Wie lange dauert eine Akupunktur am Rücken?

Inzwischen gibt es Tausende von Studien zur Akupunktur. Die wissenschaftliche Suchmaschine Pubmed zeigt unter dem Suchbegriff „Acupuncture“ mehr als 35.000 Ergebnisse an, wobei mit knapp 20.000 über die Hälfte dieser Studien allein in den vergangenen zehn Jahren veröffentlicht wurden. Damit sollte die Methode Akupunktur doch eigentlich gut erforscht sein, oder etwa nicht?

Die Studienanzahl allein reicht jedoch nicht aus, um klare Ergebnisse zu Wirkung oder Wirkungslosigkeit von Akupunktur zu erhalten. Wichtiger ist die Qualität der Untersuchungen, und hier hapert es bisweilen. Oft liegen methodische Fehler vor und es gibt auch prinzipielle methodische Grenzen für Studien, die eine Wirksamkeit der Akupunktur untersuchen.

Behandlung, Scheinbehandlung oder keine Behandlung

Viele Studien vergleichen zwei Gruppen von Teilnehmenden: Diejenigen, die wegen ihrer Beschwerden mit Akupunktur behandelt werden und die, die gar keine Behandlung erhalten. Es ist aber bekannt, dass sich allein die Zuwendung von Behandelnden zum Patienten oder der Patientin positiv auswirken kann. Dieses Phänomen nennt sich Placebo-Effekt.

Neuere Untersuchungen vergleichen deshalb die gezielte Akupunktur mit einer Scheinakupunktur. Dabei setzen Ärztinnen und Ärzte ebenfalls Nadeln, aber meist oberflächlicher und an Stellen, die nicht als Akupunkturpunkte bekannt sind.

Ebenso wäre es eigentlich nötig, Akupunktur oder Scheinakupunktur mit zum Beispiel einer medikamentösen Standardtherapie zu vergleichen. Auch dies findet aber in den meisten Studien nicht statt. Als Kontrollgruppe dienen meistens Menschen, die überhaupt nicht behandelt werden.

So funktioniert der Placebo-Effekt

Unvollständig verblindet

Im optimalen Fall sind klinische Studien doppelt verblindet. Das bedeutet, dass weder die Wissenschaftler:innen noch die Studienteilnehmenden wissen, wer den Wirkstoff oder ein Placebo erhält. Bei der Akupunktur ist das nicht möglich, denn zumindest der Arzt oder die Ärztin weiß, ob die Nadeln die Akupunkturpunkte treffen oder nicht. Unbewusst können Behandelnde so das Befinden der Patient:innen beeinflussen.

Antworttendenz und Bestätigungsfehler

Oft werden die Studienteilnehmenden in Gesprächen vor und nach der Behandlung zu ihrem Befinden befragt. Menschen tendieren in solchen Situationen dazu, Antworten zu geben, von denen sie annehmen, dass ihr Gegenüber sie erwartet. Ebenso erwarten die Teilnehmenden selbst eine Verbesserung ihrer Beschwerden und suchen unbewusst nach der Bestätigung. Patienten und Patientinnen schätzen ihre Lage deshalb unter Umständen positiver ein, als sie tatsächlich ist. Damit verzerren sie unbewusst die Ergebnisse in Richtung einer Wirksamkeit.

Um diese beiden Fehler zu vermeiden, helfen standardisierte Messungen, die zu objektiven Messwerten führen. Gerade bei chronischen Schmerzen oder Faktoren wie Wohlbefinden ist das aber nicht möglich.

Interpretation der Studien

In zahlreichen, hauptsächlich aktuelleren Veröffentlichungen sprechen diejenigen, die die Studie verfasst haben, selbst Unsicherheiten oder das Risiko für Verzerrungen an, etwa wegen geringer Probandenzahlen. Sie schreiben zum Beispiel, dass weitere Untersuchungen nötig seien, um valide Ergebnisse zu erhalten.

Solche Einschränkungen der Studien werden bei einer weiteren Auswertung oder Berichterstattung aber oft nicht weiter beachtet. Stattdessen werden Schlussfolgerungen verkürzt und unreflektiert wiedergegeben. Auch das kann zu einer Verzerrung von Studienergebnissen führen, die unter Umständen das öffentliche Bild von der Wirksamkeit der Akupunktur beeinflusst.

Keine Verbesserung oder unklare Aussage

Angesichts der vielen Unsicherheiten und möglichen Verzerrungen ist es wenig verwunderlich, dass die zahlreichen Untersuchungen keine klaren Antworten geben. Eine große Metastudie aus dem Jahr 2020 verglich 33 Einzelstudien, die den Effekt von Akupunktur auf chronische Rückenschmerzen untersuchten. Sie fanden keine Verbesserung nach einer Akupunktur-Behandlung im Vergleich zu einer Scheinbehandlung. Es zeigte sich, dass es keine Rolle spielt, an welchen Punkten die Nadeln gesetzt werden.

Eine andere Auswertung mehrerer Einzelstudien hingegen zeigte im Jahr 2018 Effekte bei chronischen Schmerzen in Rücken, Schulter und Knien sowie bei chronischen Kopfschmerzen, auch im Vergleich zur Scheinakupunktur. Allerdings waren diese Effekte sehr gering und ließen sich unter Umständen durch andere Verzerrungen erklären (Placebo-Effekt, Befragung der Studienteilnehmenden …).

Für andere Beschwerden ergaben einzelne Studien, dass Akupunktur keine Wirkung hat oder die Ergebnisse unklar sind, zum Beispiel bei Hüftarthrose, chronischem Spannungskopfschmerz und Migräne, Übelkeit und Depressionen oder bei der Schwangerschaftsrate nach einer künstlichen Befruchtung.

Darum gibt es den Placebo-Effekt bei Tieren

Akupunktur hat Nebenwirkungen

Heutzutage verwenden Akupunkteure meist sterile Einmalnadeln. Damit sinkt das Risiko von Infektionen oder Entzündungen an der Einstichstelle. Gelegentlich kommt es zu kleinen Blutungen, Blutergüssen oder Schmerzen nach der Behandlung.

Deutlich seltener beobachteten Forschende in Untersuchungen Schwindel und Bewusstlosigkeit, Nervenreizungen oder Verletzungen an Organen. Schwerwiegende Nebenwirkungen sind aber sehr selten. Wenn sie aber auftreten, müssen sie schnell behandelt werden.

Je besser eine Ärztin oder ein Arzt in der Anwendung von Akupunktur ausgebildet ist und je mehr Erfahrung sie oder er hat, umso sicherer ist die Methode.

Akupunktur, die Therapie mit den Nadeln, wurde vor circa 3000 Jahren in China entwickelt. Ihre älteste schriftliche Erwähnung findet sich bereits im zweiten Jahrhundert vor Christus. In der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts verbreitete sich diese Behandlungsmethode in Europa. Heute wird sie oft ergänzend zur Schulmedizin angewandt.
Allerdings sollte die Akupunktur nur in Absprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen und bei manchen Erkrankungen nicht die einzige Behandlungsmethode sein.

Die Akupunktur soll das Qi in die richtige Bahn lenken

Das Wort Akupunktur hat ihren Ursprung im Lateinischen und kommt von acus, die Nadel, und punctio, das Stechen. Grundlage der Akupunktur ist eine traditionelle asiatische Vorstellung vom Körper, welche sich von den westlichen Erkenntnissen zu Anatomie und Körperfunktionen unterscheidet: Nach asiatischem Verständnis wird der Mensch von der Lebensenergie Qi durchflossen. Sie soll laut der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) in den Leitbahnen, den sogenannten Meridianen, durch den Körper strömen und an mehr als 700 Punkten dicht unter der Hautoberfläche leicht erreichbar sein. Ungefähr 400 davon werden als Akupunkturpunkte genutzt.

Wie lange dauert eine Akupunktur am Rücken?

Akupunktur-Puppe mit aufgezeichneten Meridianen

Laut dieser alten Lehre ist der Mensch gesund, wenn die Energie harmonisch fließt. Wird der Qi-Fluss aber gestört, was zum Beispiel durch Kälte, Wärme, falsche Ernährung oder psychische Faktoren geschehen soll, dann können Krankheit und Schmerz auftreten. Die Akupunktur soll diese Blockaden des Qi-Flusses beseitigen.

Die chinesischen Beschreibungen der Organe entsprechen weniger festen anatomischen Einheiten, sondern sind eher Konzepte von Funktionskreisen, die organübergreifende Funktionszusammenhänge beschreiben – wie zum Beispiel das Immunsystem, das die Medizin auch nicht einem konkreten Organ zuschreiben würden.

Wirken Glückshormone bei der Akupunktur?

Was genau bei einer Akupunktur im Körper abläuft, ist noch nicht vollständig geklärt. Neue Studien deuten darauf hin, dass der Nadelstich im Gehirn eine vermehrte Ausschüttung schmerzlindernder und stimmungsaufhellender Substanzen auslösen kann. Zu diesen Substanzen, umgangssprachlich oft als "Glückshormone" bezeichnet, gehören unter anderem Serotonin und Endorphine.

Behandlung durch kleine Nadelstiche

Bei einer Akupunkturbehandlung, die meistens im Liegen stattfindet, werden dem Patienten je nach Erkrankung an ausgewählten Stellen Nadeln in die Haut eingestochen. Die sterilen Einmal-Nadeln sind speziell geschliffen, der Patient spürt daher nur wenig, gelegentlich einen minimalen, anfänglichen Einstichschmerz. Nach einiger Zeit kann ein dumpfes Schwere- oder Wärmegefühl in den behandelten Bereichen entstehen. Die Nadeln verbleiben etwa 20 bis 30 Minuten in der Haut. Um bestimmte Wirkungen zu erzielen, werden spezielle Stimulationstechniken angewendet. So können die Nadeln zusätzlich erwärmt (Moxibustion), mit unterschwelligem Reizstrom stimuliert oder auf und ab bewegt werden.

Wie lange dauert eine Akupunktur am Rücken?

Bei der Akupressur verzichtet der Therapeut auf Nadeln

Es gibt außerdem weitere Verfahren, die Akupunkturpunkte zu beeinflussen. Bei der Akupressur massiert der Therapeut Akupunkturpunkte mit den Fingern. Bei der Laser-Akupunktur wird der Punkt mit einem schwachen, nicht spürbaren Laserlichtimpuls erreicht.

Wann kann die Akupunktur helfen?

In den letzten Jahren konnte in mehreren Untersuchungen nachgewiesen werden, dass Akupunktur bei der Behandlung bestimmter Schmerzarten, aber auch zur Linderung bei Übelkeit und Erbrechen sowie bei der Erleichterung der Geburt hilfreich sein kann. So konnte in einer großen deutschlandweiten Studie die Therapie mit den Nadeln bei Kniearthrose-, Kopf-, und Rückenschmerzen dazu beitragen, die Schmerzen deutlich zu lindern und beispielsweise bei Spannungskopfschmerzen die Tage mit Kopfschmerzen auf die Hälfte reduzieren.

Zusätzlich gibt es auch Hinweise darauf, dass Akupunktur bei einer Reihe weit verbreiteter Erkrankungen wie Heuschnupfen, Tennisellbogen, Menstruationsbeschwerden, allergischem Asthma oder funktionellen Magen- und Darmbeschwerden helfen könnte.

Auch Abwandlungen können Effekte auslösen

Allerdings zeigte sich in Studien auch, dass ebenso eine Wirkung erzielt werden kann, wenn nicht korrekt an bestimmten Punkten gestochen wird. Eine Scheinbehandlung mit "zufälligem Stechen" an benachbarten Punkten hatte ähnliche positive Effekte. Daher verwenden manche Therapeuten die sogenannte unspezifische oder Minimal-Akupunktur, bei der im Vergleich zur traditionellen chinesischen Form die Nadeln nicht direkt an den traditionellen Therapiepunkten in die Haut gestochen werden. Eine Studie der Techniker Krankenkasse fand keine messbaren Unterschiede in der Wirksamkeit der beiden Formen.

Bei welchen Beschwerden eignet sich die Akupunktur?

Akupunktur wird laut der Indikationsliste der Weltgesundheitsorganisation beispielsweise bei chronischen Schmerzen, Erkrankungen der Atemwege, Allergien, Magen-Darm-Problemen und gynäkologischen Erkrankungen eingesetzt. Akupunktur während der letzten Wochen der Schwangerschaft kann dazu beitragen, den Geburtsvorgang zu verkürzen. Aber auch hier gilt: Die Behandlung sollte mit dem Arzt abgesprochen sein.

Abgeraten wird von Akupunktur zum Beispiel bei starken Gerinnungsstörungen, schweren psychiatrischen Erkrankungen und unklaren Befunden, die einer sofortigen Abklärung bedürfen.

Zahlt die Krankenkasse?

Seit 2007 zahlen deutsche gesetzliche Krankenkassen eine Akupunkturbehandlung im Rahmen einer Schmerztherapie der Lendenwirbelsäule oder der Kniegelenksarthrose, wenn der behandelnde Arzt eine qualitativ hochwertige Akupunkturausbildung nachgewiesen hat. Alle anderen Akupunkturbehandlungen sind im Normalfall nicht Leistung der gesetzlichen Krankenkasse und müssen selbst bezahlt werden. Die Kosten für eine Behandlung liegen in etwa zwischen 30 und 70 Euro pro Sitzung.

Wo finde ich einen geprüften Therapeuten?

Zum Beispiel auf den Homepages der Akupunkturgesellschaften: Bei der Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur (www.daegfa.de) oder bei der Societas Medicinae Sinensis (www.tcm.edu) kann man per Eingabe der Postleitzahl geprüfte Akupunkturärzte in der Nähe finden.

Beratender Experte: Dr. med. Stefan Englert, Facharzt für Allgemeinmedizin und Therapeut für Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) aus Ravensburg

Quellen:1. Stux G: Akupunktur - Einführung, 7. Auflage, Heidelberg Springer Verlag 20072. Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur e.V. Online: www.daegfa.de (Abgerufen am 14.11.2013)3. Haake M, Müller HH, Schade-Brittinger C et al.: German Acupuncture Trials (Gerac) For Chronic Low Back Pain: Randomized, Multicenter, Blinded, Parallel-Group Trial With 3 Groups. JAMA, September 24, 2007, Vol 167, No. 17 4. Therapieempfehlungen, Evidenzbasierte Leitlinien, Herausgegeben von der Arzneimittelkommision und der deutschen Ärzteschaft, 2. überarbeitete Auflage, Köln Deutscher Ärzte-Verlag 2004

5. Gemeinsamer Bundesausschuss, Pressemitteilung April 2006: Akupunktur zur Behandlung von Rücken- und Knieschmerzen wird Kassenleistung

Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.