Wer kann den Arzt von der Schweigepflicht entbinden

Ärztliche Schweigepflicht bedeutet, dass ein Patient sich darauf verlassen kann, dass die persönlichen Themen, die er seinem Arzt anvertraut, nicht an Dritte weitergegeben werden. Sie gilt grundsätzlich über den Tod hinaus. Ausnahmen sind nur die Entbindung durch den Patienten selbst oder gesetzliche Vorschriften, die eine Entbindung erlauben oder sogar vorschreiben.

Neben dem Recht auf Selbstbestimmung ergibt sich die ärztliche Schweigepflicht aus dem Behandlungsvertrag mit dem Arzt, dem Strafgesetzbuch („Verletzung von Privatgeheimnissen“), den Berufsordnungen (BO) der Landesärztekammern ((Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte), dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sowie den Datenschutzgesetzen der einzelnen Bundesländer.

Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht können für den Arzt oder das Krankenhaus straf-,  berufs- (durch die Ärztekammer) und zivilrechtliche Folgen (Schadensersatzansprüche durch den Patienten) haben. Nicht nur der Arzt, sondern auch das behandelnde Personal im Umfeld des Arztes (Arzthelferin, Krankenschwester usw.) unterliegt der Schweigepflicht. Sie gilt auch für die Ärzte, die der Betroffene per Verfügung aufsuchen musste, z.B. Betriebsarzt, Vertrauensarzt, Polizeiarzt.  

Was umfasst die ärztliche Schweigepflicht

Der Bereich, der in die ärztliche Schweigepflicht einzubeziehen ist, reicht weit:

  • Der Umstand, dass der Betroffene überhaupt bei dem Arzt in Behandlung war oder ist
  • Der Name des Patienten
  • Alle Krankendaten, die zur Patientenakte gehören
  • Alle Gedanken, Meinungen, familiären, beruflichen und finanziellen Verhältnisse, die der Patient dem Arzt anvertraut hat
  • Sogenanntes Drittgeheimnis, z.B. wenn der Patient dem Arzt über die Erkrankung eines Freundes berichtet 
  • Beobachtungen des Arztes, z.B. im Rahmen eines Hausbesuchs, Streit eines Patienten mit seinem Partner in der Praxis

Wen umfasst die ärztliche Schweigepflicht

Der behandelnde Arzt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet, wenn keine Entbindung seitens des Patienten vorliegt oder das sogenannte Güterabwägungsprinzip greift.
Sie gilt sogar gegenüber

  • ärztlichen Kollegen, bei Überweisungen zu einem anderen Arzt oder Einweisung in ein Krankenhaus wird in der Regel von einer Schweigepflichtentbindung ohne ausdrückliche Genehmigung ausgegangen. 
  • Familienangehörigen des Patienten, einschließlich des Ehemannes bzw. der Ehefrau und der Kinder
  • Eltern von Minderjährigen, sofern der Betroffene die Einsichtsreife hat, seine gesundheitliche Situation, die Schwere seiner Krankheit und die Behandlungsmöglichkeiten selbst zu beurteilen. Davon geht man allgemein ab dem 16. Lebensjahr aus.

Gegenüber gesetzlich bestimmten Betreuern bzw. Bevollmächtigten, die für medizinische Angelegenheiten vertretungsberechtigt sind, hat der Arzt keine Schweigepflicht, denn nur so kann der Betreuer die Interessen des Betroffenen wahrnehmen.

Erlaubte Übermittlung von Patientendaten

Im gesetzlichen Rahmen ist die Übermittlung von Patientendaten erlaubt, die Erfüllung von bestimmten Aufgaben steht in diesen Fällen über der ärztlichen Schweigepflicht:

  • Persönliche Daten des Patienten einschließlich Diagnose nach ICD-10 Verschlüsselung an die Kassen-ärztliche Vereinigung und die gesetzlichen Krankenkassen zur Abrechnung der vom Arzt erbrachten Leistungen sowie der Überprüfung der  Wirtschaftlichkeit des Arztes.
  • Einzelne Anfragen, soweit sie nach dem Sozialgesetzbuch (z.B. § 275 SGB V) vorgesehen sind, u.a. Bericht für den Medizinischen Dienst der Krankenkassen aufgrund Erstellung eines Gutachtens, Anfrage zur Zuständigkeit einer anderen Krankenkasse oder eines sonstigen Kostenträgers (z.B. Be-rufsgenossenschaft, private Zusatzversicherung), Fortbestand der Arbeitsunfähigkeit, Wiedereingliederungsplan
  • Persönliche Daten sowie Informationen über die Unfallbehandlung an die für den Patienten zuständige Berufsgenossenschaft, soweit diese aufgrund eines Arbeitsunfalls als Kostenträger in Frage kommt
  • Namentliche bzw. nicht namentliche Meldung an die zuständige Gesundheitsbehörde bei anstecken-den Krankheiten, vor allem Geschlechtskrankheiten nach Infektionsschutzgesetz
  • Gemäß Röntgenverordnung Unterlagen zur Prüfung durch behördliche Stellen um unnötige Strahlenbelastung zu vermeiden oder für nachbehandelnde Kollegen
  • Die Ersatzbehandlung eines Drogenabhängigen mit einem Betäubungsmittel (Methadon usw.) muss dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gemeldet werden.
  • Mündliche Information des Standesbeamten bei Geburt eines Kindes einschließlich Wohnort und Staatsangehörigkeit der Eltern

Krankenhäuser müssen ein Verzeichnis über die bei ihnen aufgenommenen Kranken führen. Zur Abwehr von Gefahren, Verfolgung von Straftaten oder Auffindung von Vermissten darf die zuständige Behörde Auskunft aus diesem Verzeichnis verlangen.
Zeitlich unbefristete und für alle Krankheiten geltende Schweigepflichtentbindungen, wie sie vor Vertragsab-schluss gelegentlich private Krankenversicherungen oder Arbeitgeber einfordern, sind rechtlich unwirksam.

Abschließend  ist auch die Abwehr von Gefahr an Leben oder Gesundheit von Menschen grundsätzlich höherwertig anzusehen als die Verschwiegenheitsverpflichtung gegenüber einem Patienten (rechtfertigender Notstand).

Wer kann den Arzt von der Schweigepflicht entbinden

Schweigepflichtentbindung (© Eigens -Fotolia.com)

Die Schweigepflicht ist eng mit dem Datenschutz verknüpft. Der zur Verschwiegenheit Verpflichtetete darf dabei, ihm anvertraute Daten und Geheimnisse nicht unbefugt an Dritte weitergeben. Mit einer Schweigepflichtentbindung kann aber der zu Schützende den Verpflichteten von der Schweigepflicht entbinden, so dass dieser dann sehr wohl die Daten an bestimmte Personen weitergeben darf. Die häufigste Form der Schweigepflichtentbindung erfolgt gegenüber Ärzten.

Die Schweigepflicht – auch Verschwiegenheitspflicht genannt – meint die rechtliche Verpflichtung von bestimmten Berufsgruppen, Daten und Geheimnisse, die ihnen anvertraut wurden, nicht unbefugt an Dritte weiterzugeben.

Ärztliche Schweigepflichtentbindung

Sinn und Zweck der Schweigepflicht ist es, dass der persönliche Lebensbereich einer bestimmten Person (Privatsphäre), die sich einer bestimmten staatlichen Stelle oder einer bestimmten Berufsgruppe anvertraut hat, geschützt wird. Die  Schweigepflicht schützt somit das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dieses Recht hat in Deutschland – als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts - sogar Verfassungsrang.

Zu der größten Berufsgruppe, die der Schweigepflicht unterliegen, gehören Ärzte (sämtliche Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte etc.). Der Schweigepflicht unterliegt nicht nur der jeweilige Arzt, sondern auch das behandelnde Personal in seinem Umfeld (Arzthelfer/in, Krankenschwester, Gesundheits- und Krankenpfleger, Labormitarbeiter, Altenpfleger, Mitarbeiter des Rettungsdienstes, sämtliche Auszubildende der Ärzte und der Krankenhäuser, etc.).  

Die ärztliche Schweigepflicht endet im Übrigen nicht mit dem Tod des Patienten.

Die berufliche Schweigepflicht ergibt sich neben dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus dem Behandlungsvertrag, dem Strafgesetzbuch (§ 203 StGB), dem Bundesdatenschutzgesetz und den Berufsordnungen der Landesärztekammern.

Im Falle eines Verstoßes gegen die Schweigepflicht drohen dem Arzt oder dem Krankenhaus zivilrechtliche Folgen (möglicher Anspruch des Patienten auf Schadensersatz), strafrechtliche Folgen oder aber auch berufsrechtliche Folgen durch die jeweilige Ärztekammer.

Schweigepflichtentbindung gegenüber Versicherung / Krankenkasse

Weil die Schweigepflicht gegenüber jedem gilt, dürfen der Arzt und seine Angestellten auch gegenüber den Versicherungen und Krankenkassen des Patienten keinerlei Daten erteilen. Dies ist erst erlaubt, wenn der Patient eine entsprechende Schweigepflichtentbindung unterzeichnet hat.

Schweigepflichtentbindung gegenüber Angehörigen

Die Schweigepflicht gilt auch gegenüber Angehörigen. Manche Angehörige wollen dies nicht wahrhaben. In solchen Fällen gilt es trotzdem sich konsequent an die Gesetze zu halten. Der Betroffene muss den Arzt und seine Angestellte gegenüber seinen Angehörigen von der Schweigepflicht entbinden. Danach dürfen die Daten und Auskünfte erteilt werden.

Schweigepflichtentbindung - Muster / Vorlage für Arzt

Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht

Hiermit entbinde ich,

....................................................................................(Vorname, Nachname)
geboren am……….
wohnhaft
……………………………………………………………….. (vollständige Adresse)

alle mich behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht. Alle unten genannten Personen oder Institutionen dürfen Auskünfte über meinen Gesundheitszustand und Diagnosen erhalten. (Ggf. noch ergänzend) Diesen Personen erlaube ich hiermit auch, dass sie auf Wunsch Einsicht in meine Krankenakte erhalten. Es handelt sich um folgende Personen/Institutionen:

Mein/e Partner/in:………………………….. (Vorname, Nachname, Geburtsdatum, Adresse)


Mein/e Kind/er: ……………………………… (Vorname, Nachname, Geburtsdatum, Adresse)
Weitere Personen: ……………………………(Vorname, Nachname, Geburtsdatum, Adresse) (diese können der rechtliche Betreuer oder andere Angehörige sein).

Institutionen: XY Versicherung, Musterstrasse 100, 33000 Musterstadt


                      Krankenkasse XY, Müllerstrasse 1, 80000 Meierstadt

Ort, Datum                                              Unterschrift

Manches Mal ist auch an Schulen der Begriff Schweigepflichtentbindung ein Thema; so z.B. wenn ein Schüler oder eine Schülerin häufig krank ist und im Rahmen der Feststellung der Schulfähigkeit ein entsprechendes ärztliches Attest oder Gutachten eingeholt werden soll oder wenn bestimmte Stellen (psychologische Beratungsstellen, Jugendamt, Gesundheitsamt etc.) Informationen von der Schule über den Schüler bzw. die Schülerin benötigen. Auch die Schule (Lehrer, Schulleitung etc.) hat sich an die Schweigepflicht zu halten. Auch diese können aber von der Schweigepflicht entbunden werden; in der Regel von den Eltern des minderjährigen Kindes. Die Entbindung könnte folgendermaßen aussehen:

Entbindung von der Schweigepflicht

Hiermit entbinden wir……………….. (Namen der Elternteile)

den/die Klassenlehrer/in Herrn/Frau, die Schulleitung Herrn/Frau….

gegenüber

der psychologischen Beratungsstelle, Herrn/Frau…

der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Herrn/Frau….

dem Jugendamt, Herrn/Frau….

dem Gesundheitsamt, Herrn/Frau….

gegenseitig von ihrer Schweigepflicht bezüglich unseres Kindes……………………. (Name des Kindes).

Die Entbindung soll sich dabei auf den Austausch von Informationen zu dem Thema…………..beziehen. Dabei sollen folgende Themen nicht angesprochen werden…………………………

Vorliegende Einwilligung ist freiwillig und kann somit jederzeit widerrufen werden.

Musterstadt, den ………………………..          Unterschrift(en) ……………………………..

Schweigepflichtentbindung - Jugendamt und Sozialarbeiter

Auch Jugendämter und Sozialarbeiter unterliegen der Schweigepflicht. Die jeweiligen Sozialdaten werden dabei im deutschen Sozialrecht durch § 35 SGB I geschützt. Hierbei handelt es sich um die Informationen, die von den Leistungsträgern des Sozialgesetzbuches über die jeweiligen Versicherten und Leistungsempfänger erhoben und gespeichert werden. § 67 ff. SGB X regelt darüber hinaus die Erhebung, Speicherung, Verarbeitung und Übermittlung dieser Daten.

Auch für die Mitarbeiter der Jugendämter und für die Sozialarbeiter gilt demnach die Schweigepflicht. Im Falle eines Verstoßes müssen diese sich ebenfalls nach § 203 StGB verantworten. Auch zivilrechtliche (ggf. Schadensersatz) und arbeitsrechtliche Folgen (Abmahnung, Kündigung) sind im Falle eines Verstoßes nicht ausgeschlossen.

Schweigepflicht – Folgen bei Verstoß

Die  Schweigepflicht, die das Recht auf informationelle Selbstbestimmung schützt und als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sogar Verfassungsrang hat, hat demnach auch beim Gesetzgeber große Bedeutung. Dieser sieht daher Verstöße gegen die Schweigepflicht keinesfalls als Kavaliersdelikt an. So sieht § 203 StGB (Verletzung von Privatgeheimnissen) bei Verstößen eine Geldstrafe oder gar eine Freiheitsstrafe von bis zu 1 Jahr vor. Wenn der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen handelt, so ist die Strafe Geldstrafe oder sogar Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren. Neben der strafrechtlichen Sanktion kann sich der Täter zivilrechtlich auch schadensersatzpflichtig machen. 

Im arbeitsrechtlichen Sinne kann man als Arbeitnehmer bei Verstößen gegen die Schweigepflicht gar eine Abmahnung oder eine Kündigung riskieren, je nach Schwere des Verstoßes.

Bei Berufsgruppen wie Ärzten oder Anwälten drohen auch berufsrechtliche Folgen durch die zuständige Ärzte- bzw. Anwaltskammer.

Schweigepflichtentbindung entziehen/widerrufen - Muster

Auch eine Schweigepflichtentbindung kann widerrufen werden. Ein solcher Widerruf könnte folgendermaßen aussehen:

Widerruf der Entbindung von der Schweigepflicht

Hiermit widerrufe

ich…………………………. (Vorname, Nachname, vollständige Adresse) geboren am………………..

meine Ihnen erteilte Entbindung von der Schweigepflicht vom………….. (Datum) mit sofortiger Wirkung

gegenüber:

………………………………………………………………. (z.B. Arzt)

………………………………………………………………. (z.B. Krankenkasse)

……………………………………………………………… (z.B.

Ort, Datum                                         Unterschrift


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Dieses Thema "ᐅ Schweigepflichtentbindung" im Forum "Familienrecht" wurde erstellt von MaDona, 20. Oktober 2013.

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