Wie teuer ist eine ladestation für e autos

Nachmittags an der Tankstelle: Beim Blick auf die Preisanzeige runzelt ein Autofahrer die Stirn, an der trotz winterlicher Temperaturen schon die Schweißperlen glänzen. Vom gegenüberliegenden Ladepark nähert sich jemand, um im Shop kurz Kaffee zu holen. Während der Herr am Zapfhahn aufgrund horrender Spritpreise zunehmend verbissener dreinblickt, wirkt der Elektroauto-Besitzer gänzlich unbekümmert. So war es zumindest bis vor Kurzem noch. Mittlerweile dürften sich die Mienen der E-Autofahrer nach dem Stromtanken aber verändert haben. Denn vom verhältnismäßig günstigen Lockangebot der Ladesäulenbetreiber profitieren E-Autofahrer nicht mehr. Die Strompreise an öffentlichen Ladesäulen sind massiv angestiegen. Sowohl der langsam fließende Wechselstrom (AC) als auch der Gleichstrom (DC) am Schnelllader werden zunehmend teurer.

Kleiner Spartipp vorab: Viele Einzelhandels- und Supermarkt-Ketten bieten ihren Kunden während dem Einkauf die Möglichkeit, ihr E-Auto zu laden – und manche sogar kostenlos. Wo das der Fall ist, erfahren Sie in unserer Fotoshow.

Energiekosten fürs E-Auto über denen eines Diesel

Die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) hatte die Preiserhöhung als Branchenführer unter den Energierversorgern bereits im Juni 2021 eingeläutet. Durchschnittlich betrug der Aufschlag pro Kilowattstunde bei dem schwäbischen Unternehmen satte acht Cent.

Wie teuer ist eine ladestation für e autos

EnBW

In der EnBW-Preisübersicht erkennbar: Am günstigsten kommen Kunden weg, die auch den privaten Haushaltsstrom vom entsprechenden Anbieter beziehen. Andere Betreiber weisen ähnliche Angebotsstrukturen auf.

Strukturell gesehen ist die aktuelle EnBW-Preisliste repräsentativ für die ganze Branche: Am günstigsten kommen in der Regel noch Kunden weg, die auch den privaten Haushaltsstrom vom entsprechenden Anbieter beziehen. Bei EnBW nenn sich das "Vorteils-Tarif". Damit zahlt man an EnBW-AC-Ladesäulen derzeit 38 Cent/kWh – also nur nicht viel mehr als den durchschnittlichen Haushaltsstrompreis. Der lag laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW) 2021 bei 32,16 Cent/kWh. Für DC-Strom fallen 48 Cent/kWh an. Andere Betreiber verlangen nach Angaben von EnBW mit ähnlichem Abonnement im Schnitt 42 (AC) beziehungsweise 52 Cent/kWh (DC).

Eine Alternative: der "Viellader-Tarif", für den EnBW 5,99 Euro monatliche Grundgebühr verlangt. Mit ihm sinkt der Preis pro kWh an der AC-Säule auf 36, an der DC-Säule auf 46 Cent. Für Kunden rechnet er sich ab etwa 70 kWh beziehungsweise Ladestrombezug für etwa 350 gefahrene Kilometer pro Monat. Wer weder monatliche Grundgebühr blechen will, noch EnBW-Privatkunde ist, der muss sich mit dem Standard-Tarif abfinden. AC-Strom kostet dann 45 Cent, am Schnelllader zahlt man 55 Cent. Wer dort lädt, mit einem Durchschnittspreis von 50 Cent und einem typischen Vebrauch des E-Autos von 20 kWh/100 km rechnet, kommt auf 10 Euro pro 100 Kilometer. Ein Golf GTD (Testverbrauch bei auto motor und sport: 5,8 Liter/100 km) käme beim aktuellen Dieselpreis von ca. 1,60 Euro pro Liter (26.1. 2022) für die gleiche Strecke auf Energiekosten von 9,28 Euro.

Anbieterübergreifende Preisaufschläge

Auch andere Anbieter der Branche verlangen mittlerweile deutlich mehr von E-Autofahrern. So zum Beispiel Allego: Das aus der niederländischen Energienetzgesellschaft Alliander hervorgegangene Unternehmen erhöht auf bis zu 69 Cent/kWh an High Power Chargern mit über 50 kW-DC-Ladeleistung. Bei der Lichtblick SE, ein Energieversorgungs-Unternehmen mit Sitz in Hamburg, zahlt man pauschal an AC-Säulen 44 und an DC-Säulen 55 Cent/kWh. Das gilt aber nur für Haushaltsstromkunden. Andere müssen mit 55 beziehungsweise 75 Cent/kWh rechnen. Auch Tesla hat die Kosten an den Superchargern auf etwa 45 Cent/kWh angehoben.

Ionity-Vertrag lohnt sich schnell

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Porsche

Bei Ionity wird es richtig teuer. 79 Cent kostet hier die Kilowattstunde, außer man akzeptiert eine monatliche Grundgebühr.

Und in den Autobahn-Schnellladeparks der Industrie? Bei Ionity ist die Kilowattstunde mit 79 Cent noch teurer. Es sei denn, man akzeptiert monatliche Basiskosten in Höhe von strammen 17,99 Euro. Das viel, doch der DC-Strompreis sinkt an der Säule dadurch auf 35 Cent. So rechnet sich die Grundgebühr schon ab rund 41 kWh im Monat – immerhin.

In Anbetracht der Preisspannen und der verschiedenen Tarife wird klar: Um einen genauen Vergleich kommen E-Autofahrer nicht herum, wenn sie beim Stromtanken möglichst günstig wegkommen wollen. Letzteres erfordert von den Kunden übrigens auch, die Säule nicht zu lange zu blockieren, drohen ansonsten doch praktisch bei allen Anbietern Strafzahlungen. Beispiel EnBW: Ein länger als vier Stunden dauernder Ladevorgang schraubt die Rechnung um zehn Cent in die Höhe – pro angefangene Minute, wohlgemerkt. Immerhin ist die Blockiergebühr bei zwölf Euro gedeckelt, was aber nicht bei allen Anbietern zutrifft. Die zeitliche Begrenzung behält man also besser auf dem Schirm.

Wie viel zahlt man wo fürs Schnellladen?

Auch wenn die Anbieter ihre Preise im Kollektiv nach oben geschraubt haben, herrscht im Ladekosten-Dschungel insgesamt maximale Intransparenz. Große Unterschiede gibt es nicht nur zwischen den Providern, sondern auch innerhalb der Tarife – je nachdem, wo man lädt. Gerade auf der Langstrecke, wo es ohne Schnellladen bei fremden Ladesäulenbetreibern (Charge Point Operators, CPO) sehr müßig wird, ist teils kostspieliges Lade-Roaming der einzige Weg. Um Ihnen den Kosten- und Tarifvergleich für das Schnellladen zu erleichtern, haben wir die verschiedenen Angebote tabellarisch dargestellt:

Wie teuer ist eine ladestation für e autos

Luca Leicht

Stand Feb. 2022

Wie teuer ist eine ladestation für e autos

Luca Leicht

Stand Feb. 2022

Behördlicher Eingriff? Fehlanzeige

Übrigens: Eine Sektoruntersuchung zur Infrastruktur bei Ladesäulen hat das Bundeskartellamt bereits im vergangenen Jahr gestartet. Belege für eine systematische Überhöhung der Preise gebe es aber nicht. Das hatte die dem Bundeswirtschaftsministerium untergeordnete Institution im Oktober 2021 in einem Sachstandsbericht klar gestellt. Zu "missbräuchlich überhöhten Preisen" komme es allenfalls in Einzelfällen.

Oberste Prämisse: Kostendeckung

Woraus die deutliche Preiserhöung dann hauptsächlich resultiert? Ganz einfach: Bisher waren die Strompreise für die Anbieter nie kostendeckend. Es handelte sich eher um anfängliche Lockangebote – quasi als Motivation für Autofahrer zum Umstieg auf Elektro. Daraus haben die Charge Point Operators (CPO), sprich die technischen Betreiber der Ladeinfrastruktur, auch nie einen Hehl gemacht. Oft kommunizierten die Betreiber im Hintergrund, dass ein auskömmliches Dasein erst bei Preisen zwischen 50 und 60 Cent pro kWh und in Kombination mit einer Mindestauslastung möglich sei. Kurz gesagt: Das Geschäft mit den Ladepunkten ist noch gar keins, soll aber eins werden.

Zusatzkosten durch steuerliche Abgaben

Im Nachteil sind die so genannten E Mobility Service Provider (EMSP). Das sind Service-Anbieter, die den Kunden über Ladekarten, Apps und Co. den Zugang zu unterschiedlichen Ladenetzwerken ermöglichen und sich zudem um die Abrechnung mit dem Betreiber der Säule kümmern. Hierdurch fallen zusätzliche Roaming-Gebühren an, durch die der finale Strompreis von dem des Ladesäulen-Betreibers nochmal nach oben abweicht. Solche Gebühren entlocken sich die CPOs untereinander übrigens ebenfalls. Das erklärt auch die hohen Preise bei Ionity.

Die Betreiber müssen an den Ladepunkten sämtliche Energiesteuern und -abgaben bezahlen, die auch beim Haushaltsstrom anfallen. Zum eigentlichen Stromgestehungspreis – er beschreibt die Kosten, die durch die Umwandlung einer anderen Energieart in elektrische Energie entstehen – kommt für die Ladesäulen-Betreiber noch die EEG-Umlage hinzu, die Netznutzungsentgelte ebenso. Kleiner Lichtblick: Gerade solche Faktoren könnten die Preissteigerungen dämpfen. Denn die EEG-Umlage sank zum Jahr 2022 von 6,5 auf 3,72 Cent/kWh. 2023 soll sie komplett abgeschafft werden.

Betreiber-Profit durch THG-Quotenhandel

Einiges an Geld gut machen dürften die Betreiber durch den Handel für die Vorgaben der Treibhausgas-Minderungsquote (THG-Quote). Grundlage dafür ist eine gesetzliche Verpflichtung der Mineralölunternehmen. Sie müssen den durch ihre Treibstoffe verursachten CO2-Ausstoß kontinuierlich von Jahr zu Jahr senken. Die Höhe der genauen THG-Quote legt die Regierung fest. Aktuell sieht sie eine CO2-Reduktion um sieben Prozent vor, 2030 sollen es schon 25 Prozent sein.

Hält ein Mineralölunternehmen die beschlossene Quote nicht ein, steht eine Strafzahlung an. Ebenfalls eine Möglichkeit: Die Firma kauft sich sozusagen Verschmutzungsrechte nach, indem sie von anderen Unternehmen eingesparte CO2-Kontingente erwirbt. Vom Verkauf dieser sauberen Anteile profitieren hierzulande die Energieversorger und somit auch die Ladesäulen-Betreiber. Denn dank des großen Grünstromanteils im Energienetz geraten sie mit ihrem CO2-Budged nicht ins Soll. Zwischen sechs und 15 Cent/kWh sollen dadurch in die Kassen der CPOs fließen – das behaupten jedenfalls Branchenkenner.

Wie teuer ist eine ladestation für e autos

Getty Images

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Was haben die Kunden davon?

Passend zum Thema zitiert die Internetseite Heise.de Johannes Pallasch von der bundeseigenen Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur: "Diese zusätzlichen Einnahmen müssen zügig über den Strompreis an den Ladesäulen an die Kundinnen und Kunden weitergegeben werden. Dafür wird auch der zunehmende Wettbewerbsdruck an den Ladesäulen sorgen", so Pallasch.

Was einen ordentlichen Wettbewerbs tatsächlich sicherstellen würde? Laut der Leitstelle gelänge das nur, indem man die in Deutschland 1000 ausgeschriebenen Standorte für DC-Ladeparks so an die Anbieter verteilt, dass keine Oligopole entstehen. EnBW hält davon nichts. Gegenüber Heise.de erklärte das Unternehmen, dass man die THG-Quotenerlöse verwende, um in den weiteren Ausbau der bundesweiten öffentlichen Schnellladeinfrastruktur zu investieren.

Für E-Auto-Fahrer aber ist die THG-Quote im Endefffekt auch kostenmindernd: Weil ihr Gefährt gegenüber Verbrennern CO2 spart, können sie quasi auch CO2-Zertifikate verkaufen und bekommen bis zu 300 Euro jährlich als THG-Quote zurück. Wie das geht, lesen Sie hier.

Ja. Hier muss schnellstmöglich das Kartellamt eingreifen!

Nein. Und wenn, dann wird das der Wettbewerb regeln!

Fazit

Der Strom an Deutschlands Ladesäulen wird zunehmend teurer. Aber dass die Betreiber das Geschäft für sich früher oder später lohnender gestalten wollen, war klar. Wer sein E-Auto vor allem zu Hause lädt, muss zwar auch mit steigenden Strompreisen umgehen, lädt aber erheblich günstiger. An Ladesäulen unterwegs ist mit Preissenkungen nicht zu rechnen. Auch, dass die Anbieter durch die THG-Quote eine zusätzliche Einnahmequelle haben, dürfte daran nichts ändern.