Wer muss Steuererklärung machen

Jeder zweite Arbeitnehmer in Deutschland ist dazu verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben. Aber nicht für jeden besteht grundsätzlich eine Abgabepflicht. Trotzdem lohnt es sich für viele. Informieren Sie sich hier, wer zur Abgabe der Steuererklärung verpflichtet ist und wer sie freiwillig einreichen kann.

Personen, die mehr als 410 Euro Kurzarbeitergeld im Kalenderjahr beziehen, sind zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet. Wer die Erklärung nicht „freiwillig“ abgibt, sollte bedenken, dass die Finanzämter Informationen über den Bezug von Kurzarbeitergeld per Datenaustausch erhalten, die Steuererklärung dann vielleicht nach einem oder zwei Jahren zwangsweise anfordern und es zu erheblichen Verspätungszuschlägen kommen kann.

Auch Aufstockungsbeträge unterliegen dem Progressionsvorbehalt (§ 32b Abs. 1 Nr. 1g EStG). Der Arbeitgeber hat sie in die elektronische Lohnsteuerbescheinigung (für das Kalenderjahr 2020) unter der Nummer 15 einzutragen.

Antragsveranlagung = Sie geben freiwillig Ihre Steuererklärung ab

Wenn Sie eine Steuererklärung beim Finanzamt abgeben, obwohl Sie das nicht müssen, nennt sich das im Steuerrecht Antragsveranlagung. Bei einer Antragsveranlagung bleiben grundsätzlich vier Jahre Zeit, die Steuererklärung abzugeben und sich die Steuererstattung zu sichern (siehe Abgabefristen für die Steuererklärung).

Wir empfehlen grundsätzlich jedem Arbeitnehmer, eine Steuererklärung abzugeben, um Steuervorteile optimal zu nutzen. Nur so können Sie sich zu viel gezahlte Steuern bei Ihrem Finanzamt zurückholen. Lassen Sie sich nicht zu viel Zeit.

Die Abgabe der Steuererklärung ist immer dann freiwillig, wenn man nicht per Gesetz zur Abgabe (siehe unten) verpflichtet ist. Das trifft insbesondere auf Arbeitnehmer in der Steuerklasse I zu, die nur Einnahmen aus ihrer Anstellung als Arbeitnehmer haben. Das gilt aber auch für Verheiratete mit der Steuerklassenkombination IV/IV; für Sie besteht also keine Abgabepflicht.

Ihre Einkünfte sind bereits versteuert und Sie können sich unter Umständen die Formulare für das Finanzamt sparen. Auch das Finanzamt fordert Sie in diesen Fällen nicht zur Abgabe der Steuererklärung auf.

Arbeitnehmer mit Antragsveranlagung erhalten in 9 von 10 Fällen zu viel gezahlte Steuern vom Finanzamt zurück. Der Fiskus erwartet also kein Geld von Ihnen, sondern muss wahrscheinlich welches an Sie zurückzahlen. Es ist fast immer eine Steuererstattung drin.

  • Ledige Arbeitnehmer mit Steuerklasse I, die keine Einkünfte aus anderen Einkunftsarten haben.
  • Ledige Arbeitnehmer mit Kindern und der Steuerklasse II, die keine Einkünfte aus anderen Einkunftsarten haben.
  • Verheiratete Arbeitnehmer, die beide Arbeitslohn beziehen und beide nach Steuerklasse IV ohne Faktorverfahren abgerechnet werden. Beide haben keine Einkünfte aus anderen Einkunftsarten.
  • Verheiratete Arbeitnehmer, bei denen nur einer (Alleinverdiener) Arbeitslohn nach Steuerklasse III bezieht. Der andere Ehegatte bezieht keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn; 450 Euro-Job ist möglich. Beide haben keine Einkünfte aus anderen Einkunftsarten.

Häufige Konstellationen, bei denen Sie eine Einkommensteuererklärung abgeben müssen:

Bei Arbeitnehmern zieht der Arbeitgeber die Lohnsteuer monatlich vom Arbeitslohn ab. In vielen Fällen sind die Steuern damit bereits gezahlt und Sie müssen sich nicht weiter mit dem Finanzamt auseinander setzen. Anders sieht das aus, wenn Sie weitere Einnahmen haben. Als Arbeitnehmer müssen Sie z.B. eine Steuererklärung machen, wenn …

  • … Sie oder Ihr Ehepartner einen Arbeitslohn oder eine Pension erhalten haben und einer von Ihnen nach Steuerklasse V, VI oder IV mit Faktor besteuert wurde.
  • … wenn das Finanzamt Ihnen einen Lohnsteuerfreibetrag, Kurzarbeitergeld oder Infektionsschutzgeld gewährt hat. Ausgenommen davon sind Pauschbeträge für Behinderte.
  • … Sie durch Lohnersatzleistungen wie etwa Arbeitslosen-; Kranken- oder Elterngeld mehr als 410 Euro im Jahr erhalten haben. Sozialleistungen wie das Arbeitslosengeld II zählen nicht dazu.
  • … Ihre unversteuerten Nebeneinkünfte 410 Euro im Jahr überstiegen haben. Dazu zählen zum Beispiel Einkünfte aus selbstständiger Arbeit sowie gelegentliche Mieteinnahmen.

Als Rentner sind Sie grundsätzlich zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet, wenn Ihr Einkommen den Grundfreibetrag übersteigt. Mehr zum Steuergrundfreibetrag erfahren Sie weiter unten im Text. Es sei denn, Sie haben sich vom Finanzamt von der Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung befreien lassen.

Wenn Sie Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Tätigkeit haben, besteht immer die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung. Beachten Sie, dass für Land- und Forstwirte veränderte Abgabefristen gelten, die an das Erntejahr angepasst sind.

Es besteht eine Abgabepflicht für Anleger, die auf ihre Kapitaleinkünfte noch Kirchensteuer nachentrichten müssen oder ausländische Erträge zu versteuern haben. Auch wer Zinseinnahmen hatte, für die keine Abgeltungssteuer abgeführt wurde besteht unter Umständen eine Erklärungspflicht ‑ zum Beispiel bei privaten Darlehen.
Beachten Sie, dass auch vom Finanzamt gezahlte Zinsen auf Steuererstattungen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen.

Ist die vom Dienstherrn berücksichtigte Vorsorgepauschale für Ihr Beamtengehalt höher als Ihre tatsächlich gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ( Basisabsicherung ), müssen Sie Ihre Steuererklärung fristgerecht beim Finanzamt einreichen.

Grundsätzlich bedeutet die Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung nicht zwingend auch eine Steuernachzahlung. Es kann dadurch auch eine Steuererstattung entstehen.

Wann lohnt sich eine freiwillige Abgabe der Steuerklärung?

Auch wenn Sie nicht gesetzlich zur Abgabe verpflichtet sind, kann sich eine Einkommensteuererklärung für Sie lohnen. Prüfen Sie deswegen immer, ob das freiwillige Ausfüllen der Formulare zu einer Erstattung von bereits gezahlter Lohnsteuer führen kann.

Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Sie geheiratet haben oder Kinderfreibeträge bzw. Alleinerziehungsfreibeträge bislang nicht berücksichtigt wurden. Auch wenn Sie im Laufe des Jahres den Arbeitgeber gewechselt haben, nicht das ganze Jahr berufstätig waren oder besonders hohe Werbungskosten über dem Werbungskostenpauschbetrag von 1000 Euro hatten (das ist z.B. schon der Fall, wenn Sie mehr als etwa 15 Kilometer von Ihrer Arbeitsstelle entfernt wohnen) könnte eine Erstattung entstehen. Hohe Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen oder haushaltsnahe Dienstleistungen/Handwerkerleistungen, aber auch die neuen Aufwendungen für energetische Maßnahmen im selbstbewohnten Eigentum, führen ebenfalls häufig zu einer Steuererstattung.

Eine generelle Aussage darüber, wann sich eine freiwillige Einkommensteuererklärung rechnet, ist schwer zu treffen: Da kommt es sehr auf den Einzelfall an. Viele Steuerprogramme bieten eine Prognose, sobald Sie Ihre Daten eingegeben haben. Ob es eine Rückerstattung gibt, kann zum Beispiel die kostenfreie Software der Finanzämter namens Elster (Elektronische Steuererklärung) unverbindlich schätzen.

Wenn Sie mit einer Steuerrückerstattung rechnen, haben Sie 4 Jahre Zeit, um Ihre freiwillige Erklärung (Antragsveranlagung) beim Finanzamt einzureichen. Das bedeutet: Im Jahr 2022 können Sie Ihre Steuererklärungen bis zum Jahr 2018 rückwirkend einreichen.

Homeoffice steuerlich absetzen

Haben Sie im Jahr 2021 viel im Homeoffice gearbeitet? Dann können Sie bis zu 120 Home-Office-Tage von der Steuer absetzen. Die von der große Koalition beschlossene Homeoffice-Pauschale beträgt 5 Euro pro Tag, maximal jedoch 600 Euro im Kalenderjahr. Das entspricht 120 Tagen im Homeoffice. 

Die Homeoffice-Pauschale hat jedoch einen Haken: Sie wird nämlich auf die Werbungskostenpauschale von 1000 Euro angerechnet. Das heißt: Für alle Arbeitnehmer, deren Werbungskosten inklusive der Homeoffice-Pauschale unter 1000 Euro liegen, verpufft die Homeoffice-Pauschale. 

Wollen Sie Homeoffice-Tage von der Steuer absetzen, müssen Sie die Fahrten zu Ihrer Arbeitsstelle entsprechend kürzen. Bereits ab einer Entfernung zur Arbeit von mindestens 17 Kilometern bringt Ihnen die Homeoffice-Pauschale weniger als die Werbungskosten. Beispielsrechnung: 17 km x 0,30 Cent/km = 5,10 Euro (im Vergleich zur 5 Euro-Homeoffice-Pauschale).

Anders kann das aussehen, wenn Ihr Arbeitszimmer zuhause als Büro anerkannt wird. Damit erhöht sich Ihre Steuerentlastung. Haben Sie etwa einen neuen Schreibtisch für Ihr Homeoffice gekauft, ist Ausstattung wie diese völlig unabhängig von der Homeoffice-Pauschale zusätzlich absetzbar.

Steuererklärung später abgeben: Was tun, wenn die Zeit nicht reicht?

Für Pflichtveranlagungen gilt: Für zu spät eingereichte Steuererklärungen können die Finanzämter Verspätungszuschläge, Säumniszuschläge oder gar Zwangsgelder und Zinsen erheben. Im Zweifel schätzt ein Finanzamt-Mitarbeiter Ihre Steuer, was meist nicht zu Ihrem Vorteil ist, denn das Finanzamt kennt ja nicht Ihre Ausgaben. Übrigens sind Sie auch dann noch zur Abgabe der Steuererklärung verpflichtet, selbst wenn Sie die Steuer aus der Schätzung bezahlt haben. Es drohen Ihnen sogar Strafverfahren.

Um das zu vermeiden, können Sie rechtzeitig vorher beim zuständigen Finanzamt eine Fristverlängerung beantragen. Das geht nach § 109 der Abgabenordnung formlos schriftlich. Es ist also kein spezielles Formular nötig. In dem Schreiben müssen Sie argumentieren, weswegen Sie verhindert sind und mehr Zeit für die Steuererklärung benötigen. In dem Schreiben sollten Sie Ihre Steuernummer vermerken. Übrigens können trotz gewährter Fristverlängerung Zinszahlungen anfallen wenn sich Nachzahlungen ergeben.

Voraussetzung für eine Verlängerung: Sie haben die Überschreitung der Steuererklärungsfrist nicht selbst zu verschulden. Gründe hierfür können zum Beispiel

  • Krankheit, 
  • längere Auslandsaufenthalte oder
  • noch ausstehende Unterlagen

sein. Ob Ihr Antrag genehmigt wird, liegt im Ermessen des Finanzbeamten und sollte anhand von Unterlagen (z.B. einem Nachweis über Krankenhausaufenthalt) belegt werden.

Mitunter bietet es sich auch an, die Erklärung fristgerecht einzureichen und auf die fehlenden Unterlagen hinzuweisen. Dann kann der Bescheid in diesem Punkt "vorläufig" ergehen und berichtigt werden, wenn die Unterlagen vorliegen.

Genehmigt das Finanzamt Ihnen eine Fristverlängerung, teilt es Ihnen einen neuen – verbindlichen ‑ Termin zur Abgabe der Steuererklärung mit.

Während Finanzbeamte in der Vergangenheit noch selbst entscheiden konnten, in welcher Höhe sie einen Verspätungszuschlag forderten, ist der der Zuschlag seit 2019 gesetzlich festgelegt. Der Verspätungszuschlag beträgt dann pro Monat 0,25 Prozent der festgesetzten Steuer, mindestens aber 25 Euro.
Das ist selbst dann der Fall, wenn Sie eine Rückerstattung erhalten. Es wird immer auf die zu zahlende Steuer abgestellt. Nur bei einer festgesetzten Steuer von 0 Euro entfallen diese Zuschläge ( 0,25 Prozent von 0 Euro = 0 ).

Wann fordert das Finanzamt zur Abgabe der Steuererklärung auf?

Auch wenn Sie eigentlich nicht zu den oben beschriebenen Gruppen gehören, die jedes Jahr eine Steuererklärung abgeben müssen, kann das Finanzamt Sie dennoch per Post dazu auffordern. Wenn Sie einen solchen Brief bekommen, sollten Sie das Schreiben nicht ignorieren. Will das Finanzamt eine Steuererklärung von Ihnen haben, müssen Sie reagieren.

Hintergrund: Das Finanzamt meldet sich zum Beispiel immer dann, wenn es eine so genannte Kontrollmitteilung über Einkünfte erhalten hat, die sich steuerlich auswirken können - etwa durch Erbschaft, Schenkung oder Zinserträgen.

Abgabefristen für die Steuererklärung in 2022

Seit 2018 haben Sie für das Einreichen Ihrer Steuererklärung 2 Monate mehr Zeit, viele kennen noch Ende Mai als Frist.

Corona-bedingt wurden die Abgabefristen für die Steuererklärung verlängert.

Verlängerte Abgabefristen (ohne Steuerberater):

  • Abgabefrist für das Steuerjahr 2020 bereits abgelaufen (mit Steuerberater oder Lohnsteuer-Hilfeverein können Sie noch fristgerecht bis zum 31. August 2022 einreichen )
  • Abgabefrist für das Steuerjahr 2021 bis 31. Oktober 2022
  • Abgabefrist für das Steuerjahr 2022 voraussichtlich bis 30. August 2023

Wenn Sie sich bei der Steuererklärung durch einen Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein vertreten lassen, gelten generell andere Fristen: Der letzte Termin für die Steuererklärung ist dann jeweils der 28. Februar (bzw. 29. Februar bei Schaltjahren) des übernächsten Jahres. Sprich: Ihre Steuererklärung für das Steuerjahr 2021 müsste dann spätestens bis zum 28. Februar 2023 beim Finanzamt eingegangen sein. 
Aber: Auch hier gelten Corona-bedingt verlängerte Abgabefristen für die Steuererklärung.

Verlängerte Abgabefristen (mit Steuerberatung):

  • Abgabefrist für das Steuerjahr 2020 bis 31. August 2022
  • Abgabefrist für das Steuerjahr 2021 bis 31. August 2023
  • Abgabefrist für das Steuerjahr 2022 voraussichtlich bis 30. April 2024
Hinweis: Diese Ausnahmeregelung hat auch Auswirkungen auf den sogenannten Zinslauf.

Ausnahme: Verschickt das Finanzamt eine sogenannte Vorweganforderung, in der Sie aufgefordert werden, die Steuer für das Folgejahr innerhalb einer gesetzten Frist vorauszuzahlen, gilt keine Verlängerung. Auch dann nicht, wenn Sie von einem Berater unterstützt werden. Legen Sie Ihrem Berater ein solches Schreiben daher unbedingt zeitnah vor.

Höherer Grundfreibetrag für 2021

Seit dem 1. Januar 2021 gelten neue Grenzen für den Grundfreibetrag. Das ist der Grenzbetrag für Ihr Einkommen, für das Sie keine Einkommensteuer zahlen müssen. Dieser Freibetrag soll der Absicherung des Existenzminimums dienen. Die Höhe des Grundfreibetrags ändert sich jedes Jahr.

Seit dem 1. Januar 2021 beträgt der Grundfreibetrag für Ledige 9.744 Euro im Jahr und 19.488 Euro für gemeinsam veranlagte Ehepaare. Verdienen Sie im Jahr 2021 also bis zu 9.744 Euro, müssen Sie hierfür keine Steuern zahlen. Übersteigen Ihre Einkünfte diesen Beitrag, muss jeder Euro, der über dem Freibetrag liegt, versteuert werden.

2022 beträgt der Grundfreibetrag für Ledige 9.984 Euro, für Verheiratete 19.968 Euro.