Wie wird der winter 2015/16 in deutschland

Von Marcel Kuntz

Neuschnee in Thüringen: In der Nacht auf Mittwoch schneite es in vielen Teilen Deutschlands. Bild: dpa

Eiseskälte und der erste Schnee in Deutschland, dabei ist gerade mal Mitte Oktober. Droht jetzt der Rekordwinter? Über El Niño, einen bayerischen Wetterpropheten und Kaffeesatzleserei.

Autofahrer kratzen Eis von den Scheiben, Hausbesitzer schippen ihre Hofeinfahrten frei und der erste Schneemann ist auch schon fertig. So sah es am Mittwochmorgen in manchen Teilen Deutschlands aus. Während sich einige Schneeflocken sogar auf unter 300 Meter verirrten, werden im Laufe des Tages laut Deutschem Wetterdienst oberhalb von 600 Metern fünf bis zehn Zentimeter Neuschnee erwartet. Aber ist es dafür nicht viel zu früh? Und wie streng wird der Winter, wenn schon im Oktober Schnee liegt?

Glaubt man dem bayerischen Wetterpropheten Sepp Haslinger, werden wir einen „Super-Winter“ bekommen. Seit mehreren Jahren trifft Haslinger seine Prognosen für die kalte Jahreszeit. Zu Hilfe nimmt er dafür die Königskerze, eine bis zu zwei Meter hohe Blume, die oft auch als „Wetterkerze“ bezeichnet wird. Nach eigener Aussage hat er sich noch nie geirrt. Weil er in den vergangen Jahren tatsächlich so manche Prophezeiung abgab, die sich bewahrheitete, ist Haslinger – zumindest in Bayern – mittlerweile ein beliebter Interviewpartner.

Seine Prognose für den Winter 2015/16 traf der Mann aus Benediktbeuren bereits im August in einem Interview mit dem Tölzer Kurier. Und den ersten Schnee sagte Haslinger tatsächlich für Mitte Oktober voraus. Glaubt man dem Wetterpropheten, setzt sich der Winter aber nicht sogleich in Deutschland fest. Bis weit in den Dezember hinein erwartet er immer wieder Schneeflauten, auch auf „weiße Weihnachten“ müsse man verzichten. Doch für Januar und Februar sagt der frühere Almwirt den „Winter des Jahrhunderts“ voraus.

Im Gegensatz zu Haslinger hält sich der Deutsche Wetterdienst bei Prognosen eher bedeckt: Zwar sei der Schneefall in der Nacht zum Mittwoch als „recht früh“ einzuordnen, aber auch nicht völlig außergewöhnlich, sagt Meteorologe Gerhard Lux. Ein Zusammenhang mit dem bevorstehenden Winter sei daraus jedenfalls nicht abzuleiten. Tatsächlich sei es im Oktober 2002 vorübergehend ähnlich kalt gewesen und 2010 habe es ähnlich früh zu schneien begonnen, ohne dass der Winter jeweils besonders streng ausgefallen sei. Laut Lux gibt es keine Methode, die verlässlich genug ist, um schon jetzt eine Aussage für das Winterwetter zu treffen. Man könne das Wetter lediglich für die nächsten sieben bis zehn Tage vorhersagen: „Das ist, was physikalisch möglich ist.“ Alles andere sei Kaffeesatzleserei oder einfach nur Statistik.

Ein Wetterphänomen, das Haslingers These von einem strengen Winter stützen könnte, baut sich gerade vor der Küste Südamerikas auf: El Niño, „das Christkind“. Das alle drei bis vier Jahre wiederkehrende Phänomen ist hauptsächlich in anderen Weltgegenden zu spüren. Während es etwa in Asien und Australien zu höheren Temperaturen und Trockenheit führt, muss man sich im nordamerikanischen Kalifornien, wie auch in Teilen Afrikas auf starke Regenfälle einstellen.

Doch El Niño könnte auch Auswirkungen auf den europäischen Winter haben: Eine 2011 im Fachmagazin „Journal of Geophysical Research“ veröffentlichte Studie der Klimatologen Hans Graf von der University of Cambridge und Davide Zanchettin vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg geht davon aus, dass es nach einem El Niño in Zentraleuropa unter bestimmten Bedingungen zu einem strengeren Winter kommen kann. In diesem Jahr wird zwischen Dezember und Februar ein außergewöhnlich starker El Niño erwartet. Ob das auch einen frostigen Winter in Europa zur Folge hat, darüber sind sich Experten aber nicht einig.

Wie wird der winter 2015/16 in deutschland

Winter im Oktober

Erster Schneefall in Deutschland

Laut Eduardo Zorita vom Helmholtz-Zentrum für Material- und Küstenforschung Geesthacht sind Aussagen über den Einfluss von El Niño auf den Winter in Europa „sehr gewagt“. Die Studien zu diesem Thema seien durchaus widersprüchlich. Es bestehe die Wahrscheinlichkeit, dass es kälter wird, pauschal könne man dies jedoch nicht sagen. Dafür seien die Auswirkungen in Europa zu schwach, und die Entstehung des Winterwetters zu komplex: „Es wirken viele verschiedene Faktoren auf den Winter ein, El Niño ist nur ein Faktor von vielen.“

So etwas wollen wir euch natürlich auch nicht vorenthalten. Das DSV aktiv hat ein Resümee in Bezug auf Wetterverlauf, Schneelage, und Lawinengefahr/-unglücke zusammengestellt und ein paar Dinge davon werden euch da sicherlich interessieren:

Auch wenn es der zweite Winter in Folge war, in dem rund um die Weihnachtsfeiertage abseits der beschneiten Pisten wenig Schnee lag, hatten die Bergregionen und Skigebiete insgesamt doch ausreichend weiße Pracht und viele herrliche Wintersporttage zu bieten. Vor allem der Spätwinter brachte im März und Anfang April in den Hochlagen noch einmal viel Schnee. Im Vergleich war der Dezember äußerst trocken und schneearm. Ab Januar gab es wechselhaftes Wetter mit intensiven Schneefällen, Regen und Sturm.

In den Hochlagen und im Allgäu ist der letzte Winter im Vergleich zum Mittel als durchschnittlich zu bewerten. Im restlichen bayerischen Alpenraum und in tieferen Lagen war die Schneemenge allerdings unterdurchschnittlich.

Im Winter 2015/16 ereigneten sich weniger tödliche Lawinenunfälle als im Durchschnitt.

So war das Wetter im Winter 2015/16

Temperatur Nachdem bereits die vergangenen zwei Winter deutlich zu warm ausgefallen waren, hofften die Wintersportler, dass sich der Winter 2015/16 wieder kälter und niederschlagsreicher zeigen würde. Rückblickend betrachtet war er allerdings erneut zu mild. Nach Auskunft der MeteoSchweiz waren die Temperaturen in den Alpen im Dezember um 4-6 Grad Celsius höher als im Durchschnitt. Die Durchschnittstemperatur im Winter 2015/16 betrug +3,6 Grad. Vergleicht man den letzten Winter mit der Referenzperiode von 1981-2010, in der es auch schon relativ mild war, war er um +2,7 Grad zu warm und gehört zu den vier wärmsten Wintern der vergangenen 135 Jahre.

Bereits der Dezember war außerordentlich mild. Januar und Februar folgten diesem Trend. Die höchste Temperatur wurde im Februar mit +20 Grad in Piding (nahe Bad Reichenhall) gemessen. Vereinzelt gab es aber besonders in den mittleren Lagen kalte Tage mit Dauerfrost und Schnee. Am kältesten war es Anfang und Ende Januar, so wurden am 18. Januar  in Oberstdorf -23,6 Grad Celsius gemessen.

Niederschläge Die Menge der Niederschläge lag ziemlich genau im langjährigen Mittel (181 l/m²), das mit 195 l/m² um 7 Prozent überschritten wurde. Allerdings war der Dezember mit nur 53 Prozent des durchschnittlichen Niederschlags sehr trocken. In vielen Gebieten lag oberhalb von 1500 m ü. M. am Jahresende so wenig Schnee wie nie zuvor. Die meisten Niederschläge gab es im Januar, dieser war mit +129 Prozent sehr nass. Der Februar war nochmals sehr niederschlagsreich. Aufgrund der hohen Temperaturen im Januar und Februar fiel im Flachland nur an einigen Tagen Schnee, wobei die dünne Schneedecke bereits nach kurzer Zeit wieder abtaute. In den Höhenlagen freuten sich die Wintersportler hingegen über gute Bedingungen.

Der Winterausklang war sehr wechselhaft: Zunächst gab es im März frühlingshafte Verhältnisse, dann kehrte Mitte April der Winter mit viel Schnee und Kälte zurück.

Lawinengefahr 2015/16 In der Wintersaison 2015/16 gab es in den Bergregionen und Skigebieten zum Glück weniger Lawinentote als in den Jahren zuvor. Ein Grund dafür sind die immer besser werdenden und leichter abzurufenden Wetter- und Lawinenlageberichte. Die jahrelange Aufklärungs- und Präventionsarbeit sowie vielfältige Ausbildungsangebote zeigen außerdem Wirkung. Bei der Analyse fällt allerdings immer noch auf, dass die Ursache von Berg- bzw. Lawinenunfällen größtenteils in einer mangelhaften Tourenplanung, einem schlechten Fitnesszustand und ungenügendem Wissen über die Wetterentwicklung und Lawinengefahr liegt.

Das Hauptproblem 2015/16 waren tückische Altschneeverhältnisse in weiten Teilen der Alpen. Das Altschneeproblem tritt immer dann auf, wenn im Frühwinter verhältnismäßig wenig Schnee fällt und erhöht sich zudem, wenn über einen größeren Zeitraum die Schneedecke weder durch Niederschlag, Wind oder Schmelzprozesse verändert wird. Wenn in einer Schneedecke langlebige Schwachschichten existieren, spricht man von einer Altschneesituation. Dadurch bildet sich an der Basis der Schneedecke extremer Schwimmschnee. Das aus Schwimmschnee bestehende Fundament bleibt den gesamten Winter über erhalten und beeinflusst maßgeblich die Lawinengefahr.

Wie war die Verteilung der Gefahrenstufen? Die kritische Gefahrenstufe 4 (gross) wurde in der Wintersaison 2015/16 in Deutschland nur einmal ausgerufen. Die Gefahrenstufe 3 (erheblich) wurde 31 Mal, die Gefahrenstufe 2 (mäßig) 62 Mal ausgerufen. Die 20 Tage, an denen die Gefahrenstufe 1 (gering) ausgegeben wurde, lagen hauptsächlich im April. Die Verteilung der prognostizierten Gefahrenstufen im Winter 2015/16 unterscheidet sich kaum im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt. Auffällig ist jedoch, dass die Gefahrenstufe 2 sehr häufig, die Gefahrenstufe 3 dafür weniger oft herausgeben wurde als im Durchschnitt.

In der Schweiz zum Beispiel wurde die Gefahrenstufe 1 im vergangenen Winter im Vergleich zum Durchschnitt der letzten 10 Jahre fast doppelt so häufig herausgegeben. Die Zeit mit verbreitet erhöhter Lawinengefahr beschränkte sich im Winter 2015/16 auf den Zeitraum von Januar bis Anfang März.

Lawinenunfälle in Deutschland 2015/16
Im vergangenen Winter starb in Deutschland ein Wintersportler durch eine Lawine und damit einer weniger als im Jahr zuvor. Der tödliche Lawinenunfall ereignet sich im Allgäu außerhalb der gesicherten Pisten.

Lawinenunfälle in Österreich
In den österreichischen Alpen gab es im Vergleich zur letztjährigen Saison (27 Opfer) wesentlich weniger Lawinentote. In der Alpenrepublick ließen 13 Wintersportler durch einen Lawinenabgang ihr Leben, acht davon in Tirol, von denen zwei Personen im Variantenbereich und sechs Personen auf einer Skitour unterwegs waren. Allein fünf Personen starben beim Lawinenabgang in der Wattener Lizum, und das trotz modernster Notfallausrüstung. In den vergangenen zehn Jahren kamen in Österreich durchschnittlich 18 Personen pro Winter in einer Lawine um.

Lawinenunfälle in der Schweiz
Auch in den Schweizer Alpen liegt die Gesamtopferzahl deutlich unter dem langjährigen Mittelwert von 23 Personen. Während im Winter 2014/15 noch 32 Menschen bei Lawinenunfällen starben, waren es bis zum Stichtag am 30. April 2016 18 Personen. Bei den 18 Lawinenopfern handelte es sich um 13 Tourengeher und fünf Variantenfahrer.

DSV aktiv Fazit Auch wenn es im Winter 2015/16 deutlich weniger Lawinentote gab als im langjährigen Mittel, sollte der Fokus jedes Wintersportlers, der sich frei im Gelände bewegt, darauf liegen, die Gefahr von Lawinen so gut wie möglich beurteilen zu können. Das Erkennen und Einschätzen der Lawinengefahr ist nach wie vor schwierig. Eine hervorragende Möglichkeit, sich über die Lawinengefahr zu informieren, ist der regionale Lawinenlagebericht. Er gibt nicht nur die Gefahrenstufe wieder, sondern liefert auch weitere unverzichtbare Informationen. Es ist unbedingt notwendig, dass der Inhalt des Lageberichts richtig verstanden und interpretiert wird, denn leider kommt es durch Fehlinterpretationen immer wieder zu Unfällen. So bedeutet z.B. die Lawinenwarnstufe 1 nicht, dass eine Lawine sehr unwahrscheinlich ist. Lawinenwarnstufe 1 bedeutet, dass eine Lawinenauslösung im Allgemeinen nur bei großer Zusatzbelastung an vereinzelten Stellen in extrem steilem Gelände möglich ist. Lawinen sind also auch bei Stufe 1 möglich! DSV aktiv möchte darauf aufmerksam machen, dass sich alle Wintersportler, die abseits der gesicherten Skipisten unterwegs sind – und sei es nur wenige Meter daneben – der Lawinengefahr bewusst sein müssen. Von daher rät DSV aktiv, sich mit dem regionalen Lawinenlagebericht und regelmäßigen Übungen zur Verschüttetensuche auf einen Ausflug ins Gelände vorzubereiten.

Viele Skivereine und Bergführerbüros bieten zur Prävention Lawinenkurse und Schulungen zur richtigen Beurteilung der Lawinenlage an. Dabei wird außerdem der richtige Umgang mit LVS- und Bergungsgerät geübt – das perfekte Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenk für jeden Tiefschnee-Liebhaber!

Adressen zu den Lawinenlageberichten
Deutschland    https://www.lawinenwarndienst-bayern.de/
Österreich       https://lawine.tirol.gv.at/home/uebersicht/
Schweiz          https://www.slf.ch/
Südtirol           https://www.bergportal.com/
Italien             https://www.aineva.it/

Quellen
https://www.slf.ch/
https://lawine.tirol.gv.at/home/uebersicht/
https://www.lawinenwarndienst-bayern.de/index.php
https://www.dwd.de/DE/Home/home_node.html
https://www.meteoschweiz.admin.ch/home.html?tab=overview
https://www.zamg.ac.at/cms/de/wetter/wetter-oesterreich

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