz / wo da teufel seine / kinda kriagt / wo all’s z’sammrennt / und da geht a / in oana tour a blitz nieder / und de hütt’n brennt / grad in den moment“).

Die Mythologisierung der Finanzkrise und ihre Reformulierung im Modus des Interdiskursiv-Verständlichen sollte freilich auch hinterfragt werden: Christliches Wirtschaftsethos hätte die Krise ebensowenig verhindert wie die Erklärung der Krise als moralisches Fehlgehen ausreichend ist. Das kreative Potenzial der interdiskursiven Verfahren liegt darin, Spezialdiskurse in neue und unerwartete Kollektivsymbolsysteme zu übertragen und diese zu überraschend neuen und innovativen Komplexen miteinander zu verbinden. Blickt man auf die Rezeption des Songs, so ist dies Hubert von Goisern zweifelsohne gelungen.

Alexander Preisinger, Wien