Wie heißt das längste wort der welt

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Veröffentlicht am 03.06.2013

Wie heißt das längste wort der welt
Wie heißt das längste wort der welt

Wo anders als in einem deutschen Gesetz sollte sich das längste Wort finden?

Quelle: picture-alliance/ dpa

Das mecklenburg-vorpommerische Landesrecht beherbergte das längste Wort der deutschen Sprache. Politiker haben es nun abgeschafft. Jetzt beginnt die Suche nach einem „würdigen“ Nachfolger.

Selbst die glorreiche Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaftskapitänswitwe sah neben ihm alt aus: Jetzt verschwindet das Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz aus dem mecklenburg-vorpommerischen Landesrecht – und aus den Herzen der Sprachwissenschaftler. Das Gesetz mit dem Kürzel „RkReÜAÜG“ galt jahrelang als längstes Wort der deutschen Sprache. Nun wird es nicht mehr gebraucht.

Der Schweriner Landtag beschloss, das Gesetz mit dem vollen Namen „Rinderkennzeichnungs- und Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz“ aufzuheben. 1999 war es als Schutz der Verbraucher vor der Rinderseuche BSE eingeführt worden. Weil BSE-Tests für gesunde Rinder an Schlachthöfen auf Vorschlag der EU nun entfallen, fällt auch die Notwendigkeit für das lediglich sechs Paragrafen umfassende Gesetz mit den 63 Buchstaben weg. Es soll nun durch eine neue Verordnung ersetzt werden. Sie soll „Landesverordnung über die Zuständigkeiten für die Überwachung der Rind- und Kalbfleischetikettierung“ heißen, berichtet eine Sprecherin des Schweriner Landwirtschaftsministeriums.

Fernab der Seuche ist das Gesetz längst woanders zu einem Phänomen geworden: in der Sprachwissenschaft. „Das derzeit längste authentische Wort im deutschen Sprachgebrauch ist dieses Gesetz“, berichtete der Berliner Sprachforscher Professor Anatol Stefanowitsch noch vor wenigen Wochen. Sprachwissenschaftler berücksichtigen nur Wörter, die wirklich schon einmal in veröffentlichten Texten verwendet wurden – und das wurde „RkReÜAÜG“ bis zuletzt.

Durch die deutsche Liebe zu komplexen Verordnungen und Gesetzen entstehen Stefanowitsch zufolge immer neue solcher Bandwurmwörter. „Die meisten richtig langen Worte stammen meistens aus Gesetzestexten.“ Aber auch chemische Fachbegriffe seien manchmal von rekordverdächtiger Länge.

Das Gesetz zur Rindfleischetikettierung stand so exemplarisch für eine Besonderheit der deutschen Sprache: Theoretisch sind im Deutschen unendlich lange Begriffe erfindbar, ohne dass das Wort ein Ende findet. Um das zu zeigen, hat die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) einmal spaßeshalber den Begriff Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungs-gesetzesentwurfsdebattierklubdiskussions-standsberichterstattungsgeldantragsformular ins Leben gerufen.

Ähnlich geeignet für wahllose Wortverlängerungen sind auch das Finnische und Ungarische, erzählt GfdS-Geschäftsführerin Andrea-Eva Ewels. „Da wird jede grammatische Funktion einfach an das Wort angehängt.“ Anders ist es in Sprachen wie dem Türkischen oder Englischen. Dort werden zusammengesetzte Substantive meistens auseinandergeschrieben, erläutert Sprachforscher Stefanowitsch. Laut Oxford English Dictionary ist das längste Wort des Englischen nur 45 Buchstaben lang: pneumonoultramicroscopicsilicovolcanoconiosis ist der Begriff für eine in Deutschland als Quarzstaublunge bekannte Lungenkrankheit.

Weil man Schriftsysteme wie das Arabische und Hebräische nicht mit dem lateinischen Alphabet vergleichen könne, ist laut Stefanowitsch unklar, welches weltweit das buchstabenreichste Wort ist.

Dem Gesetz ergeht es nun wie seiner Vorgängerin: Die Grundstücksverkehrsgenehmigungszuständigkeits-übertragungsverordnung, sogar vier Buchstaben länger, wurde 2007 aufgehoben, erzählt Stefanowitsch. „RkReÜAÜG“ nahm den inoffiziellen Platz ein.

Jetzt beginnt die Suche nach einem neuen Rekordhalter. „Nun müssen sich andere Bundesländer um ein langes Wort bemühen“, sagt die Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums. Die Fußstapfen des mecklenburg-vorpommerischen Gesetzes sind jedoch groß – und vor allen Dingen lang. 1999 hat es das Gesetz sogar unter die zehn Wörter des Jahres geschafft, berichtet Ewels. „Weil es eben so schön lang war.“

In den Duden schaffte es das Gesetz dagegen nie, berichtet Nicole Weiffen vom Duden-Verlag. Der Auswahl neuer Wörter gehe ein komplexes Prozedere voraus, in dem geprüft werde, ob ein Wort mit gewisser Häufigkeit im deutschen Sprachgebrauch auftauche. Duden-Spitzenreiter ist derzeit mit 36 Buchstaben die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung. Das Gesetz aus Mecklenburg-Vorpommern habe es dagegen nie in den täglichen Sprachgebrauch geschafft – verständlich, findet Ewels: „Lange Wörter sind manchmal einfach unbequem.“ Auf den weiteren Plätzen im Duden folgen darauf die (bereits erwähnte) Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaft und der Rhein-Main-Donau-Großschifffahrtsweg. Darüber hinaus gibt es aber noch weitere lange deutsche Wörter. Da wären beispielsweise: Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft, Gleichgewichtsdichtegradientenzentrifugation, Elektrizitätswirtschaftsorganisationsgesetz und Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz.

Aufgrund der unterschiedlichen Sprachzeichen ist die Suche nach dem längsten Wort der Welt etwas schwieriger.  Eines sticht jedoch klar hervor. Die vollständige Bezeichnung des größten bekannten menschlichen Proteins Titin. Es gibt die genaue Abfolge der darin enthaltenen Aminosäuren wieder - insgesamt 189819 Zeichen. Aber auch viele Wörter, die aus der Sprache der Maori stammen, kommen auf eine beachtliche Zeichenanzahl. Vielleicht gibt es ja auch bald wieder ein neues Gesetz hierzulande, das sich in die Gruppe der längsten Wörter einreiht.

Das längste Wort der deutschen Sprache haben Politiker nun abgeschafft. Sie fanden es zu kompliziert. Die Suche nach einem Nachfolger des Begriffs beginnt.

Kuh

Das mecklenburg-vorpommerische Landesrecht beherbergte lange das längste Wort der deutschen Sprache. Politiker haben es nun abgeschafft. Die Suche nach einem Nachfolger des Begriffs mit den 63 Buchstaben beginnt.
Quelle: dpa

Selbst die glorreiche Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaftskapitänswitwe sah neben ihm alt aus: Jetzt verschwindet das Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz aus dem mecklenburg-vorpommerischen Landesrecht - und aus den Herzen der Sprachwissenschaftler. Das Gesetz mit dem Kürzel „RkReÜAÜG“ galt jahrelang als längstes Wort der deutschen Sprache. Nun wird es nicht mehr gebraucht.

Der Schweriner Landtag beschloss vergangenen Mittwoch, das Gesetz mit dem vollen Namen „Rinderkennzeichnungs- und Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz“ aufzuheben. 1999 war es als Schutz der Verbraucher vor der Rinderseuche BSE eingeführt worden. Weil BSE-Tests für gesunde Rinder an Schlachthöfen auf Vorschlag der EU nun entfallen, fällt auch die Notwendigkeit für das lediglich sechs Paragrafen umfassende Gesetz mit den 63 Buchstaben weg. Es soll nun durch eine neue Verordnung ersetzt werden. Sie soll „Landesverordnung über die Zuständigkeiten für die Überwachung der Rind- und Kalbfleischetikettierung“ heißen, berichtet eine Sprecherin des Schweriner Landwirtschaftsministeriums.

Fernab der Seuche ist das Gesetz längst woanders zu einem Phänomen geworden: in der Sprachwissenschaft. „Das derzeit längste authentische Wort im deutschen Sprachgebrauch ist dieses Gesetz“, berichtete der Berliner Sprachforscher Professor Anatol Stefanowitsch noch vor wenigen Wochen. Sprachwissenschaftler berücksichtigen nur Wörter, die wirklich schon einmal in veröffentlichten Texten verwendet wurden - und das wurde „RkReÜAÜG“ bis zuletzt.

Durch die deutsche Liebe zu komplexen Verordnungen und Gesetzen entstehen Stefanowitsch zufolge immer neue solcher Bandwurmwörter. „Die meisten richtig langen Worte stammen meistens aus Gesetzestexten.“ Aber auch chemische Fachbegriffe seien manchmal von rekordverdächtiger Länge.

Das Gesetz zur Rindfleischetikettierung stand so exemplarisch für eine Besonderheit der deutschen Sprache: Theoretisch sind im Deutschen unendlich lange Begriffe erfindbar, ohne dass das Wort ein Ende findet. Um das zu zeigen, hat die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) einmal spaßeshalber den Begriff Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetzesentw urfsdebattierklubdiskussionsstandsberichterstattungsgeldantragsformular ins Leben gerufen.

Ähnlich geeignet für wahllose Wortverlängerungen sind auch das Finnische und Ungarische, erzählt GfdS-Geschäftsführerin Andrea-Eva Ewels. „Da wird jede grammatische Funktion einfach an das Wort angehängt.“ Anders ist es in Sprachen wie dem Türkischen oder Englischen. Dort werden zusammengesetzte Substantive meistens auseinandergeschrieben, erläutert Sprachforscher Stefanowitsch. Laut Oxford English Dictionary ist das längste Wort des Englischen nur 45 Buchstaben lang: pneumonoultramicroscopicsilicovolcanoconiosis ist der Begriff für eine in Deutschland als Quarzstaublunge bekannte Lungenkrankheit.

Weil man Schriftsysteme wie das Arabische und Hebräische nicht mit dem lateinischen Alphabet vergleichen könne, ist laut Stefanowitsch unklar, welches weltweit das buchstabenreichste Wort ist. Dem Gesetz ergeht es nun wie seiner Vorgängerin: Die Grundstücksverkehrsgenehmigungszuständigkeitsübertragungsverordnung, sogar vier Buchstaben länger, wurde 2007 aufgehoben, erzählt Stefanowitsch. „RkReÜAÜG“ nahm den inoffiziellen Platz ein.

Jetzt beginnt die Suche nach einem neuen Rekordhalter. „Nun müssen sich andere Bundesländer um ein langes Wort bemühen“, sagt die Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums. Die Fußstapfen des mecklenburg-vorpommerischen Gesetzes sind jedoch groß - und vor allen Dingen lang. 1999 hat es das Gesetz sogar unter die zehn Wörter des Jahres geschafft, berichtet Ewels. „Weil es eben so schön lang war.“

In den Duden schaffte es das Gesetz dagegen nie, berichtet Nicole Weiffen vom Duden-Verlag. Der Auswahl neuer Wörter gehe ein komplexes Prozedere voraus, in dem geprüft werde, ob ein Wort mit gewisser Häufigkeit im deutschen Sprachgebrauch auftauche. Duden-Spitzenreiter ist derzeit mit 36 Buchstaben die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung. Das Gesetz aus Mecklenburg-Vorpommern habe es dagegen nie in den täglichen Sprachgebrauch geschafft - verständlich, findet Ewels: „Lange Wörter sind manchmal einfach unbequem.“

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